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Rione musterte ihn, da sie von Gearys erschrecktem Tonfall offensichtlich überrascht worden war. »Sofort? Ich sende die Nachricht sofort ab und stelle sicher, dass sie auch bei ihnen ankommt. Wie ernst ist es?«

»Es könnte gar nicht ernster sein, aber lassen Sie sich nicht anmerken, dass Sie besorgt sind. Lassen Sie es nach einer bürokratischen Hürde aussehen.«

»Ich bin eine gute Lügnerin«, gab Rione zurück. »Es ist schon so gut wie erledigt.«

»Tanya, wie schwierig wäre es, die Größe dieser Formation zu verdoppeln? Damit der Abstand zwischen den Schiffen um diesen Faktor vergrößert wird, meine ich.«

Desjani war bereits auf ihn konzentriert gewesen. Was Lieutenant Jamenson gesagt hatte, wusste sie zwar nicht, doch ihr war klar, dass Geary aus irgendeinem Grund zutiefst erschrocken war. Deshalb hielt sie sich nicht mit Gegenfragen auf, sondern sagte: »Das ist gar nicht schwierig.« Dann schienen ihre Finger auch schon über ihr Display zu fliegen. »Schon fertig. Ich kann die veränderte Formation an die Schiffe übermitteln, sobald Sie den Befehl geben. Und wenn Sie Zeit haben, lassen Sie mich wissen, was los ist.«

»Wir haben sie unterschätzt«, antwortete er, ohne den Blick von seinem Display abzuwenden. Die Shuttles machten kehrt und nahmen wieder Kurs auf die jeweiligen Schiffe. Einige von ihnen waren bereits in die Atmosphäre eingetaucht, die sie nun wieder verlassen mussten.

Eine weitere dringende Nachricht erreichte ihn, diesmal von Carabali.

»Was ist denn los, Admiral?«, fragte sie. »Warum wurde die Operation abgebrochen?«

»Ich werde Ihnen alle Einzelheiten erklären, sobald ich Zeit habe. Bringen Sie nur die verdammten Shuttles so schnell wie möglich zurück.«

Rione meldete sich. »CEO Gawzi ist in Kenntnis gesetzt worden. Sie möchte wissen, wie bald wir die Operation fortsetzen werden.«

Er sah sich die Orbitaldaten an. Wenn die Flotte auf ihrem momentanen Kurs blieb, dann befand sie sich wieder über dem Gefangenenlager in … »In eineinhalb Stunden. Sagen Sie, dass wir in eineinhalb Stunden die Gefangenen rausholen werden. Sorgen Sie dafür, dass sie Ihnen abnimmt, dass wir das auch tatsächlich so machen werden.«

Victoria Rione wusste ebenfalls, wann der verkehrte Zeitpunkt war, um Fragen zu stellen, also tat sie genau das, worum er sie bat. »Ja, Admiral.«

Was konnte er sonst noch machen? »Wir müssen alles nach völliger Routine aussehen lassen, ausgenommen natürlich die Landeoperation«, sagte Geary. »Jedenfalls so lange, bis die Shuttles zurück an Bord sind. Kann ich irgendeine Änderung an unserem Orbit vornehmen, mit der wir unsere Flugbahn über den Planeten verlagern können, ohne dass die Shuttles irgendwelche Probleme mit der Rückkehr zur Flotte bekommen?«

»Wem wollen wir denn aus dem Weg gehen?«, erkundigte sich Desjani.

»Einem Gebiet mit einem Durchmesser von gut siebzig Kilometern, dessen Mittelpunkt das Lager ist.«

»Ernsthaft? Wir können unseren Orbit um ein paar Grad in Richtung Äquator verlagern. Das wird bei der Bergung der Shuttles sogar hilfreich sein. Und wir streifen nur ganz am Rand das Gebiet, das Ihnen Sorgen bereitet.«

Geary gab den Befehl und saß dann nur da, um auf sein Display zu starren. Die Shuttles näherten sich der Flotte, die zuletzt gestartete Welle hatte fast wieder ihre Schiffe erreicht.

»Admiral?«, hakte Desjani nach.

»Admiral!«, meldete sich Rione in diesem Moment. Vor Geary tauchte wieder ihr Bild auf. »Diese Syndik-CEO ist noch nervöser als zuvor. Sehr viel nervöser. Aber sie sagt, sie erwartet von uns, dass wir in eineinhalb Standardstunden damit beginnen, die Gefangenen abzuholen. Wenn ich weiß, warum ich lüge, kann ich Ihre Befehle besser ausführen«, fügte sie spitz hinzu.

