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Sie zischten unter einer Reihe von Stalaktiten hindurch, was Boïndil zu seinen Gunsten ausnutzte. Geschickt brachte er einen unvorsichtigen Ork dazu, dem zuckenden Beil so unglücklich auszuweichen, dass sein Gesicht mit einem der Kalkgesteine kollidierte. Eine Blutwolke sprühte auf, und das Ungeheuer wurde unter dem gehässigen Gelächter des Zwergs aus dem Karren gerissen.

Ingrimmsch mähte sich durch die Reihen der Grünhäute, die sich mehr schlecht als recht zur Wehr setzten; die Überraschung und die beengten Verhältnisse spielten dem Zwerg in die Hände. Sein freudiges Lachen, das Knurren und seine Schreie mischten sich ins Rattern der Lore. Endlich stand er vor dem letzten seiner Widersacher, einem kräftig gebauten Exemplar mit einer besseren Rüstung.

»Nein! Lass den Anführer leben!«, rief Tungdil. »Wir müssen ihn befragen.«

Aber der Zwilling war vollends in seinem Kriegsrausch versunken. Schon fuhren die Beile auf den Ork hernieder, der beide Angriffe nicht gleichzeitig abwehren konnte.

Andôkai gab Djerůn einen Befehl. Er reckte seinen gepanzerten Arm, packte die todgeweihte Bestie im Genick und hievte ihn wie ein Lastkran zu ihnen, wo er ihm das Schwert an die Kehle setzte. Der Wiederstand erstarb auf der Stelle.

»He! Das ist Betrug!« Boïndil hopste unerschrocken zurück auf seinen Platz wollte sich zum Heck des Karrens begeben, um dem Ork den Schädel zu spalten, doch Andôkai stellte sich ihm in den Weg.

»Nimm Vernunft an, Boïndil. Meine magischen Kräfte sind erholt genug, um dich gegen deinen Willen ruhig zu stellen«, warnte sie ihn mit eisigem Blick. »Erst müssen wir erfahren, was sich über unseren Köpfen tut.«

Deutlich erkannten sie, wie die Urteilskraft Ingrimmschs mit dem Wahn rang. Keuchend ließ er sich auf die Holzbank sinken, die Einsicht hatte gesiegt. »Von mir aus. Ich hatte meinen Spaß und werde bald noch mehr haben.«

Tungdil wandte sich dem Ork zu, seine Augen suchten ihren Gefangenen zu ergründen. »Was geschieht am Schwarzjoch?«, fragte er die Kreatur in der eigenen Sprache.

»Ich sage dir nichts, Unterirdischer«, ächzte er.

Der Zwerg langte nach Djerůns Visier und öffnete es. Violettes Licht fiel in das hässliche Gesicht des Gefangenen, das sich nun zu einer Maske des Entsetzens und der puren Angst wandelte. »Möchtest du es ihm sagen?« Er vermied es, in das Antlitz des Kriegers zu blicken; der kurze Eindruck in der Oase würde ihm sein ganzes Leben lang reichen. »Oder soll er dir zuerst einen Arm abbeißen?«

Der Ork quiekte in den schrillsten Tönen eine Bezeichnung, die er nicht verstand. »Nein, halte ihn zurück!«

»Was wollt ihr am Schwarzjoch?«

»Wir belagern die Unterirdischen, die sich dort versteckt halten«, berichtete er mit sich überschlagender Stimme. »Nôd’onn will sie vernichtet sehen.«

»Warum?«

»Ich weiß es nicht. Er will es eben!«

»Ist er dort?«

Der Ork schwieg, wobei er Djerůn nicht aus den Augen ließ.

Tungdil konnte seine Angst riechen. »Ist er der Magus am Tafelberg?«, wiederholte er seine Frage. Da immer noch nichts geschah, übernahm der Krieger die Initiative. Sein Kopf schnellte vor, und es krachte laut.

Der Ork jaulte auf und starrte auf den blutenden Stumpf, wo eben noch sein Unterarm gewesen war. »Er ist da! Er ist da!«, brüllte er die Antwort voller Schmerzen heraus.

»Wann wird der Angriff beginnen?«, verlangte Tungdil unbarmherzig zu wissen.

»Ich kann es nicht sagen. Ich soll mit meinen Soldaten in vier Umläufen dort sein«, stöhnte das Ungeheuer und versuchte, das hervorschießende grüne Blut mit seiner unverletzten Hand zu stoppen, aber der Druck war zu groß. »Mehr …«

Djerůn schien ausgehungert zu sein, und die Aussicht auf ein frisches Mahl machte ihn gierig. Er wartete nicht auf die Erlaubnis von Andôkai oder Tungdil, sondern stürzte sich auf den Ork, um ihn zu töten und den zuckenden Leichnam aufzufressen. Da er es mit dem Rücken zu den anderen tat, sah wieder niemand sein Gesicht.

