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»Dann tun wir es!«, entschied Aaron.

Datames war erleichtert. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sich der Herrscher entschließen würde, seinem Rat zu folgen. Es war ein radikaler Weg, den sie nun beschreiten würden. Der Hofmeister nahm die Truhe an sich. »Wenn Ihr es erlaubt, werde ich nach der Leiche von Ashira suchen lassen.«

»Natürlich.« Der Unsterbliche nickte. Er wirkte, als seien seine Gedanken nicht mehr bei der Sache.

Datames zog sich zurück. Es gab viel zu tun!

»Hast du etwas über Prinzessin Shaya gehört?«

Er hatte befürchtet, dass Aaron nach ihr fragen würde. Ihm war zu Ohren gekommen, dass Kanita, der Statthalter des Unsterblichen Madyas in Nangog, hingerichtet worden war. Angeblich hatte auch Teile seiner Leibwache dieses Schicksal ereilt. Und Shaya war die Befehlshaberin der Leibwachen gewesen.

»Sie ist eine Prinzessin«, antwortete er vorsichtig. »Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass ihr etwas zugestoßen ist. Wahrscheinlich wurde sie an den Hof des Unsterblichen Madyas gebracht.«

Aaron fuhr sich mit der Hand über die Stirn und vergrub sie in seinem Haar. »Ich muss wissen, wo sie ist«, sagte er gequält. Er blickte auf die Tontafeln vor sich auf dem Tisch. »Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich …«

»Es ist schwierig, Verbindung zum Wandernden Hof zu halten, Unsterblicher. Ihr wisst, dass er selten länger als drei oder vier Tage an einem Ort bleibt. Meist ist kein magisches Tor in der Nähe der Zeltstadt, und es ist für Fremde gefährlich, die Steppen der Ischkuzaia zu bereisen.«

»Ich weiß«, entgegnete Aaron unwirsch. »Ich weiß aber auch, dass du überall deine Spitzel hast. Du musst doch etwas in Erfahrung bringen können.«

»Nicht etwas in Erfahrung zu bringen bereitet Schwierigkeiten, Herr. Diese Nachricht vom Wandernden Hof nach hier zu bringen ist unser Problem.«

»Schick ihnen eine Gesandtschaft! Erfinde irgendeinen Grund! Sie sollen herausbekommen, was aus ihr geworden ist. Diskret!«

Datames verbeugte sich. »Natürlich, Herr. Ich werde noch heute eine Gesandtschaft zusammenstellen.« Mit diesen Worten zog er sich zurück. So eilig, dass es fast schon offensichtlich eine Flucht war. Prinzessin Shaya war kein Thema am Hofe Arams, aber er ahnte, was vorgefallen sein musste. Sie hatte Aaron an seinem Krankenlager besucht, nachdem er von Muwatta verwundet worden war. Und sie war mit ihm gegen den Himmelspiraten Tarkon Eisenzunge gezogen. Seit seiner Rückkehr aus Nangog hatte Aaron jene Damen, die trotz der Auflösung des Harems aus freien Stücken am Hof verblieben waren, nur zwei Mal besucht, um mit ihnen ein gemeinsames Essen einzunehmen. Wenn jetzt der falsche Höfling an den Wandernden Hof geschickt wurde, um unauffällig Erkundigungen über Shaya einzuziehen, würde es nicht mehr lange dauern, bis in Aarons Palast Gerüchte die Runde machten, warum sein Interesse an den Haremsdamen erloschen war.

Was sollte er tun? Er wollte nicht, dass Aaron die Nachricht erhielt, die kommen würde. Datames war bekannt, dass Shaya auf eine Hochzeit vorbereitet wurde. Auch wenn es schwierig war, Nachrichten vom Wandernden Hof zu erhalten, unmöglich war es nicht. Aber Aaron sollte davon nichts wissen. Er musste mit seinen Gedanken bei der Schlacht sein. Er war der Unsterbliche von Aram. Wenn er Shaya haben wollte, würde er Madyas gewiss schnell überzeugen können. Madyas würde sicherlich nicht zögern, ein Hochzeitsversprechen aufzulösen, wenn er eine Möglichkeit sah, seine Tochter zu einem besseren Brautpreis zu verschachern. Schwieriger wäre es, die Zustimmung der Devanthar zu bekommen, denn Hochzeiten zwischen den Familien der Unsterblichen waren nicht gern gesehen.

Der Hofmeister blickte über das weite Feldlager. Das hier waren seine drängendsten Sorgen. Shaya konnte noch ein wenig warten.

Von Mädchen und Huren

Ashot streckte den Rücken und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Verdammte Plackerei! Sind wir Krieger oder Wühlmäuse?«

»Also ich grabe lieber Löcher in die Erde, als anderen einen Speer durch den Leib zu stoßen«, bemerkte Narek.

