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In Erinnerung an Charles St. George Sinkler Adams

6. Juli 1976 — 13. April 2005

Die Süße des Sieges und die Bitterkeit der Niederlage, beides ist wie eine Klinge aus den Träumen.

Aus Nebel und Stahl von Madoc Comadrin

Vorwort

Und das Rad dreht sich…

Das Rad der Zeit dreht sich, Zeitalter kommen und gehen und hinterlassen Erinnerungen, die zu Legenden werden. Legenden verblassen zu Mythen, und sogar der Mythos ist lange vergessen, wenn das Zeitalter ihres Ursprungs wiederkehrt.

Mit diesen Worten beginnt jede Chronik aus der Welt des Rades, eines Universums, in dem das Rad der Zeit und das Große Muster, das es webt, das oberste Prinzip sind.

Am Anfang steht eine Prophezeiung, die Prophezeiung des Drachen. Sie verkündet die Befreiung des Dunklen Königs, des Bösen schlechthin, und die Wiedergeburt Lews Therin Telamons, des Drachen, der einst vor Jahrtausenden sein Gefängnis versiegelte und dafür den höchsten Preis bezahlen musste. Sie berichtet von einem Mann, der sowohl der Vernichter als auch der Erlöser der Welt sein soll. Er kann die Eine Macht lenken und ist der Wiedergeborene Drache, der Tarmon Gai'don schlagen soll, die Letzte Schlacht gegen den Dunklen König.

Rand al'Thor ist der Wiedergeborene Drache.

Man schreibt das Dritte Zeitalter seit der Zerstörung der Welt. Wieder strecken der Dunkle König und seine Vertrauten, die Verlorenen, die ihm schon in ferner Vergangenheit zur Seite standen, die Hand nach der Welt aus. Horden nichtmenschlicher Trollocs und Myrddraals überziehen das Land mit Verwüstung, gelenkt von den Verlorenen, die nahezu unerkannt unter den Menschen wandeln, wo sie Unruhe schüren und Kriege auslösen.

Allein Rand al’Thor ist laut den Prophezeiungen dazu bestimmt, die Letzte Schlacht zu schlagen. Er beherrscht die Eine Macht, kann die Welt nach seinen Wünschen formen, und die Welt fürchtet ihn. Er hat treue Freunde um sich geschart, Nationen besiegt und Throne gestürzt. Er hat mächtige Feinde und zweifelhafte Verbündete, aber die größte Bedrohung ist die Eine Macht. Denn wie alle Männer, die sich der Macht bedienen, kämpft er gegen den Makel des Wahnsinns an, der die mystische Energie beschmutzt.

Wie die Eingeweihten wissen, besteht sowohl die Eine Macht als auch die Wahre Quelle, der sie entspringt, aus zwei widerstreitenden und sich dennoch ergänzenden Teilen: Saidin, der männlichen Hälfte, und Saidar, der weiblichen Hälfte. Die Energie versetzt einige wenige Menschen in die Lage, die Elemente Erde, Wind, Feuer, Wasser und Geist nach ihrem Willen zu beeinflussen und Heldentaten zu vollbringen. Im untergegangenen Zeitalter der Legenden nannte man diese Männer und Frauen Aes Sedai, was in der Alten Sprache ›Diener allen‹ bedeutet.

Als der Dunkle König, der im Augenblick der Erschaffung der Welt vom Schöpfer außerhalb von Zeit und Universum verbannt wurde, aus seinem Gefängnis auszubrechen drohte und von Lews Therin Telamon, dem stärksten Aes Sedai seiner Zeit, besiegt wurde, geriet der triumphale Sieg zugleich zur verheerenden Niederlage. Im Augenblick der Versiegelung kam es zu einer Reaktion, die Saidin, die männliche Quelle der Einen Macht, mit einem Makel versah. Jeder Mann, der nach der Macht griff — was für ihn so natürlich war wie das Atmen —, wurde wahnsinnig. Das hat sich erst kürzlich geändert.

Die meisten fielen der Umnachtung in einem schleichenden Prozess anheim. Bei Lews Therin Telamon, dem Drachen, war dies anders. Blindwütig in seinem Wahn, wandten er und seine Helfer sich mit der Macht gegen alle und jeden und schließlich gegen die Welt selbst. Erdbeben erschütterten das Land, Stürme fegten darüber hinweg, Vulkane brachen aus, der Ozean überschwemmte das Land. Reiche gingen unter und ganze Völker starben.

