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Tschitschikow und Manilow gingen auf den ersten Tisch zu, an dem zwei jugendliche Beamte saßen, und fragten: »Gestatten Sie, wo ist hier die Abteilung für Kaufverträge?«

»Was wünschen Sie denn?« fragten die beiden Beamten, indem sie sich umwandten.

»Ich möchte ein Gesuch einreichen.«

»Was haben Sie denn gekauft?«

»Ich möchte zuvor wissen, wo die betreffende Abteilung ist, hier oder anderswo?«

»Nein, sagen Sie mir zuvor, was Sie gekauft haben und zu welchem Preis, dann werden wir Ihnen sagen, wo diese Abteilung ist; sonst können wir es nicht wissen.«

Tschitschikow merkte sofort, daß die Beamten, wie alle jungen Beamten, einfach neugierig waren und sich in ihrer Tätigkeit mehr Gewicht und Bedeutung verleihen wollten.

»Hört mal, meine Lieben,« sagte er, »ich weiß sehr gut, daß alle Kaufverträge, um welchen Kaufpreis es sich auch handeln mag, an einer Stelle erledigt werden, darum bitte ich euch, uns die betreffende Abteilung zu zeigen; wenn ihr euch aber hier nicht auskennt, so werden wir jemand anderen fragen.«

Die Beamten gaben darauf keine Antwort, und der eine von ihnen zeigte bloß mit einem Finger auf einen Winkel, wo ein alter Mann vor einem Tische saß und irgendwelche Papiere numerierte. Tschitschikow und Manilow begaben sich zwischen den Tischen zu ihm. Der alte Mann war in seine Arbeit mit großem Fleiß vertieft.

»Gestatten Sie die Frage,« sagte Tschitschikow mit einer Verbeugung, »ist hier die Abteilung für Kaufverträge?«

Der alte Mann hob die Augen und sagte langsam: »Nein, hier ist nicht die Abteilung für Kaufverträge.«

»Wo denn?«

»In der Expedition für Kaufverträge.«

»Und wo ist die Expedition für Kaufverträge?«

»Bei Iwan Antonowitsch.«

»Und wo ist Iwan Antonowitsch?«

Der alte Mann zeigte mit dem Finger auf eine andere Zimmerecke. Tschitschikow und Manilow begaben sich zu Iwan Antonowitsch. Iwan Antonowitsch hatte schon auf sie ein Auge geworfen und sie von der Seite gemustert; doch im gleichen Augenblick vertiefte er sich gleich wieder in seine Schreibarbeit.

»Gestatten Sie die Frage,« sagte Tschitschikow mit einer Verbeugung, »ist hier die Abteilung für Kaufverträge?«

Iwan Antonowitsch tat so, als ob er nichts hörte; er vertiefte sich in seine Papiere und gab keine Antwort. Man sah ihm gleich an, daß er ein vernünftiger, reifer Herr war und kein junger Schwätzer und Leichtfuß. Iwan Antonowitsch schien hoch in den Vierzigern zu sein; seine Haare waren dicht und schwarz; die ganze mittlere Gesichtspartie trat hervor und strebte der Nase zu; kurz, es war eines der Gesichter, das man im Alltagsleben mit »Kannenmaul« zu bezeichnen pflegt.

»Darf ich fragen, ist hier die Abteilung für Kaufverträge?« fragte Tschitschikow.

»Ja, hier«, sagte Iwan Antonowitsch, indem er sein Kannenmaul von ihm wegwandte und sich wieder in die Schreibarbeit vertiefte.

