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»Du hast es selbst gesagt, Einarm. Ich bin zu stark und ein zu guter Krieger, als dass ich einer von den schwächlichen Vierten sein könnte.« Er schlug nochmals zu, die Finger des Königs öffneten sich, die Axt klirrte auf die Brücke. »Ich bin vom Stamm Lorimbur und werde als derjenige in die Geschichte eingehen, der den Niedergang der anderen Stämme einläutete«, grollte er finster. »Mir gelang, was keinem anderen zuvor glückte.«

Balendilín fiel ihm in den Schlagarm und fing den nächsten Hieb ab, dafür rammte ihm der Verräter mit einem Kopfstoß den Helm ins Gesicht. Mit rotem Nebel und tanzenden Sternen vor den Augen schwankte er nach hinten, das siegessichere Lachen Bislipurs in den Ohren.

»Schade, dass Tungdil ein Dritter ist, sonst könnte er sich nach seiner Rückkehr um deinen Posten bewerben. Oh, er wird weinen, wenn er die Trümmer von Ogertod sieht. Vielleicht verberge ich mich in der Nähe, um ihn und die anderen aus dem Hinterhalt zu töten. Das wäre ein Spaß.«

»Tungdil einer aus dem Stamm Lorimbur? Niemals.« Mit Mühe hielt Balendilín sich auf den Beinen.

»Ich erkenne einen der unsrigen, wenn ich ihn sehe, wir haben ein Gespür für einander. Und glaube mir, dein Thronfavorit ist einer von meinem Stamm, ein Zwergentöter, so wahr wie ich dich erschlage und zusehen werde, wie die Orks deine warmen Innereien fressen.«

»Du lügst!« Der König lehnte sich an das Geländer, seine Beine gaben nach.

Bislipur grinste bösartig und schlug zu. »Mag sein. Es kann dir egal sein.«

Die niederstoßende Axt nahm Balendilín nur mehr als huschenden Schatten wahr.

Das Geborgene Land, unter dem Königreich Tabaîn, im Winter des 6234sten Sonnenzyklus

Das Rumpeln des Felsens warnte sie, sodass Tungdil rechtzeitig die Bremse betätigen konnte. Der Aufprall der Lore gegen die aufgetürmten Felsbrocken war immer noch heftig genug, dass sie durchgeschüttelt wurden und das Fahrzeug aus der Trasse sprang.

»Die Geister haben sich knapp verrechnet«, meinte Bavragor und wischte sich den Staub aus dem Gesicht. Danach half er Balyndis, die ihn gewähren ließ. »Wir hätten bestimmt unter dem Schutt begraben werden sollen.« Er suchte nach seinem Schlauch mit Branntwein und nahm einen Schluck.

»Ach, nur ein kleiner Einsturz«, meinte Rodario und hüpfte vom Vehikel aus auf den Boden. »Der gute Djerůn wird einige Stunden schuften, und wir können unsere Fahrt fortsetzen. Oder hat die ehrenwerte Maga vielleicht noch etwas Wind in der Tasche, um die Röhre freizupusten?« Sein Tonfall war merklich schnippischer geworden, die Abfuhr der Frau vor aller Augen und Ohren hatte ihn gekränkt, was er ihr zu zeigen gedachte.

Der vor Furcht bleiche Goïmgar blieb, wo er war, und zog es vor, die Decke argwöhnisch zu betrachten. Andôkai näherte sich der Stelle und wies ihren Begleiter an, Trümmer aus dem Weg zu räumen, doch bald wurde klar, dass zu viel Gestein im Weg lag.

»Ich vermute, dass die gesamte Röhre eingestürzt ist«, sagte Bavragor, der auf den Blöcken herumkletterte und die Wände besah. »Es sieht so aus, als wären Vorarbeiten vorgenommen worden.«

Furgas eilte zu ihm, betrachtete das Gestein aus der Nähe und tastete daran herum, bis er dem Zwerg zunickte. »Das sehe ich ebenso. Da hat jemand mit einer Picke kleine Löcher in den Stein gehauen, sodass der Gang einstürzen musste, sobald die Stützbalken entfernt wurden.«

»Die Geister haben das Holz zerbrochen«, wisperte Goïmgar mit Beben in der Stimme. »Sie wollten uns vernichten, nachdem wir ihre Warnung missachteten.«

»Ich hätte niemals gedacht, das zu sagen, aber die Singerei des Säufers ist mir tausendmal lieber als dein ständiges Herumgegreine!«, herrschte ihn Ingrimmsch grob an. Sein heißes Blut, das schon lange keine Gelegenheit mehr erhalten hatte, sich nach Lust und Laune auszutoben, meldete sich.

