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Sie verneigte sich knapp vor ihm. »Es ehrt mich, dass der Unsterbliche Muwatta einen Feldherren und nicht einen seiner Höflinge schickt, um um mich werben zu lassen.«

Dich einkaufen zu lassen, würde es wohl eher treffen, dachte Kurunta, verneigte sich knapp und erwiderte ihr Lächeln. »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite. Wie mir zu Ohren kommt, reicht Euer Verständnis um das Handwerk des Krieges tiefer, als es bei Weibern sonst üblich ist.«

»Genug der Förmlichkeiten.« Der Unsterbliche Madyas nickte zum Ausgang des Zeltes. Von draußen waren die schrillen Schreie des zweiten Eunuchen zu hören. »Ich möchte sehen, wie die Sklavin vom Seidenfluss von uns geht. Du konntest dich davon überzeugen, dass meine Tochter nicht wie ein räudiges Kamel mit eingefallenen Höckern aussieht. Nun wollen wir gehen.«

Kurunta rührte sich nicht. »Bringen wir …«, fast hätte er es ein Geschäft genannt. »Bringen wir doch das Werbungsgespräch zum Abschluss. Mein Herr wird mit Freuden fünfhundert seiner besten Pferde an die besten Reiter dieser Welt verschenken, wenn ihm das Geschenk zuteilwird, mit der schönsten Blüte des Graslandes das Lager teilen zu dürfen.«

»Nun, Kurunta, da du darauf zu sprechen kommst, reden wir doch gleich ganz klar und überlassen es denen, die für uns den Schriftkeil führen, Wahrheiten hinter schönen Worten zu verstecken. Shaya ist mir von all meinen Töchtern die liebste. Sie mir zu rauben hat seinen Preis. Und der ist mit fünfhundert Pferden aus den Ställen des Unsterblichen Muwatta nicht beglichen. Ich verlange tausend Pferde. Und wenn du wiederkommst, dann bringe fünfzehnhundert mit, denn ich will die Besten unter den Besten auswählen. Und versuche nicht, mich zu hintergehen. Du weißt, Diebstahl und Betrug werden an diesem Hof mit schwersten Strafen bedacht, denn sie zeugen von einem Mangel an Respekt. Und mit dem Mangel an Respekt beginnt der Untergang von Königreichen.«

Kurunta war einen Augenblick lang sprachlos über die Frechheit dieser stinkenden Barbaren. Tausend Pferde, das war doppelt so viel, wie ursprünglich als Brautpreis besprochen worden war. Er sah die drahtige Prinzessin an, die seinem Blick mit einem herausfordernden Lächeln standhielt. Ihm wäre sie keine drei Pferde aus seinen Ställen wert!

Er dachte daran, was mit ihr geschehen würde, falls sie in der Nacht der Heiligen Hochzeit kein Kind empfing, und schaffte es zurückzulächeln.

»Wahre Schönheit ist unbezahlbar, ich stimme Euch darin zu, Unsterblicher Madyas. Doch da diese Forderung erheblich von unseren ursprünglichen Vereinbarungen abweicht, werde ich meinen Herrscher über diese Wendung unterrichten müssen. Ich hoffe, ich werde bald mit günstiger Nachricht zurückkehren.«

Ein Anflug von Sorge spiegelte sich auf dem Gesicht von Madyas. Sollte er nur darüber nachdenken, was ihm aus seiner Frechheit erwachsen mochte.

Abschied

Nandalee blickte zum Fenster. Piep war gekommen. Die Misteldrossel, die sie aufgezogen und die Gonvalon zu ihr in den Jadegarten geführt hatte. Piep hatte drei kleine Drosseln und sein Weib mitgebracht. Sie pickten von den Krümeln auf der Fensterbank. Hinter ihnen stand die Sonne hell am wolkenlosen Himmel. Irgendwo draußen erklang ein melancholisches Lied.

Nandalee stieß einen tiefen Seufzer aus. Sie lebte! Gegen alle Erwartungen war sie dem Massaker in der Tiefen Stadt entkommen. Aber so viele waren geblieben. Gonvalon hatte ihr die Namen der Schülerinnen und Schüler aufgezählt … So viele!

Sie strich über die weißen Laken ihres Betts. Sie fühlte sich schuldig, noch zu leben. Was zeichnete sie aus? Ein besonders harter Schädel?

Von dem Zwergenkind hatte sie niemandem erzählt. Ob die Drachenmörder wohl entkommen waren? Sie lächelte zynisch. Eine ganze Stadt war gestorben. Nur die, die den Tod verdient gehabt hätten, lebten noch. Und Nandalee bedauerte es nicht. So hatte sie zumindest im Kleinen gegen ein großes Unrecht angekämpft.

Die Tür öffnete sich, und Gonvalon trat mit einem großen Holztablett auf den Armen ein. »Es tut gut, dich lächeln zu sehen, meine Schöne.«

Gingen ihr die Komplimente nur auch so leicht von den Lippen.

