»Wenn Senatorin Costa mitkommt«, warf Suva ein, »dann werde ich auch mit dabei sein. Darüber lasse ich nicht mit mir verhandeln.«
»Ich bin mir sicher, dass wir alle sehr erfreut darüber sind, Sie bei uns zu haben«, konterte Costa und grinste sie gehässig an.
»Können wir uns darauf einigen?«, fragte Navarro, als glaube er ohnehin daran, dass irgendeine Form von Einigung möglich war.
»Nicht nur diese beiden«, protestierte Senatorin Unruh.
»Jemand, der von allen akzeptiert wird«, stimmte Navarro zu. »Ich weiß, damit schließe ich mich aus. Was ist mit Senator Sakai? Irgendwelche Einwände?« Niemand meldete sich zu Wort. »Dann sind wir uns also einig, dass die Senatoren Sakai, Suva und Costa an Bord des Schlachtkreuzers Dauntless mitreisen werden, der die sechs Tänzer-Schiffe zur Alten Erde begleiten soll. Der Befehl an die Dauntless lautet, die Tänzer-Schiffe zu eskortieren und zu beschützen, es sei denn, die Tänzer zeigen unerwartet ein feindseliges Verhalten. In diesem Fall wird die Dauntless die Alte Erde und den Rest des Sol-Sternensystems beschützen. Admiral Geary wird mitreisen, ebenso die Gesandte Rione …«
»Sie?«, rief Suva. »Wofür denn das?«
»Um mit den Tänzern zu reden«, sagte Unruh unüberhörbar gelangweilt.
»Was ist mit dem anderen? Charban?«
»Die Tänzer kommunizieren vorzugsweise mit uns beiden«, erklärte Rione.
Geary wusste, dass die Tänzer in Wahrheit den Kontakt mit Charban bevorzugten, aber da er wollte, dass Rione mitkam, nickte er nur, als würde er zustimmen.
»Es ist ohnehin besser, zwei Verbindungsleute zu den Tänzern zu haben«, merkte Sakai an. »Eine Einzelperson könnte bei zu häufigen Anfragen ermüden. Rione und Charban sollten beide mitkommen.«
»Aber nicht als Gesandte!«, beharrte Suva.
»Nein, das ist nicht nötig, denn es sind ja Vertreter des Großen Rats an Bord. Die beiden benötigen allerdings einen Titel. Botschafter? Sprecher?«
»Wie wär es mit Delegat?«, schlug Navarro vor.
»Damit wäre ich einverstanden.«
Widerwillig stimmten auch Suva und Costa zu, gefolgt von den übrigen Senatoren.
Navarro lächelte Geary aufmunternd an. »Dann wäre das ja entschieden. Treffen Sie alle Vorbereitungen für diese Reise. Ich beneide Sie, das gebe ich offen zu. In den letzten Jahrzehnten hat sich nie der Luxus einer Reise zur Alten Erde ergeben, obwohl dort vor langer Zeit ein Hypernet-Portal eingerichtet wurde. Sie, die Dauntless und ihre Crew haben sich um die Gelegenheit verdient gemacht, die Heimat unserer Vorfahren zu besuchen. Außerdem werden Sie sich so von den Strapazen Ihrer letzten Mission erholen können. Diese Reise zur Alten Erde wird für Sie alle eine längst überfällige Verschnaufpause darstellen, nachdem Sie in der letzten Zeit so viel mit Blut und Feuer konfrontiert wurden.«
Nachdem sie beide den Raum verlassen hatten und wieder mit Timbale und Desjani zusammengetroffen waren, wandte sich Rione an Geary: »Glauben Sie eigentlich an Flüche, Admiral?«
Er beschrieb eine vage Geste. »Ich glaube, manchmal können sie wirklich real sein. Wieso fragen Sie?«
»Weil ich wünschte, Senator Navarro hätte diese letzten Worte besser für sich behalten. Es ist nie gut, das Schicksal herauszufordern.«
Vierzehn
»Ich bin offiziell davon in Kenntnis gesetzt worden, dass ich mit meinen Marines bis auf Weiteres bei Ihrer Flotte bleiben soll«, sagte General Carabali.
