Das Feuer brannte nur wenige Augenblicke lang, aber das reichte aus, um nur Asche übrig zu lassen, die der Wind mit sich nahm, als es verlosch. Asche und zwei herabstürzende Körnchen, die ins trockene Gras fielen. Sofort schössen kleine Flammen in die Höhe und breiteten sich aus. Selbst die Schlachtrösser schnaubten vor Angst. Berelains Stute tänzelte bei dem Versuch, gegen ihre Zügel zu kämpfen und zu fliehen.
Perrin murmelte einen Fluch — er hätte an die Pfeilspitzen denken müssen —, und machte Anstalten abzusteigen, um das Feuer auszutreten, aber bevor er das Bein über den Sattel schwingen konnte, verschwanden die Flammen und hinterließen nur dünne Rauchwölkchen, die aus einem Fleck geschwärzten Grases aufstiegen.
»Brave Norie«, murmelte die Sul’dam und tätschelte die Damane. »Norie ist eine wunderbare Damane.« Das Lob ließ die grau gekleidete Frau schüchtern lächeln. Die Sul’dam sah trotz ihrer Worte besorgt aus.
»So«, sagte Tylee, »Ihr habt also eine Marath…« Sie hielt inne, schürzte die Lippen. »Ihr habt eine Aes Sedai bei euch. Mehr als eine? Egal. Ich kann nicht behaupten, dass mich die Aes Sedai, die ich gesehen habe, sehr beeindruckt hätten.«
»Keine Marath’damane, meine Generalin«, sagte die Sul’dam leise.
Tylee saß ganz still da, musterte Perrin intensiv. »Asha’man«, sagte sie schließlich, und es war keine Frage. »Ihr fangt an, mich zu interessieren, mein Lord.«
»Dann wird Euch vielleicht eine letzte Sache überzeugen«, sagte Perrin. »Tod, rollt das Banner auf und bringt es mir.« Er hörte nichts hinter sich und schaute über die Schulter. Tod starrte ihn gequält an. »Tod.«
Tod schüttelte sich und fing an, den Roten Adler um den Stab zu wickeln. Er sah aber noch immer unglücklich aus, als er nach vorn ritt und ihn Perrin übergab. Er blieb dort mit ausgestreckter Hand stehen, wie in der Hoffnung, dass ihm der Stab zurückgegeben wurde.
Perrin lenkte Traber mit den Fersen zu den Seanchanern und hielt das Banner parallel zum Boden vor sich in der Faust. »Die Zwei Flüsse waren das Herz von Manetheren, Bannergeneralin. Der letzte König von Manetheren starb in einer Schlacht, die genau dort stattfand, wo Emondsfelde, das Dorf, in dem ich zur Welt kam, gegründet wurde. Manetheren liegt uns im Blut. Aber die Shaido haben meine Frau gefangen. Um sie zu befreien, gebe ich jeden Anspruch auf, Manetheren wieder aufleben zu lassen, darauf gebe ich jeden Schwur, den Ihr wollt. Dieser Anspruch wäre für Euch Seanchaner ein Dornenfeld. Ihr könntet diejenige sein, die dieses Feld räumt, ohne dafür einen Tropfen Blut vergießen zu müssen.« Hinter ihm stöhnte jemand elend. Vermutlich war das Tod.
Plötzlich kam ein Wind, der genau in die andere Richtung heulte und Sand auf sie prasseln ließ; er blies so hart, dass sich Perrin am Sattel festklammern musste, um nicht vom Pferd gerissen zu werden. Sein Mantel schien kurz davor zu stehen, ihm vom Leib gefetzt zu werden. Wo war der Sand hergekommen? Der Wald war zentimetertief mit toten Blättern bedeckt. Der Sturmwind stank auch nach verbranntem Schwefel, scharf genug, um in Perrins Nase zu brennen. Die Pferde warfen die Köpfe nach hinten, die Mäuler aufgerissen, aber das Brausen des Windes begrub ihr verängstigtes Wiehern unter sich.
Der entfesselte Wind hielt nur Augenblicke an, dann hörte er so plötzlich auf, wie er gekommen war. Übrig blieb nur die Brise, die in die andere Richtung blies. Die Pferde standen zitternd da, schnaubten und warfen die Köpfe zurück, rollten mit den Augen. Perrin tätschelte Trabers Hals und gab beruhigende Laute von sich, aber das nutzte nicht viel.
