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»Sag deinem Chef-Kundschafter, er lebt gefährlich, wenn er so weitermacht!«, sagte Sprotte und hielt Fred den Gutschein hin. »Ich bin nämlich nicht so geduldig wie Frieda.« »Ja, ja, uns nervt er auch«, murmelte Fred, während er den Gutschein musterte. »Ist Frieda wirklich mit 'nem anderen zusammen?«

»Nein, verdammt noch mal!« Sprotte warf Torte einen grimmigen Blick zu, aber der kehrte ihnen allen den Rücken zu. »Wir, die Wilden Hühner«, las Fred vor, »bestätigen hiermit, dass die Pygmäen was bei uns guthaben. Der Gutschein muss in den nächsten sechs Monaten eingelöst werden und gilt nicht für Dienste, die den Stolz und die Ehre der Wilden Hühner verletzen. Unterzeichnet: Sprotte, Melanie, Trude, Frieda und Wilma.« Mit spöttischem Grinsen hob Fred den Kopf. »Stolz und Ehre. Klingt großartig.«

»Wer hat denn das Huhn da drunter gezeichnet?«, fragte Steve und lugte über Freds Schulter.

»Ich, wieso?« Feindselig guckte Sprotte ihn an. »Hat das Magersucht oder so was?«, sagte Steve. »Na, daran leidest du bestimmt nicht«, meinte Mela nie und schob sich einen Kaugummi in den Mund. »Und du kriegst schon wieder einen neuen Pickel!«, antwortete Steve hämisch. »Willkommen im Club der Streuselkuchen.«

Melanie verschlug es vor Wut die Sprache. Sie griff an ihr Glimmerpflaster.

»Können wir jetzt vielleicht über Samstagabend reden?«, fragte Sprotte.

Fred grinste sie an. »Klar, schieß los.«

Sprotte warf ihm nur einen düsteren Blick zu. »Mann, ich hoffe bloß, ihr Erbsenhirne versteht, wie verdammt ernst die Sache ist. Es geht um Leben und Tod, kla r?« »Und um Hühnersuppe«, murmelte Steve. Fred stieß ihm den Ellbogen in die Seite. »Das kann ja was werden am Samstag«, flüsterte Wilma Sprotte zu.

»Erzählt endlich, wie die Sache ablaufen soll«, sagte Fred. »Die Pause dauert nicht ewig.«

»Okay.« Sprotte warf den anderen Pygmäen einen misstraui-schen Blick zu.

»Das Treffen haben wir ja schon besprochen. Acht Uhr vor den Tannen am Anfang der Straße. Vergesst die Kartons nicht. Am besten bringt ihr euch was zum Gesichterschwärzen mit. Zieht auch was Dunkles an.«

Steve kicherte. »Mensch, ich denk, wir wollen nur ein paar Hühner klauen. Das hört sich ja an, als hätten wir einen Bankraub vor.«

»Halt den Mund, Steve«, brummte Fred. »Mit Sprottes Oma ist nicht zu spaßen.«

Sprotte redete weiter: »Die Fahrräder verstecken wir unter den Büschen, die gegenüber von dem Grundstück meiner Oma wachsen. Wenn wir uns in den Garten schleichen, geh ich vor. Trampelt bloß nicht über die Beete, die muss ich nämlich wieder in Ordnung bringen.«

»Klar, wir sind ja nicht blöd«, knurrte Willi. »Sonst noch was?«

»Ja. Für das Hühnerfangen bringt ihr am besten Fleischwurststreifen mit«, sagte Sprotte. »Darauf sind sie so verrückt, dass man sie gut packen kann, wenn sie danach picken. Wilma wird vorm Stall Wache stehen, solange wir drin sind. Sobald wir die Hühner im Karton haben, raus aus dem Garten! Ich geh wieder vor. Kein Getuschel und kein Gekicher, klar? Die Hühner werden schon genug Lärm machen.«

»Klar«, brummten die Pygmäen.

»Sobald wir raus aus dem Garten sind«, fuhr Sprotte fort, »packen wir alle Hühnerkartons auf unsere Fahrräder und bringen sie in Sicherheit. Ihr wartet noch zehn Minuten, dann fahrt ihr nach Hause.« »Wir warten noch zehn Minuten?«, fragte Willi. »Spinnst du?

Damit wir erwischt werden, wenn deine Oma doch was gehört hat?«

»Na gut«, Sprotte zuckte die Achseln. »Dann fahrt ihr eben noch bis zur Hauptstraße mit, aber spätestens an der Kreuzung trennen wir uns.«

Fred zupfte an seinem Ohrring. »Wisst ihr denn jetzt, wo ihr die Hennen lassen könnt?«

»Klar, bei unserm neuen Bandenquartier!«, schniefte Wilma. Sprottes warnender Rippenstoß kam zu spät. Mela-nie seufzte.

