Выбрать главу

Hornbori brachte ihn zu einer Wand, tastete daran entlang, bis er eine Fackel fand, die nicht niedergebrannt war, und entzündete sie umständlich.

Galar behielt den Weg im Blick, auf dem sie gekommen waren. Nichts!

Hornbori hatte es jetzt auch eilig. Er führte sie durch enge Gänge, über steile Treppen bis zu einem langen Korridor, an dem etliche, mit schweren Schlössern verriegelte Türen lagen. »Hier ist es! Hier lagern wir die Vorräte. Wir sind von hinten herangekommen. Die Garküchen liegen am anderen Ende des Ganges.«

Galar interessierte es einen Scheißdreck, wo Hornboris Brut einst gekocht hatte. Er hob die Axt und hieb mit aller Kraft auf das aus dunklem Eisen gefertigte Vorhängeschloss an der ersten Tür. Beim dritten Schlag zersprang es.

Ungeduldig zerrte der Schmied die schwere Tür auf. Die Kammer war nur drei Schritt tief. Es lagen lediglich zwei Säcke auf dem Boden, ansonsten gab es nichts. Keine Regale mit Vorratstöpfen, keine Haken, von denen Schinken und Würste hingen. Galar hatte sich das hier anders vorgestellt. Ein merkwürdiger Geruch hing in der Luft, den er nicht zuordnen konnte. Er packte einen der Säcke und warf ihn sich über die Schulter. Erstaunlich leicht, dachte er. »Bisschen geizig, deine Leute, was?«

»Wir stehen in der hintersten Vorratskammer«, entgegnete Hornbori gereizt. »Spiel dich mal bloß nicht auf. Ich erinnere mich noch gut an einen Blick in deine Vorratskammer. Verschimmeltes Brot und verschrumpelte Heringe, die wahrscheinlich schon vor deiner Geburt gefangen wurden, so wie die aussahen. Das hier sind getrocknete Datteln. Haltbar und schmackhaft.« Er packte den zweiten Sack, schwang ihn sich über die Schulter und stieß dabei gegen seinen Rucksack, in dem es leise klirrte.

»Pass mit den Drachenblutphiolen auf, du Tropf!«

Hornbori fluchte etwas Unverständliches. Dann verfiel er in Schweigen. Die Fackel hoch über den Kopf erhoben, stapfte er voraus. Bald schnaufte er wie ein altes Maultier. Richtige Arbeit war der Maulheld nicht gewohnt. Galar machte es nichts aus, den Rucksack und den Sack mit den Datteln zu tragen. Seine Muskeln waren durch Plackerei in der Schmiede gestählt.

Bald begann die Fackel zu blaken. Die Flamme schrumpfte, bis sie kaum noch so groß wie ein Finger war.

»Ist es noch weit?«

Hornbori deutete voraus auf das Ende des Ganges. »Dort kommen wir zurück zum Haupttunnel, der zum Hafen führt.« Bei diesen Worten verlosch die Fackel.

Galar ließ eine Hand an der Tunnelwand entlanggleiten. Beide verlangsamten ihren Schritt nicht. Der Schmied versuchte sich einzureden, dass der Tatzelwurm wahrscheinlich ihre Fährte verloren hatte. Die Viecher waren nicht sonderlich klug. Gar keine richtigen Drachen waren das. Konnten nicht denken. Nur fressen. Alles würde gut werden.

Als sie den Haupttunnel erreichten, konnten sie in der Ferne das warme, bernsteinfarbene Licht eines Barinsteins sehen.

»Galar?« Das war Nyrs Stimme. Alles würde gut werden! Dem Schmied fiel ein Stein vom Herzen. Er machte sich zu viele Sorgen. Alles war gut!

Nyr hielt den leuchtenden Stein hoch und schwang ihn hin und her. »Hier sind wir! Wir haben uns schon gefragt, ob ihr euch in der Speisekammer erst mal selbst den Wanst vollschlagt.«

Etwas Schleimiges tropfte auf Galars Gesicht. Verwundert sah er nach oben. Da war etwas. Das ferne Bernsteinlicht spiegelte sich auf schwarzen Schuppen. Ein Maul voller dolchlanger Fangzähne klaffte auf und stieß zu ihm herab.

Drachenblut

Galar ließ sich auf den Boden fallen, als das Drachenmaul hinabstieß. Er hörte es knacken und splittern, als die Fangzähne zupackten. Der Schmied wurde emporgerissen. Der Tatzelwurm schüttelte ihn wie einen Hund, der eine Ratte gepackt hatte und ihr das Genick brechen wollte.

»Lauf, Hornbori! Lauf und schließ das Hafentor!« Blut rann ihm über den Rücken und troff zum Boden hinab.

