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»Richtig. Und Sie können sich denken, um was es gehen dürfte.«

Sie nickte auf eine fast andächtige Art, die Geary erschreckte. »Sie wollen zurück nach Hause.«

»Das wollen wir alle.«

»Aber nicht so dringend wie sie. Außerdem sind wir in der Allianz, und damit sind wir daheim. Aber diese Schiffe gehören zur Callas-Republik, und sie sind schon sehr lange nicht mehr zu Hause gewesen.«

»Ja, ich weiß.«

Einige Minuten später schloss sich die Luke zum Konferenzraum, nachdem Rione eingetreten war. Die Lichter über der Tür erklärten diesen Raum und jegliche hier stattfindende Kommunikation als vor dem Zugriff Dritter so sicher geschützt, wie es nach dem gegenwärtigen technischen Stand von Hard- und Software nur möglich war. Geary gab Tanya ein Zeichen, die Verbindung zu Captain Hiyen herzustellen.

Hiyen war nicht sehr glücklich darüber, dass dieses Gespräch unter mehr als vier Augen stattfinden sollte, aber dann akzeptierte er mit einem schweren Seufzer diesen Umstand. »Admiral, ich vertraue auf Ihr Urteil, dass Sie weitere Personen dazugeholt haben. Madam Co-Präsidentin, ich rede Sie weiterhin so an, aber viele von unseren Leuten haben das Vertrauen in Sie verloren.«

Rione nahm diese Worte hin, ohne eine Miene zu verziehen, doch Geary konnte den Schmerz an ihren Augen ablesen. »Ich habe nicht den Befehl erteilt, der Sie bei dieser Flotte gehalten hat. Ich habe ihn nur überbracht, aber nie gutgeheißen.«

»Das glaube ich Ihnen«, sagte Hiyen. »Admiral, ich werde nicht ums Thema herumreden. Ich habe die traurige Pflicht, Ihnen mitteilen zu müssen, dass auf den Schiffen der Callas-Republik und wohl auch auf denen der Rift-Föderation in dieser Flotte eine Meuterei unmittelbar bevorsteht. Meiner Einschätzung nach werden die Offiziere und Besatzungsmitglieder auf meinem Schiff aufhören, auf Befehle zu reagieren, und aus der Formation der Flotte ausscheren, um die Heimreise anzutreten. Und das dürfte für alle Schiffe der Callas-Republik und der Rift-Föderation gelten. Ich habe keine Möglichkeit, diese Entwicklung abzuwenden. In gewisser Hinsicht kommt es schon einem Wunder gleich, dass wir es ohne Meuterei bis hier geschafft haben. Aber jetzt lässt sich das nicht länger vermeiden.«

Desjani ballte die Faust. »Wenn diese Schiffe meutern und die Formation verlassen, dann wird der Rest der Flotte im Handumdrehen auch instabil werden. Aber wenn Sie Marines reinschicken, um die Besatzungen zur Ordnung zu zwingen, oder wenn Sie den Befehl geben, das Feuer auf diese Schiffe zu eröffnen, könnten die Folgen noch viel verheerender ausfallen.«

Zwar wusste Geary, dass er diese Situation nicht heraufbeschworen hatte, aber die Entscheidung über die weitere Vorgehensweise lag ganz allein bei ihm, und ihm würde man auch die Schuld an allen Konsequenzen geben, die sich daraus ergeben mochten.

»Haben Sie wirklich alles versucht, um die Situation in den Griff zu bekommen?«, fragte Geary.

»Die einzige noch verbleibende Maßnahme wären Massenfestnahmen«, erwiderte Hiyen. »Aber ich fürchte, wenn ich das versuche, fliegt mir hier sofort alles um die Ohren.«

»Er hat recht«, stimmte Rione ihm leise, aber überzeugt zu. »Wir können das nicht länger unter Kontrolle halten.«

»Aber Captain Desjani hat auch recht«, sagte Geary. »Wenn ich zulasse, dass diese Schiffe sich auf den Heimweg machen, dann wird jeder andere Matrose und Marine sich fragen, ob er seinen Willen vielleicht auch durchsetzen kann, wenn er genauso handelt. Viele von den Leuten wollen gar nicht meutern, sie wollen weiterhin zur Flotte gehören. Sie fühlen sich vielmehr schlecht behandelt. Sie mit Gewalt zum Gehorsam zu zwingen würde alles nur noch schlimmer machen.«

»Reden Sie mit ihnen«, drängte ihn Desjani.

