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»Gottlob, ich kann mich nicht beklagen«, sagte Ssobakewitsch. Und er durfte sich auch tatsächlich nicht beklagen: viel eher könnte sich ein Stück Eisen erkälten und zu husten anfangen, als dieser so wunderbar konstruierte Gutsbesitzer.

»Ja, Sie waren immer als gesund und kräftig berühmt«, sagte der Vorsitzende. »Auch Ihr seliger Herr Vater war ein kräftiger Mann.«

»Ja, der pflegte allein gegen einen Bären loszugehen«, antwortete Ssobakewitsch.

»Mir scheint aber«, sagte der Vorsitzende, »daß auch Sie einen Bären umwerfen könnten, wenn Sie gegen einen losziehen würden.«

»Nein, ich könnte keinen umwerfen«, antwortete Ssobakewitsch. »Mein seliger Vater war doch kräftiger als ich.« Er seufzte und fuhr fort: »Nein, heute sind die Menschen ganz anders; selbst wenn man mein Leben betrachtet: was ist das für ein Leben? Es ist gar nicht so extra ...«

»Warum ist denn Ihr Leben nicht gut?« fragte der Vorsitzende.

»Es ist gar nicht gut«, sagte Ssobakewitsch und schüttelte den Kopf. »Urteilen Sie selbst, Iwan Grigorjewitsch: ich habe schon meine Fünfzig auf dem Buckel und bin noch nie krank gewesen; wenn ich doch wenigstens einmal Halsschmerzen, ein Geschwür oder einen Furunkel gehabt hätte ... Nein, das bedeutet nichts Gutes! Früher oder später werde ich das noch büßen müssen.« Hier versank Ssobakewitsch in Melancholie.

– Ist das ein Kerl! – dachten sich gleichzeitig Tschitschikow und der Vorsitzende. – Worüber der sich beklagt! – »Ich habe einen Brief an Sie«, sagte Tschitschikow, indem er Pljuschkins Brief aus der Tasche holte.

»Von wem denn?« fragte der Vorsitzende. Nachdem er den Brief entfaltet, rief er aus: »Ach so, von Pljuschkin! Der lebt noch immer auf der Welt. Ist das ein Schicksal! Was ist er doch für ein kluger und reicher Mensch gewesen! Und jetzt ...«

»Ein Hund,« sagte Ssobakewitsch, »ein Gauner, hat alle seine Leute verhungern lassen.«

»Gerne, gerne«, sagte der Vorsitzende, nachdem er den Brief gelesen. »Ich will gerne die Vertretung übernehmen. Wann wollen Sie den Kaufvertrag abschließen, jetzt oder später?«

»Jetzt«, sagte Tschitschikow. »Ich möchte Sie sogar bitten, womöglich heute, weil ich morgen schon die Stadt verlasse. Ich habe die Verträge und das Gesuch mitgebracht.«

»Das ist alles sehr schön, aber wir werden Sie nicht so bald fortreisen lassen. Die Kaufverträge werden heute erledigt, doch Sie müssen noch einige Zeit bei uns verleben. Gleich gebe ich den Befehl.« Mit diesen Worten öffnete er die Türe der Kanzleistube, die voller Beamten war. Diese schwärmten wie fleißige Bienen um ihre Waben, wenn nur der Vergleich der Bienenwaben mit den Kanzleiakten angängig wäre. »Ist Iwan Antonowitsch hier?«

»Er ist hier!« antwortete eine Stimme aus dem Innern des Zimmers.

»Schickt ihn mal her!«

Der den Lesern schon bekannte Iwan Antonowitsch mit dem Kannenmaul erschien im Sitzungssaal und machte eine respektvolle Verbeugung.

»Hier, Iwan Antonowitsch, nehmen Sie mal alle Kaufverträge dieses Herrn ...«

»Vergessen Sie nicht, Iwan Grigorjewitsch,« fiel ihm Ssobakewitsch ins Wort, »daß auch Zeugen notwendig sind, wenigstens zwei für jede Partei. Lassen Sie mal gleich den Staatsanwalt kommen: er ist ein müßiger Mensch und sitzt wohl zu Hause: alles besorgt für ihn sein Faktotum Solotucha, der größte Dieb in der Welt. Auch der Inspektor der Medizinalverwaltung ist ein müßiger Mensch und sitzt wohl zu Hause, wenn er nicht irgendwohin gefahren ist, um Karten zu spielen; es gibt auch viele Leute, die näher wohnen: Truchatschewskij, Bjeguschkin – die fallen nur der Erde zur Last.«

»Gewiß, gewiß!« sagte der Vorsitzende und schickte sofort einen Kanzleidiener, um alle die Zeugen herbeizuschaffen.

