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»Wenn wir anhalten, sterben wir alle. Sulla hat seine Hunde losgelassen.«

Gaius spähte in die Seitenstraße, die sie gerade passierten und sah eine Gruppe von Männern, die mit gezückten Dolchen auf sie zu gerannt kamen. Ihrer Körperhaltung nach waren es Legionäre, aber ohne Uniform. Gaius zog nahezu gleichzeitig mit allen anderen sein Schwert. Sein Herz begann wieder zu hämmern; er spürte, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat.

»Behaltet die Nerven! Wir bleiben auf keinen Fall stehen«, rief Marius mit angespannten Hals-und Rückenmuskeln nach hinten.

Die Männer mit den Messern fielen über die letzte Reihe her, als sie an ihnen vorbeilief. Einer von ihnen sank mit einem Gladius in den Rippen zu Boden, ehe die anderen ihr Opfer zu Boden werfen konnten. Er schrie vor Angst, als man ihm sein Schwert entriss, doch dann erstarb der Schrei plötzlich.

Während sie weitermarschierten, hörte Gaius hinter sich Triumphgeheul. Er drehte sich kurz um und wünschte sogleich, er hätte es nicht getan, denn die Angreifer hielten einen blutigen Kopf hoch und heulten wie die Tiere. Die Männer um ihn herum fluchten wild, und einer von ihnen blieb plötzlich mit erhobenem Schwert stehen.

»Komm weiter, Vegus, wir haben es fast geschafft«, beschwor ihn ein anderer, doch er schüttelte die Hände auf seinen Schultern ab und spuckte auf den Boden.

»Er war mein Freund«, murmelte er, trat aus dem Glied und rannte auf die blutverschmierte Gruppe zu. Gaius versuchte zu beobachten, was passieren würde. Er konnte den Aufschrei hören, als sie ihn kommen sahen, doch dann schienen immer mehr Männer aus den Gassen zu strömen, und er wurde ohne einen Laut in Stücke gerissen.

»Ruhig«, rief Marius, und Gaius hörte zum ersten Mal Zorn in seiner Stimme. »Ruhig«, rief er noch einmal.

Marcus nahm einen Dolch von dem Mann zu seiner Rechten und ließ sich durch die Reihen zurückfallen. Er war in der letzten Dreierreihe, als sie an der dunklen Öffnung einer Gasse vorbeikamen, aus der vier Männer gesprungen kamen, die Messer zum Töten erhoben. Marcus duckte sich und fing das Körpergewicht eines Angreifers ab, als sie in einer brutalen Umarmung zusammenkrachten. Er zog sein Messer quer durch die Kehle, die er so dicht neben seiner eigenen sehen konnte, und blinzelte, als das Blut über ihn sprudelte. Dann benutzte er den Leib des anderen, um einen weiteren Angriff abzublocken, und warf ihn den restlichen Angreifern entgegen. Während er landete, starben die Männer unter den schnellen, kräftigen Stichen der drei Legionäre, die dann ohne ein Wort die Reihen wieder schlossen. Einer von ihnen schlug Marcus auf die Schulter, und Marcus grinste ihn an. Er schlängelte sich wieder durch die Reihen und nahm, ein wenig außer Atem, seinen Platz an Gaius’ Seite ein. Gaius legte ihm kurz seine Hand ins Genick.

Dann öffneten sich vor ihnen die Tore, und sie waren in Sicherheit. Sie blieben in Formation, bis der letzte Mann im Hof war.

Als die Tore sich schlossen, lief Gaius zurück, um den Hügel hinabzublicken, den sie gemeinsam heraufgekommen waren. Er lag verlassen da, kein Mensch war zu sehen. Rom schien so ruhig und friedlich wie immer.

14

Marius strahlte förmlich vor Freude und Energie, als er zwischen seinen Männern hindurchschritt, ihnen auf die Schultern klopfte und lachte. Sie grinsten wie Schuljungen, die von ihrem Lehrer gelobt werden.

»Wir haben es geschafft, Jungs!«, rief Marius. »Heute in einem Monat werden wir der Stadt einen Tag bieten, an den sie sich noch lange erinnern wird.« Sie jubelten ihm zu, und er rief nach Wein und Erfrischungen und wies alle Sklaven seines Haushaltes an, die Männer wie Könige zu behandeln.

»Alles, was sie wollen!«, brüllte er. Weinbecher aus Gold und Silber wurden in die groben Hände aller Männer gedrückt, die es durch das Tor zurück geschafft hatten, einschließlich Gaius und Marcus. Dunkelroter Wein schwappte und gluckerte, als er aus Tonkrügen eingeschenkt wurde. Alexandria war unter den anderen Sklaven und lächelte sowohl Marcus als auch Gaius an. Gaius nickte ihr zu, aber Marcus zwinkerte, als sie vorüberging.

