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»Und dazu benötigten wir den besten Schmied, den dein Reich zu bieten hat. Er muss in der Lage sein, die Waffe gegen Nôd’onn zu schmieden«, sagte er beschwörend. »Hilf uns und rette damit auch dein Reich, Königin.«

Xamtys musterte ihn mit ihren dunkelbraunen Augen und spielte mit einer Strähne ihres dichten blonden Flaums. Abrupt ließ sie sie los. »Es klingt ernst, was du berichtest, Tungdil«, meinte sie gedankenvoll. »Der andere Bewerber, Gandogar, ist noch nicht bei uns erschienen. Das lässt mich das Schlimmste für ihn befürchten. Vielleicht hatte er gegen die Albae weniger Beistand von Vraccas als ihr.«

»Niemals!«, begehrte Goïmgar auf. »Vraccas schützt ihn! Er ist der einzige rechtmäßige Anwärter auf den Thron!«

»Das habe ich nicht zu befinden«, erwiderte sie freundlich und wandte sich an Tungdil. »Deinen Wunsch erfülle ich dir gern. Kann es einen besseren Zeitpunkt geben, die alte Gemeinsamkeit der Stämme aufleben zu lassen?« Sie wies mit ihrer Keule auf Balyndis. »Sie wird euch begleiten. Sie ist nicht nur meine beste Kämpferin, sondern auch die beste Schmiedin.«

»Verzeiht, o edle Königin, wenn ich mich einmische, aber wie kam es, dass eine Zwergin auf den Thron gelangte?«, erkundigte sich Rodario neugierig. »Ich dachte immer, die Männer …«

»Ein wissbegreriger Langer, wie es scheint? Nun, ich erkläre es dir. Es begann mit einem Streit. Mein Vater Boragil schätzte den Rat meiner Mutter, aber sprach ihr die Befähigung ab, das Reich führen zu können. Sie ärgerte sich und verlangte, dass sie den Gegenbeweis antreten dürfe. Schließlich einigten sie sich darauf, dass sie vierzehn Umläufe lang die Geschicke der Ersten lenken durfte. Genau in diese Zeit fiel der Angriff der Trolle, aber meine Mutter dachte gar nicht daran, das Amt deswegen aufzugeben. Sie trat den Ungeheuern an der Spitze eines Heeres entgegen und schlug sie mit Kraft und List in die Flucht. Damit war bewiesen, dass sie sogar besser herrschte als mein Vater. Als dieser den Thron nach vierzehn Umläufen zurückverlangte, widersetzte sie sich, und die Clans folgten ihr.« Sie stand auf. »Als meine Mutter vor zweiunddreißig Zyklen starb, folgte ich ihr auf den Thron.«

»Vielen Dank, o große Königin. Ihr werdet eine herausragende Rolle in meinen Stück erhalten.«

Eine Botin betrat den Saal und berichtete, dass es Boëndal sehr schlecht gehe; die Magierin sei bei ihm und versuche, ihm zu helfen. Die Besorgnis der Zwerge wuchs.

»Ich lasse euch ein Nachtlager zuteilen, wo ihr euch von den Strapazen erholen könnte. Danach lasse ich euch Kleider und Pelzmäntel gegen die Kälte anfertigen«, sagte Xamtys. »Ich nehme an, dass ihr morgen gleich Weiterreisen wollt? Die Eingänge zu den Tunneln lasse ich euch zeigen, wenn ihr ausgeruht seid.«

»Du kennst das Geheimnis?«, fragte sie Tungdil überrascht und musste ein Gähnen unterdrücken. »Und dennoch sind die Ersten niemals darin gefahren?«

»Meine Mutter sorgte sich, dass ihre Throneroberung von den anderen Stämmen schlecht aufgenommen werden könnte. Um Streitereien zu verhindern, verhielt sie sich still, und so hielt ich es auch.«

»Dann bitte ich dich im Namen des Rates der Stämme, dass du wenigstens eine Gesandtschaft deiner Clans ins Blaue Gebirge schickst, um an den Beratungen teilzuhaben.« Tungdil legte viel Nachdruck in seine Rede. »Du hast vorhin die Gemeinschaft der Stämme erwähnt. Hilf, dass sie wieder entsteht.«

»Er hat mit seinen Berichten über das Tote Land nicht übertrieben, große Königin«, unterstützte ihn Rodario. »Wir haben gesehen, was die Orks anrichten. Nôd’onn treibt sie voran, und nur Euer Volk kann sie aufhalten. Sprecht mit den Königen und Clanführern der Vierten und Zweiten und fürchtet Euch nicht vor dem, was sie zu Euch sagen könnten. Es ist keine Zeit zum Zaudern.«

Tungdil warf ihm einen dankbaren Blick zu. Wer hätte das gedacht?

