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»Wenn ihr jemanden töten wollt«, fuhr er fort, »dann die beiden!« Plötzlich standen die Abbilder zweier junger Männer in schmuckloser Landkleidung in der Mitte des Kreises, die sich drehten, damit jeder ihre Gesichter gut sehen konnte. Der eine war groß und breit, hatte gelbe Augen, unfassbar, während der andere nicht gerade schlank war und ein freches Grinsen zeigte. Als Schöpfungen von Tel’aran’rhiod bewegten sie sich steif, und ihre Mienen änderten sich nicht.

»Perrin Aybara und Mat Cauthon sind Ta’veren, leicht zu finden. Spürt sie auf und tötet sie.«

Graendal lachte, ein humorloser Laut. »Ta’veren zu finden war nie so einfach, wie Ihr behauptet habt, und jetzt ist es noch schwerer als zuvor. Das ganze Muster ist in Bewegung, voller Veränderungen und Ausschlägen.«

»Perrin Aybara und Mat Cauthon«, murmelte Semirhage und betrachtete die beiden Gestalten. »So sehen sie also aus. Wer weiß, Moridin, hättet Ihr das schon früher mit uns geteilt, wären sie möglicherweise bereits tot.«

Moridins Faust krachte auf die Stuhllehne. »Findet sie! Versichert euch, dass eure Anhänger ihre Gesichter kennen. Findet Aybara und Cauthon und tötet sie! Die Zeit kommt, und sie müssen tot sein!«

Aran’gar nippte an ihrem Wein. Sie hatte nichts dagegen, die beiden zu töten, falls sie ihr zufällig über den Weg liefen, aber was Rand al’Thor betraf, würde Moridin schrecklich enttäuscht werden.

4

Ein Handel

Perrin trieb Traber ein Stück von den Bäumen am Waldrand weg und betrachtete die große Wiese, auf der rote und blaue Wildblumen durch das winterbraune Gras lugten, das der mittlerweile verschwundene Schnee zu einer verfilzten Fläche zusammengedrückt hatte. Hier gab es hauptsächlich Zwerglorbeer, der sein breites dunkles Blattwerk während des Winters beibehielt, aber die Äste der sich zwischen ihnen erhebenden Tupelobäume schmückten nur ein paar kleine, helle Blätter. Der braune Hengst scharrte mit einer Ungeduld mit seinem Huf, die Perrin teilte, auch wenn er sich nichts davon anmerken ließ. Die Sonne stand fast genau über ihm; er wartete jetzt fast eine Stunde. Ein böiger Wind wehte aus dem Westen über die Wiese auf ihn zu. Das war gut.

Gelegentlich streichelte er mit dem Panzerhandschuh über einen beinahe geraden Eichenast, dicker als sein Unterarm und mehr als doppelt so lang, der quer vor ihm über dem Sattel lag. Bis zur Mitte hatte er ihn auf zwei Seiten flach und glatt geschliffen. Die Wiese, die von wuchtigen Eichen und Zwerglorbeer, hohen Kiefern und kleineren Tupelos umringt wurde, maß weniger als sechshundert Schritte im Durchmesser, war aber länger. Der Ast müsste breit genug sein. Er hatte für jede Möglichkeit geplant, die er sich vorstellen konnte. Der Ast war für mehr als eine zu gebrauchen.

»Meine Lady, Ihr solltet ins Lager zurückkehren«, sagte Gallenne nicht zum ersten Mal und rieb sich gereizt die rote Augenklappe. Der mit einem roten Federnbusch versehene Helm hing am Sattelknauf und ließ sein schulterlanges graues Haar unbedeckt. Man hatte ihn sagen gehört, in Berelains Anwesenheit, dass er die meisten grauen Haare ihr zu verdanken hatte. Sein schwarzes Schlachtross versuchte Traber zu beißen, und er zügelte den Wallach mit der breiten Brust hart, ohne seine Aufmerksamkeit von Berelain abzuwenden. Er hatte sich von Anfang an gegen ihr Kommen ausgesprochen. »Grady kann Euch zurückbringen und zurückkommen, während der Rest von uns noch eine Weile wartet, ob die Seanchaner auftauchen oder nicht.«

»Ich bleibe, Hauptmann. Ich bleibe.« Berelains Tonfall war energisch und ruhig, doch unter ihrem gewöhnlichen Duft von Geduld lag ein Hauch von Sorge. Sie war nicht so sicher, wie sie tat. Sie hatte sich angewöhnt, ein sanftes Parfüm zu tragen, das nach Blumen duftete. Manchmal ertappte sich Perrin dabei, herausfinden zu wollen, welche Blumen es waren, aber heute war er zu konzentriert, um über solche Nebensächlichkeiten nachzudenken.

