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Sie jedenfalls habe nicht den Wunsch, in einer Gemeinschaft zu leben, wo ein Teil ständig darauf aus war, den schlichten Glauben derer zu zerstören, die Gott ihren Dank dadurch zeigen wollten, daß sie seine Gebote hielten. Auch sie erkenne durchaus den Ernst der Lage. Der richtige Weg sei, sich die Warnung Gottes zu Herzen zu nehmen und nach seiner Lehre zu leben.

Die Teilung hatte zwei sehr ungleiche Gruppen geschaffen. Für Miß Durrant hatten sich fünf sehfähige und etwa ein Dutzend blinde Mädchen entschieden, einige ältere Männer und Frauen, alle blind, und überhaupt keine sehfähigen Männer. Unter diesen Umständen hatte natürlich Michael Beadleys Gruppe weiterfahren müssen. Und das hatten sie, da die Lastautos noch beladen waren, unverzüglich getan und am frühen Nachmittag Tynsham verlassen, wo Miß Durrant und ihre Anhänger zurückblieben, um mit ihren Grundsätzen zu leben oder unterzugehen.

Jetzt erst versuchte sie, einen Überblick über die Möglichkeiten des Gutes und über die Umgebung zu gewinnen. Das Haus hatten sie zum Teil verschlossen gefunden, doch die Diensträume waren offenbar noch vor kurzem bewohnt gewesen. Was mit den Bewohnern geschehen war, sah man bei der Überprüfung des Gemüsegartens. Drei Leichen, die eines Mannes, einer Frau und eines Mädchens, lagen dort inmitten verstreuter Früchte nebeneinander. In der Nähe warteten geduldig, die Wurzeln im Boden, zwei Triffids. Ähnlich war die Situation in der Musterfarm am anderen Ende des Gutes. Ob die Triffids durch ein offenstehendes Tor in den Park eingedrungen waren oder ob hier schon vorhandene unbeschnittene Exemplare sich losgerissen hatten, blieb unklar, jedenfalls mußte diese Gefahr beseitigt werden, ehe weiteres Unheil entstand. Miß Durrant hatte eins der sehfähigen Mädchen weggeschickt, die Runde um die Mauer zu machen und jeden Eingang zu schließen, während sie selbst die Waffenkammer erbrochen hatte. Trotz ihrer Unerfahrenheit war es ihr und einer zweiten jungen Frau gelungen, sämtlichen auffindbaren Triffids – sechsundzwanzig im ganzen – die Köpfe abzuschießen. Da sich keine weiteren finden ließen, hoffte man, alle erledigt zu haben.

Die am nächsten Tag durchgeführte Erkundung des Dorfes hatte gezeigt, daß es dort eine Menge Triffids gab. Die überlebenden Bewohner hatten entweder ihre Häuser nicht verlassen und zehrten ihre Vorräte auf, oder sie hatten bei ihren kurzen Beutezügen das Glück gehabt, auf keine Triffids zu stoßen. Alle diese Dörfler hatte man gesammelt und auf den Gutshof gebracht. Sie waren gesund, meist auch kräftig, aber im Augenblick eher eine Last als eine Hilfe, denn keiner von ihnen konnte sehen.

Im Laufe des Tages waren noch vier junge Frauen eingetroffen. Zwei hatten ein blindes Mädchen mit und einen beladenen Lkw, den sie abwechselnd chauffierten. Die vierte, allein in einem Auto, hatte nach einem kurzen Umblick erklärt, daß es ihr hier nicht zusage, und war weitergefahren. Von den in den nächsten Tagen Ankommenden waren nur zwei geblieben. Alles Frauen, bis auf zwei. Anscheinend hatten sich die Männer schneller und rücksichtsloser aus Cokers Formationen befreit und waren meist rechtzeitig zu ihrer ursprünglichen Gruppe zurückgekehrt.

Über Josella konnte ich von den Mädchen nichts erfahren. Sie hatten den Namen nie gehört und meine Beschreibungsversuche weckten keine Erinnerungen.

Wir sprachen noch, als plötzlich die elektrischen Lichter in dem Raum aufleuchteten. Das Mädchen sah so andächtig empor, als empfange sie eine Offenbarung. Sie blies die Kerzen aus, blickte aber von Zeit zu Zeit von ihrer Flickarbeit zu den Glühbirnen, wie um sich zu vergewissern, daß sie noch da waren.

Nach einer Weile kam Coker hereingeschlendert.

