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Trotz aller emporgereckter Hände gab es ein gewisses Zögern, den Straßenabschnitt vor ihnen zu überqueren. Nachdem Luca seinen Wagen wieder auf die Straße gelenkt hatte, saß er da und starrte geradeaus, während Latelle seinen Arm so fest umklammert hielt, wie sich Amathera an Juilin festgeklammert hatte. Schließlich murmelte er etwas, das möglicherweise ein Fluch gewesen war, und trieb sein Gespann mit den Zügeln an. Als sie die fatale Stelle erreichten, galoppierten die Pferde, und Luca behielt das Tempo bei, bis sie weit hinter dem Teil mit den Pflastersteinen waren. Es war das Gleiche bei jedem anderen Wagen. Eine Pause, das Warten, bis der vorherige Wagen es geschafft hatte, dann knallende Zügel und ein harter Galopp. Mat holte selbst tief Luft, bevor er Pips antrieb. Im Schritttempo, nicht im Galopp, aber es fiel schwer, ihm nicht die Fersen in die Flanken zu rammen, vor allem, als er an dem Hut des Hausierers vorbeikam. Tuons dunkles Gesicht und Selucias blasses zeigten nicht mehr Gefühle als das einer Aes Sedai.

»Eines Tages werde ich Tar Valon sehen«, sagte Tuon ruhig auf halbem Weg. »Ich werde es vermutlich zu meiner Hauptstadt machen. Ich werde mir von Euch die Stadt zeigen lassen, Spielzeug. Ihr seid dort gewesen?«

Beim Licht! Sie war eine zähe kleine Frau. Wunderschön, aber eisenhart.

Nachdem Luca nach seinem Galopp wieder langsamer geworden war, legte er ein schnelles Schritttempo vor statt dem gewöhnlichen Trotten des Zirkus. Die Sonne sank tiefer, und sie passierten mehrere Wiesen am Straßenrand, die groß genug waren, um den Wagen Platz zu bieten, aber Luca trieb sie an, bis sich ihre Schatten ihnen weit voraus erstreckten und die Sonne eine dicke rote Kugel am Horizont war. Und selbst dann saß er da, hielt die Zügel fest und schaute auf eine grasige Fläche neben der Straße.

»Es ist nur ein Feld«, sagte er schließlich, viel zu laut, und lenkte sein Gespann darauf zu.

Mat begleitete Tuon und Selucia zu dem purpurnen Wagen, sobald die Pferde Metwyn übergeben worden waren, aber an diesem Abend gab es weder eine Mahlzeit noch eine Partie Steine.

»Das ist ein Abend für das Gebet«, sagte sie zu ihm, bevor sie mit ihrer Dienerin hineinging. »Wisst Ihr gar nichts, Spielzeug? Dass die Toten wandeln, ist ein Zeichen, dass Tarmon Gai'don nahe ist.« Das hielt er für keinen ihrer Aberglauben; schließlich hatte er etwas Ähnliches gedacht. Er hielt nicht viel vom Beten, und doch betete er gelegentlich. Manchmal konnte man nichts anderes tun.

Niemand wollte schlafen, also brannten die Lampen noch spät im ganzen Lager. Und niemand wollte allein sein. Mat aß allein in seinem Zelt, mit wenig Appetit und dem Klappern der Würfel lauter als je zuvor in seinem Kopf, aber kurz nachdem er fertig war, kam Thom zu einer Partie Steine, und kurz darauf Noal. Lopin und Nerim schauten alle paar Minuten vorbei, verbeugten sich und fragten, ob Mat und die anderen etwas wollten, aber nachdem sie Wein und Becher gebracht hatten — Lopin trug einen großen Tonkrug und brach das Wachssiegel; Nerim trug die Becher auf einem Holztablett —, befahl ihnen Mat, nach Harnan und den anderen Soldaten zu sehen.

»Ich bezweifle nicht, dass sie sich betrinken, was ich für eine gute Idee halte«, sagte er. »Das ist ein Befehl. Sagt ihnen, ich hätte befohlen, ihn zu teilen.«

Lopin verneigte sich ernst. »Ich habe dem Kolonnenführer gelegentlich geholfen, indem ich ein paar Dinge für ihn besorgt habe, mein Lord. Ich erwarte, dass er mit dem Branntwein großzügig sein wird. Komm mit, Nerim. Lord Mat will, dass wir uns betrinken, und du wirst dich mit mir betrinken, und wenn ich mich auf dich draufsetzen und dir den Branntwein in den Hals schütten muss.« Das schmale Gesicht des abstinösen Cairhieners wurde vor Missbilligung ganz spitz, aber er verbeugte sich und folgte dem Tairener geschwind nach draußen. Mat glaubte nicht, dass sich Lopin auf den Mann würde draufsetzen müssen, nicht an diesem Abend.

