»Wie viel hat Marius dir dafür gezahlt?«, fragte er verächtlich. Seine Stimme verriet nur einen Hauch von Anstrengung.
»Nichts. Dich töte ich aus Vergnügen.«
»Ein Amateur der Tat und des Wortes!«, fuhr Sulla fort und drückte die Messerspitze näher an die pulsierende Haut. »Wache! Kommt eurem Konsul zu Hilfe!«, bellte er, und innerhalb weniger Sekunden lag der Mann so auf den Boden gepresst, dass er sich nicht mehr rühren konnte. Sulla stand auf und klopfte sich den Staub ab.
Der Hauptmann der Wache war mit mehreren anderen Soldaten hereingekommen. Er war blass, schaffte es aber immerhin noch, präzise zu salutieren und Haltung anzunehmen.
»Wie es aussieht, konnte sich ein Attentäter durch das ganze Lager bis zum Zelt des Konsuls von Rom schleichen, ohne dass ihn jemand aufgehalten hätte«, sagte Sulla leise, tauchte dabei die Hände in eine Schüssel mit Duftwasser auf einem Eichentisch und streckte sie von sich, damit sie von einem Sklaven abgetrocknet wurden.
Der Hauptmann der Wache holte tief Luft, um sich zu beruhigen. »Die Folter wird uns die Namen seiner Herren liefern. Ich führe die Befragung selbst durch. Mit deiner Erlaubnis, Legat, trete ich morgen von meinem Posten als Offizier zurück.«
Sulla fuhr fort, als hätte der Mann überhaupt nichts gesagt. »Es gefällt mir überhaupt nicht, in meinem eigenen Zelt überfallen zu werden. Es ist so ein gewöhnlicher, ordinärer Zwischenfall, meine Ruhe auf diese Weise zu stören.«
Er bückte sich und hob den Dolch auf, ohne auf dessen sich windenden Eigentümer zu achten, der von den Soldaten noch immer mit wütender Brutalität zu Boden gedrückt wurde. Dann hielt er die schmale Klinge dem Hauptmann hin.
»Du hast mich ohne Schutz gelassen. Nimm das. Geh in dein Zelt und schneide dir damit die Kehle durch. Ich lasse deinen Leichnam abholen, sagen wir ... in zwei Stunden?«
Der Mann nickte steif und nahm den Dolch. Er salutierte wieder, machte kehrt und verließ das Zelt.
Padacus legte eine warme Hand auf Sullas Arm. »Bist du verletzt?«
Sulla zog den Arm verärgert weg. »Alles in Ordnung. Bei den Göttern, es war ja nur einer.
Marius muss eine ziemlich schlechte Meinung von mir haben.«
»Wir wissen nicht, ob es nur einer war. Ich lasse heute Nacht rings um dein Zelt Wachen aufstellen.«
Sulla schüttelte den Kopf. »Nein. Damit Marius denkt, er hätte mir Angst eingejagt? Ich begnüge mich mit den beiden Huren, die du mir besorgen sollst, und sehe zu, dass eine von ihnen die ganze Nacht über wach ist. Bring sie her und schaff mir alle anderen vom Hals. Ich glaube, mein Appetit auf ein bisschen lasterhafte Unterhaltung ist geweckt.«
Padacus salutierte formvollendet, aber Sulla sah, wie sich seine vollen Lippen schmollend verzogen, als er sich zum Gehen wandte. Der Mann war eindeutig ein Risiko. Er würde es nicht bis nach Rom zurück schaffen. Vielleicht ein kleiner Unfall ... ja, ein Sturz von seinem wundervollen Wallach. Perfekt.
Wenigstens war er jetzt allein. Sulla setzte sich auf ein niedriges Bett und ließ die Hand über das weiche Material gleiten. Von draußen war leises, weibliches Husten zu hören, und Sulla lächelte zufrieden.
Die beiden Mädchen, die auf seinen Ruf hin eintraten, waren sauber, geschmeidig und prächtig gekleidet. Beide waren wunderschön.
»Vortrefflich«, seufzte Sulla und klopfte neben sich auf das Bett. Trotz all seiner Fehler besaß Padacus ein gutes Auge für wirklich schöne Frauen - unter diesen Umständen eine wahrlich verschwendete Gabe.
Marius sah seinen Neffen düster an.
»Ich stelle nicht deine Entscheidung zu heiraten in Frage! Cinna wird dir bei deiner Karriere sehr nützlich sein. Die Vermählung mit seiner Tochter wird dir sowohl politisch als auch persönlich sehr gelegen kommen. Was ich dir ankreide, ist deine Zeitplanung. Ausgerechnet jetzt, wo Sullas Legion höchstwahrscheinlich morgen Abend vor den Toren der Stadt aufmarschiert, verlangst du von mir, dass ich in aller Eile eine Hochzeit ausrichte?«
Ein Legionär kam hastig herein und versuchte, mit einem Arm voll Schriftrollen und Dokumenten vor dem Legaten zu salutieren. Marius hob eine Hand, um ihn fern zu halten.
