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Als die Kesselflicker das sahen, befahlen sie ihren Hunden stehen zu bleiben. Die riesigen Tiere legten sich hechelnd auf den Boden, und die Angehörigen des Fahrenden Volkes kamen langsam näher. Keiner von ihnen trug auch nur einen Stock, und obwohl Mat keine sichtbaren Waffen trug, musterten sie ihn misstrauisch. Die Männer kreisten ihn ein, während sich die Frauen um Tuon und Selucia versammelten. Es lag keine Bedrohung darin, aber ganz automatisch wurden Tuon und Selucia von ihm getrennt, ein Stück abseits gedrängt, wo die Kesselflickerfrauen Fragen stellen konnten. Plötzlich kam Mat der Gedanke, dass Tuon es vielleicht für ein witziges Spiel halten konnte, zu behaupten, er würde sie belästigen. Sie und Selucia konnten dann wegreiten, während die Kesselflicker sich so eng um ihn und Pips drängten, dass er nicht in den Sattel kam. Das wäre alles gewesen, was sie tun würden, aber solange er sich keinen Weg freikämpfen wollte, konnten sie ihn stundenlang dabehalten, um den beiden Frauen Zeit zur »Flucht« zu verschaffen.

Der Grauhaarige verneigte sich mit an die Brust geneigten Händen. »Friede sei mit Euch und den Euren, mein Lord. Verzeiht, falls wir stören, aber wir haben befürchtet, dass unsere Hunde die Pferde der Damen erschreckt haben.«

Mat erwiderte die Verbeugung auf die gleiche Weise.

»Friede sei immer mit euch, Sucher, und mit dem ganzen Volk. Die Pferde der Damen haben sich nicht erschreckt. Die Damen sind gelegentlich… ungestüm.« Was sagten die Frauen? Er versuchte zu lauschen, aber ihre Stimmen waren ein leises Murmeln.

»Ihr habt vom Volk gehört, mein Lord?« Der Sucher klang überrascht, und das zu Recht. Die Tuatha'an hielten sich von allem außer von kleinen Dörfern fern. Sie würden nur selten jemandem in einem Seidenmantel begegnen.

»Nur wenig«, erwiderte Mat. Sehr wenig. Er hatte Erinnerungen, Kesselflicker kennen gelernt zu haben, hatte aber noch nie mit einem gesprochen. Was redeten die verdammten Frauen da bloß? »Wollt Ihr mir eine Frage beantworten? Ich habe in den vergangenen Tagen einige Eurer Karawanen gesehen, mehr, als ich erwartet hätte, und sie alle fahren in Richtung von Ebou Dar. Gibt es einen Grund dafür?«

Der Mann zögerte, warf den Frauen einen Blick zu. Sie murmelten noch immer, und er musste sich fragen, warum ihre Unterhaltung so lange dauerte. Schließlich brauchten sie ja nur einen Augenblick, um zu sagen, ja, ich brauche Hilfe — oder das Gegenteil. »Es sind die Leute, die man Seanchaner nennt, mein Lord«, sagte er schließlich. »Unter dem Volk verbreitet sich die Nachricht, dass es dort, wo die Seanchaner herrschen, Sicherheit gibt, und Gerechtigkeit für alle. An anderen Orten… Ihr versteht, mein Lord?«

Mat tat es. Wie die Artisten waren Kesselflicker an jedem Ort Fremde und was noch schlimmer war, Fremde mit dem unverdienten Ruf, Diebe zu sein — nun gut, sie stahlen nicht häufiger als andere auch —, und dem verdienten Ruf, stets zu versuchen, junge Leute dazu zu überreden, sich ihnen anzuschließen. Außerdem stellte sich für Kesselflicker nicht die Frage, sich zu wehren, falls jemand versuchte, sie zu bestehlen oder wegzujagen. »Seid vorsichtig, Sucher. Ihre Sicherheit hat einen Preis, und einige ihrer Gesetze sind grausam. Ihr wisst, was sie mit Frauen machen, die die Macht lenken können?«

»Ich danke Euch für Eure Sorge, mein Lord«, sagte der Mann ruhig. »Aber nur wenige unserer Frauen fangen an, die Macht zu lenken, und wenn es eine tut, werden wir machen, was wir immer gemacht haben, und sie nach Tar Valon bringen.«

Plötzlich fingen die Frauen an zu lachen, aus vollem Hals.

Der Sucher entspannte sich sichtlich. Wenn die Frauen lachten, würde Mat gewiss nicht der Mann sein, der sie niederschlug oder tötete, weil sie ihm im Weg standen. Mat hingegen runzelte die Stirn. Das Lachen gefiel ihm gar nicht.

Die Kesselflicker verabschiedeten sich mit weiteren Entschuldigungen des Suchers, sie gestört zu haben, aber die Frauen blickten sich immer wieder um und lachten hinter vorgehaltener Hand. Ein paar der Männer beugten sich zu ihnen und stellten offensichtlich Fragen, aber die Frauen schüttelten bloß den Kopf. Und sahen wieder zurück und lachten.

»Was habt ihr ihnen gesagt?«, fragte Mat unwirsch.

»Ach, das geht Euch nichts an, Spielzeug, oder?«, erwiderte Tuon, und Selucia lachte. Oh, sie wollte sich ausschütten vor Lachen. Er kam zu dem Schluss, dass es besser war, es nicht zu wissen. Frauen genossen es einfach, einen Mann zu ärgern.