Die Bannergeneralin schlug ein seltsames Zeichen und murmelte: »Wehrt den Schatten ab. Wo beim Licht kam das denn her? Ich habe Geschichten über seltsame Dinge gehört. Oder war das weitere ›Überzeugungsarbeit‹ von Eurer Seite, mein Lord?«
»Nein«, sagte Perrin wahrheitsgemäß. Wie sich herausgestellt hatte, verfügte Neald über Fertigkeiten mit dem Wetter, aber Grady nicht. »Ist das wichtig, wo es herkam?«
Tylee sah ihn nachdenklich an, dann nickte sie. »Ob das eine Rolle spielt?«, sagte sie und klang nicht unbedingt so, als würde sie mit ihm einer Meinung sein. »Wir kennen Geschichten über Manetheren. Es wären Dornen auf dem Boden und keine Stiefel zu haben. Halb Amadicia schwirrt von Gerüchten über Euch und dieses Banner, Manetheren zu neuem Leben zu erwecken und Amadicia vor uns zu ›retten‹. Mishima, lasst zum Rückzug blasen.« Ohne zu zögern hob der blonde Mann ein kleines, gerades Horn, das an einer roten Schnur von seinem Hals hing. Er blies vier schrille Töne und wiederholte die Sequenz zweimal, bevor er das Horn losließ und es gegen seine Brust baumelte.
»Mein Teil ist getan«, sagte Tylee.
Perrin wandte den Kopf und rief so laut und deutlich, wie er konnte. »Dannil! Teil! Wenn die letzten Seanchaner das Ende der Wiese passiert haben, sammelt euch alle und begebt euch zu Grady!«
Die Bannergeneralin steckte den kleinen Finger ins Ohr und bohrte damit trotz des Panzerhandschuhs herum. »Ihr habt eine starke Stimme«, sagte sie trocken. Erst dann griff sie nach dem Bannerstab und legte ihn sorgfältig vor sich auf den Sattel. Sie sah ihn nicht mehr an, strich aber mit einer Hand über das Banner, vielleicht unbewusst. »Nun, was könnt Ihr tun, um meinem Plan zu fördern, mein Lord?« Mishima hakte einen Fuß hinter den hohen Knauf seines Sattels und beugte sich nach unten, um seinen Helm aufzuheben. Der Wind hatte ihn über das niedergedrückte Gras den halben Weg bis zur Reihe der seanchanischen Soldaten rollen lassen. Aus Richtung der Bäume ertönte kurzer Lerchengesang, dann noch mehrmals. Die Seanchaner zogen sich zurück. Hatten sie den Wind auch zu spüren bekommen? Egal, es spielte keine Rolle.
»Wir haben nicht einmal annährend so viele Männer, wie Euch bereits zur Verfügung stehen«, gab Perrin zu, »jedenfalls keine ausgebildeten Soldaten, aber ich habe Asha’man und Aes Sedai und Weise Frauen, die die Macht lenken können, und Ihr werdet jede Einzelne davon brauchen.« Sie öffnete den Mund, und er hob eine Hand. »Ich will Euer Wort, dass Ihr nicht versucht, ihnen den Kragen umzulegen.« Er warf einen bezeichnenden Blick in Richtung der Sul’dam und Damane. Die Sul’dam betrachtete Tylee und wartete auf Befehle, gleichzeitig streichelte sie ruhig das Haar der anderen Frau, so wie man eine Katze streichelte, um sie zu beruhigen. Und Norie schien kurz davor zu stehen zu schnurren! Beim Licht! »Euer Wort, dass sie vor Euch sicher sind, sie und jeder im Lager, der ein weißes Gewand trägt. Die meisten von ihnen sind ohnehin keine Shaido, und die einzigen Aiel darunter, die ich kenne, sind Freunde von mir.«
Tylee schüttelte den Kopf. »Ihr habt seltsame Freunde, mein Lord. Wie dem auch sei, wir haben Menschen aus Cairhien und Amadicia bei Banden aus Shaido gefunden und sie gehen lassen, auch wenn die meisten Cairhiener den Eindruck erweckten, zu verwirrt zu sein, um zu wissen, was sie mit sich anstellen sollten. Die Einzigen in Weiß, die wir behalten, sind Aiel. Diese Gai’schain geben wunderbare Da’covale ab, im Gegensatz zu dem Rest. Aber ich bin einverstanden, Eure Freunde gehen zu lassen. Und Eure Aes Sedai und Asha’man. Es ist sehr wichtig, diesem Zulauf ein Ende zu bereiten. Sagt mir, wo sie sind, und ich weihe Euch in meine Pläne ein.«
Perrin rieb sich mit dem Finger den Nasenflügel. Es erschien unwahrscheinlich, dass viele dieser Gai’schain Shaido waren, aber das würde er ihr nicht sagen. Sollten sie ihre Chance auf die Freiheit haben, wenn ihr Jahr und ein Tag vorbei waren. »Ich fürchte, es wird mein Plan sein müssen. Sevanna wird eine harte Nuss zu knacken sein, aber ich weiß, wie man es machen muss. Zum einen hat sie vielleicht hunderttausend Shaido bei sich, und sie nimmt noch immer mehr auf. Nicht jeder ist ein Algai’d’siszvai, aber jeder Erwachsene wird den Speer ergreifen, wenn er muss.«