Nach dem Neubeginn hat sich das Antlitz der Welt verändert. Nun benutzen nur noch die weiblichen Aes Sedai die Eine Macht. Sie haben die Weiße Burg gegründet, und seit jenen dunklen Tagen wachen sie unerbittlich darüber, dass sich kein Mann der Einen Macht bedient. Sie spüren sie auf und ›dämpfen‹ sie, schneiden sie vom Zugang zur Wahren Quelle ab, um Unheil zu verhindern.

Rand al’Thor hatte schon immer ein zwiespältiges Verhältnis zu den Aes Sedai, die von vielen als die wahren Herrscher der Welt gefürchtet und gehasst werden. Aber er ist der Wiedergeborene Drache, der wie kein Zweiter über die Eine Macht gebietet; er ist der Car’a’carn der Aiel, der Wüstennomaden, deren Clans ihm fast alle bis in den Tod ergeben sind; er ist der Begründer der Schwarzen Burg und der Asha’man, der Männer, die ungeachtet aller Widrigkeiten gelernt haben, mit der Einen Macht umzugehen. Er hat treue Verbündete, die in seinem Namen handeln, und Feinde, die ihn vernichten wollen.

Und er hat Großes geleistet. Während die Letzte Schlacht unaufhaltsam näher rückt, ist es ihm gelungen, die Wahre Quelle vom Makel des Wahnsinns zu reinigen, eine Tat, deren Auswirkungen noch nicht bekannt sind. Und während sich Rand mit einigen Vertrauten in ein Versteck zurückgezogen hat, um sich zu erholen und dort Pläne zu schmieden, nimmt in der Welt des Rades das Schicksal weiterhin unerbittlich seinen Lauf.

Da sind die Invasoren aus Seanchan, die das Land erobern wollen, da ist die Weiße Burg der Aes Sedai, die durch Streit gespalten ist, und da sind die Verlorenen, die das Chaos schüren. Und da sind die Gefährten des Drachen, Männer wie Perrin Aybara und Mat Cauthon. Wie Rand al’Thor auch sind sie Ta’veren, Menschen, die das Muster des Rades und damit das Schicksal aller unwillkürlich beeinflussen, ob sie wollen oder nicht. Und im Augenblick kämpft jeder von ihnen an seiner eigenen Front.

Mat Cauthon befindet sich tief in Feindesland, im von den Seanchanern mittlerweile fast vollständig eroberten Altara.

Die Invasoren aus dem fernen Kaiserreich rücken unaufhaltsam voran. Für sie ist es eine Heimkehr in die Länder ihrer Vorväter, das Land von Luthair Paendrag, der einst als Eroberer nach Seanchan kam. Das Kaiserreich weist eine völlig andere Gesellschaftsordnung auf. Es ist nicht nur eine von seltsamen Ehrvorstellungen getriebene Adelsgesellschaft von Sklavenhaltern — Frauen, die die Macht lenken können, gelten hier weniger als ein Mensch. Für die Seanchaner sind es gefährliche Wesen, die man nicht frei herumlaufen lassen darf. Sobald ersichtlich wird, dass Frauen diese Fähigkeit beherrschen, bricht man ihren Willen und macht sie zur Damane, versklavt sie mit dem Utensil namens A’dam, das aus einem Halsband und einem mit einer Leine verbundenen Armreif besteht. Sul’dam genannte Frauen, die zwar angeblich selbst die Macht nicht lenken, aber ein A’dam benutzen können, kontrollieren damit jeden Schritt der Damane, indem sie sie buchstäblich an der Leine führen. Natürlich ist es ein Hauptziel der Seanchaner, sämtliche Machtlenkerinnen an die Leine zu legen, deren sie habhaft werden können. Und sie haben sich darin als sehr effizient erwiesen. Mittlerweile beherrschen sie große Teile der Länder Altara, Amadicia und Tarabon.

Aber die Ankunft der Hochlady Tuon hat viel Unruhe in die Reihen der Seanchaner gebracht. Tuon ist die Thronfolgerin der Kaiserin, die Tochter der Neun Monde. Und sie ist verschwunden.

Eigentlich wollte Mat nur ein paar versklavte Aes Sedai aus der Gewalt der Seanchaner befreien. Es lag nie in seiner Absicht, Tuon als Geisel mitzunehmen. Obwohl nicht ersichtlich ist, ob es tatsächlich eine Entführung war oder Mat ihr damit nur in die Hände spielte. Denn sie verfolgt ihre eigenen Pläne.