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Tungdil musste grinsen, und wenn er sich nicht sehr täuschte, so huschte über eines der schlanken, hübschen Elbengesichter ein kleines Lächeln. Er mochte sie trotzdem nicht wirklich leiden. »Was können wir tun, um euch von unseren guten Absichten zu überzeugen?«

Die Elben berieten sich in ihrer Sprache. »Nichts. Ihr werdet warten«, kam die unfreundliche Antwort. »Solltet ihr unser Land betreten wollen, werdet ihr sterben.« Mit diesen Worten verschwanden sie zwischen den mächtigen Stämmen.

»Immerhin«, grinste der Zwilling und kreuzte die Arme vor der breiten Brust. »Wir haben sie verunsichert.«

Sie machten aus der Not eine Tugend und rasteten. Umherliegende Äste dienten ihnen als Brennholz für ein wärmendes Feuer. So verging viel Zeit, und die Sonne senkte sich schon hinter den Tannen herab, als die Elben wieder auftauchten. Sie brachten zwanzig Krieger und einen ranghohen Elbenkämpfer mit sich, wie sie an dessen Rüstung aus schimmerndem Palandium erkannten.

»Meine Späher berichteten mir von einer seltsamen Gruppe und einem noch seltsameren Vorhaben«, sprach er, und Vorsicht schwang in seiner Stimme mit. Sein Antlitz war makellos und eine Spur zu hübsch, sodass er überheblich wirkte. Die offenen dunkelroten Haare rahmten sein Gesicht ein und betonten die dunkelblauen Augen. »Lasst mich sehen, ob ihr die Wahrheit sagt.«

Er hob die Arme, seine Finger formten Zeichen in die Luft, und augenblicklich reagierte Andôkai, in dem sie zu einem Verteidigungsspruch anhob.

Der Elb sah es und brach seine Vorbereitungen verwundert ab. »Ihr scheint in der Lage zu sein, Magie zu nutzen. Dafür kommen nicht viele Kurzlebige infrage. Man berichtete uns, dass sie allesamt das Opfer von Nôd’onn wurden.« Er musterte sie. »Euer Äußeres gleicht der Frau, die man Andôkai nannte.«

»Ich bin Andôkai die Stürmische.« Sie deutete eine Verbeugung an. »Ich wäre in einem magischen Zweikampf kaum eine Herausforderung, Fürst Liútasil, denn unsere Reise schwächte mich.« Sie tippte gegen den Griff ihres Schwertes. »Aber da meine kämpferischen Fertigkeiten über einen gewissen Ruf Verfügungen, wäre ich dazu bereit, mit dir die Klinge zu kreuzen und auf diese Weise meine Echtheit unter Beweis zu stellen.«

Tungdil hob die Augenbrauen. Die Späher haben tatsächlich ihren obersten Herrscher zu uns gebracht.

Liútasil lachte, sanft, freundlich, dennoch überlegen. »Ihr seid die Maga, daran zweifle ich nun nicht mehr, aber trotzdem werde ich mich absichern. Die Albae haben schon zu viele Listen versucht, um uns zu überwinden.« Seine Finger vollführten anmutige Gesten, bis sich ein goldenes Leuchten aus ihnen löste und die Gruppe umhüllte.

Die Erschöpfung, die Tungdil in jedem einzelnen Knochen spürte, verschwand von einem Lidschlag auf den nächsten, selbst sein Hunger verebbte. Dafür hörte er das schmerzerfüllte Aufstöhnen von Narmora und den schrecklichen Laut, den Djerůn am Stadttor von sich gegeben hatte.

Die Elben legten auf sie an, knirschend spannten sich die Sehnen, die Augen nahmen Maß.

Der Fürst ließ die Arme sinken. »Nun, Andôkai, Ihr habt zwei Gefährten unter Euch, denen ich nicht erlauben werde, Âlandurs Wälder zu betreten«, sagte er achtsam.

»Wir wissen, dass sie nicht zu den Geschöpfen Palandiells und Vraccas’ gehören, sondern ihre Vorfahren unter den Kreaturen Tions und Samusins haben«, erhob Tungdil die Stimme. »Sie stehen auf unserer Seite und sind unentbehrlich, um Nôd’onn zu vernichten.« Er deutete auf die Halbalbin. »Sie muss die Feuerklinge führen, und er ist den Kampfkünsten meines Freundes Boïndil beinahe ebenbürtig.« Er griff zu der kleinen Flunkerei, damit sich der Zwerg geschmeichelt fühlte. »Sein Anblick reicht aus, um Ungeheuer in die Flucht zu schlagen.«

Liútasil schwieg und dachte nach, während ein Elb unaufhörlich leise, aber bestimmt auf ihn einredete.

»Ihr seid wirklich eine ungewöhnliche Reisegesellschaft«, sprach er, und am Ton erkannte der Zwerg, dass sich der Elb zu einer für sie guten Entscheidung durchgerungen hatte. »Ich kann daher nicht anders, als euch zu glauben. Ihr sollt nach Âlandur, um in die Tunnel hinabzusteigen.« Er wollte sich abwenden.

