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Tungdil und seine Gefährten verfolgten ihn und standen letztlich in einer leeren Unterkunft. Verflucht, der Alb hat es geschafft, uns zu täuschen.

Währenddessen blieb Rodario, der sich einmal mehr angemaßt hatte, Nôd’onn zu sein, auf dem Platz zurück, sandte die herbeieilenden Ungeheuer zurück an die Front und wies sie an, jeden Feigling in der Truppe sofort niederzumetzeln. »Um die Verräterin kümmere ich mich selbst. Seht her!« Er reckte die Hand gegen Andôkai und murmelte unverständliche Silben. Andôkai spielte mit und ließ sich in den Staub sinken. Die Orks und Bogglins verneigten sich beeindruckt und kehrten um, um seinen Willen zu erfüllen.

»Einfaches Publikum ist ein Segen der Götter«, murmelte Rodario erleichtert unter der Kutte hervor. Sein Herz klopfte bis zum Hals. »Sie sind weg, es sieht keiner zu uns«, rief er ihr zu und stellte sich vor die verletzte Narmora, um sie mit seinem weiten Gewand zu verdecken. »Rasch, versorge sie.« Sie kroch zu der Halbalbin und wirkte heilende Magie, um ihre Wunden zu schließen. »Übrigens, Ihr habt durchaus Talent«, meinte der Mime, über die Schulter sprechend. »Ich habe selten auf der Bühne jemanden so schön umsinken sehen.«

»Sei still, Schwätzer«, zischte sie und konzentrierte sich.

In aller Eile und so unauffällig wie möglich trugen sie die Verletzten und den toten Alb ins Zelt und beratschlagten im Verborgenen. Ingrimmsch stand am Eingang und hielt Wache.

»Sinthoras ist geflüchtet, um den Magus vor uns zu warnen«, schätzte Tungdil und betrachtete den regungslosen Körper Furgas’, den Andôkai in einen Heilschlaf versetzt hatte, ohne den er die schwere Verletzung nicht überleben würde. Narmora hielt seine Hand, dabei zitterte sie selbst am ganzen Leib. Ihr Hals glitzerte dunkelrot von ihrem eigenen Blut.

»Es wird unser Vorhaben nicht einfacher machen«, meinte Andôkai und sah sich im Zelt um. »Aber wir haben eine Albaerüstung.« Kurzerhand zog sie den toten Alb aus und legte sich die Rüstungsteile an. Sie saßen an manchen Stellen zu knapp, an anderen zu weit, aber mit einem geschlossenen Helm und in der Begleitung Narmoras sollte eine erste Täuschung gelingen. »Nôd’onn wird den Unterschied im Kampfgetümmel zu spät bemerken.«

»Rodario, du musst uns als falscher Nôd’onn dorthin bringen, wo sich der echte befindet. Schaffst du das?«, legte Tungdil seinen neuen Plan zurecht.

»Sicher. Es macht Spaß, ein gefürchteter Magus zu sein«, grinste er und zog die Riemen um die Helme zurecht, die ihn größer machten. Dann schob er die mit Luft gefüllten Ledersäcke in Position, um die Fettleibigkeit Nôd’onns nachzuahmen, und vergaß auch nicht, seinen Flammenwerfer zu überprüfen. »Der Tanz kann beginnen, die geschätzten und verachteten Spectatores warten.«

»Hüte dich davor, zu übertrieben zu sein, sonst werden sie dich schneller in Fetzen reißen, als wir es verhindern können. Wenn uns jemand aufhalten sollte: Wir«, Tungdil deutete auf Balyndis und Boïndil, »sind von dir magisch beherrschte Überläufer, die den Orks den Weg in den Berg zeigen wollen.«

Andôkai nahm den Helm von Furgas und setzte ihn auf. Er passte nicht recht zu der aufwändig gearbeiteten Rüstung, aber anders ging es nicht.

»Verdammt«, stieß Ingrimmsch aus und schaute durch eine Spalte im Stoff. »Sie haben den Turm in Stellung gebracht! Das wird dieses Mal böse enden.« Er kniff die Augen zusammen. »Ich glaube, ich sehe den Magus! Er steht auf der mittleren Plattform und …« Betroffen schwieg er.

Sie eilten zum Durchgang, um mit eigenen Augen zu sehen, was Nôd’onn tat.

Der Tafelberg erbebte unter den Gewalten, mit denen der Magus an ihm rüttelte. Schwarze Blitze schossen aus dem Onyx und strichen über das Gestein. Das Knacken und Knistern hörten sie bis ins Lager.

Das Schwarzjoch leistete hartnäckig Widerstand, der Fels weigerte sich zu bersten, bis die Magie mit Macht in ihn hineinfuhr und ihn sprengte.

