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Als ich nach meinem Fernglas griff, war überhaupt nichts mehr zu sehen.

Ich wagte nicht weiterzufahren. Möglicherweise war das Licht, falls es ein Licht war, von einer tieferen Stelle aus nicht sichtbar. Wiederum richtete ich den Scheinwerfer gerade nach vorn und wartete mit so viel Geduld, als ich aufbringen konnte. Nochmals verging beinahe eine Stunde, bis der Regen nachließ.

Sobald er aussetzte, schaltete ich unser Licht aus.

»Da ist es!« rief Susan aufgeregt. »Schauen Sie!

Schauen Sie!« Da war es. Und hell genug, um jeden Zweifel auszuschließen; Einzelheiten allerdings vermochte ich auch durch mein Glas nicht zu unterscheiden.

Ich schaltete den Scheinwerfer ein und gab das Morsezeichen für V, das einzige, das ich außer SOS kenne. Das andere Licht blinkte und sandte dann eine Reihe deutlicher Längen und Kürzen, mit denen ich leider nichts anzufangen wußte. Ich antwortete mit einer Reihe V, zeichnete die Linie, in der das Licht zu liegen schien, in meine Karte und schaltete die Fahrlichter ein.

»Ist das die Dame?« fragte Susan.

»Sie muß es sein«, sagte ich. »Sie muß es sein.«

Das war eine mühsame Fahrt. Wir mußten, um die sumpfige Niederung zu überqueren, eine westwärts führende Straße einschlagen und uns dann am Fuß des Höhenzugs wieder nach Osten zurückarbeiten.

Wir waren kaum mehr als eine Meile gefahren, als sich etwas vor das ferne Licht schob. Auf der finsteren Landstraße war die Orientierung schwierig, zum Überfluß kam ein neuer Gußregen. Da niemand für die Regulierung der Abflußschleusen sorgte, waren manche Felder bereits überflutet und auch die Straße stellenweise unter Wasser. Ich war gezwungen, langsam und vorsichtig zu fahren, wo ich vor lauter Ungeduld am liebsten Vollgas gegeben hätte.

Auf der anderen Seite des Tales waren wir zwar aus dem überfluteten Gebiet heraus, kamen aber nicht viel schneller vorwärts, da die Straßen voll der unwahrscheinlichsten Schleifen und Krümmungen waren. Ich mußte meine ganze Aufmerksamkeit der Steuerung des Wagens zuwenden, während die Kleine die Bergflanken neben uns nach dem verschwundenen Licht absuchte. Wir erreichten den Punkt, wo die Linie auf meiner Karte unsere Straße kreuzte, ohne daß sich das Licht wieder gezeigt hatte. Ich versuchte es mit der nächsten Abzweigung bergauf ...

Und brauchte fast eine halbe Stunde, um von der Kreidegrube, zu der sie uns geführt hatte, auf unsere Straße zurückzukommen.

Wir setzten die Fahrt auf der unteren Straße fort.

Dann erspähte Susan rechts von uns durch die Baumwipfel einen Lichtschimmer. Bei der nächsten Abzweigung hatten wir mehr Glück. Sie führte schräg zurück und bergauf, bis wir auf dem Abhang etwa eine halbe Meile vor uns ein kleines, hellerleuchtetes Fenster erblickten.

Auch jetzt war es selbst an Hand der Karte nicht leicht, die richtige Straße zu finden. Noch immer kletterten wir langsam bergauf, kamen aber doch dem Fenster merklich näher. Die Straße war für schwere Fahrzeuge ungeeignet. An engeren Stellen streiften Büsche und Sträucher an die Wagenwände, als suchten sie uns zurückzuhalten.

Endlich schwankte auf der Straße vor uns eine Laterne. Sie bewegte sich vorwärts und pendelte dann zur Seite, um uns die Einfahrt durch ein Tor zu zeigen. Danach wurde sie zu Boden gestellt. Ich fuhr bis auf ein, zwei Meter an sie heran und hielt. Als ich den Wagenschlag öffnete, blendete mich plötzlich der Schein einer Taschenlampe. Dahinter gewahrte ich die Umrisse einer Gestalt in einem vor Nässe glänzenden Regenmantel.

Ein leichtes Schwanken war in der erzwungen ruhigen Stimme, die sprach:

»Hallo, Bill, du bist lange aus gewesen.«

Ich sprang aus dem Wagen.

»Oh, Bill. Ich kann nicht. – Oh, Lieber, ich habe so gehofft .... Oh, Bill ...«, sagte Josella.

