Выбрать главу

Diesmal antwortete Gionnini erst nach einer kurzen Pause. »Darüber muss ich erst mal ein bisschen nachdenken, Captain. Es muss etwas sein, das die automatische Gefahrenerkennung der Flottensensoren ebenso täuschen kann wie das Personal, das die Sensoren bedient.«

»Denken Sie bitte schnell darüber nach, Master Chief. Vielen Dank für Ihre hilfreiche Antwort. Gibt es sonst noch etwas zu berichten?«

»Ja, eine Sache wäre da noch, Captain. Es ist eher privater Natur.«

Desjani betätigte eine Taste. »Ich habe die Privatsphäre um mich herum aktiviert.«

Und um ihn herum ebenfalls, wie Geary in dem Moment feststellte, da er sie laut und deutlich reden hörte. Er äußerte sich aber nicht dazu, um Gionnini nicht darauf aufmerksam zu machen.

»Ja, Captain. Also, Sie haben mich doch gebeten, die Augen offen zu halten, ob in einem bestimmten Teil der Flotte etwas Ungewöhnliches festzustellen ist.«

»Die Hilfsschiffe. Ja, richtig. Was gibt es da?«

»Also, ich habe einen ziemlich zuverlässigen Hinweis darauf, dass eine große Menge an hochkarätigem Alkohol auf eines der Hilfsschiffe geliefert worden ist …«

»Tanuki?«

»Das ist das, was mir zu Ohren gekommen ist, Captain. Das ist Zeugs von Syndik-Planeten, für das ein Embargo verhängt wurde. Zeugs, das zu Hause sehr gefragt ist.«

»Verstehe. Und wie sind Sie darauf aufmerksam geworden, Master Chief?«

»Der gleiche Lieferant hat mir auch eine Ladung angeboten, Captain. Natürlich habe ich mich darauf nicht eingelassen.«

»Wollte der Lieferant so viel dafür haben, dass nicht mal Sie ihn runterhandeln konnten?«, gab Desjani zurück.

»Captain, wenn man überzogene Einkaufspreise bezahlt, kann man keine Gewinne mehr erzielen. Nicht, dass ich mich jemals an solchen Transaktionen beteiligen würde, die ja – wie Sie selbst wissen – gegen die Flottenbestimmungen verstoßen. Aber ich fühlte mich dazu veranlasst, so viel wie möglich über diesen Deal in Erfahrung zu bringen. Immerhin könnte ja eine Bedrohung für die Flotte oder ihr Personal bestehen«, fügte Gionnini scheinheilig an.

»Ihr Pflichtbewusstsein ist strahlendes Vorbild für uns alle«, sagte Desjani. »Haben Sie auch eine Ahnung, was die Tanuki für die Schwarzmarktware bezahlt hat?«

»Nein, Captain, das konnte ich nicht herausfinden.«

»Danke, Master Chief. Gibt es sonst noch was?«

»Nur eine winzige Kleinigkeit, Captain«, sagte Gionnini und lächelte sie strahlend an. »Eine Frage, um genau zu sein. Werden wir vor Erreichen des Sprungpunkts noch irgendwelche größeren Kurswechsel vornehmen?«

»Das ist schwer zu sagen, Master Chief, und das hängt einzig und allein von Admiral Geary ab.«

»Verstehe schon, Captain. Es ist nur eben so, dass ich wegen des unerwarteten Umwegs alle Wetten auf den richtigen Sprungzeitpunkt streichen und von vorn anfangen musste.«

»Das war bestimmt sehr viel Arbeit, Master Chief«, entgegnete sie mit gespieltem Mitgefühl.

Von Gionnini unbemerkt musste Geary grinsen. Diese Wetten existierten schon so lange, wie es den Sprungantrieb gab. Crewmitglieder setzten einen kleinen Betrag auf den exakten Zeitpunkt, an dem das Schiff zum Sprung ansetzte. Wer dem Zeitpunkt am nächsten kam, der gewann die gesamten Einsätze. Aus einem unerfindlichen Grund war die Flotte nie gegen diese Wetten vorgegangen. Vielmehr hatte sie sogar deren Bedeutung für die Moral der Truppe anerkannt, die ansonsten wohl ihr Geld auf Unerfreulicheres als den richtigen Sprungzeitpunkt gesetzt hätte. Soweit Geary wusste, hatten Vorgesetzte nur in einigen Fällen offizielle Verbote verhängt, etwa wenn einzelne Einsätze zu hoch ausfielen.

»Master Chief, ich werde dafür sorgen, dass der Admiral die Folgen für Ihre Arbeitsbelastung berücksichtigt, wenn er die nächste Kursänderung in Erwägung zieht«, sagte sie.