Die Maga gab ihm eine Anweisung. Augenblicklich ließ er von dem Kadaver ab, schloss sein Visier und hockte sich hin. Die Vorderseite und der Helm waren grün gefärbt, und es stank widerlich nach den Innereien des zerfetzten Orks.

»Wirf ihn hinaus«, befahl sie ihm. Djerůn schleuderte die Überreste der Grünhaut aus der Lore.

»Wenn wir ihn nicht brauchten …«, sagte Ingrimmsch dumpf und beließ es bei seiner Andeutung. »Es ist ein dressiertes Raubtier, mehr nicht.« Er schaute zu Andôkai. »Hoffentlich ist dir dein Gott gewogen genug, dich immer die Macht über ihn haben zu lassen.« Der Zwerg verstaute seine Beile. »Falls nicht, sag mir Bescheid, und ich stehe dir bei.«

Sie verzichtete auf eine Antwort.

Der Sohn Samusins frisst die Schöpfungen seines Vaters. Tungdil betrachtete gebannt die eiserne Dämonenfratze, hinter der es immer noch blauviolett loderte, als brennte dort ein unlöschbares Feuer, dann warf er Narmora einen Blick zu. »Wenn die Orks innerhalb von vier Sonnenumläufen dort sein müssen, sollten wir es auch sein.« Er wandte sich wieder nach vorn. Der Fahrtwind wirbelte ihm frische Luft zu und trieb ihm den Gestank des toten Orks aus der Nase. Bald schon entscheidet sich, ob das Geborgene Land vom Übel befreit wird oder ihm zum Opfer fällt.

Das Geborgene Land, Königreich Gauragar, im Winter des 6234sten Sonnenzyklus

Unterwegs fanden sie einen Trupp von fünfzig Orks, der tot in den Röhren lag, abgeschlachtet von ihren unsichtbaren Schutzmächten, die sich ihnen weiterhin nicht zeigen wollten.

Unbehelligt verließen sie die Tunnel, um ganz in der Nähe des Schwarzjochs im ehemaligen Gauragar an die Oberfläche zu treten.

Tungdil erkannte die Gegend gleich wieder. »Wir müssen in diese Richtung.« Er führte sie den sanften Hügel hinauf, von dem aus er den Tafelberg zum ersten Mal erblickt hatte. Vorsichtig krochen sie auf die Spitze der Erhebung, um nicht von Wachen gesehen zu werden. Noch waren sie nicht für ihre Maskerade bereit.

»Bei Vraccas!«, raunte er. »Wir kommen gerade rechzeitig.«

Der finstere Tannenwald um den Tafelberg herum war verschwunden. Stattdessen erhoben sich hölzerne Konstrukte um das Schwarzjoch, auf deren Plattformen kleine Punkte hin und her liefen. Die Orks bauten Schwindel erregende Rampen, um Einstiege in den Berg zu entdecken oder auf den flachen Gipfel zu gelangen und von oben in die Festung einzudringen. Vermutlich hatten sie sich zuvor an den Hängen die Köpfe eingerannt oder waren zu Dutzenden von dem wütenden Fels abgeschüttelt worden.

Der düstere Felsbrocken wirkt ohne die Tannen drum herum noch bedrohlicher.

Gelegentlich ergoss sich aus verborgenen Öffnungen schwarze, dampfende Flüssigkeit und schwappte über die anstürmenden Orks am Boden, die darin vergingen. An einer anderen Stelle schnellten glühende Kugeln aus den Rillen, die nach kurzem Flug mitten in den Pulks der Angreifer aufschlugen. Die Blasen zerbarsten und setzten das Petroleum frei, um in ihrem Umkreis alles in Feuer zu hüllen.

Sie haben die alten Verteidigungsvorrichtungen zum Leben erweckt.

Doch es mochten noch so viele Bestien ihr Leben lassen, nichts brachte die Truppen Nôd’onns zum Aufgeben. Wie die Ameisen schwärmten sie in dem flachen Land umher, immer auf der Suche nach etwas, was sich beim Bau von weiteren Belagerungsgeräten verwenden ließe.

Die Oger spalteten die Tannen in zwei Hälften, fügten sie aneinander und bildeten auf diese Weise Türme und Rampen, die von den Verteidigern bislang jedoch rechzeitig genug in Brand geschossen oder mit langen Eisenketten zum Einsturz gebracht wurden, ehe sie von den Orks zum Sturm gegen den Berg genutzt werden konnten.

Geduldig sammelten die gigantischen Wesen die Überreste ein und setzten daraus neue Rampen zusammen, während die Orks darauf drängten, endlich in die Festung zu gelangen.