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Scheißkerl, Sie!« Und dann hörte sie Frau Roses Stimme.

»Was ist hier los?«, rief sie und stieß ein paar Schüler zur Seite, die glotzend herumstanden.

»Er hat Sprotte geschlagen«, sagte Frieda und richtete sich auf.

»Und Fred hat er gepackt, als wollte er ihm die Knochen rausschütteln«, rief Steve.

»Davon hab ich schon gehört«, sagte Frau Rose. Sie kniff die Augen zusammen. Das tat sie nur, wenn sie furchtbar wütend war. »Ein Schüler, der noch bei klarem Verstand war ...«, sagte sie laut und drehte sich zu den zuschauenden Kindern um, »... hat mir das alles erzählt, während er mich hergelotst hat. Der hat nicht bloß dumm dagestanden, als seine Mitschüler verhauen wurden, so wie ihr.«

Besorgt beugte sie sich zu Sprotte hinunter, die mit geschwollenem Gesicht immer noch auf dem Boden hockte. »Alles in Ordnung?«, fragte Frau Rose leise. Sprotte nickte. Frau Rose warf einen Blick auf Fred, der reichlich weiß um die Nase war, dann stellte sie sich so nah vor Willis Vater hin, dass sie hochgucken musste. Frau Rose war nicht gerade groß.

»Verschwinden Sie vom Schulgelände!«, sagte sie. »Sofort, oder ich hole die Polizei. Der Tatbestand, dass Sie auf einen Schulhof spazieren und Kinder schlagen, dürfte wohl für eine Anzeige ausreichen.«

»Brauchen Sie Hilfe, Frau Rose?«, fragten die drei Oberstufen-Riesen, die noch vor ein paar Minuten nur gelangweilt herübergeschaut hatten.

»Na, endlich rührt ihr euch«, sagte Frau Rose. »Bringt den Mann zum Tor. Und passt auf, dass er auch wirklich in die richtige Richtung geht. Aber ohne weitere Gewaltanwendung, bitte.«

»Sie wissen bestimmt auch, wo mein Sohn steckt!«, brüllte Willis Vater, während ihn die Riesen sacht zum Tor drängelten. »Ich werde Ihnen die Schulbehörde auf den Hals hetzen, Sie Kindesentführerin.«

»Du meine Güte«, murmelte Frau Rose. »Der Mensch ist wirklich dreist.« Nachdenklich drehte sie sich zu den Hühnern und Pygmäen um. »Wollt ihr mir nicht doch sagen, wo Willi ist?«, fragte sie. »So kann das doch nicht weitergehen. Irgendwann wird die Polizei nach ihm suchen. Seine Mutter ist völlig verzweifelt.«

»Wir können es nicht sagen«, sagte Sprotte und stand auf. »Wirklich nicht, Frau Rose. Wir haben’s Willi versprochen.« »Wir könnten ja seiner Mutter einen Brief schreiben«, meinte Frieda. »Dass es ihm gut geht und dass er bald wiederkommt.«

»Wir könnten auch versuchen, das Geld aufzutreiben«, sagte Fred. »Für die Scheibe. Damit sein Vater sich etwas abregt.« Frau Rose starrte wortlos zum Tor, wo die Oberriesen Willis Vater gerade auf die Straße schoben. Mit einer wütenden Bewegung schüttelte er sie ab, sah sich noch mal um und ging dann hoch erhobenen Hauptes davon.

»Das Geld ist ein Problem, ja«, murmelte Frau Rose. »Darüber werde ich mir noch mal den Kopfzerbrechen. Aber es ist nicht das Einzige. Wie entschärfen wir diesen Wüterich?« Sie guckte Fred an. »Willi geht es wirklich gut?« »Ist ihm wahrscheinlich noch nie besser gegangen«, sagte er. »Sagt ihm, er muss sich melden«, sagte Frau Rose. »Bald. Sonst findet ihn die Polizei. Euch ist doch wohl klar, dass das nicht allzu schwer sein wird, oder?«

Hühner und Pygmäen nickten. Frau Rose aber ging mit einem tiefen Seufzer zum Schulgebäude zurück.

19

Frieda schrieb einen Brief an Willis Mutter. In der Biologiestunde. Frieda konnte so was wirklich gut. Sie unterschrieben alle, die Jungs natürlich auch. Torte klebte eine Sondermarke auf den Umschlag, die er eigentlich für seine Briefmarkensammlung gekauft hatte, und Sprotte brachte den Brief nach der Schule zur Post. Nach dem Ärger mit Willis Vater traute sich nicht mal Fred, ihn direkt bei Willis Eltern in den Briefkasten zu werfen.

Als Sprotte nach Hause kam, war ihre Mutter schon da. Keine Englischkassette dröhnte aus der Küche, sondern Mams Hippiemusik. Sprotte drehte den Kassettenrekorder etwas leiser und setzte sich zu ihrer Mutter an den Küchentisch.

