Выбрать главу

»Soll ich sie verhaften lassen, Mutter?«, fragte Tarna noch immer so kalt wie Eis.

»Nein. Lasst sie beobachten. Beobachtet jeden, mit dem sie Umgang haben.« Also gab es eine Verbindung zwischen den Ajahs in der Burg und den Rebellen. Wie tief war die Fäulnis schon gewuchert? Aber das spielte keine Rolle, sie würde damit aufräumen!

»So wie die Dinge stehen, könnte das schwierig sein, Mutter.«

Elaida schlug mit der freien Hand auf die Tischplatte, es klang wie ein Peitschenknall. »Ich habe nicht gefragt, ob es schwierig ist. Ich sagte, tut es! Und informiert Meidani, dass ich sie heute Abend zum Essen einlade.« Die Frau hatte beharrlich versucht, wieder an eine Freundschaft anzuknüpfen, die vor vielen Jahren geendet hatte. Jetzt kannte sie den Grund dafür. »Geht und kümmert Euch darum.« Ein Schatten huschte über Tarnas Gesicht, als sie einen Knicks machte.

»Keine Sorge«, sagte Elaida. »Beonin darf Euch jedes Gewebe beibringen, das sie kennt.« Schließlich vertraute sie Tarna, und es hellte ihre Miene in der Tat auf, auch wenn es sie nicht wärmer machte.

Als sich die Tür hinter ihrer Behüterin schloss, schob Elaida die Ledermappe zur Seite, stützte die Ellbogen auf den Tisch und konzentrierte sich auf Beonin. »Und jetzt zeigt mir alles.«

3

In den Gärten

Aran’gar folgte Moridins Ruf, der in ihren wilden Träumen erfolgt war, aber sie fand ihn bei ihrem Eintreffen noch nicht vor. Das war kaum überraschend: er liebte seinen großen Auftritt. Elf hohe Lehnstühle, mit Schnitzereien übersät und vergoldet, standen auf dem gestreiften Holzfußboden zu einem Kreis angeordnet, aber sie waren leer. Semirhage, wie gewöhnlich ganz in Schwarz, wandte den Kopf, um zu sehen, wer da eintrat, dann führte sie ihre gedämpfte Unterhaltung mit Demandred und Mesaana in der Zimmerecke fort. Demandreds hakennasiges Gesicht zeigte einen wütenden Ausdruck, der ihn nur noch schneidiger machte. Natürlich reichte das nicht, um sie anzuziehen. Dazu war er viel zu gefährlich. Aber der eng sitzende Mantel aus bronzefarbener Seide mit dem üppigen schneeweißen Spitzenbesatz an Hals und Ärmeln stand ihm. Mesaana trug ebenfalls die Mode dieses Zeitalters, ein dunkleres, mit Mustern geschmücktes Bronze. Aus irgendeinem Grund erschien sie blass und zurückhaltend, beinahe so, als wäre sie krank. Nun, das war möglich. In diesem Zeitalter gab es einige widerwärtige Krankheiten, und es erschien unwahrscheinlich, dass selbst sie Semirhage genug vertraute, um sich von ihr einer Heilung zu unterziehen. Graendal, der einzige andere anwesende Mensch, stand in der gegenüberliegenden Ecke und hielt einen feinen Kristallkelch, der mit dunklem Wein gefüllt war, aber sie beobachtete das Trio, statt zu trinken. Nur Narren ignorierten, von Graendal beobachtet zu werden, aber die drei machten mit ihrem heftigen Gemurmel weiter.

Die Stühle passten nicht zum Rest der Umgebung. Der Raum schien Bildwände zu haben, aber der steinerne Bogen einer Tür zerstörte die Illusion. Hier in Tel’aran’rhiod hätten es alle möglichen Stühle sein können, also warum nicht welche, die zu dem Raum passten, und warum elf, wenn das doch zwei mehr als nötig waren? Asmodean und Sammael mussten so tot wie Be’lal und Rahvin sein. Warum nicht die übliche Schwingtür eines Aussichtsraums? Der Aufbau erweckte den Anschein, dass der Saal in den Ansaline-Gärten stand, in denen Cormalindes Masoons gewaltige Skulpturen von stilisierten Menschen und Tieren niedrige Gebäude überragten, die selbst wie zerbrechliche Skulpturen aus gesponnenem Glas aussahen. In den Gärten hatte man nur die besten Weine serviert, die köstlichsten Speisen, und es war eigentlich fast immer möglich gewesen, eine schöne Frau mit großen Gewinnen an den C/n’rz/’e-Rädern zu beeindrucken; obwohl, es war schwierig gewesen, genug zu betrügen, um ständige Gewinne zu machen. Schwierig, aber notwendig für einen Gelehrten, dem das nötige Geld fehlte. Das alles gab es nicht mehr, hatte im dritten Kriegsjahr in Ruinen gelegen.

