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»Was?«

Sie hob den Kopf und sah ihm in die Augen, als warte sie nur darauf, dass er ihre Worte infrage stellte. »Ich sah Sie schlafen. Ich wusste, Sie sind das. Black Jack.«

»Mich? Sie haben mich gesehen?«

»Nicht im eigentlichen Sinn«, räumte sie ein, redete aber mit fester Stimme weiter. »Ihr Gesicht konnte ich nicht ausmachen, es war im Schatten verborgen. Aber ich wusste, wer Sie waren. Sie lagen in der Dunkelheit da. Ich verstand das alles nicht. Black Jack sollte sich bei den Lebenden Sternen befinden, oder bei den Lichtern im Sprungraum, irgendwo an einem Ort, an dem das Licht gleißend hell strahlt. Aber um Sie herum war alles dunkel. Und kalt. Daran erinnere ich mich genau.«

Dunkel und kalt. Zu der Zeit hatte er im Kälteschlaf gelegen, tiefgekühlt an Bord einer beschädigten düsteren Rettungskapsel, die einsam durchs All trieb. Geary starrte sie an. »Sind Sie sich ganz sicher, dass Ihre Erinnerung nicht durch Erkenntnisse beeinflusst wird, die Sie gewonnen haben, nachdem Ihr Schiff mich an Bord geholt hatte?«

»Nein, ich habe nie ein Detail dieses Traums vergessen. Ich sah Sie in diesem Traum und ich brüllte Sie an.«

»Bei meinem Anblick haben Sie mich angebrüllt? Das glaube ich Ihnen aufs Wort.«

»Sehr witzig.« Sie fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar, ihr Gesichtsausdruck zeigte, dass sie ein altes Trauma noch einmal durchlebte. »Ich forderte Sie auf, sofort aufzuwachen und uns zu helfen. Aber dann war plötzlich Master Chief Milam da und gab mir zu verstehen, dass es noch zu früh sei. Daraufhin verblassten Sie beide langsam, bis Sie ganz verschwunden waren. Als ich später aufwachte, war das der einzige Traum, an den ich mich noch ganz genau erinnern konnte.« Wieder sah sie ihn an. »Und als wir Sie Jahre später fanden und Sie auf mein Schiff geholt wurden, da wusste ich es sofort. Ich musste nicht erst ein DNS-Testergebnis oder irgendwelche anderen Untersuchungen abwarten, ich wusste einfach, Sie waren der Mann aus meinem Traum. Sie waren endlich zurückgekehrt, um uns zu retten.«

Wieder erwachte dieses Unbehagen, in keiner Weise dem Mythos gerecht zu werden, der sich um den Helden herum entwickelt hatte, der er angeblich war. Ihr Glaube an diesen Helden war unverändert stark, aber irgendwie schaffte Desjani es, im Geiste diesen Helden von dem Mann zu trennen, der er in Wirklichkeit war. Sie betete Black Jack an, und sie liebte John Geary. Doch sie würde nie den Mann anbeten, und dafür konnte er nur zutiefst dankbar sein. »Tanya, inzwischen wissen Sie, wer ich wirklich bin.«

»Ich kannte Sie damals, und ich kenne Sie heute. Erinnern Sie sich an unsere erste Begegnung?«

»Ja, sehr deutlich.« Er war aus einem sehr tiefen und sehr langen Kälteschlaf erwacht, und eine Frau in der Uniform eines Captains stand über ihn gebeugt. An dieser Uniform trug sie unerklärlicherweise das Flottenkreuz. Als er bei Grendel gekämpft hatte, war dieses Abzeichen schon seit einer Generation nicht mehr verliehen worden. Dieser Anblick war für ihn der erste Hinweis darauf gewesen, dass er viel länger als vorgesehen im Kälteschlaf verbracht hatte. »Sie sahen mich an, als ob …«

»… als ob ich Sie kenne. Ich habe niemandem von diesem Traum erzählt. Ich wusste nicht, ob er vielleicht nur aus Fieber und Stress heraus entstanden war. Oder ob mir meine Vorfahren vielleicht eine Vision geschickt hatten, um mir zu sagen, dass ich eines Tages diesem Mann aus meinem Traum begegnen würde. Würde ich ihm dabei helfen, diesen langen und blutigen Krieg zu beenden? Und dann waren Sie auf einmal da, und ich wusste, ich hatte eine Rolle zu erfüllen.«

Kein Wunder, dass Tanya ihm jegliche Unterstützung angeboten hatte, dass sie ihm sogar ihre Ehre angeboten hatte, sollte er sie von ihr fordern. »Sie haben das alles gemacht, weil Sie dachten, das ist ein Auftrag, den Ihnen jemand erteilt hat?«

»Oh, bitte! Ich wollte es machen. Ich wollte mich aber nicht in meinen vorgesetzten Offizier verlieben. Dagegen habe ich angekämpft, passiert ist es trotzdem. Aber in allen anderen Punkten war es meine freie Entscheidung. Die Lebenden Sterne können uns zu Aufgaben führen, aber nur wir können entscheiden, ob wir sie übernehmen wollen. Von allen Menschen im gesamten Universum sollte Black Jack derjenige sein, der das verstehen sollte.«

