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Er sah zu, wie Tulevs Schlachtkreuzer Leviathan, Dragon, Steadfast und Valiant aus der augenblicklichen Formation ausscherten und ihren Kurs weit genug änderten, um in Feuerreichweite der Wracks zu gelangen. Die alten Schiffe mussten immer noch auf irgendeine Art zu steuern sein, sonst hätten sie nicht ihre Position so unmittelbar vor dem Sprungpunkt halten können, doch das würde nicht genügen, um den Phantomen auszuweichen, die in Kürze auf sie abgefeuert werden sollten.

»Befinden sich an Bord eigentlich Besatzungen?«, fragte Charban, der von allen unbemerkt auf die Brücke gekommen war.

Desjani gab Lieutenant Castries ein Zeichen zu antworten.

»Es ist sehr zweifelhaft, dass irgendeines dieser Schiffe bemannt sein könnte«, antwortete Castries. »Automatische Systeme können problemlos dafür sorgen, dass diese alten Pötte ihre Position halten. Außerdem haben wir bei keinem dieser Schiffe Hinweise auf Lebenszeichen entdecken können.«

»Vielen Dank«, sagte Charban. »Und was ist, wenn sich trotzdem Leute an Bord befinden?«

»Wenn es … Sir, wenn jemand an Bord ist, kann er die Raketen früh genug entdecken, um sich mit einer Rettungskapsel in Sicherheit zu bringen.«

»Was denjenigen auch nicht weiterhelfen wird, wenn die Einschätzung des Admirals zutrifft und die Wracks als Sprengfallen präpariert worden sind«, machte Rione klar.

Daraufhin drehte sich Geary zu ihr um und warf ihr einen energischen Blick zu. Ich weiß, sie hat meiner Entscheidung zugestimmt, diese Wracks zu eliminieren. Manchmal widerspricht diese Frau einfach, nur um widersprechen zu können.

Er sah mit an, wie Tulevs vier Schlachtkreuzer pro Wrack zwei Phantome abfeuerten, und unwillkürlich zuckten seine Finger zur Komm-Kontrolle. Die Hilfsschiffe produzieren Munition, so schnell sie nur können, aber bei den Phantomen sind wir noch immer nicht auf Sollstärke angelangt. Ich hätte ihn anweisen sollen, nur ein Phantom pro Wrack abzufeuern …

»Admiral«, sagte Desjani. »Sie können darauf zählen, dass Captain Tulev seine Befehle richtig ausführt, ohne dass Sie ihm im Detail sagen müssen, wie er es machen soll. Zwei Raketen pro Wrack sind zwar eigentlich zu viel, aber so stellt er sicher, dass wirklich jedes Ziel Ihrem Befehl entsprechend zerstört wird.«

Diesmal sah er sie argwöhnisch an. »Woher wussten Sie …? Schon gut, Sie haben recht. Wir sind quitt.«

»Ich halte nichts nach.«

»Von wegen.« Geary setzte die unterbrochene Handbewegung fort und betätigte die Komm-Kontrollen. »An alle Einheiten der Ersten Flotte, hier spricht Admiral Geary. Bei Zeit zwei null drehen alle Einheiten null acht null Grad nach oben und drei fünf Grad nach Steuerbord. Nehmen Sie Formation Armadillo entsprechend dem Anhang zu dieser Nachricht ein. Geary, Ende.«

Die Flotte würde gleichzeitig nach oben und ein wenig zu einer Seite fliegen, um Kurs auf den nächsten Sprungpunkt zu nehmen. Gleichzeitig würden die Schiffe dabei enger zusammenrücken und die Formation Armadillo einnehmen. Um alle Flugbewegungen für ein solches Manöver mit Hunderten Schiffen gleichzeitig zu koordinieren, hätten Menschen ein paar Tage benötigt, doch die Steuersysteme der Flotte erledigten es in Sekunden.

Nicht mal eine Minute später erreichten Geary die ersten Fragen. Er warf einen Blick auf die Eingangsliste, auf der so gut wie jeder Senior-Offizier der Flotte zu finden war. Man musste kein Genie sein, um zu wissen, welche Frage ihm da hundertfach gestellt wurde.

Desjani schaute auf seine Anzeige, die die eingehenden Nachrichten auflistete, und warf Geary einen ›Ich hab’s doch gleich gesagt‹-Blick zu, ehe sie wieder auf ihr Display sah.

Ich dachte, diesen Zirkus hätte ich hinter mir, dachte Geary mürrisch. Offen zu sein für Ratschläge und Vorschläge ist eine Sache, aber es ist etwas ganz anderes, wenn meine Entscheidungen infrage gestellt werden.

Seine Hand hing über der Komm-Kontrolle in der Luft, aber aus irgendeinem Grund fühlte er sich veranlasst, zu Desjani zu sehen, deren Seitenblick Bände sprach. Wollen Sie sich das wirklich antun, Admiral?