»Boïndil, zähme deine Wut«, sagte Tungdil beschwörend. »Ich weiß, dass es dir immer schwerer fällt, doch du musst sie im Zaum halten.« Er nahm seinen Rucksack, um nach der Karte zu suchen, die ihnen Xamtys mitgegeben hatte, und studierte sie. »Wir gehen zurück. Eine Meile von hier ist ein Ausstieg.« Er schaute zu Goïmgar. »Es sieht so aus, als würden die Gespenster dir deinen Wunsch erfüllen und dir zu einem Spaziergang an der Oberfläche verhelfen.«

»Wo sind wir?«, wollte Andôkai wissen.

»Nach meiner Berechnung befinden wir uns im Südosten des Königreiches Tabaîn«, meinte er. »Ein Marsch bis zum nächsten Eingang sollte uns leicht fallen. Es wird auch das Flache Land genannt, weil es wie eine einzige Ebene daliegt.«

»Hervorragend«, grummelte Bavragor wenig begeistert. »Kaum wünscht sich der Schmalzwerg etwas, geht es in Erfüllung. Ich bin nicht zum Laufen an der Oberfläche gemacht und mag auch die Sonne nicht sonderlich. Die Reiterei hat mir gelangt.«

»Man gewöhnt sich dran«, erwiderte Boïndil. »Hättest du öfter Wachdienst an der Hohen Pforte geschoben, wüsstest du, dass ihre Wärme auf der Haut auch angenehm sein kann.«

»Es war mir zu gefährlich, in deiner Nähe zu stehen«, gab er ätzend zurück. »Ich hatte nicht vor, wie meine Schwester zu enden.«

Balyndis horchte auf. Die unvermittelt entstandene Spannung zwischen den beiden brachte sie dazu, sich vor Bavragor zu schieben, um eine handfeste Auseinandersetzung zu verhindern, doch er packte ihren Arm und schob sie zur Seite.

»Pass auf. Dreh ihm niemals den Rücken zu, wenn er den Hass und die Wut in sich trägt«, warnte er sie vor Ingrimmsch. »Er tötet schnell und ohne nachzudenken.«

Die Muskeln des Zwillings spannten sich, die Hände legten sich an die Griffe seiner Beile. »So, tue ich das, Einauge?!«, grollte er und senkte angriffslustig das Haupt.

»Schluss! Ihr seid beide still«, untersagte Tungdil ihnen jedes weitere Wort. »Damit ihr eure Kraft loswerdet, tragt ihr die Metallbarren, bis ihr nicht mehr könnt und Djerůn es für euch übernimmt.« Widerstrebend kamen sie seinem Befehl nach.

»Bei dem einen verhindert der Schmerz, bei dem anderen die Wut, dass die Einsicht siegt«, erklärte er Balyndis, nachdem er an ihre Seite getreten war. Rasch erzählte er ihr den Hintergrund der schwelenden Feindschaft zwischen den beiden Zwergen.

»Das ist sehr traurig«, bedauerte sie, und ihr rundes Gesicht zeigte Mitgefühl. »Traurig für beide.«

»Auch wenn ich es mir nicht wirklich wünsche, wäre es wohl das Beste, auf Gegner zu treffen, an denen sich Boïndil austoben kann«, sagte er leise zu ihr, und dabei geriet ihr Geruch in seine Nase. Sie duftete himmlisch wie frisches Öl und sauberer Stahl.

»Kommst du?«, rief Goïmgar, der aus der Lore kletterte und den anderen folgte. »Anführer sollten doch immer vorn gehen, oder irre ich mich?«

»Nein, du irrst dich nicht.« Er eilte an ihm vorbei und schloss zu Boïndil und Bavragor auf, die schweigend ihre Last schleppten. Keiner wollte vor dem anderen als schwächer dastehen und dem Krieger das Tragen überlassen.

Plötzlich ratterte es laut vor ihnen. Eine Lore rauschte die Trasse entlang, und sie schafften es im letzten Augenblick, dem herrenlosen Karren auszuweichen.

Djerůn sprang auf die Seite, zog seine Axt und schlug aus der Bewegung zu, woraufhin sie entgleiste und gegen die Felswand prallte. Sofort war der Krieger dort, hob das Gefährt an und schaute hinein, um einen Passagier ausfindig zu machen. Sie war leer.

»Sie kann in einem Seitengang gestanden und sich gelöst haben«, meinte Rodario. »Welch ein Glück, dass ich die Reflexe eines Katers besitze, sonst hätte es mich glatt erwischt.« Furgas warf ihm einen vielsagenden Blick zu.

»Es waren die Geister«, beharrte Goïmgar leise. »Sie wollten uns damit töten.«

»Sicher.« Boïndil legte die Barren ab, ging näher heran und schnupperte prüfend. »Orks saßen mit Sicherheit nicht drin, das Fett ihrer Rüstung würde ich sehen und riechen.« Er kroch in der Lore herum und gab nicht eher Ruhe, bis er auf etwas gestoßen war. »Die Schnalle eines Schuhs«, verkündete er und hob sie in die Höhe. »Billiges gestrecktes Silber. Sie ist jedenfalls nicht alt, aber sie sieht sehr mitgenommen aus. Kratzer, Dreck.« Er steckte sie ein.