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»Ja, das hat jemand getan«, bestätigte Rione gelassen. »Ist das Ihre Rechtfertigung? Ich habe es zwar getan, aber die Idee dazu hatte ein anderer? Ich glaube, Sie sind zu etwas Besserem in der Lage.«

»Warum haben Sie mir dann überhaupt erst diesen Vorschlag gemacht, wenn Sie so besorgt sind, ich könnte hier einen Präzedenzfall geschaffen haben?«, hakte er nach.

»Weil ich Ihnen angemerkt habe, wie wütend Sie und alle anderen in dieser Flotte waren. Ich kann nur erahnen, was Sie nach dem Verlust dieses Schlachtschiffs hatten tun wollen. Das Portal bot eine Möglichkeit zu einem Gegenschlag, der die Syndiks schwer treffen würde, aber nicht im Sinne einer Vergeltungsmaßnahme, die nur noch mehr Probleme nach sich gezogen hätte.«

Er betrachtete wieder das Sternendisplay und überlegte, wie er eine direkte Antwort vermeiden konnte. Aber ihm war auch klar, dass ihre Warnung gerechtfertigt war. Darum will ich nicht antworten. Ich möchte nicht zugeben, dass sie recht hat. Ich hätte den Syndiks etwas viel Schlimmeres antun wollen, und vielleicht hätte ich das ja auch getan, wäre sie nicht mit dem Vorschlag gekommen, das Hypernet-Portal kollabieren zu lassen. Aber jene Form von Vergeltung, wie sie mir in den Sinn gekommen war, ist genau das, was wir vermeiden müssen. Das ist eine Syndik-Taktik, aber nichts, was unsere Vorfahren gutheißen würden. Das darf ich nicht vergessen. Ich habe mich über meine eigenen Regeln hinweggesetzt, aber weiter als das darf es nicht gehen. Wenn mir meine eigenen Grenzen entgleiten, dann könnte Black Jack mit Entscheidungen davonkommen, die ich niemals gutgeheißen hätte.

Schließlich sah er Rione wieder an und nickte. »Ich habe verstanden. Ich weiß, was Sie meinen, und die potenziellen Risiken sind mir auch klar. Ich werde mir Ihre Worte zu Herzen nehmen.«

»Gut.« Rione ließ sich nicht anmerken, ob sie zufrieden darüber war, dass er ihre Warnung begriffen hatte. »Ich übermittle dem Senior-CEO der Syndiks auf Sobek eine Nachricht, in der ich offiziell gegen den Angriff auf unsere Streitkräfte protestiere und ihm erkläre, dass wir das während des Gefechts beschädigte Hypernet-Portal leider nicht retten konnten. Er wird natürlich wissen, dass das nicht stimmt, aber er kann nichts dagegen unternehmen. Der Bericht von Captain Smythe wird ihn vor Wut kochen lassen, weil er ihm nichts bietet, was er gegen uns verwenden könnte. Dieses Sternensystem ist zwar nicht arm, aber es verfügt über nur einen Sprungpunkt und stellt damit eine Sackgasse im All dar. Das Portal wird ihnen sehr fehlen.«

»Das will ich doch hoffen«, sagte Geary. »Ich hoffe, sie sehen in jeder Minute eines jeden Tages zum Himmel und denken immer daran, dass ihr Hypernet-Portal nicht mehr da ist und dass die Überreste der Syndikatwelten es sich nicht werden leisten können, ein neues Portal einzurichten. Und ich hoffe, dass sehr viele andere Systeme davon erfahren, die noch immer treu zur Syndik-Regierung halten, und dass sie sich überlegen, welche Befehle sie zukünftig vielleicht besser nicht befolgen sollten.«

»Auf eine solche Wirkung sollten Sie besser nicht hoffen«, sagte Rione und sah ihn ernst an. »Denken Sie daran, was Sie dieser Flotte alles vor Augen führen mussten. Töten und zerstören führt gar nicht so oft dazu, dass sich andere Ihrem Willen beugen. Viel wahrscheinlicher werden sie auf klassische menschliche Weise reagieren, indem sie den Entschluss fassen, sich nicht unterkriegen zu lassen, auch wenn alle Vernunft dagegenspricht. Durch die Zerstörung dieses Hypernet-Portals können wir durchaus bewirkt haben, dass die Syndikatwelten dieses Sternensystem fester im Griff haben als zuvor.« Sie hielt inne, um ihre Worte wirken zu lassen. Als sie merkte, dass Geary ihr nicht widersprechen wollte, fuhr sie fort: »Zu einem anderen Thema: Ich werde den Syndik-Behörden ausrichten, dass wir … ja, sagen wir, wir haben fünf Individuen gefangen genommen.«

»Wir konnten auf der Invincible nur zwei Syndiks gefangen nehmen«, machte Geary ihr klar.

