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Eleborn zuckte zusammen, als die Stimme in seinem Kopf erklang. Er hatte vergessen, dass keiner seiner Gedanken dem Himmlischen verborgen blieb.

Macht Euch keine Sorgen, Edler. Ihr habt nichts zu befürchten. Shianne Lyn wird auf der Harfe spielen. Ihr habt Euch ja bereits von ihrer Kunstfertigkeit überzeugen können. Sie ist hier, damit Ihr all Eure Ängste und Sorgen loslasst. Während sie spielt, werde ich mit der Verwandlung beginnen. Danach überlasse ich Euch Lyvianne.

»Was wird sie mit mir tun? Wie überträgt man die Erinnerungen eines Menschensohns?«

Der Himmlische lächelte. Dieser Zauber wird nicht schmerzen. Wenn ich mich richtig erinnere, geht es um einen Schweinehirten und einen Fürstensohn. Sie gibt die Erinnerungen auf demselben Wege weiter, auf dem sie sie an sich gerissen hat. Nur dass Ihr nicht altern werdet.

Das Ende der Jagd

Nandalee blickte auf die stilisierte Rose auf der Felswand. Wer hatte sie dorthin gemalt? Wer immer es gewesen sein mochte, hatte seine letzte Stunde damit verbracht, etwas Schönes zu erschaffen. Sie war mit Blut gemalt. Ihr Stängel eine weiße Quarzader in der Granitwand.

Sie versuchte, nicht zur Seite auf die gespaltenen Brustkörbe zu sehen. Auf die Schädel in den Nischen der Felswand und die zersplitterten Knochen, aus denen das Mark gesogen worden war.

Sie hielten sie in einer Nische der großen Höhle fest, in der sie gefangen worden war. Es war ihr Beinhaus. Wer hierherkam, der wusste, dass er seinen Weg bis zum Ende gegangen war.

Die Trolle hatten ihr eine Schlinge aus schmutzigem Hanf um den Hals gelegt. Sie lag am Boden, die Hände auf den Rücken gebunden, und einer der Wächter hatte seinen Fuß auf ihre Brust gesetzt. Sie konnte die Angst der Wächter riechen. Eine Gefangene wie sie hatten sie noch nicht gehabt. Wäre es nach den einfachen Kriegern und Jägern gegangen, dann wäre sie schon tot. Sie begriffen nicht, warum König Bromgar sie nicht sofort nach ihrer Gefangennahme erschlagen hatte.

Trommelschlag setzte ein. Viele Trommeln. Die Höhle wurde von ihrem Dröhnen erfüllt. In ihre Wachen kam Bewegung. Sie wurde aufgehoben. Die Stricke schnitten in ihre Arme. Sie trug nur noch ihr langes Lederhemd; alle übrigen Kleidungsstücke hatten sie ihr vom Leib gerissen. Der Troll, der vor ihr ging, ein gedrungener Krieger mit Narben von Raubtierkrallen auf dem Rücken, trug ihre Hose. Er hatte sich die Hosenbeine wie einen Gürtel um seine fülligen Hüften gebunden. Nandalee hatte nicht verstanden, warum er das tat. Hatte er eine Wette gewonnen? Glaubte er, ihre Hose würde ihm Glück bringen oder Ansehen? Wer begriff schon Trolle.

Nandalee leistete keinen Widerstand. Sie hoffte darauf, dass die Wachen glaubten, sie sei gebrochen, ohne Hoffnung.

Das Dröhnen der Trommeln fuhr ihr tief in den Bauch. Sie hatte Angst. Ihr war klar, dass sie nicht mehr entkommen konnte. Aber vielleicht hätte sie noch Gelegenheit, einem der Trolle die Kehle durchzuschneiden, wenn sie unvorsichtig wurden.

Sie hätte auf Gonvalon hören sollen! Sie würde nicht lebend zurückkehren. Das Einzige, was sie gewonnen hatte, war die Gewissheit, dass sie nicht allein am Massaker an ihrer Sippe die Schuld trug.

Der Troll hinter ihr riss ihre gefesselten Arme hoch, dass ihre Schultergelenke krachten. »Da, Weib. Da! Kriech auf den Stein!«

Unsanft wurde sie auf einen flachen, tiefschwarzen Felsblock geschoben. Immer noch tönten die Trommeln, dass ihr das Lärmen durch Mark und Bein fuhr. Eine schwere Hand drückte sie fest auf den Stein.

Überall ringsherum brannten Fackeln. Es war heiß und stank nach Trollen. Nandalee erkannte einzelne Weiber zwischen den Jägern. Auch junge Trolle. Bromgars ganzes Volk schien sich versammelt zu haben, um das Ende der Jagd zu erleben, die mit dem Tod seines Sohnes begonnen hatte.

»Sie denkt an deinen Tod, Bromgar«, zischte eine Stimme ganz in der Nähe.

Nandalee wollte den Kopf zur Seite drehen, um zu sehen, wer da sprach. Doch kaum dass sie sich bewegte, wurde ihr Hinterkopf gepackt und ihr Gesicht so fest auf den Fels gepresst, dass ihr Blut aus der Nase quoll.

