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Aber es war trotzdem ein angenehmer Ritt, wurde doch der Tag wärmer, als die Sonne stieg. Auch wenn man ihn im Grunde nicht als warm bezeichnen konnte. Er jonglierte mit sechs bunten Holzkugeln, und Tuon lachte und klatschte in die Hände, wie es wohl auch angebracht war. Die Leistung hatte den Jongleur beeindruckt, dem er die Kugeln abgekauft hatte, und beim Reiten war es noch schwieriger. Er erzählte mehrere Witze, die sie zum Lachen brachte, und einen, der sie die Augen verdrehen und mit Selucia ein paar Fingerzeichen austauschen ließ. Vielleicht mochte sie ja keine Scherze über Gemeinschaftsraum-Mägde. Dabei war der Witz nicht im Mindesten unanständig gewesen. Er war kein Narr. Allerdings hätte er sich gewünscht, dass sie lachte. Sie hatte ein wunderbares Lachen, volltönend und warm und ungezwungen. Sie unterhielten sich über Pferde und stritten sich über Dressurmethoden bei widerspenstigen Tieren. Dieser hübsche Kopf enthielt ein paar seltsame Ideen, dass man ein störrisches Pferd beruhigen konnte, indem man es ins Ohr biss! Das klang eher so, als würde man Öl ins Feuer gießen. Und sie hatte noch nie davon gehört, dass man leise summte, um ein Pferd zu beruhigen, und sie wollte ohne eine Demonstration einfach nicht glauben, dass ihm sein Vater das beigebracht hatte.

»Nun, ich kann das wohl kaum ohne ein Pferd demonstrieren, das beruhigt werden muss, oder?«, sagte er. Sie verdrehte wieder die Augen. Selucia auch.

Aber es war keine hitzige Diskussion, es gab keine Wut, nur Leidenschaft. Tuon war so temperamentvoll, dass man sich fragte, wie so viel wohl in eine so kleine Frau hineinpasste.

Es war ihr Schweigen, das. manchmal für einen Dämpfer sorgte, noch mehr als die Schlangen und Füchse. Die waren weit weg, und es gab nichts, was man daran ändern konnte.

Aber Tuon war direkt neben ihm, und es gab viel zu regeln. Sie hatte sich mit keinem Wort zu dem Zwischenfall mit den drei Aes Sedai geäußert, oder über die drei Schwestern. Sie erwähnte nie sein Ter’angreal oder die Tatsache, dass das, was auch immer sie Teslyn oder Joline mit der Macht gegen ihn hatte weben lassen, versagt hatte. Der vergangene Abend hätte genauso gut ein Traum gewesen sein können.

Sie war wie ein General, der eine Schlacht plante, hatte Setalle gesagt. Egeanin zufolge von Kindheit an in der Kunst der Intrige und der Zwietracht geschult. Und das alles zielte genau auf ihn. Aber zu welchem Zweck? Sicherlich konnte es keine Form der seanchanischen Brautwerbung sein. Egeanin wusste nicht viel darüber, aber das konnte es sicherlich nicht sein. Er hatte Tuon nur ein paar Wochen gekannt und sie entführt, sie nannte ihn Spielzeug, hatte versucht, ihn zu kaufen, und nur ein eitler Narr konnte sich das so hindrehen, dass es hier um eine Frau ging, die sich verliebte. Womit alles offen blieb, von einem komplizierten Racheplan zu… das wusste das Licht allein. Sie hatte gedroht, ihn zu einem Pokalträger zu machen. Das bedeutete Da’covale, wie Egeanin gesagt hatte, obwohl sie die Vorstellung lächerlich gefunden hatte. Pokalträger wurden wegen ihrer Schönheit ausgesucht, und nach Egeanins Meinung kam er da nicht einmal annährend in die engere Wahl. Nun, er selbst fand das auch, um die Wahrheit zu sagen, nicht dass er das irgendjemandem gegenüber zugegeben hätte. Und so manche Frau hatte sein Gesicht bewundert. Wer konnte schon sagen, ob Tuon nicht die Hochzeitszeremonie vollendete, um ihn nur in Sicherheit zu wiegen, und ihn dann hinrichten ließ? Frauen waren niemals einfach, aber sie ließ den Rest wie Dilettanten aussehen.

Eine Weile lang sahen sie nicht viel anderes als Bauernhöfe, aber etwa zwei Stunden, nachdem die Sonne den Zenit überschritten hatte, kamen sie zu einem größeren Dorf. Aus der Ferne ertönte das Hallen eines Schmiedehammers auf dem Amboss. Die Gebäude, einige von ihnen zweistöckig, waren alle aus schwerem Holz und weißem Gips errichtet und wiesen spitze Strohdächer und hohe Schornsteine auf. Etwas daran kam Mat bekannt vor, aber er vermochte nicht zu sagen, was es war. In dem unberührten Wald ringsum war kein Bauernhof zu entdecken. Aber Dörfer waren immer mit Höfen verbunden, die sie ernährten und von denen sie wiederum lebten. Sie mussten sich alle ein Stück weiter die Straße entlang befinden, hinter den Bäumen.