Das hätte er dem Schisser nicht zweimal sagen brauchen. Hornbori rannte, so schnell er konnte, dem Licht entgegen.

Galar versuchte mit seiner Axt über die Schulter zu schlagen, während die Bestie ihn weiter durchschüttelte. Noch hatte sie nur seinen Rucksack gepackt. Die Phiolen mit Drachenblut waren dahin. Das Ungeheuer hatte ein Vermögen vernichtet!

»Ich mach dich kalt!«, schrie Galar und versuchte noch einmal mit der Axt zuzuschlagen. Es war zwecklos! So hatten seine Hiebe keine Kraft.

Er wurde gegen die Tunnelwand geschlagen. Die Axt entglitt seinen Händen. Galar tastete nach den Riemen des Rucksacks. Noch ein Schlag gegen die Tunnelwand. Wollte ihn wohl weichklopfen, das Vieh. »Nicht mit mir«, zischte er benommen.

Ein Riemen öffnete sich. Er kam frei, genau in dem Moment, als der Tatzelwurm Schwung für einen weiteren Schlag gegen die Tunnelwand holte. Galar wurde durch die Luft gewirbelt, prallte gegen den Granit und rutschte an der Wand hinab. Grelle Lichter tanzten vor seinen Augen. Er tastete nach der Axt und kroch von der Bestie fort, die immer noch einen wilden Kampf mit dem Rucksack focht. Vielleicht hatte ihm das Drachenblut das Leben gerettet, dachte Galar benommen. Sein Rucksack blutete. Er schmeckte wie etwas Lebendiges, deshalb war die Kreatur so versessen darauf, ihn zu zerfetzen und zu verschlingen.

Galar hielt sich dicht an der Wand. Schwankend kam er auf die Beine. Er hielt die Axt fest umklammert. Seine Hände zitterten vor Schwäche. Ein schleifendes Geräusch drang an seine Ohren. Nicht sehr laut.

Hinter ihm verstummten das Fauchen und die Schnappgeräusche. Auch der Tatzelwurm hatte bemerkt, dass etwas vor sich ging.

Galar hatte fast schon den Durchgang zum Hafen erreicht, als er sah, woher der schleifende Laut stammte. Eine Felsplatte, so breit wie der Tunnel, senkte sich langsam von der Decke hinab. Quälend langsam. Zoll um Zoll.

»Komm!« Hornbori stand am Durchgang zum Hafen und winkte ihm. »Mach schnell!«

Galar blickte zur Decke. Es gab keinen Grund, sich zu beeilen. »Was für ein Scheiß ist das?« Er sah zurück zu dem Tatzelwurm. Die Bestie packte den Rucksack mit einem ihrer Krallenfüße, schlug ihre Fänge hinein und zerfetzte ihn nun ganz. Glas klirrte auf den Boden. Flaschen aus Silberblech klapperten auf dem Stein. Ein paar Pergamente flatterten durch die Luft. Sein Lebenswerk war vernichtet.

»Los!«

Galar trat durch den Eingang. Der Hafen von Hornboris Sippe lag in einer natürlichen Höhle. Er war nicht wirklich groß. Auf einem Holzgerüst am Rand des Beckens ruhte ein Aal. Auf den ersten Blick sah es so aus, als sei das Tauchboot vollendet.

Nyr stand nahe dem Durchgang dicht gegen die Wand geduckt und schirmte mit seinem Leib das Licht des Barinsteins ab. Frar war munter. Er hatte eine seiner kleinen Hände in die kümmerlichen Reste von Nyrs Bart gekrallt und zog mit großer Begeisterung daran.

Dicht neben dem Richtschützen quoll feiner, weißer Sand aus einem Loch in der Felswand. Auf der anderen Seite des Durchgangs gab es noch ein zweites Loch, aus dem sich Sand ergoss.

»Was ist das für ein verfluchtes Tor? Wieso geht das nicht schneller?«

Hornbori hob in hilfloser Geste die Hände. »Daran kann man nichts machen. Das ist eine dreißig Zoll dicke Felsplatte aus bestem Granit. Hast du eine Ahnung, was die wiegt? Das ist ein Fluttor. Es wird nur geschlossen, wenn der Pegelstand im Hafenbecken bedenklich ansteigt und Anlass zur Sorge besteht, dass unsere Höhlen überflutet werden. Das muss sich nicht schnell schließen. Es muss vor allem stabil und wasserdicht sein. Wenn das wie ein Fallgatter herunterschießen würde, ließe der Aufprall den ganzen Berg erzittern.«

Galar seufzte. Die schwere Steinplatte hatte sich noch nicht einmal zur Hälfte gesenkt. Eine Lücke von mehr als zwei Schritt war noch frei. »Ich halt das Vieh auf«, sagte er leise und umklammerte die Axt. »Pass auf Nyr und den Kleinen auf.«