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Renius hielt an. Marcus lenkte Lanzer neben ihn und brachte auch das dritte Pferd, das sie nach seinem letzten Besitzer auf den Namen Bandit getauft hatten, mit einem Ruck am Zügel zum Stehen. Peppis saß unbeholfen auf Bandits Reitdecke und betrachtete die lagernde Legion mit offenem Mund. Angesichts des ehrfürchtigen Staunens des Jungen musste Renius grinsen.

»Das ist es, Marcus. Das ist deine neue Heimat. Hast du die Papiere noch, die dir Marius gegeben hat?«

Marcus klopfte auf seine Brust, wo er unter der Tunika das zusammengefaltete Pergament spürte. »Kommst du mit?«, fragte er. Renius gehörte nun schon so lange zu seinem Leben, dass ihm der Gedanke, den Mann davonreiten zu sehen, während er allein zum Tor ritt, unerträglich vorkam. »Ich bringe dich und Peppis noch bis zum Praefectus castrorum, dem Quartiermeister. Der sagt dir, welcher Zenturie du zugeteilt wirst. Lerne ihre Geschichte schnell, jede Zenturie hat ihren eigenen Ruf und ihren eigenen Stolz.«

»Noch mehr Ratschläge?«

»Gehorche jedem Befehl ohne Widerwort. Momentan kämpfst du noch wie ein Individuum, wie ein Krieger der unzivilisierten Stämme. Hier lernst du, deinen Kameraden zu vertrauen und im Verband zu kämpfen, was dem einen oder anderen nicht immer leicht fällt.«

Dann wandte er sich an Peppis: »Das Leben wird nicht leicht für dich sein. Tu was man dir sagt, und wenn du alt genug bist, wird man dir erlauben, in die Legion einzutreten. Tu nichts, was dir Schande macht. Hast du verstanden?«

Peppis nickte. Sein Hals war aus lauter Angst vor diesem ungewohnten Leben ganz trocken geworden.

»Ich werde es lernen. Und er auch«, sagte Marcus.

Renius nickte und setzte sein Pferd mit einem Zungenschnalzen in Bewegung. »Ganz bestimmt.« Beim Anblick der sauberen, regelmäßigen Anordnung der Straßen mit ihren Reihen langer, niedriger Mannschaftsbaracken empfand Marcus eine eigenartige Befriedigung. Er und Renius waren am Tor, sobald er seine Papiere vorgezeigt hatte, herzlich willkommen geheißen worden und gingen jetzt zu Fuß zum Quartier des Präfekten, wo er sich verpflichten würde, mehrere Jahre seines Lebens im Dienst der römischen Armee zu verbringen. Renius, der selbstbewusst durch die schmalen Gassen schritt und den in Zehnergruppen vorbeimarschierenden, vorbildlich uniformierten Soldaten mit einem anerkennenden Nicken begegnete, erfüllte Marcus mit Zuversicht. Hinter ihnen trottete Peppis und schleppte das schwere Ausrüstungsbündel auf dem Rücken.

Bevor sie das kleine, weiße Gebäude erreicht hatten, von dem aus der Lagerpräfekt seine römische Kleinstadt in einem fremden Land regierte, musste Marcus seine Papiere noch zweimal vorzeigen. Schließlich durften sie eintreten, und ein schlanker Mann in einer weißen Toga und Sandalen kam in die Vorräume, um sie zu begrüßen.

»Renius! Ich habe eben erst erfahren, dass du im Lager bist. Die Männer reden schon davon, dass du einen Arm verloren hast. Bei den Göttern, wie schön, dich wiederzusehen!« Er strahlte sie an, ein Bild römischer Tüchtigkeit, sonnengebräunt und sehnig, und begrüßte sie einen nach dem anderen mit einem kräftigen Händedruck.

Renius lächelte mit aufrichtiger Freude zurück.

»Marius hat mir nicht gesagt, dass du hier bist, Carac. Freut mich, dich bei bester Gesundheit anzutreffen.«

»Du bist keinen Tag älter geworden! Keinen Tag älter als vierzig, das schwöre ich bei den Göttern! Wie machst du das bloß?«

»Ich lebe anständig«, grunzte Renius, der sich selbst noch nicht an die Veränderung gewöhnt hatte, die Cabera bewirkt hatte.

Der Präfekt hob ungläubig eine Augenbraue, wechselte jedoch das Thema.

»Und der Arm?«

»Ein Trainingsunfall. Der Junge hier, Marcus, hat mich erwischt, dann musste ich ihn abnehmen lassen.«

Der Präfekt pfiff durch die Zähne und schüttelte Marcus noch einmal die Hand.