Seltsamerweise ignorierten die Leute, die er sehen konnte, den näher kommenden Wanderzirkus. Ein Bursche in Hemdsärmeln, der direkt am Straßenrand stand, schaute von dem Beil auf, das er an einem mit einem Pedal betriebenen Schleifstein schärfte, dann beugte er sich wieder über seine Arbeit, als hätte er nichts gesehen. Eine Gruppe Kinder schoss um eine Ecke hervor und verschwand wieder um die nächste Ecke, ohne dem Zirkus auch nur mehr als einen Blick zu widmen. Sehr seltsam. Die meisten Dorfkinder würden stehen bleiben, um sich eine vorüberziehende Kaufmannskarawane anzusehen und über die fremden Orte zu spekulieren, an denen der Kaufmann gewesen war, und der Zirkus hatte viel mehr Wagen als jede Händlerkarawane. Aus dem Norden rollte ein Hausierer heran, dessen Wagen von sechs Pferden gezogen wurde und dessen hohe Wagenplane fast vollständig von Töpfen und Pfannen und Kesseln verdeckt wurde. Auch er hätte Interesse hervorrufen müssen. Selbst ein großes Dorf an einer vielbefahrenen Straße war für die Alltagsgegenstände, die Leute so brauchten, auf Hausierer angewiesen. Aber niemand streckte einen Arm aus oder rief, dass ein Hausierer gekommen war. Sie machten einfach mit ihren Beschäftigungen weiter.

Vielleicht dreihundert Schritte vor dem Dorf stand Luca auf seinem Kutschbock auf und schaute über das Wagendach nach hinten. »Wir halten dort«, brüllte er und zeigte auf eine große Wiese, auf der Wildblumen aus dem Frühlingsgras sprossen, das schon mindestens einen Fuß hoch wuchs. Er setzte sich wieder und folgte seiner eigenen Anweisung, und die anderen Wagen folgten ihm und ihre Räder gruben sich in den regennassen Boden.

Als Mat Pips auf die Wiese zulenkte, hörte er die Hufe der Hausiererpferde auf Kopfsteinpflaster klappern. Das Geräusch ließ ihn den Kopf hochreißen. Diese Straße war nicht mehr gepflastert seit… Er zog den Wallach wieder herum. Der Planwagen rollte über graue Pflastersteine, die sich nur durch das Dorf zogen. Der Hausierer selbst, ein fetter Bursche mit rundem Hut, spähte auf die Pflastersteine und schüttelte den Kopf, spähte auf das Dorf und schüttelte den Kopf. Hausierer hatten feste Routen. Er musste diesen Weg schon hundert Mal gefahren sein. Er musste ihn kennen. Er hielt das Gespann an und schlang die Zügel um den Bremshebel.

Mat legte beide Hände an den Mund. »Fahrt weiter, Mann!«, schrie er, so laut er konnte. »So schnell Ihr könnt! Weiterfahren!«

Der Hausierer sah in seine Richtung, dann sprang er für einen so schweren Mann recht flink auf. Mit so großartigen Gesten wie Luca fing er an zu deklamieren. Mat konnte seine Worte nicht verstehen, aber er wusste, was sie verkünden würden. Neuigkeiten aus aller Welt, die er unterwegs aufgeschnappt hatte, unterbrochen von Auflistungen seiner Waren und ihrer Überlegenheit. Im Dorf unterbrach keiner seine Tätigkeiten, um zuzuhören, sie hielten nicht einmal darin inne.

»Fahrt weiter!«, brüllte Mat. »Sie sind alle tot! Fahrt weiter!« Hinter ihm keuchte jemand auf, Tuon oder Selucia. Vielleicht auch beide.

Plötzlich kreischten die Pferde des Hausierers auf, warfen wild die Köpfe zurück. Sie schrien wie Tiere jenseits der Panik und hörten auch nicht auf.

Pips zuckte voller Angst zusammen, und Mat hatte alle Hände voll zu tun; der Wallach tänzelte im Kreis, wollte loslaufen, egal in welche Richtung, Hauptsache weg von hier. Jedes Pferd des Zirkus vernahm die Schreie und fing an, furchterfüllt zu wiehern. Die Löwen und Bären fingen an zu brüllen, und die Leoparden stimmten ein. Das wiederum ließ einige der Zirkuspferde ebenfalls schrill kreischen und sich in ihrem Gespann aufbäumen. Der Aufruhr peitschte sich selbst immer höher. Als Mat darum kämpfte, Pips unter Kontrolle zu bekommen, sah er, dass jeder, der Zügel hielt, sich nach allen Kräften bemühte, wild mit den Augen rollende Gespanne davon abzuhalten, einfach loszustürmen oder sich selbst zu verletzen. Auch Tuons Stute tanzte, genau wie Selucias Falbe. Einen Augenblick lang hatte er Angst um Tuon, aber sie schien mit Akein genauso gut zurechtzukommen wie bei ihrem Galopp in den Wald. Selbst Selucia schien sicher im Sattel zu sitzen und ihr Pferd zu beherrschen. Mat bekam mit, wie der Hausierer den Hut herunterriss und zum Wanderzirkus herübersah. Endlich brachte er Pips wieder unter Kontrolle. Der Wallach schnaufte schwer, als wäre er zu lange zu hart geritten worden, aber er versuchte nicht länger davonzustürmen.