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So eine Art Gutsbesitzer stand also vor Tschitschikow! Es muß festgestellt werden, daß derartige Erscheinungen in Rußland recht selten sind, wo alles eher die Tendenz hat, ins Uferlose zu gehen, als zusammen zu schrumpfen; um so erstaunlicher ist so eine Erscheinung, wenn gleich in der Nachbarschaft ein Gutsbesitzer wohnt, der sein Leben mit echt russischem Schwung und der ganzen Breite seiner Natur genießt. Ein Neuankömmling bleibt erstaunt vor seiner Behausung stehen und fragt sich, was für ein regierender Prinz mitten unter diese kleinen, farblosen Besitzer geraten sei: an Schlösser gemahnen seine weißen steinernen Häuser mit den zahllosen Schornsteinen, Aussichtstürmen, Wetterfahnen, von einer ganzen Herde von Seitenflügeln und Wohnhäusern für die Gäste umgeben. Was fehlt ihm noch? Da gibt es Theater und Bälle; die ganze Nacht leuchtet der mit Lämpchen und Festfeuern illuminierte, von Musik erfüllte Garten. Das halbe Gouvernement geht aufgeputzt und lustig unter seinen Bäumen spazieren, und keinem Menschen fällt das Wilde und Drohende dieser Beleuchtung auf, wenn aus dem Dickicht ein von künstlichem Licht beleuchteter, seines natürlichen Grüns beraubter Ast theatralisch hervorlugt, oben aber um so dunkler, strenger und zwanzigmal drohender der nächtliche Himmel erscheint und die ernsten Baumwipfel, hoch oben mit ihren Blättern zitternd und tief in die undurchdringliche Finsternis ragend, sich über das falsche Licht empören, das unten ihre Wurzeln bestrahlt.

Pljuschkin stand schon mehrere Minuten, ohne ein Wort zu sagen, da, und auch Tschitschikow konnte noch immer kein Gespräch beginnen, da ihn das Bild des Hausherrn und der Dinge, die das Zimmer füllten, ablenkte. Lange konnte er keine Worte finden, um den Grund seines Besuches darzulegen. Er war schon im Begriff, sich in dem Sinne zu äußern, daß er, nachdem er so viel von der Tugend und den seltenen Herzenseigenschaften Pljuschkins gehört, es für seine Pflicht gehalten habe, ihm persönlich seine Hochachtung zu bezeugen; er besann sich aber noch rechtzeitig und sagte sich, daß es doch zu viel des Guten wäre. Nachdem er noch einmal alles, was im Zimmer war, mit einem Blicke gestreift hatte, fühlte er, daß die Worte »Tugend« und »seltene Herzenseigenschaften« mit Erfolg durch die Worte »Sparsamkeit « und »Ordnung« ersetzt werden konnten; er modelte seine Rede dementsprechend um und sagte, daß er, nachdem er von der Sparsamkeit und der seltenen Kunst Pljuschkins, seine Güter zu verwalten, gehört, es für seine Pflicht gehalten habe, ihn kennenzulernen und ihm persönlich seine Hochachtung auszusprechen. Natürlich hätte er wohl auch einen anderen, besseren Vorwand erfinden können, aber es wollte ihm nichts anderes einfallen.

Pljuschkin murmelte darauf etwas durch die Lippen – Zähne hatte er keine mehr –; was er sagte, ist unbekannt, der Sinn war aber wohl folgender: »Hol’ dich der Teufel mit deiner Hochachtung!« Da aber die Gastfreundschaft bei uns so allgemein üblich ist, hatte auch der Geizhals nicht die Kraft, wider die Sitte zu handeln; darum fügte er etwas deutlicher hinzu: »Ich bitte ergebenst, Platz zu nehmen!«

»Schon lange habe ich keine Gäste bei mir gesehen,« sagte er, »offen gestanden, sehe ich auch nicht viel Nutzen von den Gästen. Die Leute haben die dumme Sitte eingeführt, sich gegenseitig zu besuchen, während die Wirtschaft in Verfall gerät ... außerdem muß man auch noch ihren Pferden Heu geben! Ich habe schon längst zu Mittag gegessen, meine Küche ist niedrig und schlecht gebaut, der Schornstein ist ganz verfallen: wenn man heizt, kann leicht eine Feuersbrunst entstehen.«

– So stehen die Sachen! – dachte sich Tschitschikow. – Es ist gut, daß ich bei Ssobakewitsch einen Käsekuchen und ein Stück Hammellende gegessen habe! –

»Und dann so furchtbar dumm: kein bißchen Heu in der ganzen Wirtschaft!« fuhr Pljuschkin fort. »Wie soll man sich auch Vorräte davon anlegen? Der Landbesitz ist klein, die Bauern sind faul, sie arbeiten nicht und denken nur an die Branntweinschenke ... wie leicht kann es passieren, daß ich auf meine alten Tage noch betteln gehen muß!«

»Man hat mir aber gesagt,« bemerkte Tschitschikow bescheiden, »daß Sie mehr als tausend Seelen besitzen.«

»Wer hat Ihnen das gesagt? Sie sollten dem in die Augen spucken, der Ihnen solches gesagt hat! Das war wohl ein Spaßvogel, der sich über Sie lustig machen wollte. Von tausend Seelen reden die Leute, wenn man aber nachzählen wollte, so würde man so gut wie keine finden! In den letzten drei Jahren ist mir eine ganze Menge von Bauern an dem verdammten Fieber eingegangen.«