»Hätte nicht gedacht, dass ich mal jemandem begegne, der es mit Renius aufnehmen kann. Darf ich die Papiere sehen, die du mitgebracht hast?«

Mit einem Mal wurde Marcus nervös. Er reichte sie dem Mann, der ihnen mit einer Geste bedeutete, auf den langen Bänken Platz zu nehmen, während er sich der Lektüre widmete. Schließlich gab er ihm die Schreiben zurück. »Deine Empfehlungen sind eindrucksvoll, Marcus. Wer ist der Junge?«

»Er hat auf dem Handelsschiff gearbeitet, das uns hierher gebracht hat. Er will mein Diener sein und später, wenn er älter ist, in die Legion eintreten.«

Der Präfekt nickte. »Von der Sorte haben wir viele im Lager, normalerweise sind es die unehelichen Kinder der Soldaten und Huren. Wenn er sich einfügt, gibt es womöglich einen Platz für ihn, aber die Konkurrenz ist groß. Ich bin eher an dir interessiert, junger Mann.«

Er wandte sich an Renius. »Erzähl mir von ihm. Ich vertraue deinem Urteil.«

Renius sprach mit fester Stimme, als erstatte er Bericht. »Marcus ist ungewöhnlich schnell, besonders dann, wenn sein Blut in Wallung gerät. Ich denke, er wird sich einen Namen machen, wenn er herangewachsen ist. Er ist unerschrocken und ungestüm und kämpft gerne, was zum Teil seinem Charakter und zum Teil seiner Jugend zuzuschreiben ist. Er wird der Vierten Mazedonischen gut dienen. Ich selbst habe ihm seine Grundausbildung vermittelt, aber er ist schon weit darüber hinaus und wird sich noch viel weiter entwickeln.«

»Er erinnert mich an deinen Sohn. Ist dir die Ähnlichkeit nicht aufgefallen?«, fragte der Präfekt leise.

»Das ... habe ich nicht bemerkt«, antwortete Renius peinlich berührt.

»Das bezweifle ich. Aber sei’s drum, gute Männer können wir immer gebrauchen, und hier ist genau der richtige Ort, um seine Reife zu finden. Ich teile ihn der Fünften Zenturie zu, der Bronzefaust.«

Renius sog geräuschvoll die Luft ein. »Du ehrst mich.«

Der Präfekt schüttelte den Kopf. »Du hast mir einmal das Leben gerettet. Es tut mir Leid, dass ich das deines Sohnes nicht retten konnte. Das hier ist das Geringste, was ich für dich tun kann.« Noch einmal gaben sie sich die Hände. Marcus sah ziemlich verwirrt zu.

»Was hast du jetzt vor, alter Freund? Kehrst du nach Rom zurück, um dein Gold auszugeben?« »Ich hatte gehofft, dass du hier einen Platz für mich hast«, erwiderte Renius leise.

Der Präfekt lächelte. »Ich dachte schon, du würdest nicht fragen. Die Faust sucht dringend nach einem Waffenmeister für die Ausbildung. Der alte Belius ist vor sechs Monaten an einem Fieber gestorben, und wir haben niemanden, der so gut ist wie er. Möchtest du seinen Posten übernehmen?«

Mit einem Mal grinste Renius wieder sein altes, hinterhältiges Grinsen. »Sehr gern, Carac. Ich danke dir.«

Der Präfekt klopfte ihm mit unverhohlener Freude auf die Schulter.

»Willkommen in der Vierten Mazedonischen, meine Herren.« Er gab einem in der Nähe wartenden Legionär ein Zeichen. »Bring diesen jungen Mann in sein neues Quartier bei der Bronzefaust. Schick den Jungen in die Stallungen, bis ich ihm eine Aufgabe bei den anderen Lagerkindern zuweise. Renius und ich haben eine Menge zu besprechen. Und dabei den einen oder anderen Becher zu leeren.«

22

Alexandria saß schweigend da und polierte den Schmutz von einem alten Schwert in Marius’ kleiner Waffenkammer. Sie freute sich darüber, dass er sein Stadthaus zurückbekommen hatte. Nach dem, was sie gehört hatte, war der Eigentümer nur zu begierig darauf gewesen, es dem neuen Regenten von Rom zu schenken. Das war viel besser als die Vorstellung, gemeinsam mit den rohen Soldaten in den Baracken der städtischen Kaserne zu wohnen - nun ja, das wäre wohl bestenfalls schwierig geworden. Die Götter wussten, dass sie keine Angst vor Männern hatte; sie kamen in ihren frühesten Erinnerungen vor, als sie mit ihrer Mutter im Zimmer nebenan gewesen waren. Wenn sie hereingekommen waren, hatten sie nach Bier und billigem Wein gestunken, und auch wenn sie hinausgingen, torkelten sie. Sie blieben nie besonders lange. Einmal hatte einer sie anfassen wollen, und sie erinnerte sich heute noch daran, dass sie damals ihre Mutter zum ersten Mal in ihrem jungen Leben zornig gesehen hatte. Sie hatte dem Mann mit einem Schürhaken den Schädel eingeschlagen, dann hatten sie ihn gemeinsam hinaus auf die Gasse geschleift und dort liegen gelassen. Tagelang hatte ihre Mutter damit gerechnet, dass jeden Augenblick die Tür eingeschlagen würde und man sie wegschaffte und aufhängte, aber niemand kam.