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Nodon stand jetzt mit dem Rücken zur Brüstung, die den Weg säumte. »Was muss ich tun, um auf dieses Fest zu gelangen?«

»Um dieses Portal zu durchschreiten, brauchst du eine Einladung.« Der Wächter musterte ihn abschätzig. »Und du siehst nicht aus wie jemand, der eine Einladung auf ein Fest Amalaswinthas bekommt. Und …« Jetzt schwang ein wenig Unsicherheit in der Stimme des Zwergs. »Was ist mit deinen Augen?«

»Sind sie schwarz? Das geschieht immer, wenn ich mich ärgere. Wo wir gerade von einer Einladung sprechen …« Nodon griff unter seinen Umhang. Einen Augenblick lang genoss er den verblüfften Ausdruck auf dem Gesicht des Leibwächters. Der Kerl befürchtete offensichtlich, einen schrecklichen Fehler begangen zu haben. Unrecht hatte er damit nicht, nur dass es eine andere Sorte Fehler war, als er ahnte. Nodon blickte auf beide Seiten, um sich zu vergewissern, dass niemand auf dem Pfad entlang der Felsspalte unterwegs war.

Der Torwächter setzte gerade an, etwas zu sagen, als Nodon sein Kurzschwert zog und ihm die schlanke Klinge durch Mund und Oberkiefer stieß. »Meine Einladung«, sagte der Elf trocken, zog das zweite Schwert und schleuderte es einem der beiden Axtträger entgegen. Die Klinge zerteilte dessen Bart dicht unter dem Kinn und grub sich tief in die Kehle des Kriegers.

Nodon stürmte vor und nutzte den Augenblick, den ihn der dritte Wächter vor Entsetzen gelähmt anstarrte. Er warf sich mit aller Wucht gegen den Zwerg und stieß ihn zu Boden. Sofort war er über ihm und stieß ihm den ausgestreckten Mittelfinger durch das linke Auge.

Der Zwerg schrie auf.

Nodon fluchte. Diese kurzen, stummeligen Zwergenfinger! Als Elf konnte er auf diese Weise töten. Er packte den Bart des Zwergs und riss dessen Kopf mit einem scharfen Ruck zur Seite. Das Geschrei verstummte.

Nodon wischte seine blutigen Finger am struppigen Bart des Toten ab. Erneut sah er sich aufmerksam um. Nichts rührte sich. Es hatte kaum zehn Herzschläge gedauert, die drei Zwerge zu töten. Niemand schien es gesehen zu haben. Nun mussten nur noch die Leichen verschwinden.

Nodon warf die drei Körper über die Steinbrüstung in den Abgrund. Dann löschte er die Öllampen rings um den Eingang zu Amalaswinthas Palast. Die wenigen Blutspritzer auf dem Fels waren im Dunkeln nicht mehr zu erkennen. Nodon massierte sich den Finger, den er dem dritten Zwerg ins Auge gestoßen hatte. Er hatte ihn sich verstaucht. Verdammter Zwergenleib! Er würde sich beeilen, diesen lästigen Auftrag zu beenden, damit er wieder ein Elf sein konnte.

Der Bote

»Bitte, Nandalee. Du darfst sie nicht töten. Sie haben Fenella! Ich bin verloren, aber für Fenella besteht noch Hoffnung. Du musst sie retten.«

Die Worte erreichten Nandalee kaum. Ihre Wut war zum alles beherrschenden Gefühl geworden. Sie spürte ein Reißen in ihren Gliedern. Ihr Leib wollte seine ursprüngliche Form zurück. Den verhassten Zwergenkörper abstreifen.

»Arbinumja, was geht hier vor?«

Nandalee wich vor Duadan zurück. »Er … Er sagt, es gäbe noch eine Elfe hier unten.«

»Scheiße, nein!«, schrie Skorri auf. »Wie viele von diesen Ungeheuern hast du in die Stadt gebracht?«

Amalaswintha blieb erstaunlich ruhig. »Sag dem Elfen, dass er aufhören soll mit dem, was er gerade tut. Wenn mir etwas geschieht, wird auch das Elfenmädchen sterben. Sie ist an einem Ort, zu dem außer mir niemand geht. Übersetz ihm das!«

»Du musst ihn umbringen, sofort!«, beharrte Skorri. »Elfen bringen nur Unglück. Du siehst es doch. Sieh dir Arbinumja an. Sein ganzer Bart ist voller Blut. Und hattest du nicht auch das Gefühl, es würde dich gleich zerreißen? Deine Augen sind ganz rot …«

Nandalee wandte sich wieder an Duadan. »Wie bist du hierhergekommen?«

»Die Trolle haben unser Lager überfallen.« Duadan blickte durch sie hindurch, während er sprach, so als würde er geradewegs in die Vergangenheit sehen. »Sie kamen nicht lange, nachdem wir uns zum letzten Mal gesehen hatten … Sie haben uns überrascht. Sie waren plötzlich da. Es gab nicht einmal einen richtigen Kampf. Sie wollten uns lebend. Vorerst. Sie brachten uns zum Königsstein und … und …« Duadans Stimme versagte. Sein Blick war aus der Vergangenheit zurückgekehrt. Er starrte sie mit bebenden Lippen an. Es lag kein Vorwurf darin. Nur Traurigkeit.

