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»Ach, das«, sagte Thom und schob die Krone in die Manteltasche, »ich hatte die Befürchtung, Ihr könntet enttäuscht sein, dass hier bloß die erfolgreicheren Schurken verkehren — die sind nicht immer so farbig wie die Versager —, aber Mat hat gesagt, das würde Euch nicht einmal auffallen.«

Sie schaute Mat streng an, der indigniert den Mund öffnete. Und wieder schloss. Was gab es da noch zu sagen? Er saß bereits im Einmachtopf. Da brauchte er das Feuer darunter nicht noch zu schüren.

Als die Wirtin ankam, eine rundliche Frau mit verdächtig schwarzem Haar unter dem weißen Spitzenhäubchen, die sich in ein graues Kleid mit roten und grünen Stickereien auf dem üppigen Busen gezwängt hatte, machte sich Thom mit einer Verbeugung und einem gemurmelten »Mit Eurer Erlaubnis, mein Lord, meine Lady« davon. Gemurmelt, aber laut genug, dass Frau Heilin es hören konnte.

Die Wirtin hatte ein unerbittliches Lächeln, aber sie bemühte es für einen Lord und eine Lady, machte einen so tiefen Knicks, dass sie beim Aufstehen grunzte, und es schien sie kaum zu enttäuschen, dass Mat Wein und vielleicht etwas zu essen wollte, aber kein Zimmer. Ihren besten Wein. Doch als er bezahlte, ließ er sie sehen, dass er außer Silber auch Gold im Geldbeutel hatte. Ein Seidenmantel war ja schön und gut, aber Gold, das Lumpen trug, bekam eine bessere Bewirtung als Kupfer, das Seide trug.

»Ale«, sagte Tuon. »Ich habe noch nie Ale getrunken. Sagt mir, gute Frau, ist damit zu rechnen, dass einer der Gäste bald einen Streit vom Zaun bricht?« Mat verschluckte fast seine Zunge.

Frau Heilin blinzelte und schüttelte knapp den Kopf, als wäre sie sich nicht sicher, ob sie wirklich das gehört hatte, was sie zu hören geglaubt hatte. »Kein Grund zur Sorge, meine Lady«, sagte sie. »Das passiert schon mal, wenn sie zu tief in ihre Becher geschaut haben, aber ich gehe hart dazwischen, wenn das geschieht.«

»Aber nicht meinetwegen«, sagte Tuon. »Sie sollen ihren Spaß haben.«

Das Lächeln der Wirtin wurde schief und hielt kaum stand, aber sie brachte einen weiteren Knicks zustande, bevor sie mit Mats Geld loseilte und rief: »Jera, Wein für den Lord und die Lady, einen Krug von dem Kiranaille. Und einen Becher Ale.«

»Ihr solltet nicht solche Fragen stellen, mein Juwel«, sagte Mat leise, als er Tuon und Selucia zu einem freien Tisch steuerte. Selucia verweigerte den angebotenen Stuhl, nahm Tuon den Umhang ab und legte ihn über den Stuhl, den sie für ihre Herrin bereithielt, dann baute sie sich dahinter auf.

»Das ist unhöflich. Davon abgesehen senkt ihr damit Euren Blick.« Er dankte dem Licht für diese Unterhaltungen mit Egeanin, mit welchem Namen sie auch immer angesprochen werden wollte. Seanchaner würden alle möglichen Albernheiten tun oder jedes vernünftige Handeln verweigern, nur um den Blick nicht senken zu müssen.

Tuon nickte nachdenklich. »Eure Bräuche sind oft sehr seltsam, Spielzeug. Ihr werdet mich darin unterrichten müssen. Ich habe einige gelernt, aber ich muss alle Bräuche der Menschen kennen, die ich im Namen der Kaiserin, möge sie ewig leben, beherrschen werde.«

»Es wird mir eine Freude sein, Euch beizubringen, was ich kann«, sagte Mat, löste seinen Umhang und warf ihn achtlos über die Stuhllehne. »Es wird Euch gut tun, unsere Bräuche zu kennen, selbst wenn Ihr am Ende weniger beherrschen werdet, als Ihr erwartet.« Er legte den Hut auf den Tisch.

Tuon und Selucia keuchten beide auf; Hände griffen hektisch nach dem Hut. Tuon erreichte ihn zuerst, und sie legte ihn schnell auf den Stuhl neben sich. »Das bringt sc hre ck — li ch es Unglück, Spielzeug. Ihr dürft niemals einen Hut auf den Tisch legen.« Sie machte eine dieser seltsamen Gesten, das Böse abzuwehren, schob zwei Finger unter den Mittelfinger und streckte die anderen steif aus. Selucia tat das Gleiche.

»Ich werde es mir merken«, sagte er trocken. Vielleicht zu trocken. Tuon sah ihn streng an. Sehr streng.