»Ihr Werk vermutlich?« sagte ich mit einer Kopfbewegung nach den Lichtern.

»Ja«, bekannte er. »Sie erzeugen hier ihren eigenen Kraftstrom. Wir können den Treibstoff ebensogut aufbrauchen wie verdunsten lassen.«

»Hätten wir denn die ganze Zeit Licht haben können?« fragte das Mädchen.

»Sie hätten bloß den Motor anwerfen müssen«, sagte Coker, sie anblickend. »Wenn Sie Licht brauchten, warum haben Sie es nicht versucht?«

»Ich habe nicht gewußt, daß so etwas da war, außerdem verstehe ich nichts von Maschinen und Elektrizität.«

Coker sah sie noch immer nachdenklich an.

»Und da sind Sie einfach im Dunkeln sitzen geblieben«, bemerkte er. »Und wie lange, stellen Sie sich vor, werden Sie zu den Überlebenden gehören, wenn Sie lieber im Dunkeln sitzen bleiben, statt etwas zu unternehmen?«

Sein Ton mißfiel ihr.

»Es ist nicht mein Fehler, wenn ich von diesen Dingen nichts verstehe.«

»Da bin ich anderer Meinung«, erklärte Coker. »Es ist nicht nur Ihr Fehler: es ist sogar ein selbstverschuldeter Fehler. Es ist eine pure Ziererei und Eitelkeit, sich für zu sensibel und feinnervig zu halten, um etwas von technischen Dingen zu verstehen. Wir alle kommen unwissend auf die Welt, aber Gott gibt jedem – und jeder – so viel Hirn mit, sich das nötige Wissen zu verschaffen. Er hat es uns zu diesem Zweck gegeben, auch den Frauen.«

»Gut und schön. Aber nicht alle Menschen sind gleich. Männer verstehen sich auf Maschinen und Elektrizität. Frauen interessieren sich weniger dafür«, sagte sie.

»Erzählen Sie mir keine Märchen«, sagte Coker.

»Darauf steige ich nicht ein. Sie wissen ganz genau, daß Frauen mit den kompliziertesten und empfindlichsten Apparaten umzugehen verstehen – oder vielmehr verstanden –, wenn sie wollten. Gewöhnlich sind sie allerdings zu träge dazu. Kein Wunder, da die rührende Hilflosigkeit zu den traditionellen weiblichen Tugenden gehörte und die Arbeit sich bisher immer auf jemand anderen abschieben ließ! Aber jetzt müssen wir unsere Anschauungen ändern, da sich unsere Lebensbedingungen geändert haben.« Das Mädchen packte seine Flickarbeit ein und musterte Coker eine Weile.

Dann sagte sie: »Mit Ihren Ansichten, glaube ich, würden Sie besser in Mr. Beadleys Gruppe passen.

Wir haben nicht die Absicht, unsere Anschauungen zu ändern oder unsere Grundsätze aufzugeben. Deshalb haben wir uns ja von den anderen getrennt.

Wenn das, was anständige Leute für gut finden, für Sie nicht gut genug ist, müssen Sie sich eben anderwärts umsehen.« Und damit nahm sie ihren Abgang.

Coker sah ihr nach. Als sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, machte er seinen Gefühlen Luft, ohne mit Kraftausdrücken zu sparen. Ich lachte.

»Was haben Sie erwartet?« sagte ich. »Da stolzieren Sie herein, halten dem Mädel eine Standpauke und wundern sich, wenn sie sauer reagiert.«

»Ich habe Vernunft erwartet«, murmelte er.

»Weshalb? Die meisten von uns halten sich nicht ans Vernünftige, sondern ans Gewohnte. Sie wird jede Änderung, ob sie vernünftig ist oder nicht, ablehnen, sobald sie ihren Begriffen von Recht und Anstand widerspricht, und dabei ehrlich überzeugt sein, daß sie so ihre Charakterfestigkeit beweist. Sie sind zu hastig, Coker. Zeigen Sie einem Mann, der eben Haus und Heim verloren hat, die Gefilde der Seligen, und er wird nicht viel von ihnen halten: lassen Sie ihm Zeit, und er wird finden, daß es daheim ähnlich war, nur gemütlicher. Auch sie wird sich anpassen, es bleibt ihr ja nichts anderes übrig – und es weiterhin standhaft und mit Überzeugung leugnen.«

»Mit anderen Worten: Sie sind gegen das Planen und fürs Improvisieren. Damit werden wir nicht weit kommen.«