»Haarspaltereien. Zwei Gefangene genügen nicht, um sie ans Schwitzen zu bringen. Fünf Gefangene sind genug, damit sie in Sorge geraten. Fünf Individuen, die nicht identifiziert werden können, die aber gut auf die Behandlung ansprechen und die uns bereits erste Fragen beantworten können.«

»Danke«, sagte Geary. »Ich bin froh, dass Sie auf meiner Seite sind.«

»Erliegen Sie nicht diesem Irrtum, Admiral«, warnte sie ihn nachdrücklich. »Ich bin nicht auf Ihrer Seite, sondern auf der Seite der Allianz. Daran hat sich nichts geändert. Eine Sache noch: Ich werde dem Senior-CEO sagen, dass die Allianz-Regierung die Syndikatwelten für jeden weiteren Angriff zur Rechenschaft ziehen wird, der mit der Hilfe von Syndik-Schiffen oder anderer Syndik-Ausrüstung ausgeführt wird, ohne Rücksicht darauf, wer hinter diesen Angriffen steckt.«

»Dürfen Sie das?«, fragte Geary. »Dann drohen Sie doch mit Krieg für den Fall, dass wir erneut angegriffen werden.«

Lächelnd spreizte sie die Hände. »Bis zu unserer Rückkehr in Allianz-Gebiet bin ich offiziell die Stimme der Regierung. Es mag sein, dass die Regierung meine Drohungen nach unserer Rückkehr zurücknehmen wird, aber bis dahin müssen die Syndiks sie ernst nehmen.« Plötzlich schaute Rione ihn fragend an, dabei legte sie den Kopf schräg, als könnte sie ihn so besser betrachten. »Irgendeine andere Sache macht Ihnen noch zu schaffen, Admiral.«

»Ja, ganz richtig.« Geary ballte die Faust und sah nach unten, während er redete: »Abgesehen von der Tatsache, dass Sie mir vor Augen geführt haben, wie leichtfertig ich meine eigenen Regeln missachtet habe, nur um Rache zu üben.«

»Sagen Sie sich, die Zerstörung des Hypernet-Portals war ein Vergeltungsakt für den Verlust der Orion, nicht mehr und nicht weniger. Und erwarten Sie nicht irgendeinen Vorteil aus diesem Akt. Sie sind auch nur ein Mensch, Black Jack. Nehmen Sie sich diese Lektion zu Herzen und schauen Sie wieder nach vorn.«

»Also gut. Aber die andere lässt sich nicht so leicht aus der Welt schaffen. Selbst wenn die Syndiks Ihnen Ihre Drohung abnehmen, muss die sich erst mal bis zu den richtigen Leuten herumsprechen. So etwas dauert, da ein Schiff diese Nachricht zur Syndik-Regierung auf Prime bringen muss. Dann muss es sich von Prime herumsprechen, und allein durch diese Zeitverzögerung werden Monate verstreichen, bis Ihre Drohung allgemein bekannt ist. Deshalb wird alles, was sie noch gegen uns geplant haben, auch ausgeführt werden, weil nichts davon noch rechtzeitig rückgängig gemacht werden kann.«

»Das ist richtig«, räumte Rione ein. »Vielleicht sind meine Drohungen ja meine eigene Art von Vergeltungsschlag. Etwas, von dem ich weiß, dass es keine Wirkung zeigen kann, aber wodurch ich mich trotzdem etwas besser fühle.«

»Nein, die Drohung ist auf jeden Fall eine gute Idee. Sie wird erst langfristig Wirkung zeigen, was bedeutet, dass wir davon noch nicht profitieren werden, aber es könnte die Pläne der Syndiks in den kommenden Monaten beeinflussen. Und es besteht die Chance, dass wir von einem weiteren möglichen Hinterhalt in diesem Sternensystem verschont bleiben. Wenn die lokalen Behörden von Ihrer Drohung erfahren, reicht die Zeit noch, um einen nächsten Angriff abzublasen.«

Sie nickte, als würde sie über etwas ganz anderes nachdenken, dann wechselte sie abrupt das Thema: »Der Umweg über Sobek kostet uns Zeit, nicht wahr? Wie viel?«

»Nicht allzu viel«, antwortete Geary. Er wusste, Rione wollte das wissen, weil sie um ihren Mann besorgt war, der ruhiggestellt auf der Krankenstation der Dauntless lag. »Der Weg ist etwas länger als der über Indras, den wir ursprünglich nehmen wollten, aber solange wir bei Simur und Padronis nicht auf nennenswerte Hindernisse stoßen, werden es nur etwa zehn Tage mehr sein. Atalia liegt so dicht am Allianz-Gebiet, da dürften die Syndiks nicht in der Lage sein, irgendeine Falle für uns vorzubereiten, ohne dabei entdeckt zu werden – selbst dann nicht, wenn wir davon ausgehen, dass Atalia mit den Syndiks kooperiert.«