Ashot seufzte. Was sollte er darauf noch sagen? Er hatte zwar gerade große Lust, jemanden zu verprügeln, aber … Sein Rücken schmerzte, die frisch verheilten Blasen an seinen Händen hatten sich wieder geöffnet, und sein Grabstock taugte kaum dazu, das mit Geröll durchsetzte Erdreich umzugraben, aber wo Narek recht hatte, hatte er recht. Manchmal überraschte ihn sein Freund.

Ashot blickte zu dem großen, blonden Söldner, der unter einem Sonnensegel am Eingang des Hurenlagers zusammen mit zwei anderen Kriegern Wache stand. Warum bekam er nicht so eine Aufgabe, dachte Ashot zornig und sah auf seine zerschundenen Hände. Er taugte nicht zum Bauern. Ihm fehlten die Genügsamkeit und stille Duldsamkeit Nareks und all der anderen, die ohne zu murren gruben.

Sie sollten einen tiefen Graben um das Lager der Huren ziehen und einen breiten Erdwall aufschütten. Was für ein Irrsinn! Die Huren bekamen eine Festung gebaut. Sollte Aaron doch lieber das Ufer des trockenen Flusses befestigen lassen! Damit würde er am Tag der Schlacht vielen Bauern das Leben retten.

Beim Gedanken an die Schlacht wurde es Ashot mulmig. Das Fest der Sommersonnenwende stand unmittelbar bevor. Danach dauerte es nicht mehr lange. Plötzlich war sein Mund ganz trocken. Er nahm noch einen Schluck aus dem Wasserschlauch.

»Hast du für mich auch einen Schluck?«, fragte Narek.

Er reichte ihm wortlos den Wasserschlauch.

»Dass wir immer so ein Pech haben«, murrte Ashot. »Das nächste Mal, wenn die Dreckarbeit verlost wird, ziehst du den Stein für unsere Gruppe.«

Narek schüttelte lächelnd den Kopf. »Ganz sicher nicht. Du bist unser Anführer. Und du machst das gut so. Wenn wir jetzt öfter Pech haben, bleibt mehr Glück für den Tag der Schlacht über.«

Ashot verdrehte die Augen. Er wusste nur zu gut, dass es aussichtslos war, gegen diesen dummen Aberglauben anzureden. Wahrscheinlich dachten alle hier so. Jedenfalls hatte sich keiner aus seiner Gruppe beschwert, als er das Los gezogen hatte, das sie zum Grabenbau verdammte. Sie alle waren mehr Bauern als er. Sie fanden nichts dabei, in der Erde zu wühlen.

Narek gab ihm seinen Wasserschlauch zurück. »Du solltest jetzt auch wieder graben. Du weißt doch, dass die Gruppe, die das längste Stück gräbt, Freudengeld bekommt.«

»Wenn Rahel dich jetzt hören könnte«, stichelte Ashot.

Narek sah ihn verständnislos an. »Warum sollte sie das nicht hören?«

»Ich glaube nicht, dass sie sehr begeistert wäre, wenn sie mitbekäme, wie sehr du dich ins Zeug legst, um etwas Hurengeld zu bekommen.«

Narek legte seinen Grabstock zur Seite, stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn vorwurfsvoll an. »Du als unser Anführer solltest nicht so respektlos von den Mädchen da oben im Lager reden. Die sind wirklich nett. Einige können sogar ganz ausgezeichnet kochen. Und dass ich gerne bei ihnen esse, würde Rahel bestimmt nicht verärgern. Sie weiß, dass sie keine tolle Köchin ist. Trotzdem ist sie eine wunderbare Frau.«

Die meisten aus der Gruppe blickten zu ihnen herüber und grinsten.

»Dir ist schon klar, dass diese Mädchen auch andere Dinge tun, als zu kochen.«

»Natürlich. Ich bin auch schon mit ihnen in eines der Zelte gegangen. Sie lassen dann die Seitenwände herunter und massieren einem den Nacken und den Rücken, so hart, dass man quiekt wie ein Schwein.«

Ashot war fassungslos. Foppte sein Freund ihn? Das war sonst ganz und gar nicht seine Art. Narek war völlig arglos. Aber ging das so weit …

»Die massieren dir auch noch ganz andere Stellen, dass du quiekst wie ein Schwein, wenn du danach fragst«, bemerkte Lamgi schmunzelnd.

Einige ihrer Kameraden lachten. Die Männer mochten den hageren Kerl, obwohl er nicht einmal aus der Gegend um Belbek stammte. Er hatte sich als umgänglicher Gefährte erwiesen, der sich nie beschwerte, einen guten Humor hatte und trotz seiner ausgemergelten Gestalt ein ausdauernder Arbeiter war.