»Ich habe entschieden, dass Ihr Euch nicht zum Pokalträger eignet, Spielzeug. Nicht bis Ihr Demut lernt, obwohl ich bald daran verzweifle, Euch das beizubringen. Vielleicht mache ich Euch stattdessen zum Stallburschenläufer. Ihr könnt gut mit Pferden umgehen. Würde es Euch gefallen, neben meinem Steigbügel zu laufen, wenn ich reite? Das Gewand ist fast das gleiche wie beim Pokalträger, aber ich werde Eures mit Schleifen verzieren lassen. Rosa Schleifen.«

Er schaffte es, seine Miene unbewegt zu halten, aber er fühlte, wie sich seine Wangen röteten. Es gab nur eine Möglichkeit, wie sie erfahren haben konnte, dass rosa Schleifen eine besondere Bedeutung für ihn hatten. Tylin hatte es ihr erzählt. Es musste so sein. Sollte er doch zu Asche verbrennen, Frauen redeten auch über al le sl Die Ankunft der Schankmagd mit ihren Getränken rettete ihn vor einer Erwiderung. Jera war eine lächelnde junge Frau mit fast so üppigen Kurven wie die Sängerin, die zwar nicht so schön zur Schau gestellt waren, die die weiße, eng geschnürte Schürze aber auch nicht verbarg. Auch das dunkle Wollkleid saß ziemlich eng. Nicht, dass er ihr mehr als nur einen flüchtigen Blick zuwarf. Er saß hier mit seiner zukünftigen Frau. Und davon abgesehen, nur ein Volltrottel sah in Gesellschaft einer Frau eine andere näher an.

Jera stellte eine hohe Weinkanne aus Zinn und zwei polierte Zinnbecher auf dem Tisch ab und gab Selucia einen schweren Alekrug, dann blinzelte sie verwirrt, als Selucia den Krug an Tuon weiterreichte und dafür den Weinbecher in Empfang nahm. Er reichte ihr einen Silberpfennig, um ihr Unbehagen zu beschwichtigen, und sie schenkte ihm dafür bei ihrem Knicks ein strahlendes Lächeln, bevor sie nach einem weiteren Ruf der Wirtin davoneilte. Es war unwahrscheinlich, dass sie viel Silber bekam.

»Ihr hättet das Lächeln ruhig erwidern können, Spielzeug«, sagte Tuon, schnüffelte an dem Krug und rümpfte die Nase. »Sie ist sehr hübsch. Ihr habt eine so versteinerte Miene, vermutlich habt Ihr ihr Angst eingejagt.« Sie nahm einen Schluck, und ihre Augen weiteten sich überrascht.

»Das ist ja tatsächlich ganz gut.«

Mat seufzte und nahm einen großen Schluck dunklen Wein, der schwach nach Blumen duftete. Er konnte sich nicht erinnern, Frauen jemals verstanden zu haben, egal, ob es sich nun um seine eigenen Erinnerungen oder die anderer Männer handelte.

Sie schlürfte ihr Ale — er würde ihr nicht sagen, dass man Ale mit Schlucken trank und nicht mit Schlückchen; möglicherweise betrank sie sich absichtlich, nur um die Spelunkenerfahrung auch richtig auszukosten, das traute er ihr heute durchaus zu. Oder auch an jedem anderen Tag, was das anging —, nahm nach jedem Satz ein Schlückchen und befragte ihn über Bräuche. Ihr zu sagen, wie man sich in einer Spelunke benahm, fiel nicht schwer. Bleib für dich, stell keine Fragen, sitz nach Möglichkeit mit dem Rücken zur Wand und neben einer Tür, falls du eventuell schnell verschwinden musst. Besser, sie zu meiden, aber wenn es nicht anders geht… Aber sie ging schnell zu Höfen und Palästen über und erhielt da nur wenig Antworten. Er hätte ihr mehr über die Bräuche an den Höfen von Eharon oder Shiota oder einem Dutzend anderer toter Nationen sagen können als über die existierenden Nationen. Eigentlich kannte er nur ein paar Einzelheiten, wie man sich in Caemlyn und Tear verhielt, und ein paar Bruchstücke über Fal Dara in Schienar. Nun, das und Ebou Dar, aber das wusste sie ja bereits.

»Also seid Ihr weit gereist und habt noch andere Paläste als den Tarsin besucht«, sagte sie schließlich und leerte den Krug. Er hatte nicht einmal die Hälfte seines Weins getrunken; er glaubte nicht, dass Selucia mehr als einen oder zwei Schlucke von dem ihren genommen hatte. »Aber allem Anschein nach seid Ihr nicht von adliger Geburt. Das dachte ich mir schon.«

»Das bin ich nicht«, sagte er fest. »Adlige…« Er verstummte, räusperte sich. Er konnte ihr wohl kaum sagen, dass Adlige alles Narren waren, die ihre Nase so hoch oben trugen, dass sie nicht sehen konnten, wo sie alles drauftraten. Schließlich war sie, was sie war.