»Gewaltanwendung ist die einzige Option, die uns noch bleibt«, antwortet Hiyen. »Die hören auf niemanden mehr, nicht mal auf Black Jack. Die Leute sind ihm dankbar, aber sie haben zu viel durchgemacht. Meine Crew wird mir das Kommando abnehmen, wenn ich versuchen sollte, sie aufzuhalten. Und wenn Sie das versuchen, werden sie sich zur Wehr setzen.«

Wäre Hiyen doch bloß ein unfähiger Offizier gewesen, ein schlechter Befehlshaber, dessen Einschätzung man keinen Glauben schenken konnte und dessen Ablösung die Situation stabilisieren würde. Aber Captain Hiyen war ein fähiger Mann. Sicher nicht der beste Offizier der ganzen Flotte, aber ein guter Offizier, der wusste, wie man Menschen führte. Als Geary zu Tanya sah, entdeckte er in ihren Augen die gleiche Einschätzung der Situation.

»Wie soll die Flotte sich in solchen Situationen verhalten?«, wollte Rione wissen.

Geary zuckte mit den Schultern und entgegnete: »Wir geben Captain Hiyen die Schuld, weil er uns von dem Problem erzählt hat. Wir geben ihm die Schuld an dem Problem und warten ab, bis das Pulverfass explodiert.«

»Und dann«, fuhr Desjani mit humorlosem Grinsen fort, »geben wir Captain Hiyens Untergebenen die Schuld an der Situation, vorrangig denjenigen, die noch die wenigste Erfahrung vorweisen können.«

»Wir können also die Explosion selbst nicht abwenden«, folgerte Rione. »Was können wir tun, um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten? Um … wie soll ich sagen … Um sie in eine andere Richtung zu leiten?«

»Sie können eine Meuterei nicht umleiten, Madam Co-Präsidentin«, gab Hiyen betrübt zurück.

Plötzlich lehnte sich Desjani nach vorn. »Augenblick mal. Umleiten … das bringt mich auf eine Idee. Diesen Schiffen wurde von ihrer Regierung befohlen, bei unserer Flotte zu bleiben. Aber die Schiffe unterstehen Ihrem Kommando, Admiral Geary.«

»Ist das etwa nicht genau das Problem?«, gab er schroff zurück. Als er sah, dass Tanyas Kopf rot anlief, wusste er, seine Reaktion würde ihn später noch teuer zu stehen kommen.

Mit ruhiger Stimme erklärte sie: »Sie sind der Oberbefehlshaber dieser Schiffe. Schicken Sie sie irgendwohin, jetzt sofort.«

»Wohin soll ich sie denn schicken«, wollte Geary frustriert wissen, »damit sie auf einmal wieder glücklich und zufrieden sind? Diese Leute wollen nach Hause …« Er unterbrach sich, als er mit einem Mal begriff. »Victoria, Sie kennen die Befehle, die Sie mitgebracht haben. Kann ich das machen?«

»Ich …« Die sonst immer so gefasste Rione war von der Situation so aufgewühlt, dass sie erst einen Moment benötigte, um sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. »Das kommt darauf an. Sie können sie nicht einfach irgendwo hinschicken. Es muss einen offiziellen Grund geben, der mit der Verteidigung der Allianz zusammenzuhängen hat.«

Geary rief ein Display auf, tippte eine Abfrage ein und sah sich dann die detaillierten Informationen über die Schiffe der Callas-Republik und der Rift-Föderation an. Die Namen der Schiffe, die Namen ihrer Befehlshaber, der Status der Schiffe … alte Schiffe … erschöpfte Schiffe mit erschöpften Besatzungen. »Sie müssen repariert und überholt werden, sie brauchen neues Personal, Ersatz für diejenigen, die im Kampf gefallen sind. Momentan bezahlt die Allianz das alles. Warum sollten nicht die Callas-Republik und die Rift-Föderation für diese Reparaturen und alles andere zuständig sein?«

»Admiral«, wandte Captain Hiyen ein. »Unsere Befehle lauten, bei der Flotte zu bleiben.«

»Ihre Befehle lauten«, korrigierte Rione ihn, »Teil der Flotte zu bleiben und die Anweisungen auszuführen, die Ihnen von den befehlshabenden Allianz-Offizieren erteilt werden.«

»Was nicht heißt, dass Sie in der Flotte anwesend sein müssen«, ergänzte Desjani.

»Richtig«, sagte Geary. »Wenn ich Ihren Schiffen befehle, nach Hause zurückzukehren, dann befolgen sie meinen Befehl, wenn sie die Flotte verlassen. Das ist keine Meuterei, sondern sie führen nur erteilte Befehle aus. Captain Hiyen, alle Schiffe der Callas-Republik werden mit sofortiger Wirkung zu einer Eingreiftruppe zusammengeführt, deren Befehl lautet, sich unter Ihrem Kommando auf den Weg zur Callas-Republik zu begeben, damit die notwendigen Reparaturen und Wartungen ausgeführt werden und Personal sowie Vorräte aufgestockt werden. Wie bald können Sie aufbrechen?«