Xamtys blickte sie gütig an. »Sobald ihr zur Reise ins Graue Gebirge aufbrecht, werden meine Clans und ich nach langen Zyklen unsere Brüder und Schwestern treffen.« Sie schaute entschlossen, die Keule schlug gegen den Thron. »Ihr habt Recht, die Sache duldet keinen Aufschub.«

»Das ist sehr freundlich von dir«, presste Boëndal unter Schmerzen stockend hervor, »doch ich will deine Hilfe nicht. Ich werde die Verwundung ohne deine Magie überstehen.«

Die Helfer hatten ihn in eine warme Kammer getragen, sein Kettenhemd abgenommen und seine Wunden freigelegt, damit sie behandelt werden konnten. Die ersten Verbände waren durchgeblutet, nun wartete er auf neue.

Andôkai, die nicht weniger blass war als er, saß neben seinem Bett, die Einschüsse betrachtend. Sein Körper rang mit den Auswirkungen der Albaepfeile: Einige innere Organe waren von der Spitze verletzt worden, und dazu kam der nicht unwesentliche Blutverlust. »Ich kenne mich mit Verwundungen aus, und das, was ich sehe, lässt mich an deinen Worten zweifeln«, meinte sie aufrichtig, und die blauen Augen spiegelten ihre Besorgnis wider. »Überwinde deinen Stolz und denke daran, dass wir weiter müssen.«

»Es geht nicht um Stolz«, sprang ihm sein Bruder aufgebracht bei, der auf der anderen Seite neben der Schlafstätte stand und sorgsam über alles wachte. Er hatte sich nicht einmal erlaubt, etwas zu essen, nur seinen Mantel hatte er abgelegt. »Wir wollen deine Magie nicht, es ist schlechte Magie. Du betest Samusin an und könntest das Böse in ihn hineinzaubern.«

»Unsinn«, wies sie den Vorwurf zurück.

Boëndal schloss die Augen, und seine Atmung wurde schneller. »Ich … will … nicht.«

»Ohne deine zwergische Robustheit und deinen Dickschädel wärst du schon lange tot«, sagte sie kühl. »Wie lange möchtest du mit deinem Leben spielen? Lass mich dir helfen, so lange ich es noch kann. Auch meine Kraft schwindet.«

Doch er antwortete nicht mehr; stattdessen nickte Boïndil zur Tür. »Sieh nach deinem eigenen Verletzten, Zauberin, und lass die Zwerge ihre Verwundeten selbst pflegen.«

Die Maga stand auf, eine Hand an ihren Schwertgriff gelegt, und schritt schweigend zur Tür.

»Er meint es nicht so«, raunte Boëndal. »Ich danke dir für dein Angebot, aber Vraccas wird dafür sorgen, dass ich überlebe.«

Andôkai warf sich den Mantel um die Schultern. »Ich wünsche dir, dass dein Gott dich erhört.« Laut fiel die Tür ins Schloss, und es wurde still in der Kammer.

»Ich bin mir nicht mehr so sicher …«, sagte Boëndal nach einer Weile.

»Sei ruhig, Bruder«, unterbrach Boïndil ihn. »Vraccas hat dich gesehen und wird dir ein langes Leben schenken. Wenn einer den Tod verdient, bin ich es. Sei also unbesorgt.« Er gab ihm noch einen Schluck Wasser zu trinken und verließ das Zimmer ebenfalls, um die Helfer mit den frischen Verbänden herbeizuscheuchen.

»Vraccas stehe ihm bei!« Seine Rüstung lastete tausendmal schwerer als sonst, die Beine fühlten sich an, als stemmten sie Tonnen, und seine Gedanken kreisten einzig um Boëndal. Sein wächsernes Gesicht machte ihm Angst, die Pfeilwunden trennten ihn um Haaresbreite vom Einzug in die Ewige Schmiede. Die Zauberin hatte mit ihrer Bemerkung über die Zähigkeit seines Volkes Recht. Ein Mensch überstand solche Verletzungen nicht, und ob sie ein Zwerg überstünde, das würden die kommenden Umläufe zeigen.

Im Gang stieß er auf Tungdil, der sich anschickte, den Verwundeten zu besuchen. »Wie geht es ihm?«, wollte er beunruhigt wissen.

»Er schläft. Die Verbände sind durchgeblutet, und er benötigt dringend neue«, sagte der Krieger fahrig. Das irre Funkeln in seinen Augen war unendlich großer Sorge gewichen.

»Ich dachte, Andôkai wolle nach ihm sehen? Hat ihre Magie nichts erreicht?«, wunderte er sich.

»Wir wollen nicht, dass sie uns hilft«, antwortete Ingrimmsch. »Magie ist nichts, taugt nichts. Mit Samusin wollen wir schon mal gar nichts zu tun haben.« Er ging an ihm vorbei und rief nach den Pflegern, die daraufhin angelaufen kamen und frische Verbände brachten.

Tungdil wusste, dass er sich einen Streit über Magie mit den Zwillingen sparen konnte. Überzeugung und Starrsinn lagen allzu dicht beieinander. Eher würde Boëndal sterben, als sich von der Maga heilen zu lassen.