»Ja, das sollte er wohl.« Geary suchte vergeblich nach einer passenden Erwiderung, schließlich fragte er: »Geht es Ihnen gut?«

»Ja, alles bestens.« Sie straffte die Schultern, drückte den Rücken durch und sah Geary an, als hätten sie soeben irgendeine Routineangelegenheit besprochen. »Meine Mitleidsphase ist vorbei. Und was ist mit Ihnen? Ich war nicht so sehr mit mir selbst beschäftigt, dass ich nicht gemerkt hätte, dass Ihnen etwas zu schaffen macht.«

Wenn Tanya ihn beobachtete, war es regelmäßig sinnlos, die Wahrheit zu leugnen. »Es geht um den Großen Rat. Ich hatte noch nie den Eindruck, dass der Große Rat wie geschmiert läuft, aber es scheint seit unserer ersten Ankunft hier noch viel schlimmer geworden zu sein. Anstatt über ein Thema zu reden, attackieren sie sich ständig gegenseitig mit spitzen Bemerkungen.«

»War das nicht schon immer so?«

Es war klar, dass Desjani so reagieren würde. Ihre Meinung über die Politiker, die bei der Allianz das Sagen hatten, konnte vermutlich gar nicht noch schlechter werden. »Nicht so schlimm wie jetzt. So war es nicht mal bei meinem ersten Treffen mit dem Rat. Auch nicht beim zweiten Treffen, als ich den Auftrag erhielt, ins Gebiet der Enigmas vorzudringen. Da hatte ich das Gefühl, dass der Große Rat weitgehend einer Meinung war, was meine Befehle anging. Natürlich abgesehen davon, dass die verschiedenen Senatoren uns aus ganz unterschiedlichen Gründen auf diese Mission schicken wollten.«

Sie nickte und lächelte ihn humorlos an. »Einschließlich der Hoffnung, dass wir losfliegen und nie zurückkehren würden.«

»Ja, das auch«, bestätigte er. Wie viele von ihnen sich das gewünscht hatten, wusste er nicht, und er vermutete, dass nicht mal Rione die genaue Anzahl kannte. Es war definitiv keine Einstellung, die irgendjemand irgendwo schwarz auf weiß festgehalten wissen wollte. »Ich weiß nicht, wie wir die Allianz wieder zusammenschweißen, Tanya. Die Leute, die es wissen könnten, sitzen im Großen Rat, aber von ihnen scheint keiner daran interessiert zu sein.«

»Schon gut, dass Sie nicht der Diktator über diesen wilden Haufen sind, nicht wahr?«, meinte Desjani. »Apropos: Ist Ihnen aufgefallen, wer durch Abwesenheit glänzt?«

»Wer durch Abwesenheit glänzt?«, wiederholte er. »Tanya, ich habe keine Ahnung …«

»Doch, haben Sie.« Sie machte eine ausholende Geste. »Captain Badaya, der diejenigen vertritt, die der Ansicht sind, dass Black Jack nur den Zauberstab schwingen muss, und schon sind alle Probleme der Allianz gelöst.«

Geary wollte etwas erwidern, aber dann stutzte er. »Sie haben recht. Wieso ist er nicht hier?« Um zu verhindern, dass Badaya in Gearys Namen einen Staatsstreich versuchte, hatte Geary den Mann glauben lassen, er ziehe längst heimlich die Fäden in der Allianz. Aber wieso war Badaya nach der Heimkehr der Flotte nicht zu ihm gekommen, um ihn fragen, was Black Jack wegen der verdammten Politiker unternahm?

»Wenn Sie meine ehrliche Meinung wissen wollen, und ich weiß, das wollen Sie«, begann sie, beugte sich vor und stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch, »dann würde ich sagen, dass Captain Badaya allmählich begriffen hat, dass das Kartenhaus der Allianz noch schneller in sich zusammenfallen würde, wenn Black Jack das Kommando übernimmt. Er hat nachgedacht, auch wenn das bei ihm zugegebenermaßen untypisch ist. Aber er hat eins und eins zusammengezählt. Vermutlich wird ihm derzeit klar, dass Sie den Großen Rat immer nur leicht anstupsen, um ihn in die richtige Richtung zu dirigieren, und ihn ansonsten nach Kräften zu stützen versuchen, anstatt ihm den Boden unter den Füßen wegzuziehen.« Seufzend sah sie hoch. »Und nachdem Sie uns durch das Gebiet der Enigmas und der Kiks geführt haben und dabei die Enigmas, die Kiks und auch noch einmal die Syndiks besiegt haben, und nachdem Sie auch Badaya nicht einfach den Wölfen zum Fraß vorgeworfen haben, obwohl er sich in der Schlacht bei Honor einige kapitale Fehler geleistet hatte, dürfte er jetzt einer Ihrer engsten Verbündeten sein, ganz gleich was Sie auch machen. Das ist zwar sehr schade, weil ich den Mann einfach nicht ausstehen kann, aber die eigentliche Frage ist, was Sie machen werden.«