»Du hast doch mit mir über bestimmte Pläne gesprochen, falls morgen nicht alles nach Wunsch läuft«, sagte Gaius mit ruhiger Stimme.
Marius nickte und wandte sich an die Wache. »Warte draußen. Ich rufe dich, wenn ich hier fertig bin.«
Der Mann versuchte einen zweiten Gruß und trollte sich aus der Barackenunterkunft. Sobald er außerhalb der Hörweite war, erhob Gaius abermals die Stimme.
»Wenn etwas für uns schief geht ... und ich aus der Stadt fliehen muss, möchte ich Cornelia nicht unverheiratet zurücklassen.«
»Sie kann nicht mit dir gehen!«, fuhr ihn Marius an.
»Nein, das nicht. Aber ich kann sie nicht ohne den Schutz meines Namens zurücklassen. Es kann gut sein, dass sie schwanger ist.« Er gab das Ausmaß ihrer Beziehung nur ungern preis. Das war etwas, das nur ihn und sie etwas anging, doch nur Marius konnte in der kurzen Zeit, die ihnen blieb, die Opfer und die Priester organisieren, deshalb musste er ihm verständlich machen, worum es ihm ging.
»Verstehe. Weiß ihr Vater von ... eurem innigen Verhältnis?«
Gaius nickte.
»Dann können wir ja von Glück reden, dass er nicht mit einer Pferdepeitsche vor der Tür steht.
Na schön. Ich kümmere mich um die Zeremonie. Aber nur das Allernotwendigste. Morgen bei Tagesanbruch?«
Gaius musste plötzlich lächeln. Der Druck, der immer stärker auf ihm gelastet hatte, war von ihm gewichen.
»So gefällst du mir schon besser«, meinte Marius lachend. »Bei den Göttern, Sulla ist noch nicht einmal in Sicht und weit davon entfernt, mir Rom wegzunehmen. Ich fürchte, du rechnest zu sehr mit dem Schlimmsten. Morgen Abend kommt dir deine Hast wahrscheinlich lächerlich vor, wenn wir Sullas Kopf auf einen Spieß stecken, aber egal. Geh jetzt. Kauf ein Hochzeitsgewand und Geschenke. Die Rechnungen gehen alle an mich.« Er klopfte Gaius auf den Rücken.
»Ach, und bevor du gehst, schau noch mal bei Catia vorbei. Das ist eine schon etwas reifere Dame, die Uniformen für die Männer schneidert. Sie weiß bestimmt, wo man das eine oder andere innerhalb kürzester Zeit besorgen kann. Und jetzt geh!«
Gaius verließ schmunzelnd den Raum.
Sobald er draußen war, rief Marius seinen Adjutanten herein, ließ ihn die Rollen auf dem Tisch ausbreiten und die Ecken mit glatten Bleigewichten beschweren.
»Sehr schön«, sagte er zu dem Soldaten. »Hol die Zenturios zu einer weiteren Besprechung her. Ich möchte alle neuen Ideen hören, wie bizarr sie auch sein mögen. Woran habe ich nicht gedacht? Was könnte Sulla vorhaben?«
»Vielleicht hast du bereits an alles gedacht, Legat.«
»Niemand kann an alles denken. Wir können uns lediglich auf alles vorbereiten.« Damit entließ Marius den Mann mit einer Handbewegung.
Als Gaius Cabera fand, war der Alte gerade mit zweien von Marius’ Legionären beim Würfeln.
Er war ganz in das Spiel versunken, und Gaius musste seine Ungeduld zügeln, als er noch einen Wurf machte und vor Freude in die welken Hände klatschte. Münzen wechselten ihren Besitzer, und Gaius zog ihn am Arm weg, bevor die nächste Runde anfing.
»Ich habe mit Marius gesprochen. Er arrangiert die Zeremonie für morgen früh, gleich bei Tagesanbruch. Ich brauche heute Hilfe, damit auch wirklich alles klappt.«
Cabera sah ihn aufmerksam an und verstaute seinen Gewinn in seinem zerschlissenen braunen Gewand. Er nickte den Soldaten zu, und einer von ihnen schüttelte ihm ein wenig schwermütig die Hand, bevor er wegging.
»Ich bin gespannt darauf, dieses Mädchen kennen zu lernen, das einen solchen Eindruck auf dich gemacht hat. Ich nehme an, sie ist unglaublich hübsch?«
»Selbstverständlich! Sie ist eine junge Göttin. Honigbraune Augen und goldenes Haar. Sie ist einfach unbeschreiblich, du kannst es dir nicht vorstellen.«