»Sie ist voller giftiger Gedanken, Bromgar. Iss nicht ihr Hirn. Nimm ihr Herz.«

»Red nicht!«, grollte der Trollkönig. »Fang ihre Seele ein.«

Nandalee spürte einen kalten Hauch. Ein Wort der Macht wurde geflüstert. Fremd, bizarr. Es gehörte nicht zur Sprache der Drachen. Sie konnte die kalte Boshaftigkeit des Zaubers, der sich zu entfalten begann, mit all ihren Sinnen wahrnehmen. Ein fauliger Geschmack kroch ihr in Nase und Mund. Ihr Kopf wurde in den Nacken gerissen, und sie blickte in die weißen Augen eines uralten Trollweibs. Es war blind. Verkrümmte Finger, deren Nägel zu gelblichen Krallen verformt waren, tasteten über ihr Gesicht.

Die Alte hob eine flache Schale aus grauem Stein an ihre Lippen, in der eine übel stinkende, dunkle Flüssigkeit schwappte. »Trink, Elfenkind. Trink.« Die Worte stachen wie Nadeln in ihr Hirn.

»Was … ist … das?« Sie musste jedes Wort dem Schmerz abringen, der sie zu überwältigen drohte.

»Ich kann deinen Kiefer brechen. Dann klafft dein Maul auf wie bei einem Fisch auf dem Trockenen. Willst du das?«

Nandalee presste trotzig die Lippen zusammen. Eine große Hand legte sich auf ihre Kehle, sodass sich die Finger um ihren Unterkiefer schlossen. Ein kurzer Befehl, und die Hand drückte zu. Langsam, die Kraft mit jedem Herzschlag ein wenig steigernd.

Nandalee öffnete den Mund. Widerstand zu leisten war zwecklos.

Die dunkle Brühe schwappte über ihre Lippen. Sie war bitter wie Galle. Widerwillig schluckte sie ein wenig davon. Ein taubes Gefühl kroch über ihre Zunge und dann ihre Kehle hinab. Ihr Blick verschwamm leicht. Sie fühlte sich seltsam entrückt, als sei dies alles nur ein Traum, von dem nichts bliebe, sobald sie nur aufwachte.

Die Trollschamanin rief etwas, das Nandalee nicht verstand, dann wandte sie sich an Bromgar. »Jetzt!«

Der König hob einen Krug und schüttete eine klebrige, rotbraune Flüssigkeit über ihren Kopf. Sie roch nach Blut und Honig. Das Haar hing Nandalee in dicken Strähnen ins Gesicht. Sie japste nach Luft und versuchte zugleich, nichts mehr von diesem Gebräu zu schlucken.

»Ihre Seele wird diesen Leib nicht mehr wiedererkennen«, erklärte die alte Vettel feierlich und mit so lauter Stimme, dass sie selbst das Getöse der Trommeln übertönte. »Sie kann nicht als Wiedergängerin zurückkehren. Sie gehört dir, Bromgar. Räche deinen Sohn!«

Der Trollkönig griff in ihr schmutzverklebtes Haar und riss ihr den Kopf in den Nacken. Sie fühlte keinen Schmerz. Sie betrachtete die regelmäßigen Abschlagspuren an der Schneide des Steinmessers und verdrehte die Augen nach oben, als die Klinge an ihrem Haaransatz in ihre Stirn schnitt.

Sie würde nicht schreien. Sie spürte die Klinge Haut und Fleisch durchtrennen, aber sie empfand dabei keinen Schmerz. Blut rann über ihre linke Braue, troff die Wange hinab und füllte ihren Mundwinkel. Die Trolle riefen etwas. Sie schrien!

Sie würde nicht schreien … Nandalee wiederholte es immer wieder in Gedanken, und doch griff das Grauen nach ihr, als sie sich erinnerte, was als Nächstes folgen würde.

Der Schwertmeister

Plötzlich lag Bromgars Hand vor ihr auf dem flachen Stein. Die Finger zuckten. Der steinerne Dolch entglitt ihnen.

Nandalee blinzelte. Etwas war in diesem Trank gewesen. Irgendeine Droge, die ihre Sinne betäubte und verwirrte. Dort lag die Hand, die in ihren Schädel greifen wollte. War sie in Wirklichkeit dort und dieses Bild nur gnädiger Wahn, bevor sie in die Dunkelheit glitt?

Sie wurde hochgerissen. Wohlgeruch umfing sie. Da war ein blitzendes Schwert. Todbringer! Die Trollschamanin wich angstvoll davor zurück. Neben ihr waren Krieger, die Bromgar in die Sicherheit ihrer dicht gedrängten Leiber zerrten. Der Trollkönig presste seinen Armstumpf gegen die Brust.

Nandalee blickte an sich hinab. Zu ihren Füßen auf dem Stein lag immer noch die abgehackte Hand. »Ich hol dich hier heraus«, flüsterte ihr eine wohlvertraute Stimme zu. Gonvalon! Er war gekommen, wie er es ihr versprochen hatte.