»Ich möchte Sie noch bitten,« sagte Tschitschikow, »den Bevollmächtigten einer Gutsbesitzerin kommen zu lassen, mit der ich gleichfalls ein Geschäft abgeschlossen habe: es ist der Sohn des Protopopen P. Kirill; er ist hier bei Ihnen angestellt.«

»Gewiß, wir wollen auch ihn holen lassen«, sagte der Vorsitzende. »Es soll alles geschehen, den Beamten bitte ich Sie aber nichts zu geben. Meine Freunde brauchen nichts zu zahlen.« Nach diesen Worten erteilte er Iwan Antonowitsch irgendeinen Befehl, der diesem offenbar sehr mißfiel. Die Verträge machten auf den Kammervorsitzenden anscheinend einen guten Eindruck, um so mehr, als er sah, daß die Gesamtsumme beinahe hunderttausend Rubel ausmachte. Einige Minuten lang blickte er Tschitschikow mit dem Ausdrucke höchster Zufriedenheit in die Augen und sagte schließlich: »So, so! So geht es, Pawel Iwanowitsch! So haben Sie also einiges erworben!«

»Ja, ich habe mir einiges erworben«, antwortete Tschitschikow.

»Ein gutes Werk! Wirklich, ein gutes Werk!«

»Ja, ich sehe selbst, daß ich ein besseres Werk gar nicht habe unternehmen können. Wie dem auch sei, der Lebenszweck eines Menschen ist nur dann bestimmt, wenn er auf festem Grunde und nicht auf irgendeiner freigeistigen Schimäre der Jugend fußt.« Bei dieser Gelegenheit tadelte er, und mit Recht, alle jungen Leute für ihre liberale Gesinnung. Merkwürdigerweise klangen aber diese seine Worte etwas unsicher, wie wenn er sich dabei dächte: »Du lügst, mein Bester, und nicht zu knapp!« Er vermied sogar, Ssobakewitsch und Manilow anzublicken, da er in ihren Gesichtern etwas zu lesen fürchtete. Seine Furcht war aber unbegründet: Ssobakewitsch zuckte mit keiner Wimper, und Manilow schüttelte nur, von Tschitschikows Worten bezaubert, billigend den Kopf und nahm dabei den Ausdruck eines Musikliebhabers an, welcher hört, wie eine Sängerin die Geige übertönt und einen so hohen Ton von sich gibt, wie ihn selbst keine Vogelkehle hervorbringen kann.

»Warum wollen Sie dem Iwan Grigorjewitsch nicht sagen,« bemerkte Ssobakewitsch, »was Sie erworben haben? Und warum fragen Sie ihn nicht, Iwan Grigorjewitsch, worin seine Erwerbungen bestehen? Was das für Leute sind! Ich sage Ihnen, das reinste Gold! Ich habe ihm ja den Wagenbauer Michejew verkauft.«

»Tatsächlich, auch den Michejew?« sagte der Vorsitzende. »Ich kenne den Wagenbauer Michejew: er ist ein wunderbarer Meister; er hat mir einmal eine Droschke umgearbeitet. Aber gestatten Sie ... Sie haben mir doch selbst gesagt, er sei gestorben ...«

»Wer, Michejew gestorben?« sagte Ssobakewitsch, ohne die Fassung zu verlieren. »Sein Bruder ist gestorben, er aber ist munter und fidel. Dieser Tage hat er mir einen Wagen gebaut, wie man ihn nicht mal in Moskau herstellen kann. Im Grunde genommen, hätte er nur für den Kaiser arbeiten sollen.«

»Ja, Michejew ist ein wunderbarer Meister,« sagte der Vorsitzende, »und ich wundere mich sogar, daß Sie sich von ihm haben trennen können.«

»Als ob es Michejew allein wäre! Und der Zimmermann Stepan Probka, der Ofensetzer Miluschkin, der Schuster Maxim Teljatnikow – alle sind weg, alle habe ich verkauft!« Und als der Vorsitzende ihn fragte, warum er diese im Hauswesen so notwendigen Leute verkauft habe, winkte Ssobakewitsch mit der Hand und sagte: »Es war so eine dumme Laune von mir, ich will sie verkaufen, sagte ich mir, und verkaufte sie aus bloßer Dummheit!« Darauf ließ er seinen Kopf hängen, als ob er die Sache wirklich bereute, und fügte hinzu: »Da habe ich schon graues Haar, bin aber noch immer nicht gescheiter geworden.«

»Aber gestatten Sie, Pawel Iwanowitsch,« fragte der Vorsitzende, »wie kaufen Sie die Bauern ohne Land? Etwa zwecks Übersiedlung?«

»Ja, zwecks Übersiedlung.«

»Das ist freilich eine andere Sache. Und wo sollen sie hin?«