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»Du hast was?« Sprotte schnappte nach Luft. »Du hast dich in unserm Bandenquartier mit den Pygmäen getroffen? Reicht's nicht, dass einer von denen hier rumhängt?« Melanies Augen fingen an verdächtig zu glänzen. Sie biss sich auf die Lippen, um nicht loszuheulen. Willi machte drohend einen Schritt auf Sprotte zu. »Wenn du kein Mädchen wärst«, knurrte er, »dann würd ich dir jetzt eine reinhauen'.«:

»Versuch's doch!«, fauchte Sprotte zurück. »Wenn ich kein Mädchen wär! Das ist ja wohl der blödeste, mottenzerfressenste Spruch, den es gibt.«

»Schluss jetzt!«, rief Frieda und zerrte die zwei auseinander. »Hört sofort auf, klar? Keiner haut hier irgendwem eine rein. Mein kleiner Bruder kriegt schon Angst!« Luki starrte mit großen Augen zu ihnen herüber. Schnell lief Frieda zu ihm, nahm ihn in den Arm und flüsterte ihm etwas zu.

»Das war wirklich daneben, Sprotte«, sagte Melanie heiser. »Absolut daneben. Wo sollten wir denn sonst mit den Pygmäen reden? In ihrem platt gemachten Baumhaus? Mann, hier geht's doch nicht um irgendwelche Bandenspielchen.«

»Euerm Oberhuhn war's am liebsten, ich würd mich einfach in Luft auflösen«, knurrte Willi. »Die würde doch am liebsten jedem Jungen die Augen auspicken.« »Ach, Blödsinn«, sagte Melanie und griff nach seiner Hand. »So schlimm ist sie nicht. Sie ist nur genau so ein Hitzkopf wie du.«

Frieda kam mit Luki auf dem Arm zurück. »Ich will meinem kleinen Bruder mal den Wohnwagen zeigen«, sagte sie. »Kommt ihr mit? Vielleicht können wir Mellis Plan bei 'ner Kanne Tee noch mal in Ruhe besprechen.« Sprotte kniff die Lippen zusammen und nickte. »Ich kann mich ja draußen auf die Treppe setzen«, sagte Willi spöttisch.

Melanie stieß ihm den Ellbogen in die Seite. »Hör du jetzt auch auf«, sagte sie. Luki warf Willi einen düsteren Blick zu und schlang Frieda die kurzen Arme um den Hals. »Der ist ein Aaassloch, oder?«, flüsterte er. Frieda musste kichern.

»Nur manchmal, Luki«, sagte Melanie und zog Willi zum Wohnwagen.

21

Am nächsten Tag machten Hühner und Pygmäen sich in der ersten großen Pause auf den Weg zum Lehrerzimmer. Von den Jungs wollte keiner klopfen, also übernahm Frieda das wieder.

»Tag, wir würden gern mit Frau Rose sprechen«, sagte sie, als ein Lehrer mürrisch den Kopf aus der Tür steckte.

Frau Rose kam sofort. Mit einem Becher Kaffee in der Hand stellte sie sic h zu ihnen auf den Flur. »Was gibt’s?«, fragte sie.

»Hoffentlich keine schlechten Nachrichten.«

»Nein, nein«, sagte Melanie schnell. »Wir wollten Sie nur um was bitten.«

»Und das wäre?« Frau Rose nahm einen Schluck von ihrem Kaffee und verzog angeekelt das Gesicht. »Igitt, jetzt hab ich die Milch vergessen.«

»Soll ich Ihnen welche holen?«, fragte Frieda hilfsbereit.

Aber Frau Rose schüttelte den Kopf. »Um was wollt ihr mich bitten?«

»Willi will wieder nach Hause zurück«, sagte Melanie. »Heute Abend.«

»Aber nicht allein«, fügte Wilma hinzu. »Steve geht mit ihm.« »Aha.« Frau Rose hob die Augenbrauen. »Als Aufpasser sozusagen. Wer von euch hat sich das denn ausgedacht?« Melanie wurde rot. »Ich«, sagte sie. »Und Sie wollten wir bitten, Willis Vater heute Nachmittag anzurufen und noch mal mit ihm zu reden. Damit er Steve auch wirklich reinlässt und - und Willi nicht anrührt.«

Frau Rose nickte. »Mit Willis Mutter habt ihr geredet?« »Klar«, sagte Fred. »Aber Willis Vater ist das Problem.« »Ich weiß.« Frau Rose seufzte. »In Ordnung, ich werde mit ihm sprechen. Aber nicht am Telefon. Ich werde ihm heute Nachmittag einen kleinen Besuch abstatten. Ich rufe Melanie an, sobald ich zurück bin, in Ordnung?« »Rufen Sie lieber bei Sprotte an«, sagte Melanie. »Wir sind gerade umgezogen.«

»Ach ja.« Frau Rose nickte. Nachdenklich sah sie den Flur hinunter.