»Ich komme mit folgender Sache: ich habe von einigen Gutsbesitzern des hiesigen Kreises Bauern zwecks Übersiedlung erworben; die Kaufverträge sind aufgesetzt, sie müssen nur noch vollzogen werden.«

»Sind die Verkäufer zur Stelle?«

»Einige sind zur Stelle, und von den anderen liegen Vollmachten vor.«

»Haben Sie das Gesuch mitgebracht?«

»Ich habe auch das Gesuch mitgebracht. Ich möchte gern ... ich habe einige Eile ... Könnte man die Sache nicht schon heute erledigen?«

»Ja, heute! ... Heute geht es nicht«, sagte Iwan Antonowitsch. »Man muß noch Erkundigungen einziehen, ob den Verkäufen keine gerichtlichen Verfügungen im Wege stehen.«

»Übrigens, was die Beschleunigung der Sache betrifft, so ist Iwan Grigorjewitsch, der Kammervorsitzende, mein guter Freund ...«

»Iwan Grigorjewitsch ist nicht der einzige; es sind auch andere da«, sagte Iwan Antonowitsch streng. Tschitschikow verstand die Anspielung Iwan Antonowitschs und entgegnete: »Auch die anderen sollen nicht zu kurz kommen; ich habe selbst gedient und kenne die Sache ...«

»Gehen Sie zu Iwan Grigorjewitsch«, sagte Iwan Antonowitsch etwas freundlicher. »Soll er nur dem, den es angeht, Befehl geben. An uns soll es nicht fehlen.«

Tschitschikow holte aus der Tasche eine Banknote hervor und legte sie vor Iwan Antonowitsch, der sie gar nicht bemerkte und sofort mit einem Buche zudeckte. Tschitschikow wollte ihn auf die Note aufmerksam machen, aber jener gab ihm durch ein Kopfnicken zu verstehen, daß er es nicht zu tun brauchte.

»Dieser da wird Sie in den Sitzungssaal führen«, sagte Iwan Antonowitsch. Er nickte mit dem Kopf, und einer der anwesenden Priester der Themis, der der Göttin mit solchem Eifer opferte, daß seine beiden Ärmel geplatzt waren und aus ihnen schon längst das Unterfutter hervorquoll, wofür er auch seinerzeit den Rang eines Kollegienregistrators erhalten hatte, gesellte sich als Führer zu unseren Freunden, wie einst Vergil zu Dante, und führte sie in den Sitzungssaal, wo nur ein einziger breiter Sessel stand und in diesem, vor einem Tische mit dem Gerichtsspiegel*)Gerichtsspiegeclass="underline" ein in jedem russischen Amtslokal vorhandener symbolischer Gegenstand in Form eines dreikantigen, von einem Doppeladler bekrönten Prismas aus vergoldetem Holz, an dessen drei Seitenflächen unter Glas bestimmte kaiserliche Ukase prangen. Anm. d. Ü. und zwei dicken Büchern einsam wie die Sonne der Kammervorsitzende thronte. Hier zeigte der neue Vergil solche heilige Scheu, daß er es nicht wagte, den Fuß über die Schwelle zu setzen und sofort den Rücken kehrte, der glattgerieben wie eine Bastdecke war und an dem eine Hühnerfeder klebte. Als sie den Saal betraten, sahen sie, daß der Vorsitzende nicht allein war: an seiner Seite saß, ganz vom Gerichtsspiegel verdeckt, Ssobakewitsch. Das Erscheinen der Gäste löste freudige Ausrufe aus, und der Regierungssessel wurde geräuschvoll zurückgeschoben. Auch Ssobakewitsch erhob sich von seinem Platze und wurde in ganzer Figur, mit seinen langen Ärmeln sichtbar. Der Vorsitzende schloß Tschitschikow in die Arme, und der Saal hallte wider von den Küssen; man fragte einander nach dem Befinden; es zeigte sich, daß die beiden leichte Kreuzschmerzen hatten, was sofort der sitzenden Lebensweise zugeschrieben wurde. Der Vorsitzende war schon anscheinend von Ssobakewitsch über den Kauf unterrichtet, weil er sofort unseren Helden zu beglückwünschen begann, was den letzteren etwas verlegen machte, um so mehr, als er die beiden Verkäufer, Ssobakewitsch und Manilow, mit jedem, von denen er das Geschäft unter vier Augen abgeschlossen hatte, nun einander gegenüberstehen sah. Er dankte jedoch dem Vorsitzenden und wandte sich gleich an Ssobakewitsch mit der Frage: »Und wie ist Ihr Befinden?«