»Kommen Sie, Captain«, protestierte Gionnini »Sie wissen doch genau, dass niemand an Bord dieses Schiffs so hart arbeitet wie ich. Sie und der Admiral natürlich ausgenommen.«

»Das kommt ganz darauf an, wie Sie und ich den Begriff ›arbeiten‹ definieren, Master Chief. Nochmals danke für Ihre Informationen und Vorschläge.«

Desjani warf Geary einen eindringlichen Blick zu. »Was halten Sie davon?«

»Von den Wetten, vom Alkoholschmuggel oder von den Plänen der Syndiks?«

»Ich habe Ihnen ja gesagt, dass Sie Smythe nicht aus den Augen lassen sollten.«

»Und das machen Sie auch sehr gut«, betonte Geary. »Wussten Sie eigentlich, dass die Hilfsschiffe bei Midway auch einen Vorrat an wichtigen Seltenen Erden erwerben konnten? Von einem der Asteroiden können sie nicht stammen, aber wir benötigen sie, und deshalb habe ich keine lästigen Fragen gestellt. Smythe hat vermutlich gegen die Hälfte aller bestehenden Regeln verstoßen, aber das macht er oft nur, damit er seine Arbeit erledigen kann.«

»Und deshalb sind Sie bereit, über alle anderen Regelverstöße hinwegzusehen?«

»Ja. Solange er der Flotte nicht schadet. Ich werde ein paar Fragen in den Raum werfen, was illegalen Syndik-Alkohol angeht, damit er weiß, dass er nicht völlig unbeobachtet ist und am Ende noch irgendwelche kriminellen Spielchen treibt.« Er sah Desjani an, dass sie seine Argumente nicht gelten lassen wollte. »Ich handle nicht anders als sie, wenn Sie Master Chief Gionnini bestimmte Fragen nicht stellen, weil seine besonderen Fähigkeiten für die Dauntless von großem Nutzen sein können.«

Sie wollte zum Reden ansetzen, hielt inne und nickte betreten. »Jetzt haben Sie mich ertappt. Und was ist mit seinen Überlegungen, was die Syndiks tun könnten?«

»Ich denke, damit dürfte er ziemlich richtigliegen«, antwortete Geary. »Sie und ich hätten auch darauf kommen müssen. Wir waren zu sehr auf mögliche Bedrohungen links und rechts unseres Weges fixiert gewesen, dass wir gar nicht erkannt haben, dass nur das Gebiet unmittelbar vor dem Sprungpunkt die einzige Region im System ist, die wir tatsächlich passieren müssen.« Er ließ von seinem Display rasch eine Anfrage durchrechnen. »Seit unserer Ankunft haben ein paar Handelsschiffe das System durch den Sprungpunkt verlassen, aber die kann man vorsätzlich auf Routen losgeschickt haben, auf denen sie die Minen umgehen, damit wir die vorhandene Bedrohung nicht wahrnehmen.«

»Aber wenn wir uns dem Sprungpunkt nähern, müsste da irgendetwas sein, das uns ablenkt. Was könnte da funktionieren? Getarnte Shuttles sind teuer und nicht in großen Mengen vorrätig. Außerdem haben wir die Zahl dieser Shuttles bereits deutlich dezimiert. Und dass sie die Invincible entern konnten, war auch nur möglich, weil wir durch einen anderen Angriff abgelenkt waren.«

»Es muss etwas anderes sein«, überlegte Geary. »Sie wissen, dass wir jetzt darauf achten. Also werden sie nicht das Gleiche noch einmal versuchen. Sie werden etwas zu unternehmen versuchen, worauf wir nicht achten. Was immer das auch sein könnte. Na gut, dann werde ich eine Flottenkonferenz einberufen.«

Er konnte sich auf diese Konferenzen nie freuen, selbst wenn es nur gute Dinge oder Routineangelegenheiten zu besprechen gab. Und bislang hatte Sobek nicht einmal Gutes oder Routinemäßiges hervorgebracht.

Geary stand im Konferenzraum und betrachtete die versammelten Bilder der ihm unterstellten Befehlshaber. Der Raum selbst war recht klein. Er erweckte nur durch die Konferenzsoftware den Eindruck, er sei geräumig genug, dass er jedem Platz bot. Dabei wurde auch der Tisch vor Geary virtuell in die Länge gestreckt, damit Hunderte Männer und Frauen virtuell an ihm sitzen konnten. Die Senioroffiziere, die Captains und Commander der Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer, General Carabali von den Marines und die Senioringenieure der Flotte saßen Geary am nächsten, aber wenn er sich an einen der weiter entfernten Offiziere wandte, genügte ein Blick in dessen Richtung, damit er von der Software automatisch herangezoomt wurde, wobei ihm Name, Dienstgrad und Schiff angezeigt wurden.