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n; er hörte nichts als: »Nun, noch eine Woche, nur noch eine einzige Woche bleiben Sie hier bei uns, Pawel Iwanowitsch!« Mit einem Worte, man trug ihn förmlich auf den Händen. Doch unvergleichlich bemerkenswerter war der Eindruck, den Tschitschikow auf die Damen machte; dieser war direkt erstaunlich! Um diese Erscheinung einigermaßen verständlich zu machen, müßte man eigentlich vieles über die Damen selbst und über ihre Gesellschaft sagen und ihre seelischen Eigenschaften sozusagen mit lebendigen Farben schildern; aber dem Autor fällt dieses sehr schwer. Einerseits gebietet ihm hier die unbeschränkte Achtung vor den Gattinnen der hohen Beamten halt, und andererseits ... andererseits ist es einfach schwer. Die Damen der Stadt N. waren ... nein, ich bringe es nicht fertig; ich empfinde wirklich eine Scheu. An den Damen der Stadt N. war am bemerkenswertesten ... Es ist sogar sonderbar: ich kann nicht mal die Feder heben, wie wenn sie mit Blei gefüllt wäre. Also gut: ich muß es einem, dessen Farben lebendiger sind und der ihrer mehr auf seiner Palette hat, überlassen, sich über ihren Charakter zu äußern; wir beschränken uns aber nur auf zwei, drei Worte über ihr Äußeres und einige der oberflächlichen Züge. Die Damen der Stadt N. waren das, was man präsentabel nennt, und in dieser Beziehung könnte man sie allen anderen als ein Vorbild hinstellen. Was den guten Ton, die Etikette, die Menge der feinsten Anstandsregeln, besonders aber die Beobachtung der Mode in ihren letzten Einzelheiten betrifft, so hatten sie in dieser Beziehung selbst die Petersburger und die Moskauer Damen überflügelt. Sie kleideten sich mit großem Geschmack, fuhren durch die Stadt in den schönsten Equipagen, wie es die neueste Mode vorschrieb, mit goldbetreßten Lakaien hinten auf dem Trittbrett. Eine Visitenkarte galt, selbst wenn sie auf einer Treffzwei oder einem Karoas gedruckt war, als ein heiliger Gegenstand. Wegen eines solchen Gegenstandes entzweiten sich sogar einmal zwei Damen, die vorher große Freundinnen gewesen und sogar miteinander verwandt waren – weil eine von ihnen einen Gegenbesuch mankiert hatte. Wie sehr sich ihre Männer und Verwandten nachher auch bemühten, sie wieder zu versöhnen, es gelang ihnen nicht; es zeigte sich, daß alles auf der Welt zu erreichen ist, nur das eine nicht: zwei Damen zu versöhnen, die sich wegen eines mankierten Gegenbesuches entzweit haben. So verblieben denn diese beiden Damen in »gegenseitiger Abneigung«, wie man es in der guten Gesellschaft der Stadt nannte. Streitigkeiten wegen des Vorranges führten gleichfalls zu einer Menge sehr heftiger Auftritte, die den Männern zuweilen durchaus großmütige Begriffe von ihrem Ritteramt einflößten. Zu Duellen kam es natürlich nicht, weil sie doch alle Zivilbeamte waren; dafür suchten sie einander bei jeder Gelegenheit ein Bein zu stellen, was bekanntlich zuweilen viel unangenehmer ist als jedes Duell. In ihren Sitten waren die Damen der Stadt N. sehr streng, von einer edlen Entrüstung gegen alles Lasterhafte und Ärgerniserregende erfüllt und bestraften jede Schwäche ohne Nachsicht. Und wenn unter ihnen auch »manches« passierte, so passierte es immer im geheimen, so daß niemand etwas davon merkte; die ganze Würde blieb gewahrt, und der Gatte selbst war dermaßen vorbereitet, daß er, wenn er »manches« sah oder davon hörte, mit dem kurzen und vernünftigen Sprichworte antwortete: »Wen geht es was an, daß die Gevatterin neben dem Gevatter saß?« Es muß noch erwähnt werden, daß die Damen der Stadt N. sich gleich vielen Petersburger Damen durch eine große Vorsicht und feinen Takt in der Wahl der Ausdrücke auszeichneten. Niemals sagten sie: »Ich habe mich geschneuzt, ich habe geschwitzt, ich habe ausgespuckt«; sie sagten statt dessen: »Ich habe mir die Nase erleichtert, ich habe vom Taschentuch Gebrauch gemacht.