Gearys Hand sank ein Stück weit nach unten. Niemand macht mir das Recht streitig, diese Flotte zu befehligen. Jedenfalls heute nicht mehr – oder zumindest nicht so unverblümt wie früher. Sie sind besorgt, was mein vorgesehenes Handeln angeht. Größtenteils habe ich es hier mit guten Offizieren zu tun, die meine Befehle befolgt und ihre Arbeit gut erledigt haben. Ich muss ihre Bedenken respektieren, anstatt ihnen zu sagen, sie sollen die Klappe halten und das tun, was ich sage. Nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte, betätigte er die Taste für den Kanal, auf dem er von jedem befehlshabenden Offizier der Ersten Flotte gehört werden konnte.

»Hier spricht Admiral Geary. Ich kann verstehen, dass es einige Bedenken gibt, was meine jüngsten Befehle angeht. Ich kann Ihnen versichern, dass der Zweck dieser neuen Formation darin besteht, jeden Plan zu durchkreuzen, den die Syndiks hier bei Simur für uns vorbereitet haben. Nachdem wir so erst einmal sicherstellen, dass der Gegenseite kein erfolgreicher Schlag mehr gelingen kann, werden wir die Situation gründlich analysieren und feststellen, was die Syndiks vorhaben. Dann werden wir unsere Formation wieder ändern und alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um nicht nur deren Pläne zu vereiteln, sondern auch entsprechende Antworten zu liefern. Geary, Ende.«

Er hielt kurz inne und überlegte. »Madam Gesandte, würden Sie mit dem Senior-CEO in diesem Sternensystem Kontakt aufnehmen und eine formale Beschwerde einlegen, dass sich diese Kriegsschiffe der Allianz-Flotte gegenüber aggressiv verhalten?«

Rione zog eine Braue hoch. »Sie kennen doch die Antwort. Der Senior-CEO wird darauf beharren, dass diese Kriegsschiffe nicht der Kontrolle durch die Syndiks unterstehen.«

»Ja, ich weiß«, sagte Geary und nickte nachdrücklich. »Aber diese Schiffe behaupten ja schließlich, der Kontrolle dieses Sternensystems zu unterstehen. Damit wäre der Senior-CEO letztlich also doch wieder verantwortlich. Ich will wissen, was er dazu zu sagen hat.«

»Ein interessanter Vorschlag, Admiral.« Rione gab Charban ein Zeichen. »Kommen Sie, schicken wir ihnen eine Nachricht. Während wir zum Konferenzraum gehen, können wir uns überlegen, wie wir sie formulieren.«

Auf dem Weg zur Luke blieb Rione dann aber noch einmal stehen, da die von Tulevs Schlachtkreuzern abgefeuerten Phantome die Wracks erreicht hatten. Einige Explosionen entsprachen dem, was man erwarten konnte, wenn die Explosion des Sprengkopfs mit der kinetischen Energie vom Einschlag des Projektils zusammenwirkte, während ein bereits beschädigtes Schiff getroffen wurde.

Vier der sieben Wracks wurden allerdings von einer viel größeren und heftigeren Explosion zerrissen. Als Geary zusah, wie die Trümmerstücke dieser Schiffe in allen Richtungen weggeschleudert wurden, verspürte er eine kühle Befriedigung darüber, dass er richtiggelegen hatte. Diese Wracks waren Waffen gewesen, die man der Allianz-Flotte in den Weg gelegt hatte und die von automatischen Systemen vor dem Sprungpunkt gehalten worden waren, was bei einem Minenfeld nicht möglich gewesen wäre.

Rione deutete einen halb ironisch gemeinten Salut in Gearys Richtung an, dann verließ sie mit Charban die Brücke.

Geary wandte seinen Blick nicht von dem Display vor ihm ab, während sich seine Flotte zur Armadillo-Formation umbildete. Die vier Syndik-Gruppen, die anscheinend nicht so recht wussten, was sie von der Aktion der Allianz-Schiffe halten sollten, gingen rings um die Formation in Stellung. Vor seinem geistigen Auge sah er einen Schwarm frustrierter Moskitos, die um ein undurchdringliches Netz schwirrten und einen Durchlass suchten.

Nein, das ist das falsche Bild, denn es vermittelt den Eindruck, als wenn die Syndik-Kriegsschiffe nicht länger eine Bedrohung darstellen. Aber davon kann ich nicht ausgehen. Ich weiß nicht, zu welchen Mitteln sie noch greifen werden, nachdem sie gemerkt haben, dass sie mich mit konventionellen Taktiken nicht schlagen können. Bei Sobek haben sie es mit Selbstmordattacken versucht, mit einem Enterteam und einem Minenfeld. Das sind die Dinge, von denen wir wissen. Vielleicht hatten sie noch mehr vorbereitet. Die Frage ist, was lauert hier noch alles auf uns?