Ihr Lächeln wurde breiter, als er ein Tuch zurückzog, unter dem frisch gebackenes Brot, ein kleiner, runder Käse und eine halbe Wurst lagen. Sie mochte es deftig und einfach. Er kannte sie so gut.

»Du solltest den Bannfluch gegen Kobolde von deiner Türschwelle wischen, oder du schaffst es noch, mitten in der Weißen Halle zu verhungern.«

Sie griff nach seiner Hand und drückte sie sanft. »Nicht, solange du atmest.«

»Du legst dein Schicksal in die Hände eines Mörders. Ist das klug?« Es lag ein bitterer Unterton in seinen Worten, obwohl das Lächeln nicht von seinen Lippen schwand.

»Seit ich einen Axthieb auf den Kopf bekommen habe, habe ich eine gute Ausrede, wenn ich Dinge tue, die nicht sonderlich klug sind.«

Er lachte leise. »Du hast großes Glück gehabt.«

»Ich habe dich gehabt, als kein Glück der Welt mehr hätte helfen können.«

Er senkte den Blick. »Du musst essen …«

Sie drückte seine Hand fester. »Wir sind ihm entkommen, Gonvalon. Er hat uns freigegeben.«

Der Schwertmeister schüttelte den Kopf. »Er hat lediglich seinen Plan geändert«, sagte er sehr leise. »Du musst zu Kräften kommen. Und dann werden wir überlegen, wohin wir fliehen können.«

»Ich werde nicht fliehen. Ich werde …«

Er küsste sie, lang und leidenschaftlich. Sie schloss die Augen. Genoss den Geruch des Sommers, der seinem Haar anhaftete, und das wohlige, warme Gefühl, das von ihrem Bauch in ihren ganzen Körper strömte.

Als Gonvalon seine Lippen wieder löste, sah er sie streng an. »Ich weiß, was du willst. Und dabei werde ich dich nicht unterstützen.«

»Aber wir müssen …«

»Wir müssen darüber heute nicht reden. Wir …« Ein Geräusch an der Tür ließ ihn verstummen.

Nandalee traute ihren Augen nicht. Dort stand Nodon. Sie wollte aufspringen, doch Gonvalon hielt sie sanft zurück. »Stürmische Begrüßungen müssen noch ein paar Tage warten. Du musst erst zu Kräften kommen, bevor …«

Sie wollte von diesem Unsinn nichts hören. Sie fühlte sich gut genug. Und ohne Nodon wäre sie nicht mehr hier. Sie schob das Holztablett zur Seite, ignorierte Gonvalons ärgerlichen Blick und schwang die Beine aus dem Bett.

Kaum dass sie stand, wurde ihr schwindelig. Sie schwankte. Der Schwertmeister war sofort an ihrer Seite, um sie zu stützen. Dankbar lehnte sie sich an ihn. »Ich dachte, du …«

Nodon zwinkerte. »Hast du etwa gedacht, dass ich mich von einer Schlange ertränken lassen würde?« Der Blick seiner schwarzen Augen wurde hart. »Es war knapp. Ein Novize hat mich gerettet.« Nodon schnitt eine Grimasse. »Mit einem Kuss. Er hat seinen Atem mit mir geteilt. Wenn du in den Jadegarten zurückkehrst, wirst du das niemandem weitererzählen.«

Sie grinste. »Glaubst du nicht, dass die Gazala um jeden deiner Küsse wissen?«

Kurz wirkte er nachdenklich. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, die Orakel Nachtatems interessieren sich nur für Weltuntergangsgeschichten. Von Küssen habe ich sie noch nie reden hören.«

Ihr lag eine schlüpfrige Antwort auf den Lippen, doch sie entschied sich zu schweigen. Sie hatte ihn noch nie zuvor so locker erlebt. Sonst wirkte er immer kühl und unnahbar. Scherze über Küsse waren eigentlich ganz und gar nicht seine Art.

»Vor deiner Tür steht noch einer. Der Kerl, der mich geküsst hat. Er wird heute die Weiße Halle verlassen, so wie ich. Ich werde im Jadegarten lieber nicht berichten, wie viele Männer sich hier um dich scharen.« Er nickte. »Wir sehen uns im Jadegarten. Deine Schwerttechnik lässt noch immer sehr zu wünschen übrig. Ich erwarte dich auf dem Fechtplatz bei der Pyramide.« Mit diesen Worten verbeugte er sich formvollendet und ging.

Nandalee sah neugierig zur Tür. Sie hörte Nodon kurz auf dem Gang mit jemandem sprechen, verstand die Worte aber nicht.

»Wenn du dich nicht wieder hinlegst, überlasse ich dich der Obhut der Kobolde.« Gonvalon schob sie sanft zu ihrem Lager zurück. Ihr war noch immer schwindelig. Sie leistete keinen Widerstand.