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Tungdil stimmte ihr zu, und so kam es, dass sie lange nach Einbruch in die Stadt einzogen, die sich auf der Karte Grüschacker nannte.

Das Geborgene Land, das Zwergenreich des Zweiten, Beroïn, im Winter des 6234sten Sonnenzyklus

Unterwegs stellte sich den Zwergen eine neue Schwierigkeit: Die Truppen Nôd’onns hatten damit begonnen, die Tunnel zu besetzen und die Schienenverbindungen zu unterbrechen.

Die erste Sperre überrollten sie noch, doch bei der nächsten warteten außer Orks auch Oger und Trolle, die sie mit Gesteinsbrocken bewarfen.

Auf diese Weise verloren sie vier Loren. Glücklicherweise gelang es ihnen, an einer Weichenstelle abzubiegen; dafür ratterten sie nordwärts anstatt nach Westen.

Xamtys gab vor der nächsten Schwungstelle das Zeichen zum Anhalten, um sich mit Balendilín zu beraten. »Der Weg in mein Reich ist uns versperrt«, sagte sie zähneknirschend, während sie sich zur Lore des Königs begab. »Es ist zu gefährlich, die Tunnel weiterhin zu nutzen. Die nächste Trasse könnte von Orks verbogen worden sein und uns geradewegs in einen Abgrund lenken.«

»Bislipur muss ihnen schon vor längerer Zeit von den Röhren verraten haben«, meinte Balendilín, während seine Begleiter die Unterbrechung nutzten, um ihm einen neuen Verband anzulegen. Es ist grausam. Die Erfindung unseres Volkes, die zum Schutz des Landes gedacht war, wird nun von den Kreaturen Tions dazu benutzt, es schneller zu erobern. Er dachte nach. »Wir schicken Späher an die Oberfläche.«

»Wir können nicht laufen, Balendilín.« Xamtys betrachtete seine Wunden und schüttelte den Kopf. »Es ist Winter, und unterwegs wird es kaum genügend zu essen geben, geschweige denn, dass wir auf einen Marsch durch Schnee und Eis vorbereitet wären. Die Hälfte von uns würde verhungern und erfrieren.« Sie nahm den Helm ab, die beiden Zöpfe fielen auf ihre Schultern. »Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen. Das Rote Gebirge …«

»Nein, Xamtys.« Er hielt die Luft an, als seine Wunde schmerzte. Seine breite Hand umklammerte den Rand der Lore, bis der Verband gewechselt war. »Ich habe nicht vor, ins Rote Gebirge zu gehen.« Balendilín zog die Landkarte hervor und deutete auf eine Stelle fast mitten im Geborgenen Land. »Dahin gehen wir, auch wenn es mir nicht gefällt. Es ist ein verfluchter Ort mit zweifelhafter Vergangenheit, aber das einzig sichere Refugium.«

»Wieso?« Sie fuhr sich durchs Gesicht, als könnte sie die schweren Gedanken und die Müdigkeit wegwischen.

»Weil er nicht mit den Tunneln oder sonst irgendeinem Stollen in Verbindung steht. Wir müssen nur wenige Meilen oberirdisch gehen, dafür wären die Kinder und Frauen in Sicherheit. Das Gelände der Umgebung ist flach und überschaubar, wir sind sicher und harren aus, bis Tungdil oder Gandogar uns finden.« Er verfluchte Bislipur nachträglich für die beigebrachte Verletzung, die seine Bewegungsfähigkeit so stark einschränkte und ihn noch mehr schwächte.

»Das Geborgene Land ist groß, und ihnen Boten zu schicken ist eine unsichere Sache.« Xamtys betrachtete den Ort, auf den der Zeigefinger des Königs der Zweiten deutete. »Davon habe ich noch nie gehört.«

»Wir brauchen keine Boten. Wir müssen dafür sorgen, dass jeder weiß, wohin sich die Zwergenstreitmacht zurückgezogen hat, dann erfahren es die beiden unterwegs von selbst. Sie merken sicherlich bald, dass die Orks die Tunnel besetzt halten, und werden Nachforschungen anstellen.«

»Hm«. Die Zwergin wirkte nicht recht überzeugt. »Damit locken wir die Bestien ebenfalls dorthin. Ist das gut?«

»Es ist viel mehr als das. Es ist meine Absicht«, nickte er, und seine braunen Augen blickten sie ernst an. »Ich will, dass Nôd’onn selbst sein Heer zu uns führt.«

Xamtys blickte ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Ich glaube nicht, dass er das tun wird. Und wenn er es tut, sind wir tot, Balendilín. Möchtest du einen schnellen Untergang? Dann hätten wir im Blauen Gebirge bleiben können, und unsere Flucht wäre sinnlos.«