Ein goldhaariges, stets lächelndes Zomara in einer luftigen weißen Bluse und engen Hosen verbeugte sich geschmeidig und bot Aran’gar auf einem Silbertablett einen Kristallkelch Wein an. Anmutig und wunderschön androgyn, trotz der toten schwarzen Augen scheinbar menschlich, waren diese Kreaturen eine von Aginors weniger inspirierten Schöpfungen gewesen. Doch selbst in ihrem Zeitalter, als man Moridin noch Ishamael genannt hatte — sie hatte nicht mehr den geringsten Zweifel, wer er war —, hatte er diesen Kreaturen mehr als menschlichen Dienern vertraut, obwohl sie für keine andere Aufgabe zu gebrauchen waren. Er musste irgendwo einen Stasiskasten gefunden haben, der mit diesen Dingern voll gestopft war. Er hatte Dutzende davon, auch wenn er sie nur selten rausholte. Aber zehn weitere standen da und warteten, anmutig, obwohl sie still dastanden. Er musste dieses Treffen für wichtiger als die meisten halten.

Sie nahm den Pokal und bedeutete der Zomara zu gehen, obwohl sie sich bereits abwandte, bevor sie eine Bewegung machen konnte. Sie hasste die Fähigkeit der Kreaturen, zu wissen, was in ihrem Kopf vor sich ging. Wenigstens konnte sie anderen nicht mitteilen, was sie dort erfuhr. Abgesehen von Befehlen verblassten alle Erinnerungen innerhalb von Minuten. Sogar Aginor hatte genug Verstand, um die Notwendigkeit dafür einzusehen. Würde er heute kommen?

Osan’gar hatte seit dem Misserfolg in Shadar Logoth jedes Treffen versäumt. Die wahre Frage war natürlich, ob er zu den Toten gehörte oder in einem Geheimauftrag unterwegs war, vielleicht auf Anweisung des Dunklen Königs? Was nun auch davon stimmte, seine Abwesenheiten boten köstliche Gelegenheiten, aber das wiederum barg viele Gefahren. In der letzten Zeit hatte sie viel über Gefahren nachgedacht.

Sie schlenderte zu Graendal hinüber. »Was glaubt Ihr, Graendal, wer ist als Erster eingetroffen? Soll mich doch der Schatten holen, aber wer es auch war, er hat eine deprimierende Umgebung gewählt.« Lanfear hatte Zusammenkünfte bevorzugt, die in endloser Nacht schwebten, aber auf seine Weise war das hier schlimmer, so als würde man sich auf einem Friedhof treffen.

Graendal lächelte schmal. Das heißt, sie versuchte es, aber keine Bemühungen konnten diese Lippen schmal erscheinen lassen. Üppig war das Wort, das in jeder Hinsicht auf Graendal zutraf, üppig und reif und wunderschön, und das alles kaum verhüllt von ihrem Gewand aus Streith. Obwohl sie vielleicht nicht so viele Ringe hätte tragen sollen, die mit Ausnahme von einem mit Edelsteinen geschmückt waren. Auch das mit Rubinen übersäte Diadem biss sich mit dem strohblonden Haar.

Mit Aran’gars Smaragdkette war das natürlich etwas ganz anderes; Delana hatte sie ihr gegeben, und sie passte viel besser zu der smaragdgrünen Seide ihres Kleides. Natürlich war diese Seide ein Produkt der Welt der Träume, auch wenn die Smaragde echt waren. Mit einem so tief ausgeschnittenen Kleid hätte sie in der Welt der Wachen zu viel Aufmerksamkeit erregt, falls es überhaupt gehalten hätte und oben geblieben wäre. Und da war der Schlitz, der ihr linkes Bein bis zur Hüfte entblößte. Sie hatte bessere Beine als Graendal. Zuerst hatte sie ja über zwei Schlitze nachgedacht. Im Gegensatz zu anderen von ihnen waren ihre Fähigkeiten hier nicht so groß — sie konnte Egwenes Träume nicht finden, ohne dass sich das Mädchen direkt neben ihr befand —, aber sie konnte die Kleider erschaffen, die sie wollte. Sie genoss es, dass man ihren Körper bewunderte, und je mehr sie ihn zur Schau stellte, desto mehr hielten die anderen sie für unwichtig.