Es würde eine halbe Stunde dauern, eine sehr lange halbe Stunde, ehe alle Shuttles zurück an Bord waren. Geary wandte sich an Carabali und Rione und sprach dann so, dass auch Desjani mitanhören konnte, was Lieutenant Jamenson herausgefunden hatte.

»Die gesamten Landeteams würden ausgelöscht werden«, stellte Carabali mit finsterer Miene fest. »Und sämtliche Gefangenen da unten würden ebenfalls in ihre Atome zerrissen werden.«

»Wir würden schwere Schäden erleiden«, ergänzte Desjani. »Man kann schlecht sagen, wie viele Treffer genau sie erzielt hätten, aber wenn ein dichtes Feld aus Partikelstrahlen sich durch unsere sehr dichte Formation frisst, dann würde uns das Dutzende Schiffe kosten. Ganz zu schweigen davon, in welchem Zustand anschließend die Schiffe wären, die nicht völlig zerstört würden.«

»Und sie würden uns die Schuld in die Schuhe schieben«, sagte Rione. »Davon können wir ausgehen. Die Syndik-Herrscher auf Prime würden verkünden, dass wir diesen Planeten bombardiert und damit diese Katastrophe ausgelöst haben. Kein Wunder, dass CEO Gawzi so nervös dreinschaut. Ihr Planet steht kurz davor, halb zerrissen und verstrahlt zu werden, was den größten Teil der noch verbliebenen Bevölkerung auslöschen würde.«

»Ein entbehrlicher Planet in einem entbehrlichen Sternensystem«, stimmte General Carabali ihr zu. »Wenn man nur kaltblütig genug ist, dann ist das eine völlig logische Überlegung. Wann werden wir den Gefahrenbereich verlassen haben?«

»Sobald die Shuttles an Bord sind und wir uns vom Planeten entfernen können«, sagte Geary.

»Und was wird aus den Gefangenen in diesem Lager?«, wollte Rione wissen.

»Wenn Lieutenant Jamenson recht hat, können die Gefangenen nur überleben, wenn wir uns von der Falle fernhalten. Entweder überzeugen wir die Syndiks, dass sie sie zu uns bringen, oder wir lassen sie zurück.« Kaum hatte er ausgesprochen, verspürte er einen bitteren Geschmack im Mund. Wir lassen sie zurück. Sie sollten Militärpersonal der Allianz hier zurücklassen. Männer und Frauen, die zum Teil vielleicht schon seit Jahrzehnten von den Syndiks festgehalten wurden. Die durch die Erkundungsdrohnen der Marines wussten, dass Allianz-Schiffe im Orbit kreisten, und die das eine oder andere Allianz-Shuttle beobachtet hatten, wie es sich ihnen näherte und auf einmal kehrtmachte. »Wir werden tun, was wir können, um sie da rauszuholen«, erklärte er. Es klang unglaubwürdig und bürokratisch.

Ich werde allmählich zu gut darin, bürokratische Formulierungen zu verwenden.

»Zehn Minuten bis zur Rückkehr aller Shuttles«, meldete Lieutenant Yuon.

»Admiral«, sagte Rione. »CEO Gawzi befindet sich auf dem Planeten. Wissen wir, wo das übrige Senior-Personal ist?«

»Wir wissen, dass die Senior-Befehlshaber der Inneren Sicherheit den Planeten verlassen haben.«

»Erinnern Sie sich an Lakota? Wo eine Syndik-Flotte den Befehl erhielt, aus nächster Nähe ein Hypernet-Portal zu zerstören?«

»Und die man nicht davor gewarnt hatte, was sie erwartete?«, gab Geary zurück. »Ja. Ich habe mitbekommen, wie ein ehemaliger Syndik-Offizier bei Midway sagte, dass die Syndik-Führer niemanden gewarnt hatten.«

Rione nickte und lächelte missmutig. »Sie können davon ausgehen, dass die Junior-Angehörigen der Inneren Sicherheit derzeit die CEO und wohl auch andere wichtige Vertreter mit Waffengewalt in Schach halten. Die Leute, die die Waffe zünden, haben keine Ahnung, was sie da eigentlich auslösen werden. Und diese Waffe muss von Menschen gezündet werden, weil sie viel zu wichtig ist, als dass man sich auf ein automatisiertes System verlassen kann, das womöglich eine Fehlfunktion erleidet. Vielleicht sollten wir ihnen sagen, was sie erwartet.«

»Aber die CEO weiß es doch«, warf Carabali ein. »Warum sollte sie es den anderen nicht sagen?«

»Ich weiß es nicht. Womöglich weiß sie, dass es übel sein wird, aber sie hat keine Ahnung von den tatsächlichen Dimensionen. Oder man hat ihr eine mentale Blockade implantiert, die verhindert, dass sie darüber reden kann.«