»Nein, Xamtys. Er muss zu uns kommen. Wenn er glaubt, wir besäßen die Artefakte und die Bücher, die er so verzweifelt in seinen Besitz bringen möchte, wird er alle Horden in Bewegung setzen.«

»Den Grund, Balendilín«, sagte sie beschwörend und stützte sich auf die Lore. »Nenne mir den Grund, warum ich meine Krieger in den sicheren Untergang führen soll.«

Er hielt ihrem besorgten Blick stand. »Nôd’onn muss sich in unserer Nähe aufhalten. Nur auf diese Weise bekommen Gandogar und Tungdil die Gelegenheit, die Feuerklingen gegen ihn einzusetzen. Ansonsten wird er irgendwo im Geborgenen Land sitzen, unauffindbar und unnahbar.«

Die Königin verstand seinen Plan. »Wir sind der Köder. Das hat allerdings den Haken, dass wir nicht wissen, wann einer von ihnen auftaucht.«

»Oder ob«, fügte er ehrlicherweise hinzu und schloss für einen Moment die Augen. Ihm war schwindelig, der Blutverlust laugte ihn aus. »Und dennoch ist es die einzige Möglichkeit.«

»Gut.« Xamtys löste die Hände von der Lore. »Aber zuerst muss ich die Clans der Ersten warnen.«

»Dafür wird es zu spät sein. Die Orks kennen die Tunnel, sie werden sicherlich schon bei ihnen eingefallen sein. Ich hätte es an ihrer Stelle so gemacht.« Er fasste ihre Hand. »Geh davon aus, dass wir die letzte Streitmacht unseres Volkes bilden, Königin. Umso wichtiger ist es, Nôd’onn zu vernichten.«

Sie atmete tief durch und betrachtete seine rissige Hand. »Es ist grausam zu ahnen, was im Roten Gebirge geschieht, und nichts daran ändern zu können.« Eine Träne rann in ihren flaumigen Bart. »Wir rächen unsere Toten tausendfach, Balendilín. Die Felder des Geborgenen Landes werden mit dem Blut der Bestien getränkt werden, und mein Streitkolben wird nicht eher ruhen, bis er an einem Ogerschädel birst.« Er wusste, dass diese Waffe niemals zerbrechen würde. Ihr Blick wurde unsicher. »Was ist, wenn Nôd’onn uns überwindet, bevor einer der beiden mit der Feuerklinge zurückkehrt?«

Er lächelte sie an und versuchte, mehr Zuversicht auszustrahlen, als er wirklich in sich trug. »Bis dahin dürfen wir uns nicht überwinden lassen.«

Xamtys hob den Kopf, ihre braunen Augen schauten über die Vehikel, die bangenden und trotzigen Gesichter; kleine Kinder schrien, Kettenhemden und Waffen klirrten leise, weil sich ihre Träger unruhig hin und her bewegten. Die Luft im Tunnel roch verbraucht.

»Also gut, Balendilín. Ich folge dir.« Sie reichte ihm die Hand, dann kehrte sie zu ihrem Vehikel zurück.

Die Kunde über das neue Ziel verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Bisher waren die Zwerge mit einem unguten Gefühl gereist, doch der Ort, an den sie Balendilín nun führen wollte, sorgte bei den meisten, die davon gehört hatten, für Unglaube, bei manchen für Entsetzen und bei einigen für blanke Angst.

Das Geborgene Land, Königreich Tabaîn, Grüschacker im Winter des 6234sten Sonnenzyklus

Wieder geschah es, dass die Torwachen die mehr als merkwürdige Reisegruppe passieren ließen, ohne auch nur eine misstrauische Frage über Djerůns ungewöhnliche Größe zu stellen.

Die Stadt war gigantisch groß. Tungdil erinnerte sich, in Lot-Ionans Büchern einmal die Zahl siebzigtausend gelesen zu haben, und das Buch war damals schon älter.

»Ho, es wundert mich nicht, dass die Orks die Finger von ihr lassen«, sagte Boïndil. »Wenn die Bürger zu den Waffen greifen, stehen den Schweineschnauzen vorneweg dreißigtausend Gegner im Weg.«

»Es wird nicht lange dauern, bis sie eine entsprechend große Zahl zusammengerottet haben oder die Albae es mit List versuchen«, schätzte Andôkai. Mifurdania hatte gezeigt, dass keine Stadt mehr sicher war. »Nôd’onn kann notfalls einen seiner Famuli entsenden, der den Orks die Wände niederreißt. Sind sie erst einmal in der Siedlung, kann man sie nicht mehr aufhalten, dazu kämpfen sie zu stark.« Sie deutete auf ein Gasthaus, in dem noch Licht im Schankraum brannte. »Kehren wir ein?«