»Vielleicht sollten Sie sich auch einen Aufpasser mitnehmen, wenn Sie zu Willis Vater gehen«, meinte Torte. Frau Rose musste lächeln. »Oh, vielen Dank für deine Besorgnis, Torsten. Aber ich glaube, mit Willis Vater komme

ich allein zurecht. Obwohl es bestimmt kein angenehmer Besuch wird.«

»Nee, bestimmt nicht«, sagte Sprotte. In dem Moment klingelte es zur Stunde. »Was, die Pause ist schon vorbei?« Frau Rose seufzte. »Und ich habe noch nicht mal meinen Kaffee getrunken.« Sie öffnete die Tür zum Lehrerzimmer. »Danke«, sagte Frieda.

»Schon in Ordnung«, sagte Frau Rose. »Wir sehen uns in der fünften Stunde.« Dann verschwand sie im Lehrerzimmer.

22

Um kurz nach vier klingelte bei Spr otte das Telefon. »Sag Willi, er kann nach Hause gehen, Charlotte«, sagte Frau Rose. »Ich habe mit seinem Vater gesprochen. Er weiß, dass ich ihn wegen der Sache auf dem Schulhof anzeigen werde, sobald Willi auch nur einen rätselhaften blauen Fleck hat.« »In Ordnung«, sagte Sprotte. »Wir werden ihn alle zusammen hinbringen.«

»Du meine Güte!« Frau Rose lachte. »Die Wilden Hühner geben einem Pygmäen Geleitschutz! Dass ich das noch mal erlebe. Ruft mich bitte an, wenn ihr ihn abgeliefert habt, ja? Ich bin den ganzen Abend zu Hause.«

»Machen wir«, versprach Sprotte. »Wiedersehen, Frau Rose.« Dann sagte sie den andern Bescheid.

Um sechs Uhr wollten Hühner und Pygmäen sich am Wohnwagen treffen. Stockdunkel und kalt war es, als sie einer nach dem ändern die schmale Straße herunterfuhren und ihre Räder vor Wilmas Hühner-Schild abstellten. Dünnes Eis überzog die Pfützen, und sie alle waren froh, dass sie sich im Wohnwagen aufwärmen konnten. Melanie war schon da, als die anderen kamen. Mit bedrückter Miene saß sie nebe n Willi am Tisch. Der starrte aus dem Fenster in die Dunkelheit. »Ist das eine Affenkälte da draußen!«, schimpfte Fred, als er mit Torte in den Wagen kletterte. »Hat Melli dir schon erzählt, was Rose gesagt hat?«

Willi nickte. Fred warf ihm einen besorgten Blick zu. »Willst du doch noch ein paar Tage hier bleiben?« Willi schüttelte den Kopf. »Ich geh lieber freiwillig zurück, bevor sie mich holen«, brummte er. »Außerdem gehört der Wagen den Hühnern.«

»Du könntest schon noch bleiben«, sagte Trude leise, aber Willi schüttelte noch einmal den Kopf. »Nee, nee, außerdem hab ich's meiner Mutter versprochen.« Steve rückte nervös seine Brille zurecht. »Die Karten sagen, dass der Abend heute ziemlich günstig ist für riskante Unternehmungen«, meinte er.

»Riskante Unternehmungen.« Willi musste grinsen. »Das trifft es ziemlich genau, was? Na gut, worauf warten wir noch?« Mit einem Ruck stand er auf.

»Ich hab noch was für dich«, sagte Melanie, als Willi seine Jacke anzog. Sie steckte Willi eine kleine Dose in die Jackentasche. »Mein Verteidigungsspray. Ich besorg mir ein neues. Darfst du nur nicht gegen den Wind sprühen, sonst kriegst du alles ab.«

»’n Mädchenspray.« Torte kicherte. »Ich glaub, es weht nicht allzu stark in eurer Wohnung, oder, Willi?« Frieda warf ihm einen so genervten Blick zu, dass ihm das Kichern verging.

»Wir haben noch was«, sagte Sprotte. »Meine Mutter hat sie besorgt.« Sie holte zwei Funkgeräte aus ihrem Rucksack und gab eins davon Willi. »Die haben eine ziemlich gute Reichweite. Von hier bis zu eurer Wohnung müsste die Verbindung klappen.«

»Und wer kriegt das andere?«, fragte Steve. »Das bleibt hier«, antwortete Wilma. »Wir Hühner schlafen nämlich heute hier im Wohnwagen. Als Nachtwache. Ihr braucht nur ins Funkgerät zu pfeifen und schon schwingen wir uns auf die Räder.«