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»Und Stepan Probka, der Zimmermann? Ich setze meinen Kopf ein, daß Sie so einen Mann nicht mehr finden. Was der für eine Kraft hatte! Wenn er in der Garde diente, was bekäme er nicht alles: er war doch über drei Arschin groß!«

Tschitschikow wollte wiederum einwenden, daß auch Probka nicht mehr auf der Welt sei; aber Ssobakewitsch hatte wohl eine Art Durchfall bekommen: ihm entströmte ein so unaufhaltsamer Redefluß, daß man nur zuhören konnte. »Und dann der Ziegelbrenner Miluschkin! Der konnte in jedem Hause einen Ofen aufstellen. Maxim Teljatnikow, der Schuster: wenn der bloß mit der Ahle hinstach, so war gleich ein Paar Stiefel fertig. Stiefel, für die man sich bedanken mußte, und dabei nahm er keinen Tropfen Schnaps in den Mund. Und erst Jeremej Ssorokopljuchin! Dieser Bauer allein war so viel wert wie alle anderen: er trieb in Moskau Handel und brachte mir fünfhundert Rubel jährlich an Zins allein ein. Ja, das waren lauter solche Leute! Das ist doch was ganz anderes, als was Ihnen so ein Pljuschkin verkaufen wird.«

»Aber gestatten Sie«, sagte endlich Tschitschikow, erstaunt über diese Redeüberschwemmung, die gar kein Ende zu nehmen schien. »Warum zählen Sie alle ihre Vorzüge auf? Jetzt haben alle diese Leute nicht den geringsten Wert; sie sind ja alle tot. Mit einem Toten kann man höchstens einen Zaun stützen, wie es im Sprichworte heißt.«

»Ja, gewiß, sie sind tot«, sagte Ssobakewitsch, als hätte er erst jetzt eingesehen, daß alle diese Leute in der Tat tot waren. Dann fuhr er fort: »Übrigens, was taugen die Leute, die heute als Lebende gelten? Es sind Fliegen und keine Menschen.«

»Aber diese existieren immerhin, und die anderen sind nur ein Wahn.«

»Nein, durchaus kein Wahn! Ich will Ihnen nur das eine sagen: so einen Menschen wie den Michejew finden Sie jetzt nicht wieder; er war so ein Mordskerl, daß er in diesem Zimmer kaum Platz hätte; nein, das ist kein Wahn! In den Schultern hatte er aber eine Kraft, wie sie ein untersetztes Pferd von Wjatka hat. Ich möchte wissen, wo Sie noch einen solchen Wahn finden!« Die letzten Worte sprach er, sich an die Bildnisse Bagrations und Kolokotronis wendend, wie es meistens bei Gesprächen vorkommt, wenn einer der Sprechenden sich nicht an die Person, an die seine Worte gerichtet sind, wendet, sondern an einen Dritten, der zufällig ins Zimmer gekommen ist, selbst an einen Unbekannten; man weiß zwar, daß man von diesem Dritten weder eine Antwort noch seine Ansicht noch eine Bestätigung zu hören bekommt, aber man richtet auf ihn dennoch seinen Blick, als riefe man ihn zu einem Schiedsrichter an; der Unbekannte, der im ersten Augenblick ein wenig verlegen wird, weiß gar nicht, ob er sich zu der Sache, von der er noch nichts gehört hat, äußern oder lieber des Anstandes wegen eine Weile schweigend dastehen und dann erst fortgehen soll.

»Nein, mehr als zwei Rubel kann ich nicht geben«, sagte Tschitschikow.

»Gut, damit Sie mir nicht vorwerfen, daß ich zuviel verlange und Ihnen nicht entgegenkomme, will ich Ihnen die Seelen zu fünfundsiebzig Rubel das Stück lassen, doch nur in Banknoten, und das auch nur aus Freundschaft!«

– Hält er mich für einen Narren? – dachte sich Tschitschikow. Dann sagte er laut: »Es kommt mir wirklich sonderbar vor: es ist, als ob wir Theater oder irgendeine Komödie spielten; anders kann ich es mir nicht erklären ... Sie scheinen ein recht kluger Mann zu sein und über Wissen und Bildung zu verfügen. Der Gegenstand ist doch nichts! Was ist er wert? Wer braucht ihn noch?«

»Sie wollen ihn doch kaufen, folglich brauchen Sie ihn.«

Tschitschikow biß sich hier in die Unterlippe und wußte im Moment nicht, was darauf zu antworten. Er fing an, etwas von Familienangelegenheiten zu reden, doch Ssobakewitsch unterbrach ihn einfach:

»Ich will von Ihren Verhältnissen nichts wissen: in Familienangelegenheiten mische ich mich nicht ein – das ist Ihre Sache. Sie brauchen Seelen, und ich will Ihnen welche verkaufen. Sie werden es auch bereuen, daß Sie sie nicht bei mir gekauft haben.«

»Zwei Rubelchen«, sagte Tschitschikow.