Tungdil sah es als Zeichen, einen weiteren Anlauf zu unternehmen. »Fürst Liútasil, verzeiht, dass ich noch einmal das Wort an Euch richte. Wir wissen, dass Euer Reich von den Albae bedroht wird und in arge Bedrängnis geraten ist. Allein werdet Ihr den Untergang Âlandurs nicht aufhalten können, doch wenn Ihr uns helft, Nôd’onn zu besiegen und damit den Herrscher des Toten Landes zu vernichten, habt auch Ihr wieder eine Gelegenheit, Euer Land zurückzuerobern. Wir helfen Euch dabei.«

Ernst blickte der Elb den Zwerg an. »Dein Angebot ehrt dich. Doch um unser Land zurückzuerobern, bedarf es mehr als ein paar Äxte und Beile.«

»Er meinte nicht uns, die Ihr hier seht«, stellte Gandogar richtig. »Er meinte die Clans vom Stamm der Vierten, deren König ich bin. Und auch die Clans der Zweiten werden sich gewiss nicht verweigern, den Albae ihre Schneiden in die Körper zu rammen.«

»Darin haben wir Erfahrung«, fühlte sich Boïndil verpflichtet hinzuzufügen. »Wir haben die Reste Grünhains von ihnen gesäubert.«

Jetzt konnte Liútasil seine Überraschung nicht mehr verbergen. »Ein Zwergenkönig? Nun, bin ich neugierig geworden und will mehr von euch erfahren«, gestand er. »Lasst uns darüber reden, warum erbitterte Feinde der Elben helfen sollten, das Reich ihrer Gegner vor dem Untergang zu bewahren.«

Er schritt voran, die Gruppe folgte ihm, und die Elbeneskorte nahm sie in die Mitte.

»Das war weise«, sagte Tungdil zu Gandogar.

Gandogar lächelte. »Es war das einzig Richtige, auch wenn es mir selbst nicht ganz behagt, aber nur so können wir die Elben davon überzeugen, dass wir die Zwietracht begraben werden.«

Sie schoben sich um die Baumstämme. Nur Djerůn tat sich mit seiner Rüstung schwer hindurchzugelangen. Auf einen elbischen Befehl Liútasils hin neigten sich die Tannen zur Seite und erleichterten ihm das Vorwärtskommen.

Nachdem sie den Wall hinter sich gelassen hatten, betraten sie den dahinterliegenden Laubwald, der seine Blätter trotz des Winters nicht abwarf und dessen Äste unter der Last des Schnees nicht brachen. Stolz zeigten die riesigen Eichen, Buchen und Ahorne ihre Pracht, wie sie zumindest Tungdil und Ingrimmsch aus Grünhain kannten, ehe das Tote Land sich den Forst genommen und den Bäumen den Hass auf das Leben eingegeben hatte.

Sie staunten darüber, wie gewaltig ein Baum werden konnte; zehn ausgewachsene Männer reichten nicht aus, um mit ausgestreckten Armen einen Kreis um einen Stamm zu bilden.

Inmitten des Waldes herrschten Friede und Ruhe, die schlechten Erinnerungen fielen nach und nach von ihnen ab, und mit jedem Schritt, den sie taten, entspannten sie sich.

Gegen Einbruch der Dunkelheit schritten sie auf ein Gebäude zu, das Tungdil an die immensen Hallen seines Volkes erinnerte. Doch hier bildeten die Bäume die Pfeiler, und in zweihundert Schritt Höhe fügten sich die Kronen zu einem schützenden Dach zusammen, das vor Schnee und Regen schützte. Das Licht von unendlich vielen Glühwürmchen sorgte für angenehme Helligkeit.

Die Elben vervollständigten die natürliche Anmut und Erhabenheit der Natur mit ihrer filigranen Architektur. Tungdil erinnerte sich wieder an die geschwungenen Holzbögen und die sorgsam geglätteten Balken mit den vielen elbischen Runen und Zeichen Grünhains.

Der uneroberte Teil Âlandurs war ein Beispiel vollendeter Harmonie. Das Sternenlicht beschien kunstvolle Mosaiken aus hauchdünnen Gold- und Palandiumplättchen zwischen den Stämmen, die funkelten und flirrten. Bald durchschritten sie die Halle aus Bäumen und bewegten sich auf ein Runenmosaik zu, das ihnen mit seiner Pracht den Atem raubte.

»Ich kann die Spitzohren zwar noch immer nicht wirklich leiden, aber das«, meinte Balyndis und zeigte verstohlen auf die Arbeiten, »können sie wirklich gut.«

»Häuser aus Bäumen«, meinte Ingrimmsch zweifelnd. »Ich würde mich darin nicht wohl fühlen. Ein fester Fels über dem Kopf ist mir lieber, er übersteht einen Sturm sicher, und er brennt nicht.«