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»Sie wird nicht auf diesen Namen reagieren«, murmelte Noal und schob sich von dem Bett. Er bewegte sich recht flink für einen Burschen, der aussah, als hätte er sich irgendwann einmal die Hälfte seiner Knochen gebrochen. »Das wisst Ihr.«

»Ihr wisst, wen ich meine«, sagte Mat scharf und bedachte Tuon und Selucia mit einem Stirnrunzeln. Dieser Blödsinn mit den Namen war ihre Schuld. Selucia hatte Egeanin gesagt, sie würde ab sofort Leilwin Schiffslos heißen, und das war der Name, den Egeanin benutzte. Nun, er würde diesen Unsinn nicht unterstützen. Früher oder später musste sie wieder zu Verstand kommen.

»Ich sage es ja bloß«, meinte Noal. »Komm mit, Olver.«

Mat stand nach ihnen auf, aber bevor er die Tür erreichte, ergriff Tuon das Wort.

»Keine Warnung, dass wir drinnen bleiben sollen, Spielzeug? Keiner, der uns bewacht?«

Die Würfel sagten ihm, er sollte Harnan oder einen der anderen Rotwaffen finden und ihn draußen postieren, nur vorsichtshalber, falls es zu Zwischenfällen kommen sollte, aber er zögerte nicht. »Ihr habt Euer Wort gegeben«, sagte er und setzte den Hut auf. Das Lächeln, das er zur Erwiderung erhielt, war das Risiko wert. Sollte man ihn doch zu Asche verbrennen, es erhellte ihr ganzes Gesicht. Frauen waren immer ein Glückspiel, aber manchmal konnte ein Lächeln Gewinn genug sein.

Juradors Tage ohne seanchanische Besetzung waren vorbei, das sah er am Eingang. Direkt auf der dem Zirkus gegenüberliegenden Straßenseite zogen mehrere hundert Männer die Rüstungen aus, entluden Waffen, schlugen in ordentlichen Reihen Zelte auf, spannten Pferdeseile. Alles sehr effizient. Er sah Taraboner mit Kettenschleiern an den Helmen und auf die Brustharnische gemalten blauen, gelben und grünen Strichen, sowie Männer, die offensichtlich zur Infanterie gehörten und lange Piken und Bogen aufstapelten, die bedeutend kürzer als Zwei-Flüsse-Bogen waren. Er hielt sie für Amadicianer. Weder Tarabon noch Altara unterhielten ein großes stehendes Heer, und Altaraner in Diensten der Seanchaner trugen aus irgendeinem Grund ihre Rüstungen anders gekennzeichnet. Natürlich waren auch richtige Seanchaner dabei, etwa zwanzig oder dreißig. Die bemalten Rüstungen aus sich überlappenden Panzerplatten waren genauso unverkennbar wie diese seltsamen, insektenähnlichen Helme.

Drei Soldaten überquerten gemächlich die Straße, schlanke, hartgesottene Männer. Ihre blauen Mäntel mit den grüngelb gestreiften Kragen waren trotz der Farben recht schlicht und zeigten Abnutzungserscheinungen von den Rüstungen, aber keine Rangabzeichen. Es waren also keine Offiziere, aber vermutlich waren sie trotzdem so gefährlich wie rote Nattern. Zwei der Burschen hätten aus Andor oder Murandy oder sogar von den Zwei Flüssen stammen können, aber der dritte hatte die schrägen Augen eines Saldaeaners und eine honigfarbene Hautfarbe. Ohne langsamer zu werden, kamen sie auf den Zirkus zu.

Einer der Pferdeknechte am Eingang stieß einen schrillen, dreitonigen Pfiff aus, der im ganzen Zirkus weitergegeben wurde, während der andere, ein Kerl namens Bollin, den dreien den Glaskrug vor die Nase hielt. »Eintritt ist ein Silberpfennig pro Mann, Hauptmann«, sagte er mit täuschender Sanftheit. Mat hatte den großen Mann in dem gleichen Tonfall sprechen hören, einen Augenblick, bevor er einem anderen Pferdeknecht einen Hocker über den Schädel geschlagen hatte. »Kinder kosten fünf Kupferstücke, wenn sie meine Taille überragen, und drei, wenn sie kleiner sind. Freier Eintritt nur für Kinder, die noch getragen werden können.«

Der honigfarbene Seanchaner hob die Hand, als wollte er Bollin beiseite stoßen, dann zögerte er, und sein Ausdruck wurde noch härter, falls das möglich war. Die anderen beiden bauten sich mit geballten Fäusten neben ihm auf, als stampfende Stiefel die Ankunft scheinbar eines jeden Mannes des Zirkus verkündeten, Artisten in bunten Kostümen und Pferdeknechte in grober Wolle. Jeder Mann hielt irgendeine Art von Keule in der Hand, Luca in seinem grellroten, mit goldenen Sternen verzierten Mantel und selbst den halb nackten Petra eingeschlossen. Petra war der sanfteste Mann, den Mat je kennen gelernt hatte, aber jetzt trug sein Gesicht einen finsteren Ausdruck, der an eine Gewitterwolke erinnerte.

Beim Licht, das trug alle Anzeichen eines Massakers, waren die Kameraden dieser Kerle doch keine hundert Schritte weit entfernt und alle bewaffnet. Ein guter Ort für Mat Cauthon, sich zu verdrücken. Verstohlen berührte er die in den Ärmeln verborgenen Wurfmesser und zuckte mit den Schultern, nur um die dort hängende Klinge zu fühlen. Leider war es unmöglich, die unter dem Mantel und in seinen Stiefeln unauffällig zu kontrollieren. Die Würfel grollten wie Donner. Er fing an zu planen, wie er Tuon und die anderen wegschaffen konnte. Er musste sie noch eine Weile mitschleppen.

Bevor die Katastrophe eintreten konnte, erschien eine weitere Seanchanerin in einer blau, grün und gelb gestreiften Rüstung, die den Helm auf die rechte Hüfte stützte. Sie hatte die schräg stehenden Augen und die honigfarbene Haut, und in ihrem kurz geschnittenen schwarzen Haar zeigten sich ein paar weiße Strähnen. Sie war fast einen Fuß kleiner als die anderen drei, und ihr Helm wies keine Federn auf, sondern nur vorn einen kleinen Kamm, der wie eine bronzene Pfeilspitze erschien, aber als die drei Soldaten sie sahen, nahmen sie sofort Haltung an. »Warum bin ich nicht überrascht, dich bei etwas zu finden, das nach dem Anfang eines schönen Aufruhrs aussieht, Mürel?« Ihr genuschelter Akzent wies einen näselnden Unterton auf. »Was ist hier los?«

»Wir haben unseren Eintritt bezahlt, Standartenträgerin«, erwiderte der honigfarbene Mann mit dem gleichen näselnden Akzent, »dann wollten sie, dass wir noch mehr zahlen, weil wir Soldaten des Kaiserreichs sind.«

Bollin öffnete den Mund, aber sie brachte ihn mit einer erhobenen Hand zum Schweigen. Sie hatte diese Art Ausstrahlung. Sie ließ die Blicke über den Halbkreis aus Männern mit Keulen schweifen, verharrte kurz, um über Luca den Kopf zu schütteln, und blieb bei Mat hängen. »Habt Ihr gesehen, was passiert ist?«

»Das habe ich«, erwiderte Mat. »Und sie wollten rein, ohne zu bezahlen.«

»Das ist gut für dich, Mürel«, sagte sie, was bei dem Mann ein überraschtes Blinzeln hervorrief. »Für euch alle. Bedeutet, dass ihr eure Münzen behalten könnt. Weil ihr das Lager zehn Tage nicht verlassen dürft, und ich bezweifle, dass der Zirkus noch so lange hier sein wird. Und ihr bekommt alle zehn Tage Sold abgezogen. Ihr sollt Wagen entladen, damit die Einheimischen nicht auf die Idee kommen, dass wir glauben, wir wären besser als sie. Oder wollt ihr eine Anklage wegen Unruhestiften in den Rängen?« Die drei Männer erbleichten sichtlich. Anscheinend war das eine ernste Anklage. »Ich glaube kaum. Und jetzt verschwindet aus meinen Augen und macht euch an die Arbeit, bevor ich einen vollen Monat statt eine Woche daraus mache.«

»Ja, Standartenträgerin«, stießen sie wie aus einem Munde hervor und rannten so schnell sie konnten über die Straße und zogen dabei bereits die Mäntel aus. Harte Männer, aber die Standartenträgerin war härter.

Sie war allerdings noch nicht fertig. Luca trat vor und verbeugte sich pompös, aber sie erstickte seine beginnende Dankeshymne im Keim. »Ich mag es nicht besonders, wenn meine Männer mit Keulen bedroht werden«, sagte sie und legte die freie Hand auf den Schwertgriff, »nicht einmal Mürel, nicht mit so einem Kräfteverhältnis. Immerhin zeigt es, dass ihr Rückgrat habt. Will einer von euch prächtigen Burschen ein Leben voller Ruhm und Abenteuer? Begleitet mich über die Straße, und ich schreibe euch ein. Ihr da in dem hübschen roten Mantel. In meinen Augen seht Ihr wie der geborene Lanzenreiter aus. Ich wette, ich könnte Euch im Handumdrehen zu einem anständigen Helden drillen.«