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»Es wäre nicht das erste Mal, dass die Syndiks eine Dummheit begehen«, sagte Geary.

»Zum Beispiel die Tatsache, dass sie einen Krieg begonnen haben, der erst vor Kurzem zu Ende gegangen ist?«, erwiderte Rione. »Das ist zwar richtig, aber die CEOs, die hundert Jahre lang die Syndikatwelten kontrollierten, waren dem Irrglauben erlegen, sie könnten einen solchen Krieg gewinnen. Es gibt demgegenüber kein denkbares Szenario, in dem die heutigen Syndikatwelten den Verlust ihres gesamten Hypernets überleben könnten.«

Geary schaute mit finsterer Miene auf sein Display. Die befehlshabenden Offiziere seiner Schiffe teilten ihm mit, dass die Besatzungen bereits unruhig geworden waren, weil die Heimreise abrupt beendet worden war, bevor sie überhaupt angefangen hatte. Selbst wenn das kein nennenswerter Faktor und die Moral der Truppe in Höchstform gewesen wäre, hätte er jetzt vor demselben Dilemma gestanden. Das einzige erreichbare Syndik-Portal war Sobek. Wenn sie sich gegen Sobek entschieden, würden sie mit Sprüngen von Stern zu Stern Monate benötigen, um ins Allianz-Gebiet zurückzukehren, was bei jedem Stern unbekannte Hindernisse und Gefahren mit sich bringen mochte. »Was empfehlen Sie, Captain Desjani?«

Tanya verzog das Gesicht. »Wir müssen Kurs auf Sobek nehmen. Aber wir müssen uns darauf gefasst machen, dass wir dort in Kämpfe verwickelt werden.«

»Sehe ich auch so«, sagte Charban.

»Gesandte Rione?«, fragte Geary.

Sie ließ sich einen Moment lang Zeit und starrte auf einen weit entfernten Punkt, dann nickte sie. »Mir fällt keine realistische Alternative ein. Ich stimme zu, dass wir nach Sobek fliegen müssen.«

»Wir könnten auch hier warten«, gab Geary zu bedenken.

»Und wie lange, Admiral?«

»Das ist eben das Problem. Wenn kein Portal außer dem bei Sobek noch existiert, dann bringt uns das gar nichts. Es wird nur unsere Heimkehr weiter hinauszögern. Aber ich wollte es von einem anderen hören, nicht von mir selbst, damit ich weiß, dass es nicht bloß meine Ungeduld ist, die mich dazu drängt, nach Sobek zu reisen.« Er deutete auf Tanya. »Captain Desjani, geben Sie Sobek als unser Ziel ein. Ich werde die Flotte in eine Gefechtsformation bringen.«

»Sobek ist eingegeben«, erwiderte sie. »Was glauben Sie, was uns bei Sobek erwarten könnte?«

»Ich habe keine Ahnung. Vielleicht gar nichts. Vielleicht haben die Enigmas einen Weg gefunden, um die Schutzvorrichtung der Syndiks zu umgehen, und das Signal zur Selbstzerstörung ist aus irgendeinem Grund nicht in Sobek angekommen.«

»Wenn das der Fall wäre, hätte dieses Midway auch nicht getroffen«, machte Desjani ihm klar. »Und Midway ist näher am Enigma-Gebiet als jedes andere System.«

»Ja, das arbeitet allerdings gegen meine Theorie.« Wie ordne ich die Flotte an, um auf eine völlig unbestimmbare Bedrohung gefasst zu sein? »Vielleicht sollten wir unsere Formation beibehalten und bei der Ankunft in Sobek sofort ein Ausweichmanöver fliegen.«

»Mag sein. In welche Richtung wollen Sie ausweichen? Sie können davon ausgehen, dass die Syndiks versuchen, ein System darin zu entdecken, wohin Sie wann ausweichen.«

Geary zögerte, dann schaute er zu Charban. »Suchen Sie sich eine Zahl zwischen eins und dreihundertneunundfünfzig aus.«

Charban stutzte und sah ihn fragend an, dann antwortete er: »Zweihundertsechs.«

»Nach unten und rechts«, sagte Geary zu Desjani, während er das Manöver eingab. »Ist das zufällig genug?«

»Nachdem Sie einen Politiker gefragt haben, der früher eigene Bodentruppen befehligt hat? Oh ja, das ist wirklich zufällig.«

Er ließ die Flotte wieder wenden und auf das Hypernet-Portal zuhalten. »Wir werden knapp unter 0,1 Licht erreicht haben, wenn wir das Portal durchfliegen. Ich sollte Iceni wohl besser sagen, was wir vorhaben.«

»Oder Sie lassen sie im Unklaren«, schlug Desjani vor.