Aus Annouras Geruch stach Verdrossenheit hervor, auch wenn ihr altersloses, von Dutzenden dünner Zöpfe eingerahmtes Aes Sedai-Gesicht so reglos wie immer war. Andererseits roch die Graue Schwester mit der Hakennase seit ihrem Zerwürfnis mit Berelain immer verdrossen. Dabei war es ihre eigene Schuld gewesen, Masema hinter Berelains Rücken zu besuchen. Auch sie hatte Berelain geraten zurückzubleiben. Annoura lenkte ihre braune Stute stückchenweise näher an die Erste von Mayene heran, und Berelain wich mit ihrer weißen Stute die gleiche Distanz seitwärts, ohne auch nur einen Blick für ihre Beraterin übrig zu haben. Wieder stach Verdrossenheit hervor.

Berelains rotes Reitkleid, übertrieben mit goldenen Schnörkeln bestickt, stellte mehr Busen zur Schau, als in letzter Zeit üblich gewesen war; immerhin sorgte eine große Kette aus Feuertropfen und Opalen für einen gewissen Grad an Schicklichkeit. Um ihre Taille wand sich ein breiter, dazu passender Gürtel, der einen juwelenbesetzten Dolch hielt. Die schmale Krone von Mayene, die auf ihrem schwarzen Haar thronte und einen fliegenden goldenen Falken über ihren Brauen hielt, erschien verglichen mit Gürtel und Kette gewöhnlich. Sie war eine wunderschöne Frau, jetzt erst recht, seit sie aufgehört hatte, ihm hinterherzujagen — so kam es ihm jedenfalls vor-, auch wenn sie an Faile natürlich nicht herankam.

Annoura trug ein schlichtes graues Reitgewand, aber die meisten von ihnen trugen ihre besten Kleider. Für Perrin bedeutete das ein dunkelgrüner Seidenmantel mit silbernen Stickereien auf Ärmeln und Schultern. Er hielt nicht viel von aufwändiger Kleidung — Faile hatte ihn zu dem Kauf der wenigen Stücke drängen müssen, die er besaß; nun ja, sie hatte sanft gedrängt —, aber heute musste er Eindruck machen. Wenn der breite, schlichte Ledergürtel über dem Mantel den Eindruck etwas verdarb, dann war das eben nicht zu ändern.

»Sie muss kommen«, murmelte Arganda. Alliandres Erster Hauptmann, ein kleiner, stämmiger Mann, hatte seinen silbernen Helm mit den drei kurzen weißen Federn nicht abgenommen, und er saß im Sattel und lockerte das Schwert in seiner Scheide, als würde er einen Sturmangriff erwarten. Sein Brustharnisch war ebenfalls mit Silber überzogen. Er würde im Sonnenlicht meilenweit zu sehen sein. »Sie muss!«

»Der Prophet sagt, sie werden es nicht tun«, warf Aram ein, und zwar keineswegs leise, trieb seinen langbeinigen Grauen an Trabers Seite. Der Messingwolfsknauf seines Schwertes ragte über der Schulter seines grün gestreiften Mantels empor. Einst hatte er scheinbar zu gut für einen Mann ausgesehen, aber jetzt wurde sein Gesicht jeden Tag grimmiger. Er machte einen abgezehrten Eindruck, seine Augen wirkten eingesunken und sein Mund verkniffen. »Der Prophet sagt, entweder das oder es ist eine Falle. Er sagt, wir sollten den Seanchanern nicht vertrauen.«

Perrin schwieg, aber er verspürte selbst Ärger in sich aufsteigen, auf sich selbst und auf den ehemaligen Kesselflicker. Balwer hatte ihn darüber informiert, dass Aram Zeit mit Masema verbrachte, aber es war unnötig erschienen, dem Mann zu sagen, Masema nicht alles wissen zu lassen, was Perrin tat. Man konnte kein Ei zurück in die Schale packen, aber in Zukunft würde er schlauer sein. Ein Handwerker sollte sein Werkzeug kennen und es nicht so benutzen, dass es zerbrach. Das Gleiche galt für Menschen. Was Masema anging, zweifellos befürchtete er, dass sie jemanden treffen würden, der wusste, dass sich der Prophet selbst mit den Seanchanern abgab.

Sie stellten eine große Gruppe dar, auch wenn die meisten hier zwischen den Bäumen bleiben würden. Fünfzig von Berelains Geflügelten Wachen in ihren roten Helmen und roten Brustharnischen, an deren mit Stahlspitzen versehenen Lanzen rote Wimpel flatterten, saßen hinter dem Goldenen Falken auf blauem Grund von Mayene zu Pferd. Neben ihnen saßen fünfzig Ghealdaner mit polierten Brustharnischen und dunkelgrünen konischen Helmen hinter Ghealdans drei silbernen Sternen auf rotem Grund. Die Wimpel an ihren Lanzen waren grün. Sie machten einen mutigen Eindruck, und doch waren sie alle zusammen nicht einmal annähernd so tödlich wie Jur Grady mit seinem von den Elementen verwittertem Bauerngesicht, selbst wenn sie ihn in seinem einfachen schwarzen Mantel mit dem angesteckten silbernen Schwert am hohen Kragen schlicht aussehen ließen. Er wusste es, egal ob sie es taten oder nicht, und er stand mit der Gelassenheit eines Mannes neben seinem braunen Wallach, der sich vor seinem Tagwerk ausruhte.