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»Zieh das an«, sagte sie und legte eine lange, weiße Tunika über Cornelias ausgestreckte Arme. Das Mädchen schlüpfte hinein, setzte sich an den Tisch und stellte einen bronzenen Spiegel vor sich auf, um sich zu betrachten.

»Ich hätte gerne Locken«, sagte sie wehmütig und hielt eine Strähne ihres Haars zwischen den Fingern. Es hatte einen dunkelgoldenen Ton, war aber glatt, wenn auch sehr dicht.

»Das würde dir nicht stehen, Lia. Und heute haben wir keine Zeit dafür. Ich denke, deine Mutter ist mit ihrer Ornatrix schon fertig und wartet bereits auf uns. Heute kommt es auf einfache, zurückhaltende Schönheit an.«

»Dann nur ein bisschen Ocker auf die Lippen und Wagen, falls du mich nicht wieder mit diesem stinkenden weißen Blei anmalen willst.«

Clodia stieß gereizt die Luft durch die Lippen.

»Es wird noch ein paar Jahre dauern, bis du deinen Teint verbergen musst. Wie alt bist du jetzt, siebzehn?«

»Du weißt doch, wie alt ich bin. Schließlich hast du dich bei der Geburtstagsfeier ordentlich betrunken«, erwiderte Cornelia mit einem Lächeln und hielt still, während die Farbe aufgetragen wurde.

»Ich war fröhlich, meine Liebe, so wie alle anderen auch. Es ist nichts Falsches daran, wenn man hin und wieder in Maßen trinkt, das habe ich immer schon gesagt.« Clodia nickte vor sich hin, während sie die Farben aufrieb.

»Jetzt noch ein bisschen Antimonpulver um die Augen herum, damit die Männer sie für dunkel und geheimnisvoll halten, dann können wir mit den Haaren anfangen. Nicht anfassen! Denk dran, die Hände schön unten lassen, damit nichts verschmiert.«

Schnell und geschickt scheitelte Clodia das dunkelgoldene Haar und zog es am Hinterkopf zu einem Knoten zusammen, wodurch Cornelias langer, schlanker Hals zum Vorschein kam. Sie musterte das Gesicht im Spiegel und lächelte erfreut über die Wirkung.

»Warum dein Vater immer noch keinen Mann für dich gefunden hat, werde ich nie verstehen. Reizvoll genug bist du auf jeden Fall.« »Er sagte, er würde die Wahl mir überlassen, und ich habe noch niemanden gefunden, der mir gefällt«, erwiderte Cornelia und berührte die Nadeln in ihrem Haar.

Clodia stieß einen verächtlichen Laut aus. »Dein Vater ist ein guter Mann, aber die Tradition ist wichtig. Er sollte einen Mann mit guten Aussichten für dich suchen, damit du einen eigenen Haushalt bekommst, den du führen kannst. Ich glaube sogar, das würde dir gefallen.«

»Wenn es so weit ist, nehme ich dich mit. Du würdest mir sonst fehlen, so wie ... ein Kleid, das ein bisschen alt und aus der Mode ist, aber immer noch gemütlich, verstehst du?«

»Wie schön du deine Zuneigung zu mir in Worte zu kleiden verstehst, meine Liebe«, erwiderte Clodia und gab ihr mit der Hand einen Klaps auf den Hinterkopf, während sie sich umdrehte, um das Gewand aufzunehmen.

Es war ein großes Quadrat aus Goldstoff, das bis zu Clodias Knien herabhing. Um seine volle Wirkung zu entfalten, musste das Gewand sorgsam drapiert werden, aber Clodia hatte viele Jahre Erfahrung und kannte Cornelias Vorlieben, was Schnitt und Stil betraf.

»Es ist wunderschön. Aber schwer«, murrte Cornelia.

»Genau wie die Männer, wie du schon bald feststellen wirst«, antwortete Clodia mit einem Blitzen in den Augen. »Und jetzt lauf zu deinen Eltern. Wir müssen rechtzeitig da sein, wenn wir noch einen guten Platz für den Triumphzug bekommen wollen. Wir gehen in das Haus eines Freundes deines Vaters.«

»Oh, Vater, wenn du das doch noch hättest erleben dürfen«, flüsterte Gaius, als sie in die Straßen eintauchten. Der Weg lag dunkelgrün vor ihnen; jeder Stein war mit Binsen bedeckt worden. Die Menschen trugen ihre besten und buntesten Sachen, eine wogende Menge aus Farben und Geräuschen. Hände wurden ausgestreckt, heiße, neidische Augen beobachteten sie. Sämtliche Läden waren verrammelt worden, so wie Marius es gesagt hatte. Die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein, um an diesem Festtag den großen Legaten zu sehen. Gaius war überrascht von der Menge der Leute und ihrer Begeisterung. Hatten sie denn schon vergessen, dass sich dieselben Soldaten erst vor vier Wochen mit dem Schwert auf dem Forum Platz verschafft hatten? Marius sagte, sie respektierten nur Stärke, und ihr Jubel, der durch die engen Straßen brandete und hallte, war der Beweis dafür. Gaius schaute nach rechts in ein Fenster hinein und erblickte eine Frau von beachtlicher Schönheit, die ihm Blumen zuwarf. Er fing eine auf, und wieder schrie die Menge jubelnd.