9

Ein kurzer Pfad

Natürlich waren Tuon und Selucia nicht die einzigen Frauen, die Mat Ärger machten. Manchmal hatte es für ihn den Anschein, als wären Frauen für die meisten Probleme in seinem Leben verantwortlich, was er überhaupt nicht verstehen konnte, wo er doch immer versuchte, sie gut zu behandeln. Selbst Egeanin hatte ihren Anteil daran, auch wenn es bei weitem der geringste Anteil war.

»Ich hatte Recht. Ihr glaubt, Ihr könntet sie heiraten«, sagte sie, als er sie um Hilfe bei Tuon bat. Sie und Domon saßen Arm in Arm auf der Treppe ihres Wagens. Aus Domons Pfeife stieg eine kleine Rauchwolke auf. Es war der Vormittag eines schönen Tages, obwohl sich Wolken sammelten, die später Regen versprachen, und die Artisten bereiteten sich für die Bewohner vier kleiner Dörfer vor, die zusammengenommen vielleicht an die Größe von Runniensbrücke herankamen. Mat hatte keine Lust, sich die Vorstellung anzusehen. Oh, er hatte noch immer seinen Spaß an den Verrenkungskünstlern und vor allem an Artistinnen, aber wenn man Feuerschlucker und Jongleure jeden Tag sah, wurden selbst Miyora und ihre Leoparden… nun, wenn auch nicht alltäglich, so doch immerhin weniger interessant.

»Es spielt keine Rolle, was ich glaube, Egeanin. Verratet Ihr mir, was Ihr über sie wisst? Es aus ihr herauszubekommen ist, als würde man mit einer Augenbinde fischen oder mit bloßen Händen einen Hasen in einem Dornbusch fangen wollen.«

»Mein Name ist Leilwin, Cauthon. Vergesst das nicht wieder«, sagte sie in einem Ton, der für die Befehle auf einem Schiffsdeck passend gewesen wäre. Ihre Blicke schlugen ihm den Befehl um die Ohren wie blaue Hämmer. »Warum sollte ich Euch helfen? Ihr greift zu hoch, als Euch zusteht, ein Maulwurf, der sich nach der Sonne sehnt. Ihr könntet hingerichtet werden, bloß weil Ihr sagt, Ihr wollt sie heiraten. Es ist widerlich. Davon abgesehen habe ich das alles hinter mir gelassen. Oder es hat mich zurückgelassen«, fügte sie bitter hinzu. Domon verstärkte den Druck seines Armes.

»Wenn Ihr das alles hinter Euch gelassen habt, was kümmert es Euch dann, wie widerwärtig mein Wunsch ist, sie zu heiraten?« Da. Er hatte es ausgesprochen. Jedenfalls teilweise.

Domon nahm die Pfeife lange genug aus dem Mund, um einen auf Mats Gesicht gezielten Rauchring zu blasen.

»Wenn sie Euch nicht helfen will, dann gebt es auf.« Er sagte es mit der gleichen Kommandostimme.

Egeanin murmelte etwas Unhörbares. Sie schien mit sich selbst zu streiten. Schließlich schüttelte sie den Kopf. »Nein, Bayle. Er hat Recht. Wenn man mich ausgesetzt hat, dann werde ich ein neues Schiff und einen neuen Kurs finden müssen. Ich kann niemals nach Seanchan zurückkehren, also kann ich das Tau auch genauso gut kappen und damit abschließen.«

Was sie über Tuon gehört hatte, waren hauptsächlich Gerüchte — anscheinend lebte die Kaiserfamilie ihr Leben hinter Mauern, und was sich hinter diesen Mauern abspielte, darüber flüsterte man nur hinter vorgehaltener Hand —, aber das reichte schon aus, damit Mat die Nackenhaare zu Berge standen. Seine zukünftige Frau hatte einen Bruder und eine Schwester umbringen lassen? Nachdem diese versucht hatten, sie zu töten, aber trotzdem! Was für eine Art von Familie brachte sich denn gegenseitig um? Nun, das seanchanische Blut und die Kaiserfamilie zum Beispiel. Die Hälfte ihrer Geschwister war tot, Attentaten zum Opfer gefallen, und die andere Hälfte vielleicht auch. Einiges von dem, was Egeanin — Leilwin — zu erzählen wusste, war unter den Seanchanern allgemein bekannt und kaum beruhigender. Tuon war von klein auf in der Kunst der Intrige geschult worden, im Kampf mit Waffen und ohne; sie wurde schwer bewacht, und doch erwartete man von ihr, dass sie selbst ihre letzte Verteidigungslinie war. Allen Blutgeborenen wurde beigebracht, sich nichts anmerken zu lassen, ihre Absichten und Ambitionen zu verschleiern. Beim Blut veränderte sich das Gleichgewicht der Macht ständig, manche stiegen auf, andere stiegen ab, und in der Kaiserfamilie war dieser Tanz nur schneller und gefährlicher. Die Kaiserin — Egeanin wollte »Möge sie ewig leben« hinzufügen und hustete beinahe, weil sie die Worte herunterschluckte, dann schloss sie einen langen Augenblick die Augen, bevor sie fortfuhr —, die Kaiserin hatte viele Kinder zur Welt gebracht, wie das jede Kaiserin tat, sodass unter den Überlebenden einer stark genug sein würde, um nach ihr zu herrschen. Es ging nicht an, dass ein Dummkopf oder ein Narr den Kristallthron bestieg. Tuon hielt man für keines von beiden. Beim Licht! Die Frau, die er heiraten würde, war so schlimm wie ein Behüter und eine Aes Sedai in einer Person. Und vielleicht genauso gefährlich.