Gerölllawinen donnerten staubumtost nach unten, die schützenden Vorsprünge brachen weg und gaben die Stollen dahinter frei, die ins Innere des Tafelberges führten.

Die Mannschaften des Turmes fuhren sofort die Rampen aus; aus jeder Etage schoben sie die eilig zusammengezimmerten Brücken und legten sie an die entstandenen Löcher. Noch während die breiten Stege ausgefahren wurden, rannten die ersten Orks darauf entlang und sprangen in die Gänge, wo sie von den Äxten der Zwerge empfangen wurden.

Nôd’onn wartete, bis die Mehrzahl der ersten Angreifer von den Plattformen in die Festung gestürmt war, dann setzte er sich gemächlich in Bewegung, um ins Innere zu gelangen.

Jetzt wissen wir wenigstens, wo er ist. Tungdil atmete tief durch. »Wir lassen Furgas hier, einen sichereren Ort gibt es im weiten Umkreis wohl kaum«, entschied er. »Seid ihr beiden bereit?«

Narmora und Rodario nickten.

Als sie durch die Reihen der ehrfürchtig niederknienden Bestien schritten, die mit ihrem tumben Verstand auf ihre Maskerade hereinfielen, hatte Boïndil unvermittelt das Gefühl, dass sie in der Aufregung etwas Wichtiges vergessen hatten. Doch er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, worum es sich handeln mochte. *

Sie blieben hoch wachsam, immer damit rechnend, dass Sinthoras auftauchte und sie aus dem Hinterhalt attackierte. Ihr Vorteil bestand darin, dass er in diesem Getümmel keinen sauberen Bogenschuss abgeben konnte, so musste er dicht an sie herankommen. Doch der Alb ließ sich nicht blicken.

Ungehindert erreichten sie den vordersten und größten der insgesamt fünf Belagerungstürme, erklommen die breiten Treppen, die zu den Plattformen führten, und benutzten die gleiche Rampe, über die Nôd’onn eben noch geschritten war.

Wie durch ein Wunder gelangten sie unversehrt durch den Stein- und Pfeilschauer, den die Verteidiger von oben gegen sie sandten, in das Innere des Schwarzjochs. Schon von weitem drang der Kampflärm zu ihnen, das Gebrüll der Orks mischte sich mit dem Krachen der Schwerter, Keulen und Äxte.

»Ich sorge dafür, dass sie keinen Nachschub erhalten«, sagte Andôkai und wandte sich dem gigantischen Turm zu, wo Oger an den Seitenwänden hinaufkletterten, um von der Spitze bis auf das Plateau des Tafelberges zu gelangen. Die Tunnel waren zu klein für sie, daher wollten sie den flachen Rücken der imposanten Erhebung erklimmen, um die Verteidiger anzugreifen und zu vernichten.

»Verausgabe dich nicht zu sehr«, warnte Tungdil sie, aufmerksam um sich spähend, ob ein Ork auftauchte. »Wir sind gegen Nôd’onn auf deine Kräfte sicherlich angewiesen.«

»Es braucht nicht viel.« Die blonde Maga zeichnete blau leuchtende Runen in die Luft, die sich zu einer Kugel verbanden. Das magische Gebilde flog fauchend in die unterste Etage des Turmes und barst auf einen Befehl Andôkais hin auseinander.

Es pfiff wie bei einem starken Sturm, die Böe zerriss die Halteseile und knickte die dicken Stämme, als wären es dürre Zweige. Die erste Plattform wurde durch die Kraft des Windes zerbrochen, woraufhin die Konstruktion ihre Stabilität verlor und sich ächzend nach links neigte.

Unter dem immensen Druck brachen weitere Streben, und die Oger fielen wie abgeschüttelte Käfer und mit den Armen rudernd hinab, mitten in das schwarze Gewimmel aus Orks, Bogglins und anderen Kreaturen. Schließlich stürzte der Belagerungsturm in sich zusammen und begrub hunderte von Ungeheuern unter sich. Das entsetzte Brüllen und Kreischen klang wie Musik in ihren Ohren. Die Trümmer lagen genau vor dem Zugang zum Berg, und die kleineren Belagerungstürme würden erst herangeschafft werden können, wenn die störenden Überreste weggeräumt wären.

»Das wird sie eine Weile beschäftigen«, sagte Andôkai zufrieden.

»Wir müssen uns einen Weg zu dem Verräter bahnen«, befahl Tungdil und gab sein Dasein als williger Sklave Nôd’onns auf. »Schluss mit dem Mummenschanz, ehe dich die Zwerge für den echten Magus halten und dich voller Freude zerteilen.«