Tubruk roch an seinem Wein und lachte. »Der Beste.«

Marius hielt seinen Becher mit ernstem Gesicht in die Höhe. Nach ein paar Sekunden wurde es still.

»Auf die, die es heute nicht geschafft haben, die für uns gestorben sind. Tagoe, Luca und Vegus. Gute Männer, einer wie der andere.«

»Alles gute Männer!« Die Stimmen antworteten der seinen in einem heiseren Chor, dann wurden die Becher geleert und den Sklaven zum Nachschenken hingestreckt.

»Er kannte ihre Namen«, flüsterte Gaius Tubruk zu, der den Kopf dicht zu ihm hinüberbeugte, um zu antworten.

»Er kennt alle ihre Namen«, murmelte er. »Deshalb ist er ein guter Legat. Deshalb lieben sie ihn. Er könnte dir etwas über jeden Mann hier erzählen, und auch über einen guten Teil der Legion außerhalb Roms. Nenn es einen Trick, wenn du willst, eine billige Masche, um die Männer, die ihm dienen, zu beeindrucken. Das würde er dir antworten, wenn du ihn fragen würdest.« Er hielt inne, um dem Legaten zuzusehen, der einen riesigen, stämmigen Soldaten in den Schwitzkasten genommen hatte und mit ihm durch die Menge lief. Der Mann brüllte, wehrte sich jedoch nicht. Er nahm es so, wie es gemeint war.

»Sie sind seine Kinder, glaube ich. Du kannst sehen, wie sehr er sie liebt. Dieser große Kerl könnte Marius wahrscheinlich die Arme ausreißen, wenn er wollte. An einem anderen Tag würde er einen Mann niederstechen, weil er ihn in der Mittagssonne schief angesehen hat. Aber Marius kann ihn am Kopf herumzerren, und er lacht. Ich weiß nicht, ob man einem Mann diese Fähigkeit beibringen kann. Ich denke, so etwas ist angeboren, oder eben nicht. Man braucht es nicht einmal zu können, um ein guter Legat zu sein.

Diese Männer würden für Sulla kämpfen, wenn sie in seiner Legion wären. Sie würden für ihn kämpfen, die Formation halten und für ihn sterben. Aber sie lieben Marius, deshalb kann man sie nicht bestechen oder kaufen, und sie laufen im Kampf nicht davon, niemals, bis zum letzten Mann. Zumindest nicht, wenn er es sieht. Früher musste man Land besitzen, um in die Legion zu kommen. Marius hat das abgeschafft. Jetzt kann jeder Karriere machen, indem er für Rom kämpft, zumindest für ihn. Die Hälfte der Männer hätte es niemals in die Armee geschafft, ehe Marius sein Gesetz durch den Senat brachte. Sie schulden ihm viel.«

Langsam verließen die Männer den Platz vor dem Eingang, um sich von den hübschesten Sklavinnen des Hauses baden und massieren zu lassen. Mehrere Schönheiten hatten bereits Arme ergriffen und staunten lautstark über die Geschichten von großer Tapferkeit und Mut im Kampf.

Als Marius den Kopf des großen Legionärs losließ, rief er sogleich ein Mädchen herbei, eine schlanke Brünette mit dunklen, mit Kohlestift umrandeten Augen. Der große Mann blickte sie kurz an, grinste wie ein Wolf und nahm sie auf seine Arme. Ihr Lachen hallte von den Ziegelwänden wider, als er mit ihr in Richtung der Hauptgebäude loszog.

Ein junger Soldat ließ Alexandria seinen muskulösen Arm auf die Schulter fallen und sagte etwas zu ihr. Marcus trat schnell von hinten an den Mann heran.

»Dieses Mädchen nicht, mein Freund. Sie ist nicht aus diesem Haus.«

Der Soldat sah ihn an und bemerkte an der Haltung und dem Gesichtsausdruck des Jungen sofort, dass es ihm Ernst war. Er zuckte die Achseln und rief einem anderen Sklavenmädchen etwas zu, das gerade vorbeilief. Gaius hatte den Wortwechsel beobachtet, und als Alexandria ihm in die Augen sah, malte sich Zorn auf ihrem Gesicht. Sie kehrte Marcus den Rücken zu und ging in das kühle Innere der Gartenräume davon.

Marcus wandte sich an seinen Freund. Ihm war ihr Gesicht aufgefallen, und sein eigenes war sehr nachdenklich geworden.

»Wieso war sie denn so böse?«, fragte Gaius aufgebracht. »Ich glaube nicht, dass sie gerne mit diesem großen Ochsen mitgegangen wäre. Du hast sie gerettet.«