Shirning

Das Gefühl, das ich bei meiner Ankunft in Shirning Farm hatte – daß nun der größte Teil meiner Schwierigkeiten zu Ende war – ist nur insofern erwähnenswert, als es zeigt, wie trügerisch ein solches Gefühl sein kann. Es gelang mir zwar programmgemäß, Josella in meine Arme zu schließen, doch sie sogleich mit mir zu den anderen nach Tynsham zu führen, war aus mehreren Gründen unmöglich.

Seit mir eingefallen war, wo sie sein konnte, hatte ich, wie ich gestehen muß, recht filmartige Vorstellungen: wie sie tapfer gegen Naturgewalten ankämpfte usw., usw. Sie tat das auch in einem gewissen Sinn, aber in einer ganz anderen Umgebung, als ich mir vorgestellt hatte. Ich hatte geglaubt, ich brauchte nur, einfach zu sagen: »Spring auf. Wir fahren zu Coker und seinen Leuten.« Damit war es nichts. Ich hätte mir ja denken können, daß die Sache nicht so einfach sein würde – immerhin überraschend, wie oft das Bessere zuerst in der Gestalt des Schlimmeren erscheint ...

Nicht, daß ich nicht gleich von Anfang an Shirning vor Tynsham den Vorzug gegeben hätte – aber der Anschluß an eine größere Gruppe war offensichtlich das Vernünftigere. Shirning ... war reizvoll. Das Wort

›Farm‹ war nur mehr ein Ehrentitel. Es war vor fünfundzwanzig Jahren eine Farm gewesen und sah noch immer wie ein Bauernhaus aus, war jedoch in Wirklichkeit ein Landhaus. Sussex und die angrenzenden Counties waren übersät mit solchen Anwesen und Bauernhäusern, die sich die, erholungsbedürftigen Londoner für ihre Zwecke eingerichtet hatten. Die Innenräume waren derart umgebaut und modernisiert worden, daß es zweifelhaft war, ob sie ein früherer Bewohner wiedererkannt hätte. Auch nach außen hatte es sich in ein Schmuckkästchen verwandelt. Ho-fräume und Schuppen zeigten eher städtischen als ländlichen Charakter, und außer Reitpferden und Ponys gab es hier keine Tiere. Aus dem großen Hof stieg kein Düngergeruch auf, er war mit dichtem Rasen bedeckt und sah aus wie ein Bowlingspielplatz.

Die Felder, auf welche die Fenster des Hauses unter dem verwitterten roten Ziegeldach hinausblickten, wurden seit langem von den Bewohnern anderer echter Bauernhäuser bebaut und bearbeitet. Doch befanden sich Schuppen und Scheunen in gutem Zustand.

Josellas Freunde, die gegenwärtigen Besitzer, hatten geplant, aus dem Anwesen eines Tages wieder einen richtigen Bauernhof zu machen, in beschränktem Ausmaß natürlich, und aus diesem Grund verlockende Verkaufsangebote abgelehnt, in der Hoffnung, einmal genug Geld zusammenzukriegen, um das ursprünglich zu dem Haus gehörige Land zurückzukaufen. Mit eigenem Brunnen und eigener Kraftanlage, war das Anwesen in jeder Beziehung ideal ausgestattet – doch als ich das Ganze besichtigte, fiel mir ein, was Coker über das Wirtschaftsvolumen gesagt hatte. Ich verstand nichts von der Landwirtschaft, hatte aber das Gefühl, daß es, falls wir hier bleiben wollten, viel Arbeit kosten würde, unsre sechs zu ernähren.

Die anderen drei waren schon dagewesen, als Josella angekommen war. Es waren Dennis und Mary Brent und Joyce Taylor. Dennis war der Hauseigentümer. Joyce war auf Besuch da, zuerst, um Gesellschaft zu leisten und dann den Haushalt zu führen, wenn Mary dazu nicht mehr in der Lage war. Mary erwartete ein Baby.

In der Nacht der grünen Blitze – oder des Kometen, wie der sagen würde, der noch an diesen Kometen glaubt – waren zwei weitere Gäste dagewesen. Joan und Ted Danton, die hier eine Woche Urlaub zubringen wollten. Alle fünf waren in den Garten hinunter-gegangen, um das Himmelsschauspiel zu bewundern. Am Morgen erwachten alle fünf in einer für sie in ewige Nacht versunkenen Welt. Zuerst hatten sie zu telephonieren versucht, als sich das als unmöglich erwies, warteten sie hoffnungsvoll auf die Bedienerin, die täglich kam. Da auch diese ausblieb, hatte Ted sich erboten, auf Erkundung auszugehen. Dennis wollte ihn begleiten, doch seine Frau, die in hysterischer Erregung war, ließ es nicht zu. Ted ging also allein. Er kam nicht zurück. Am späten Nachmittag und ohne jemand ein Wort zu sagen, hatte sich Joan fortgeschlichen, vermutlich um ihren Mann zu suchen. Auch sie verschwand spurlos.