»Ach Gott, Sie haben sich das eine in den Kopf gesetzt: Sie haben sich auf die zwei Rubel versteift und wollen nicht herunter. Bieten Sie mir doch einen anständigen Preis!«

– Hol ihn der Teufel! – dachte sich Tschitschikow. – Einen halben Rubel will ich dem Hund noch hinwerfen! – »Schön, ich will noch einen halben Rubel dazugeben.«

»Gut, jetzt will ich Ihnen auch mein letztes Wort sagen: fünfzig Rubel! Ich verkaufe sie mit Schaden, billiger werden Sie so tüchtige Leute nirgends finden!«

– Dieser Filz! – sagte sich Tschitschikow. Dann fuhr er etwas geärgert fort: »Was ist das in der Tat? ... Als ob es eine ernste Sache wäre! Anderswo bekomme ich sie umsonst. Ein jeder wird sie mir mit Freuden abgeben, um sie los zu sein, höchstens ein Narr wird sie noch länger behalten wollen und Steuern für sie zahlen!«

»Aber wissen Sie auch, daß Käufe dieser Art – das sage ich ganz unter uns, in aller Freundschaft – nicht immer erlaubt sind, und wenn ich oder ein anderer es wiedererzählen wollte, so würden Sie bei Abschluß von Verträgen oder irgendwelchen lohnenden Vereinbarungen nicht das geringste Vertrauen finden.«

– Da will er also hinaus, der Schuft! – dachte sich Tschitschikow und fügte gleich höchst kaltblütig hinzu: »Ganz wie Sie wollen! Ich kaufe sie nicht, weil ich sie brauche, wie Sie sich einbilden, sondern nur so ... aus Gesinnung. Wenn Sie zwei Rubel fünfzig nicht nehmen wollen, so leben Sie wohl!«

– Den bringe ich nicht aus dem Konzept, er gibt nicht nach! – dachte sich Ssobakewitsch. »Nun, Gott mit Ihnen, geben Sie mir dreißig Rubel pro Stück und nehmen Sie die Seelen!«

»Nein, ich sehe, Sie wollen sie nicht verkaufen. Leben Sie wohl!«

»Aber erlauben Sie einmal!« sagte Ssobakewitsch, ohne seine Hand loszulassen und ihm auf den Fuß tretend; unser Held hatte sich nämlich nicht in acht genommen und mußte jetzt zur Strafe dafür aufzischen und auf einem Fuße hüpfen.

»Ich bitte um Verzeihung! Ich bin Ihnen, glaube ich, zu nahe getreten. Bitte, setzen Sie sich her! Ich bitte darum!« Mit diesen Worten nötigte er ihn in einen Sessel mit der Gewandtheit eines Bären, der schon in Dressur war und sich zu wenden und einige Kunststücke zu machen weiß, wenn man ihn auffordert: »Mischa, zeig mal, wie sich die Weiber im Dampfbade abreiben!« oder: »Mischa, zeig mal, wie die Kinder Erbsen stehlen!«

»Wirklich, ich verliere nur meine Zeit, ich habe Eile.«

»Bleiben Sie doch noch eine Minute, ich will Ihnen gleich ein Ihnen angenehmes Wort sagen.« Ssobakewitsch setzte sich näher zu ihm heran und raunte ihm ins Ohr wie ein Geheimnis: »Wollen Sie ein Viertel?«

»Das heißt fünfundzwanzig Rubel? Keine Rede! Nicht mal ein Viertel von dem Viertel, keine Kopeke mehr.«

Ssobakewitsch verstummte. Auch Tschitschikow schwieg. An die zwei Minuten währte das Schweigen. Bagration mit seiner Adlernase verfolgte von der Wand herab die Unterhandlungen mit der größten Aufmerksamkeit.

»Was wäre also Ihr äußerster Preis?« fragte endlich Ssobakewitsch.

»Zwei Rubel fünfzig.«

»Die Menschenseele scheint Ihnen wirklich so viel wert zu sein wie eine gebrühte Rübe. Geben Sie doch wenigstens drei Rubel.«

»Ich kann nicht.«

»Nun, es ist mit Ihnen wohl nichts zu machen. Ich verkaufe mit Schaden, aber ich habe schon mal so einen Hundecharakter: ich kann meinem Nächsten unmöglich ein Vergnügen versagen. Ich glaube, wir müssen auch einen Kaufvertrag abschließen, damit alles in Ordnung ist?«

»Selbstverständlich.«

»Nun sehen Sie es, also werde ich in die Stadt fahren müssen.«

So wurde das Geschäft abgeschlossen. Sie vereinbarten, sich am nächsten Tage in der Stadt zu treffen, um den Kaufvertrag perfekt zu machen. Tschitschikow bat um eine kleine Liste der Bauern. Ssobakewitsch ging gerne darauf ein, begab sich sofort zum Sekretär und stellte eigenhändig die Liste auf, die nicht nur die Namen, sondern auch die lobenswerten Eigenschaften eines jeden Bauern enthielt.