Er verspürte eine wachsende Anspannung, je näher die Flotte dem Portal kam, und fragte sich, ob es vielleicht plötzlich auch nicht mehr möglich sein würde, auf das Portal bei Sobek zuzugreifen. Dann würden ihnen noch zwei Alternativen bleiben, von denen keine etwas Verlockendes hatte. Ist schon witzig. Ich hatte nie nach Sobek fliegen wollen. Aber jetzt kann ich es nicht erwarten, dort anzukommen. »An alle Einheiten: Halten Sie sich gefechtsbereit, wenn wir bei Sobek das Hypernet verlassen. Jedes Schiff, das sich mit einer Bedrohung konfrontiert sieht, hat die Erlaubnis, sofort das Feuer zu eröffnen.«

Charban klang besorgt: »Was ist, wenn die Syndiks bei Sobek einen Wachposten am Portal platziert haben? Einen Jäger oder einen Leichten Kreuzer?«

»Dann werde ich mich dafür entschuldigen, dass ich dieses Schiff zerstört habe«, antwortete Geary und warf Charban einen verärgerten Blick zu. »Nicht ich habe diese Situation geschaffen, sondern die anderen.«

»Vielleicht provozieren die ja, dass Sie so handeln, Admiral.«

»Es tut mir leid, aber Sie haben recht. Das riecht nach einem Hinterhalt, und wenn etwas so offensichtlich ist, werde ich meinen Schiffen nicht verbieten, das Feuer zu eröffnen. Sind die Tänzer gewarnt worden?«

»So gut, wie es möglich war, ihnen eine Warnung zu übermitteln, Admiral«, antwortete Charban achselzuckend. »Ihre Schiffe sind bereit, mit unseren ins Portal zu fliegen. Wenn Sie später Zeit haben, würde ich gern mit Ihnen über die Tänzer reden.«

»Da wären wir«, verkündete eine gut gelaunte Desjani. So fröhlich war sie meistens, wenn Geary ihr gestattete, auf alles zu schießen, was irgendwie nach Syndik aussah. »Bitte um Erlaubnis, ins Portal fliegen zu dürfen, Admiral.«

»Erlaubnis erteilt.«

Es gab nicht dieses Gefühl der Desorientierung wie beim Wechsel in den Sprungraum. Die Sterne verschwanden einfach, an ihre Stelle trat aber nicht das graue Nichts des Sprungraums, sondern buchstäblich gar nichts.

Geary ließ sich in seinem Sessel zurücksinken und fragte sich, ob er Midway jemals wiedersehen würde. »Wie lange bis Sobek?«

»Zwanzig Tage«, sagte Desjani.

Nach interstellaren Maßstäben betrachtet, legten sie in der Zeit eine beträchtliche Strecke zurück. Die Situation erschien ihm wie vor langer Zeit, als er das Kommando über eine im Syndik-Heimatsystem in eine Falle geratene Flotte übernommen hatte. Damals hatte Desjani ihm vom Hypernet erzählt und davon, dass Reisen umso kürzer dauerten, je weiter man sich durch den Raum bewegte. Es war immer noch eigenartig, wenn er daran zurückdachte, und es irritierte ihn, nicht das vertraute, wenn auch unheimliche Grau des Sprungraums zu sehen, durch das von Zeit zu Zeit unerklärliche Lichter zuckten. Schon eigenartig, wie einen das Nichts stärker aus der Ruhe bringen kann als selbst die Fremdartigkeit des Sprungraums.

Charban schüttelte den Kopf. »Mir fällt es schon schwer, die Geschwindigkeiten zu begreifen, mit denen sich Raumschiffe innerhalb eines Sternensystems bewegen. Zehntausende Kilometer pro Sekunde ist zu schnell, als dass sich meine Instinkte etwas darunter vorstellen könnten, die die Fortbewegung auf einer Planetenoberfläche gewöhnt sind. Mit welcher Geschwindigkeit reisen wir jetzt, wenn wir in so kurzer Zeit eine solche Entfernung zurücklegen?«

»Wir besitzen momentan überhaupt keine Geschwindigkeit«, antwortete Desjani lächelnd. »Das habe ich mir mal von einer Expertin erklären lassen.« Dann wurde sie ernst, und Geary kannte auch den Grund dafür. Diese Expertin war Cresida gewesen, eine gute Freundin von Desjani. »Wir befinden uns jetzt an dem einen Portal und etwas später an dem anderen, aber physikalisch betrachtet haben wir die Strecke dazwischen nicht zurückgelegt. Wir haben nur unsere Position von einem Punkt zu einem anderen gewechselt.«