Gearys Lächeln verriet ihr, wie er darüber dachte. »Es freut mich, das zu hören, General. Ich habe bereits alle Schiffe autorisiert, die Flotte bis auf Weiteres zu verlassen und ihren Besatzungen so viel Landurlaub wie möglich zu gewähren. Sie haben die Erlaubnis, mit Ihren der Flotte unterstellten Marines genauso zu verfahren.«
»Danke, Admiral. Wenn ich das richtig verstanden habe, gilt das aber nicht für die Marine-Einheiten an Bord der Dauntless, richtig?«
»Bedauerlicherweise nein.«
»Sie werden ohnehin eine besondere Aufgabe zu erledigen haben. Die Alte Erde ist auch das Zuhause der Marines. Die Einheiten werden für eine kleine Zeremonie anlässlich dieses besonderen Augenblicks verantwortlich sein.«
Nach dem Gespräch mit Carabali schaute Geary betrübt auf die immer länger werdende Liste an eingehenden Nachrichten. Die Marines waren nicht die Einzigen, die an einer speziellen Zeremonie interessiert waren, wenn sich die Dauntless auf den Weg zur Alten Erde machte. Die Anfragen für Feierlichkeiten aller Art stürmten von allen Seiten auf ihn ein.
Obwohl ein leichtes Vibrieren die Dauntless durchfuhr, da alle von der bevorstehenden Reise vor Begeisterung kaum noch zu bändigen waren, kam ihm sein Quartier seltsam ruhig vor. Die Enttäuschung der Crew, nicht nach Kosatka reisen zu dürfen, von wo der größte Teil der Besatzung stammte, war schnell vergessen, als klar wurde, dass man die alte Heimat besuchen würde. Das Ansehen der Crewmitglieder auf Kosatka, das schon davon profitiert hatte, dass die Dauntless zu Black Jacks Flaggschiff auserkoren worden war, würde astronomische Höhen erreichen, wenn sie von einem persönlichen Besuch im Sol-Sternensystem heimkehrten.
Dieser Gedanke brachte ihn auf die Frage, wieso er heute noch nichts von Tanya gehört hatte. Er rief sie in ihrem Quartier.
»Guten Tag, Admiral«, begrüßte ihn Desjani mit einem flüchtigen Lächeln.
»Es tut mir leid, dass wir unseren freien Tag nicht bekommen haben.«
»Vielleicht klappt das ja auf der Alten Erde. Wir könnten irgendeinen berühmten Ort besuchen, zum Beispiel die Tranquility Base Site.«
»Klingt romantisch«, meinte Geary.
Sie ging auf seinen Humor nicht ein, sondern schaute ernst auf ihren Schreibtisch. »Es gibt noch viel zu tun. Die Dauntless hat von den Gefechten viele Narben zurückbehalten, aber das ist in Ordnung so. Sie hat sich jede Einzelne ehrenvoll verdient. Allerdings muss alles andere perfekt sein.«
»Ich meine, mich daran erinnern zu können, dass mir mal ein Vortrag zu dem Thema gehalten wurde, eben nicht nach Perfektion zu streben«, gab Geary zurück. »Die Dauntless hat höchste Priorität beim Austausch der überalterten Systeme erhalten, also ist sie jetzt praktisch so gut wie neu. Und selbst davor war sie der beste Schlachtkreuzer der ganzen Flotte.«
»Sie war und ist immer der beste Schlachtkreuzer«, korrigierte Desjani ihn, dann wurde sie wieder ernst. »Können wir es uns leisten, die Reparaturarbeiten der Flotte von Smythe überwachen zu lassen, während wir weg sind?«
»Admiral Timbale wird Captain Smythe auf die Finger schauen. Tanya, sind Sie sich ganz sicher, dass da nicht noch etwas anderes ist außer den Vorbereitungen für diese Reise? Ich weiß, es ist kein angenehmer Gedanke, drei Senatoren an Bord zu haben, aber Sie werden von denen nicht sehr behelligt werden.«
»Nicht, wenn meine Gebete erhört werden.« Einen Moment lang vergrub sie das Gesicht in ihren Händen, dann sah sie Geary wieder an. »Ich muss Sie um einen Gefallen bitten.«
»Um was geht es?«
Sie verhielt sich ungewöhnlich zögerlich. »Es kommt jemand an Bord, um sich mit mir zu treffen. Jemand, der extra nach Varandal gereist ist in der Hoffnung, die Flotte noch hier anzutreffen. Sie möchte zu mir … und ich kann das nicht ablehnen. Ich weiß auch, sie würde Sie gern sehen. Könnten Sie das einrichten?«
»Tanya, wenn ich von irgendetwas entschieden zu wenig habe, dann ist es Zeit. Aber wenn es jemanden gibt, der oberste Priorität bei der Verteilung dieser Zeit hat, dann sind Sie das. Auch wenn ich noch tausend Dinge erledigen muss, von denen die Hälfte schon gestern hätte fertig sein müssen.« Wenn er als Befehlshaber der Flotte schon zu kaum noch etwas kam, wie sollte das dann erst aussehen, wenn er sich tatsächlich zum Diktator über die Allianz aufschwingen würde. Kein vernünftiger Mensch würde so einen Posten noch haben wollen, wenn er erst einmal wusste, wie viel Aufwand damit verbunden war.