Niemand drängte auf die Straße, obwohl keine Soldaten oder Wachen die Ränder sicherten. Offensichtlich hatten sie ihre Lektion beim letzten Mal gelernt. Es sah aus, als würden sie durch eine unsichtbare Absperrung zurückgehalten. Selbst die hart gesottensten Männer aus Marius’ Leibwache grinsten beim Marschieren.

Marius saß da wie ein Gott. Er hatte seine gewaltigen Hände auf die Armlehnen des goldenen Throns gelegt und lächelte in die Menge. Der Sklave hinter ihm hielt ihm den Kranz aus vergoldetem Lorbeer über das Haupt, der Schatten fiel auf seine Gesichtszüge. Alle Augen folgten ihm auf seinem Weg. Seine Pferde waren für das Schlachtfeld ausgebildet worden und ignorierten die schreienden Menschen, auch dann, als ihnen einige der Wagemutigeren Blumen um die Hälse warfen.

Gaius stand während der Fahrt an der Seite des großen Mannes, und der Stolz, den er verspürte, ließ seine Seele jubilieren. Ob dies seinem Vater gefallen hätte? Die Antwort lautete wahrscheinlich Nein, und Gaius bekümmerte dieser Gedanke ein wenig. Marius hatte Recht: Einen solchen Tag nur miterleben zu dürfen, hieß die Götter zu berühren. Er wusste, er würde ihn nie vergessen, und in den Augen der Menschen konnte er sehen, dass auch sie diese Momente bewahren würden, um sich in den dunklen Wintern der kommenden Jahre daran wärmen zu können.

Nach der Hälfte der Strecke sah Gaius Tubruk an einer Ecke stehen. Als sich ihre Blicke trafen, spürte Gaius ihre gesamte gemeinsame Geschichte. Tubruk hob den Arm zum Gruß, und Gaius erwiderte ihn. Die Männer um Tubruk drehten sich zu ihm um und fragten sich, welche Verbindung er wohl zu ihm hatte. Er nickte, als sie vorbeizogen. Gaius nickte zurück und schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter. Er war trunken von Gefühlen und musste sich an der Rückenlehne des Thrones festhalten, um in den Wogen des Jubels nicht ins Schwanken zu geraten.

Marius gab zwei seiner Männer ein Zeichen, woraufhin sie mit weichen Lederbeuteln in der Hand auf die Kutsche kletterten. Hände verschwanden in dunklen Tiefen und kamen voller glänzender Silbermünzen wieder hervor. Marius’ Bildnis flog über die Menge hinweg, die seinen Namen brüllte, während sie rings um ihn auf der Erde nach dem Metall suchten. Auch Marius griff hinein. Als seine Hände wieder zum Vorschein kamen, rieselten die Silberstücke zwischen seinen Fingern hindurch, ehe er die Münzen in hohem Bogen wegschleuderte und lachte, als sie auf den Boden prasselten und die Menge sich verbeugte, um die Geschenke aufzuheben. Er lächelte über ihre Freude, und sie priesen ihn.

Von einem niedrigen Fenster aus blickte Cornelia über die aufund abwogende Menschenmenge und war froh, nicht mittendrin zu stecken. Sie spürte, wie sie ein Schauer durchlief, als sich Marius auf seinem Thron näherte und jubelte ihm wie alle anderen zu. Er war ein gut aussehender Legat, und die Stadt liebte Helden.

Neben ihm stand ein junger Mann, zu jung, um Legionär zu sein. Cornelia beugte sich vor, um ihn besser sehen zu können. Er lächelte, und seine blauen Augen blitzten, als er auflachte, offensichtlich über eine von Marius’ Bemerkungen.

Der Umzug erreichte die Stelle, von der aus Cornelia mit ihrer Familie zusah. Sie sah, wie die Münzen durch die Luft flogen und die Menschen sich darauf stürzten, um eine zu erhaschen. Cinna, ihr Vater, konnte darüber nur die Nase rümpfen.

»Was für eine Geldverschwendung. Rom liebt sparsame Generäle«, sagte er giftig.

Cornelia ignorierte ihn und hielt den Blick auf Marius’ Begleiter gerichtet. Er war attraktiv und sah kräftig aus, doch es war noch etwas anderes an ihm, an seiner Haltung. Er strahlte ein inneres Selbstvertrauen aus, und wie Clodia oft sagte, es gab nichts Attraktiveres als Selbstvertrauen. »Sämtliche Mütter Roms werden jetzt hinter diesem jungen Gockel für ihre Töchter her sein«, flüsterte Clodia neben ihr.