Hätte sie nur nie den Pfeil auf den Troll abgeschossen, dachte sie voller Reue. Mit diesem Schuss habe ich meine Sippe ausgelöscht.

»Das Zwergenweib hat mich von den Trollen gekauft. Mich und Fenella. Sie ist mit einer ganzen Karawane von Lastschlitten gekommen. Ich glaube, sie hat mit Trockenfleisch und Met für uns bezahlt.« Er lächelte bitter. »Der Preis für ein Elfenleben liegt hoch.«

Amalaswintha bedrängte sie erneut zu übersetzen, was der Elf zu sagen hatte. Auch die übrigen Zwerge hatten neuen Mut gefasst und scharten sich um sie. Begierig hingen sie an ihren Lippen, als sie ihnen eine Lüge nach der anderen über Duadan erzählte.

»Du bist jetzt eine Drachenelfe, nicht wahr?« Es brach ihr schier das Herz, mit wie viel Hoffnung ihr Ziehvater sie fragte. »Eine Zauberweberin und Schwertmeisterin.«

Lag da Stolz in seinem Blick, oder wünschte sie sich nur, dass es so wäre?

»Du kannst Fenella befreien. Bring sie lebend von hier fort und versuche die Überlebenden aus dem Königsstein zu befreien.«

»Es gibt Überlebende?«

»Als mich die Zwerge holten, waren es noch sieben.« Er zählte ihre Namen auf.

»Was erzählt er da?«, mischte sich Amalaswintha ein.

»Er nennt die Namen der sieben Meister, bei denen er die Kunst des Zauberwebens erlernte.« Nandalee kämpfte darum, gleichmütig zu klingen, doch ihre Stimme geriet immer wieder ins Stocken. Zu schwer lastete die Schuld auf ihr, um mit leichter Zunge Lügen erzählen zu können. Sie stellte sich vor, wie die sieben in feuchten Höhlen eingekerkert dahinvegetierten, ohne Hoffnung auf Rettung. Der Willkür der Trolle ausgeliefert.

»Wird er mich die Kunst des Zauberns lehren?«, wollte Amalaswintha wissen.

Nandalee bemerkte, dass diese Frage bei den übrigen Zwergen Verblüffung, ja sogar Ärger provozierte. Selbst Skorri, der sich sonst so unterwürfig gab, runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. Offensichtlich hatte Amalaswintha an ein großes Tabu gerührt.

Duadan hatte die veränderte Stimmung ebenfalls bemerkt und bedrängte Nandalee, ihm zu erklären, was unter den Zwergen vor sich ging.

»Sie hat also die Gabe, Zauber zu weben«, sagte er nachdenklich und maß Amalaswintha mit Blicken.

»Willst du sie wirklich …«

»Wenn sie den Preis zahlt, den ich fordere. Sie soll die Überlebenden unserer Sippe freikaufen. Für jedes Leben werde ich sie ein Jahr lang unterrichten.«

»Aber die Zwerge werden dieses Wissen vielleicht nutzen, um gegen Elfen und Drachen zu kämpfen«, begehrte Nandalee auf.

»Das Leben der letzten meiner Sippe ist mir kostbarer als das von Elfen und Drachen, die in die Städte der Zwerge kommen, um dort Krieg zu führen«, sagte Duadan, und jedes seiner Worte traf sie wie ein Dolchstoß. »Du bist auf den Wegen der Magie schon unendlich viel weiter gegangen als ich.« Seine Stimme klang nun versöhnlicher. »Was kann ich ihr schon beibringen? Einen Jagdzauber, der sie Spuren lesen lässt, die für das Auge nicht mehr sichtbar sind? Einen Zauber, der feuchtes Holz zum Brennen bringt? Ist dieser Preis zu hoch, um die zu retten, die mir teuer sind?«

»Ich werde Fenella hier herausholen«, beharrte Nandalee. »Und dich! Und gemeinsam befreien wir unsere Freunde …«

»Du willst dich allein gegen eine Zwergenstadt stellen und danach mit einem Krüppel und einem Mädchen als Gefährten die Macht der Trolle herausfordern?« Er lächelte. »Du magst aussehen wie ein Zwerg, Nandalee, aber du hast dich nicht verändert. Übersetze ihr meinen Vorschlag. Ein Jahr für ein Elfenleben. Das ist kein zu hoher Preis.«

Nandalee war überzeugt, dass es nicht klug war, Amalaswintha so schnell so weit entgegenzukommen. »Er bietet dir an, dich sieben Zauber zu lehren. Sein erster Zauber wird dein Altern beenden. Du wirst sein wie die Elfen. Deine Schönheit wird niemals verblühen, und dein Leben wird ewig währen, solange keiner kommt, um es dir zu nehmen.« Sie sah am Glanz in Amalaswinthas Augen, dass dies der richtige Weg war. »Allerdings verlangt er, dass du auch die übrigen Elfen, die bei den Trollen gefangen gehalten werden, rettest und hierherbringst, damit er sie sehen kann.«