»Ach, sieh mal einer an«, Fred warf den ändern Pygmäen einen viel sagenden Blick zu. »Die Hühner haben endlich ein Nest. Ihr erzählt uns wohl nicht, wo es ist, oder?« Sprotte grinste ihn nur an. »Ich wette, du denkst jetzt, dass ihr uns einfach am Samstag nachfahren könnt«, sagte sie. »Aber das vergiss gleich wieder, klar? Ich kipp dich höchstpersönlich vom Rad, wenn ihr so was versucht.« »Mann, da kriegen wir jetzt aber Angst«, knurrte Willi. »Was, Fred?«

»Ihr wisst ja schließlich auch, wo unser Hauptquartier ist«, sagte Steve empört.

»Wenn ihr so blöd sei, Melanie einzuladen!«, antwortete Sprotte. »Aber ernsthaft, ich will euer Ehrenwort, dass ihr uns Samsta gabend nicht folgt.«

Die Jungs guckten sich an. Dann steckten sie die Köpfe zusammen und tuschelten miteinander. Ziemlich lange.

»Okay«, meinte Fred schließlich. »Was soll's. Wir werden euch Samstagabend nicht nachfahren. Da geht's nur um die Hühner, um die gefiederten. Ehrenwort.« Sprotte guckte ihm misstrauisch in die Augen, aber Fred wich ihrem Blick nicht aus. »Okay, ihr habt's versprochen«, sagte sie. »Ich hoffe, ein Ehrenwort gilt bei euch Urwaldzwergen was.«

»Willst du uns beleidigen?«, fragte Willi mit finsterem Gesicht. »Um eure blöden Hühner zu retten, sind wir gut genug, aber sonst... «

»Ach, Sprotte hat das nicht so gemeint«, sagte Melanie schnell.

»Doch, hat sie«, sagte Fred und grinste. »Sie hat nun mal eine spitze Zunge. Aber damit können wir leben.« Er drehte sich um und legte Willi den Arm um die Schultern. »Wir kriegen sowieso raus, wo das wilde Federvieh sein neues Nest hat, was?«

»Nur 'ne Frage der Zeit«, meinte Steve. »Eben.« Fred winkte den ändern ihm zu folgen. »Sucht euch noch ein paar Regenwürmer!«, rief Torte über die Schulter. »Ist heute genau das richtige Wetter dafür.« »Genau«, sagte Steve, während er den Fußball aus einer Pfütze fischte. »Und deine Frisur, Trude, muss ich echt noch mal sagen, wirklich oberscharf. War ein Männerfrisör, oder?« Dann rannte er kichernd den ändern dreien hinterher.

8

»Das müsste es sein«, sagte Frieda und lehnte ihr Fahrrad gegen den Maschendrahtzaun. »Trude hat gesagt, es ist das letzte Grundstück vor dem Wald.« »Schön hier«, sagte Sprotte und sah sic h um. Die schmale Straße, auf der sie hergekommen waren, verschwand ein Stück weiter zwischen hohen Bäumen. Nur wenige Häuser waren zu sehen. Rechts von der Straße floss ein Bach träge an Brombeeren und Brennnesseln vorbei. Am anderen Ufer standen ein paar Häuser und Bootsschuppen zwischen fast kahlen Bäumen.

Mit zusammengekniffenen Augen guckte Sprotte die Straße runter. »Sieht wirklich so aus, als war uns kein Pygmäe gefolgt«, sagte sie.

Frieda zuckte die Achseln und ging auf die verwilderte Weißdornhecke zu, die das Grundstück von Trudes Vater umgab. »Torte hat donnerstags nach der Schule Nachhilfe«, sagte sie. »Und Steve hab ich vorsichtshalber das Ventil von seinem

Vorderrad geklaut, damit er beschäftigt ist. Der ist im Moment nämlich der Einzige, der T ortes Blödsinn mitmacht. Komm, hier geht's wohl rein.«

Gemeinsam öffneten sie das grob gezimmerte Gatter, das schief zwischen zwei Zaunpfosten hing. »Ob Trudes Vater das gebaut hat?«, fragte Frieda und kicherte, weil es beim Aufmachen fast von den Pfosten fiel.

Das Grundstück war riesengroß. Auf der einen Seite grenzte es an den Wald, auf der anderen an ein unbebautes Stück Land. Der Wohnwagen stand weit hinten, unter einem hohen Baum, dessen abgefallenes Laub wie eine braune feuchte Mütze auf seinem Dach klebte. »Er ist blau!«, stellte Sprotte erstaunt fest. »Und irgendwie bemalt.«