« Unter keinen Umständen durfte man sagen: »Dieses Glas oder dieser Teller stinkt«; man durfte sogar nichts sagen, was einer Anspielung darauf gleichkäme; man sagte statt dessen: »Dieses Glas benimmt sich nicht gut« oder etwas Ähnliches. Um die russische Sprache noch mehr zu veredeln, hatten sie fast die Hälfte aller Worte gestrichen und mußten daher sehr oft zu französischen greifen; wenn man aber schon Französisch sprach, so war es eine ganz andere Sache: dann durfte man weit härtere Worte gebrauchen als die oben erwähnten. Das ist alles, was von den Damen der Stadt N., wenn man sich auf das Oberflächliche beschränkt, zu sagen ist. Wollte man aber tiefer hineinblicken, so würden noch manche andere Dinge zum Vorschein kommen; doch es ist sehr gefährlich, in Damenherzen tief hineinzublicken. Wir beschränken uns daher auf das Oberflächliche und fahren fort. Die Damen hatten bisher sehr wenig von Tschitschikow gesprochen, im übrigen aber seinen angenehmen Umgangsformen volle Gerechtigkeit gezollt. Als aber das Gerücht von seinem Millionenreichtum aufkam, fanden sie an ihm auch noch andere Vorzüge. Die Damen waren übrigens an seinem Reichtum in keiner Weise interessiert: das Wort »Millionär« – nicht der Millionär als solcher, sondern nur das bloße Wort – war an allem schuld; denn schon im bloßen Klange dieses Wortes ist, ganz abgesehen von der Vorstellung des Geldsackes, etwas enthalten, was in gleicher Weise auf die gemeinen Menschen, auf solche, die weder Fleisch noch Fisch sind, und auf die guten, mit einem Worte, auf alle Menschen wirkt. Der Millionär hat den Vorteil, daß er die vollkommen uneigennützige Gemeinheit, die reine Gemeinheit, die auf keinerlei eigennützigen Motiven beruht, zu sehen bekommt: viele wissen sehr gut, daß sie von ihm nichts bekommen werden und auch gar keinen Anspruch darauf haben, von ihm etwas zu bekommen, und doch müssen sie unbedingt vor ihm herlaufen, ihm wenigstens zulächeln, wenigstens den Hut vor ihm ziehen, wenigstens sich als Gast zu einem Mittagessen aufdrängen, zu dem der Millionär eingeladen ist. Man kann nicht behaupten, daß diese zarte Neigung zur Gemeinheit auch von den Damen empfunden worden wäre; doch man äußerte in vielen Salons, daß Tschitschikow, wenn auch nicht gerade der schönste Mann auf dem Erdenrund, dafür aber gerade so beschaffen sei, wie ein Mann beschaffen sein solle; daß es schon nicht mehr gut wäre, wenn er ein wenig dicker oder voller wäre. Bei dieser Gelegenheit wurde sogar eine recht verletzende Bemerkung über die dünnen Männer gemacht: diese seien mehr Zahnstocher als Männer. An den Damentoiletten zeigten sich allerlei Veränderungen. Im städtischen Kaufhause herrschte auf einmal großes Gedränge; es entstand sogar eine Art Korso: so viele Equipagen sammelten sich da an. Die Kaufleute waren erstaunt, als sie sahen, daß einige Stoffe, die sie von der Messe mitgebracht hatten und die infolge des als zu hoch angesehenen Preises unverkauft geblieben waren, plötzlich viel verlangt wurden und im Nu ausverkauft waren. Während des Gottesdienstes bemerkte man bei einer der Damen unten am Kleide einen so üppigen Besatz, daß der Rock die halbe Kirche füllte und der zufällig in der Nähe anwesende Polizeikommissar das Volk zum Portal zurückdrängen lassen mußte, damit die Toilette ihrer Hochwohlgeboren nicht zerdrückt werde. Sogar Tschitschikow selbst mußte schließlich diese ihm entgegengebrachte ungewöhnliche Aufmerksamkeit wahrnehmen. Als er einmal nach Hause zurückkehrte, fand er auf seinem Tische einen Brief vor. Von wem der Brief stammte und wer ihn gebracht hatte, ließ sich nicht feststellen: der Gasthofdiener meldete nur: jemand habe den Brief gebracht, ihm aber verboten, zu sagen, von wem der Brief sei. Der Brief fing in einem sehr entschiedenen Tone an, und zwar: »Nein, ich muß Dir schreiben!« Dann war die Rede davon, daß es eine geheime Sympathie zwischen den Seelen gäbe; diese Wahrheit war durch mehrere Punkte bekräftigt, die beinahe eine halbe Zeile füllten. Weiter folgten einige so treffende Gedanken, daß wir es beinahe für notwendig halten, sie hier zu zitieren: »Was ist unser Leben? – Ein Tal, in dem die Leiden wohnen. Was ist die Welt? – Ein Haufen von Menschen, die nichts fühlen.« Die Schreiberin berichtete ferner, daß sie die Zeilen ihrer zärtlichen Mutter, die schon vor fünfundzwanzig Jahren gestorben sei, mit ihren Tränen benetze; Tschitschikow wurde aufgefordert, in die Wüste zu ziehen und die Stadt, wo die Menschen in ihren dumpfen Mauern keine Luft atmen, für immer zu verlassen; das Ende des Briefes drückte sogar absolute Verzweiflung aus; er schloß mit den Versen: