»Nun, das hat der Ziege endgültig den Rest gegeben«, sagte er, ließ sich auf das am nächsten stehende Bett sacken, während er noch immer Sterne sah, und zog eine überraschte Joline über den Schoß. Seine rechte Hand landete mit einem lauten Klatschen auf ihrem Hintern und entlockte ihr ein überraschtes Kreischen. Das Medaillon wurde noch kälter, und Edesina keuchte auf, als nichts passierte, aber er versuchte ein Auge auf die anderen beiden Schwestern und eines wegen Jolines Behütern auf die offen stehende Tür zu halten, während er sie gepackt hielt und so hart und schnell auf sie einhieb, wie er nur konnte. Da er keine Ahnung hatte, wie viele Hemden oder Unterröcke sie unter dem abgetragenen blauen Wollkleid trug, wollte er sichergehen, dass er Eindruck hinterließ. Es kam ihm vor, als würde seine Hand den Takt für die in seinem Kopf rollenden Würfel vorgeben. Joline wehrte sich und strampelte mit den Beinen, sie fing an, wie ein Wagenkutscher zu fluchen, während sich das Medaillon in Eis zu verwandeln schien und dann so kalt wurde, dass er sich fragte, ob es ihm Erfrierungen zufügen würde, aber bald gesellten sich wortlose spitze Schreie zu ihrem beißenden Vokabular. Sein Arm mochte nicht an den von Petra herankommen, aber er war alles andere als schwach. Übung mit Bogen und Kampfstab gab einem starke Arme.
Edesina und Teslyn schienen genauso erstarrt zu sein wie die beiden ehemaligen Sul’dam mit ihren weit aufgerissenen Augen — nun ja, Bethamin grinste, aber sie wirkte genauso erstaunt wie Seta —, aber gerade, als er endlich zu der Ansicht kam, dass die Schreie die Flüche überwogen, versuchte sich Frau Anan an den beiden Aes Sedai vorbeizudrängen. Erstaunlicherweise bedeutete Teslyn ihr entschieden, dort zu bleiben, wo sie war! Nur sehr wenige Frauen — oder Männerwidersprachen den Befehlen einer Aes Sedai, aber Frau Anan schenkte der Roten einen frostigen Blick, zwängte sich an den beiden Aes Sedai vorbei und murmelte dabei etwas, dass sie sie beide neugierig ansehen ließen. Sie musste sich trotzdem an ihnen vorbeizwängen, und Mat nutzte die Gelegenheit, eine abschließende Reihe harter Schläge zu landen, dann rollte er die Grüne Schwester von seinem Schoß. Seine Hand hatte sowieso angefangen zu brennen. Joline landete mit einem dumpfen Dröhnen auf dem Boden und keuchte: »Oh!«
Frau Anan pflanzte sich vor ihm auf, nahe genug, dass sie Joline im Weg stand, die sich hastig aufrappeln wollte, und musterte ihn mit unter den Brüsten verschränkten Armen, die dadurch den großzügigen Ausschnitt ihres Kleides noch hervorhoben. Trotz des Kleides war sie keine Ebou Dari, nicht mit diesen haselnussbraunen Augen, aber sie trug große, goldene Ohrringe, einen Hochzeitsdolch, dessen Griff mit großen roten und weißen Steinen für ihre Söhne und Töchter versehen war und der von einer breiten Silberkette an ihrem Hals hing, sowie einen Krummdolch hinter dem Gürtel. Ihre dunkelgrünen Röcke waren auf der linken Seite hochgenäht, um ihre roten Unterröcke zu zeigen. Mit grauen Strähnen in ihrem Haar war sie jeden Zoll die majestätische Ebou Dari-Wirtin, selbstsicher und befehlsgewohnt. Er rechnete damit, von ihr beschimpft zu werden — wenn es ums Beschimpfen ging, war sie so gut wie jede Aes Sedai! —, also war er überrascht, als sie sehr nachdenklich klang.
»Joline muss versucht haben, Euch aufzuhalten, und Teslyn und Edesina auch, aber sie haben versagt. Ich glaube, das bedeutet, Ihr habt ein Ter’angreal in Eurem Besitz, das die Ströme der Macht zerstören kann. Ich habe davon gehört, angeblich besaß Cadsuane Melaidhrin eines, zumindest gerüchteweise, aber ich habe noch nie eins gesehen. Das würde ich sehr gern. Ich würde nicht versuchen, es Euch wegzunehmen, aber ich würde es sehr gern sehen.«
»Woher kennt Ihr Cadsuane?«, verlangte Joline zu wissen und versuchte, sich das Hinterteil ihrer Röcke abzuwischen. Die erste Berührung ihrer Hand rief ein gequältes Zusammenzucken hervor, und sie warf Mat einen finsteren Blick zu, der besagte, dass sie das keineswegs vergessen würde. Tränen funkelten in ihren großen braunen Augen und auf ihren Wangen, aber wenn er dafür bezahlen musste, war es den Preis wert.
»Sie hat etwas über die Erhebung zur Aes Sedai erwähnt«, sagte Edesina.
»Sie hat gesagt ›Wie könnt ihr die Prüfung bestanden haben, wenn ihr in solchen Augenblicken erstarrt?‹«, fügte Teslyn hinzu.
Frau Anan presste die Lippen kurz zusammen, aber falls sie aufgeregt war, gewann sie einen Atemzug später ihre Fassung zurück. »Ihr werdet euch daran erinnern, dass ich ein Gasthaus besaß«, sagte sie trocken. »Viele Leute haben Der Wanderin einen Besuch abgestattet, und viele von ihnen haben geredet, vielleicht mehr, als sie sollten.«
»Aber keine Aes Sedai«, fing Joline an und drehte sich dann schnell um. Blaeric und Fen kamen die Treppe hinauf. Die beiden Grenzländer waren große Männer, und Mat sprang schnell auf die Füße, bereit, falls nötig zu seinen Messern zu greifen. Möglicherweise würden sie ihn überwältigen, aber nicht ohne dafür zu bluten.
Überraschenderweise schoss Joline zur Tür und schlug sie direkt vor Fens Nase zu, dann legte sie den Riegel vor. Der Saldaeaner machte keine Anstalten, die Tür zu öffnen, aber Mat hatte nicht den geringsten Zweifel, dass die beiden auf ihn warten würden. Als sie sich umdrehte, glühten ihre Augen förmlich, trotz der Tränen und allem, und sie schien Frau Anan für den Augenblick vergessen zu haben. »Wenn Ihr auch nur daran denken solltet…«, fing sie an und fuchtelte mit dem Finger vor seinem Gesicht herum.
Er machte einen Schritt nach vorn und stach so schnell selbst mit dem Finger nach ihrer Nase, dass sie zurücksprang und gegen die Tür stieß. Von der sie mit einem spitzen Aufschrei und roten Flecken auf den Wangen zurückwich. Es war ihm völlig egal, ob sie von Wut oder Verlegenheit hervorgerufen wurden. Sie öffnete den Mund, aber er dachte nicht daran, sie zu Wort kommen zu lassen.
»Wäre ich nicht gewesen, würdet Ihr den Kragen einer Damane um den Hals tragen, und das gilt auch für Edesina und Teslyn«, sagte er mit der gleichen Heftigkeit, die auch in ihren Augen loderte. »Im Gegenzug versucht Ihr alle, mich zu bevormunden. Ihr geht Eure eigenen Wege und bringt uns alle in Gefahr. Ihr benutzt verdammt noch mal die Macht, wo Ihr genau wisst, dass Seanchaner auf der anderen Straßenseite sind! Sie könnten eine Damane dabeihaben, oder ein Dutzend, soweit wir wissen.« Er bezweifelte das, aber Zweifel waren keine Sicherheit, und auf keinen Fall würde er seine Zweifel mit ihr teilen, nicht in diesem Augenblick. »Nun, einiges davon werde ich wohl ertragen müssen, obwohl Euch besser klar sein sollte, dass ich langsam die Grenzen meiner Geduld erreicht habe, aber ich werde mich nicht von Euch schlagen lassen. Macht das noch einmal, und ich schwöre, ich gerbe Euch das Fell noch einmal doppelt so hart. Mein Wort darauf!«
»Und ich werde das nächste Mal nicht versuchen, ihn aufzuhalten«, sagte Frau Anan.
»Ich auch nicht«, fügte Teslyn hinzu, und Edesina schloss sich ihr nach einem langen Moment an.
Joline sah aus, als hätte sie ein Hammerschlag zwischen die Augen getroffen. Sehr zufrieden stellend. So lange er eine Möglichkeit fand, sich von Blaeric und Fen nicht die Knochen brechen zu lassen.
»Und würde mir jetzt jemand verraten, warum Ihr Euch verflucht noch mal dazu entschieden habt, die Macht zu lenken, als wäre die Letzte Schlacht da? Müsst Ihr sie so festhalten, Edesina?« Er deutete mit dem Kopf auf Seta und Bethamin. Es war nur eine fundierte Annahme, aber Edesinas Augen weiteten sich einen Augenblick lang, so als würde sie glauben, dass ihn sein Ter’angreal die Ströme der Macht sehen als auch zerreißen lassen würde. Auf jeden Fall standen beide Frauen gleich darauf normal da. Bethamin fing ruhig an, sich die Tränen mit einem weißen Leinentaschentuch zu trocknen. Seta setzte sich auf das nächste Bett, hielt sich selbst und zitterte; sie sah erschütterter aus als Bethamin.