»Ich hab Pfannkuchenteig gemacht«, sagte sie und guckte hinter der Zeitung hervor. Erschrocken ließ sie sie sinken. »Du meine Güte, was ist denn mit dir passiert? Habt ihr euch etwa wieder geprügelt, ihr und diese Pickmaier, oder wie die heißen?« »Genau«, murmelte Sprotte. Wenn ihre Mutter erfuhr, dass Willis Vater sie geschlagen hatte, würde sie sich furchtbar aufregen, und Aufregung hatte Sprotte erst mal genug gehabt. Für hundert Jahre reichte das.

Mit einem Seufzer verschwand ihre Mutter wieder hinter der Zeitung. »Ich leg gleich los mit den Pfannkuchen«, sagte sie. »Ich trink nur noch meinen Kaffee aus.« »Lass dir Zeit, ich bin noch nicht am Verhungern«, sagte Sprotte und holte sich die Milch aus dem Kühlschrank. »Hast du was von O. S. gehört?«

»Sie hat auf den Anrufbeantworter gesprochen«, antwortete Mam. »Willst du’s dir anhören?«

Mit einem tiefen Seufzer stellte Sprotte ihre Milch hin und ging zum Telefon.

»Na, dann lass mal hören, Oma«, murmelte sie und spulte das Band zurück. Oma Slättbergs Stimme klang heiser wie immer.

»Ich bin es«, schnarrte sie. »Natürlich! Schon wieder keiner zu Hause. Ich hasse es, dauernd mit dieser Maschine zu reden. Aber ich habe auch keine

Zeit, dauernd hinter euch herzutelefonieren. Dies ist eine Nachricht für Sprotte: Du kannst die zähen, alten Hennen, die du mir gestohlen hast, behalten. Ich nehm sie nicht zurück. Nicht mal, wenn du mich auf den Knien anbettelst.« »Das hättest du wohl gern«, flüsterte Sprotte. »Du wirst schon sehen, wie es ist, wenn sie dir die Haare vom Kopf fressen«, fuhr O. S. fort. »Da lernst du etwas fürs Leben.

Ich werde dich auch nicht anzeigen, obwohl ich nicht übel Lust dazu hätte. Aber ich verlange Entschädigung. Fünfzehn Tiefkühlhühner für meine Truhe oder Abarbeitung der Schuld im Garten. Dann hebe ich das Garten- und Hausverbot auf. Ich warte auf deine Antwort. Einen schönen Tag noch.«

Sprotte löschte die Ansage. »Du kannst mich mal«, murmelte sie. »Haare vom Kopf fressen, lernen fürs Leben, pah.« Mit düsterer Miene schlenderte sie in die Küche zurück.

»Herzerwärmend, was?«, sagte ihre Mutter und blätterte in der Zeitung.

»Frieda und Wilma sind auch dafür, ihr was zu bezahlen«, sagte Sprotte.

»Ach was, spart das Geld lieber für das Futter. Hühner fressen viel, vor allem wenn es kalt ist.« Sprotte seufzte». »Ich weiß.«

Besorgt guckte ihre Mutter sie an. »Guck nicht so traurig«, sagte sie und strich ihr mit dem Finger über die Nase. »Sie wird das Verbot sowieso bald aufheben. Spätestens, wenn der Rosenkohl im Unkraut versinkt.« Sie verschwand wieder hinter der Zeitung. »Hör dir das an«, sagte sie. »Zärtliche Sie sucht Bär zum Kuscheln. Du meine Güte. Manche Leute machen sich wirklich selbst zum Affen. Da würde ich eher ins Kloster gehen, als so eine alberne Anzeige aufzugeben.«

Dienstag! Es war Dienstag! Sprotte schluckte. Wilmas Anzeige.

»Mam«, sagte sie schnell. »Mein Bauch macht schon ziemlich seltsame Geräusche. Könntest du jetzt Pfannkuchen machen?«

»Ach ja, entschuldige!« Ihre Mutter trank schnell noch einen Schluck Kaffee, legte die Zeitung hin und stand auf. »Ich hab schon Urlaub beantragt«, sagte sie, während sie die Pfanne auf den Herd knallte. »Für die Frühjahrsferien. Nach Flügen hab ich mich auch schon erkundigt. Erst mal nach New York. San Francisco wird zu teuer.« »Hm«, murmelte Sprotte und zog unauffällig die Zeitung zu sich rüber.

»Wir fliegen hin, und ich hör mich mal um, wie das so läuft mit der Arbeitserlaubnis«, sagte ihre Mutter. Der Teig zischte, als sie ihn in die Pfanne goss. »Kann ja sein, dass man diese Greencard fürs Taxifahren nicht braucht. Was meinst du, das wird doch toll, du und ich in New York, was?« »Hm«, murmelte Sprotte und fuhr mit dem Finger über eine blödsinnige Kontaktanzeige nach der anderen. Wo war Wilmas?