Juilin kam mit Amathera und Olver, also wurden auf dem Boden Spielbretter für Schlangen und Füchse ausgelegt zusätzlich zu der Partie Steine auf dem kleinen Tisch. Amathera erwies sich als brauchbare Steine-Spielerin, aber das war wenig überraschend, war sie doch einst eine Herrscherin gewesen, aber ihr Schmollmund wurde zusehends schmallippiger, als sie und Olver bei Schlangen und Füchsen verlor, dabei gab es bei diesem Spiel nie einen Gewinner. Andererseits vermutete Mat, dass sie keine gute Herrscherin gewesen war. Wer immer nicht spielte, saß auf der Pritsche. Mat sah von hier aus den Spielern zu, wenn er an der Reihe war, so wie Juilin, wenn Amathera spielte. Er ließ sie nur selten aus den Augen, außer er war an der Reihe. Noal erzählte unentwegt seine Geschichten — aber er spann sein Garn beim Spielen, und das Reden schien keinen Einfluss auf seine Fertigkeiten als Spieler zu haben —, während Thom dasaß und den Brief las, den Mat ihm vor scheinbar so langer Zeit gebracht hatte. Das Blatt wies tiefe Falten auf, weil Thom es in seiner Manteltasche trug, und es hatte viele Flecken vom häufigen Lesen. Er sagte, der Brief würde von einer Toten stammen.

Es war eine Überraschung, als Domon und Egeanin eintraten. Sie waren Mat seit seinem Auszug aus dem grünen Wagen nicht gerade aus dem Weg gegangen, aber sie hatten sich auch keine Mühe gegeben, ihm zu begegnen. Wie alle anderen auch trugen sie bessere Kleidung als zu Anfang ihrer Verkleidungen. Egeanins Reitrock und der Mantel mit dem hohen Kragen, beides aus blauer Wolle und am Saum und den Ärmeln mit einem Gelb bestickt, das fast schon Gold war, hatten fast schon etwas von einer Uniform an sich, während Domon in einem gut geschnittenen braunen Mantel und direkt unterhalb der Knie in die umgeschlagenen Stiefelschäfte gestopften Pluderhosen jeden Zoll wie ein erfolgreicher, wenn auch nicht unbedingt wohlhabender illianischer Kaufmann aussah.

In dem Moment, in dem Egeanin eintrat, krümmte sich Amathera, die gerade mit Olver auf der Bodenplane saß, augenblicklich auf den Knien zu einer Kugel zusammen. Juilin seufzte und stand von dem Hocker auf der Mat gegenüberliegenden Tischseite auf, aber Egeanin erreichte die Frau zuerst.

»Dazu besteht keine Notwendigkeit, weder für mich noch für andere«, sagte sie, bückte sich, nahm Amathera bei den Schultern und zog sie auf die Füße. Amathera erhob sich nur zögernd und hielt den Blick zu Boden gerichtet, bis Egeanin ihr die Hand unter das Kinn legte und ihren Kopf sanft nach oben drückte. »Ihr seht mir in die Augen. Ihr seht allen in die Augen.« Die Tarabonerin befeuchtete nervös die Lippen, aber sie blickte Egeanin direkt ins Gesicht, als die Hand von ihrem Kinn entfernt wurde. Doch ihre Augen waren weit aufgerissen.

»Das ist eine Veränderung«, sagte Juilin misstrauisch. Und mit einer Spur Verärgerung. Er stand so steif da wie eine dunkle Holzstatue. Er verabscheute alle Seanchaner für das, was sie Amathera angetan hatten. »Ihr habt mich einen Dieb genannt, weil ich sie befreit habe.« Darin war mehr als nur eine Spur Ärger. Er hasste Diebe. Und Schmuggler wie Domon.

»Alle Dinge verändern sich im Laufe der Zeit«, sagte Domon jovial und lächelte, um weitere erhitzte Worte abzuwehren. »Nun, Ihr seht wie ein ehrlicher Mann aus, Meister Diebefänger. Bevor Leilwin eingewilligt hat, meine Frau zu werden, hat sie mir das Versprechen abgerungen, mit dem Schmuggeln aufzuhören. Glück stich mich, wer hat je von einer Frau gehört, die sich weigert, einen Mann zu heiraten, es sei denn, er würde ein lukratives Handwerk aufgeben?« Er lachte, als wäre das der beste Witz der Welt.

Egeanin schlug ihm hart genug mit der Faust in die Rippen, um sein Lachen in ein Grunzen zu verwandeln. Dank seiner Heirat mussten seine Rippen ein einziger blauer Fleck sein. »Ich erwarte, dass du dein Versprechen hältst, Bayle. Ich ändere mich, und du musst das auch tun.« Nach einem schnellen Blick auf Amathera — vielleicht um sich zu vergewissern, dass sie noch immer gehorchte; Egeanin legte viel Wert darauf, dass andere das taten, was sie ihnen befahl — hielt sie Juilin die Hand hin. »Ich ändere mich, Meister Sandar. Wollt Ihr das auch tun?«