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Furgas … Ihre Kraft schwand, die Finger, die sich um den Griff der Feuerklinge klammerten, öffneten sich gegen ihren Willen. Die Axt fiel klirrend auf die Brücke, prallte ab und rutschte über die Kante in die Tiefe.

X

Das Geborgene Land, das Königreich Gauragar, Schwarzjoch, im Winter des 6234sten Sonnenzyklus

Tungdil hatte den Kampf Narmoras mitverfolgt, ohne von unten eingreifen zu können. Ihr Ende zu sehen versetzte ihn in rasende Wut.

Nôd’onn umrundete unterdessen die weiter von ihnen entfernte Säule nach unten und würde in wenigen Augenblicken bei ihnen sein. Ohne die Feuerklinge ist jeder Widerstand gegen den Magus sinnlos.

»Ich hole die Axt«, rief er Balyndis zu. »Haltet mir die Orks vom Leib und gebt auf Nôd’onn Acht! Andôkai muss ihn beschäftigen, bis ich zurückkehre.«

Sie nickte grimmig und fällte die Bestie, die sich gerade auf ihn stürzen wollte, mit einem einzigen Schlag. »Geh!«

Tungdil löste sich aus dem Scharmützel und gab den Kriegern der Ersten, Zweiten und Vierten mit seinem Horn auf der anderen Seite der Halle das Signal, dass er ihre Unterstützung benötigte. Vereinzelt schmetterten sie ihre Antworten, und an manchen Stellen nahm das Klirren der Waffen an Intensität zu. Die Ablenkung würde hoffentlich dazu führen, dass sich die Orks weniger um ihn scherten.

»Vraccas, wenn du willst, dass im Geborgenen Land weiterhin dein Name verehrt wird, steh mir bei«, betete er knapp und stürzte sich in das Dickicht aus stinkenden Rüstungen und Beinen.

Er verzichtete darauf, den Wald mit seiner Axt zu lichten und auf sich aufmerksam zu machen, sondern bemühte sich, in gebeugter Haltung möglichst ohne Widerstand zwischen den Bestien hindurchzugelangen. Einem Gnom wie Swerd wäre das leicht gefallen, einem gedrungenen Zwerg aber bereitete es Schwierigkeiten.

Gelegentlich bemerkten sie ihn, doch ehe sie ihn greifen konnten, hatte er sich wieder davongemacht. Zweimal musste er seine Waffe einsetzen, um eine grünhäutige Hand zu kappen, die ihn festhalten wollte.

So gelangte er zu der Stelle, wo er die Feuerklinge nach ihrem Fall von der Brücke hatte verschwinden sehen. Seine Augen suchten aufmerksam den Boden ab, doch sie war verschwunden.

»Ho, Tungdil! Ich habe etwas für dich«, rief ihm jemand von hinten zu. Er wandte sich um, sah gerade noch einen Zwergenkörper verschwinden und die Intarsien am Kopf der Feuerklinge aufblinken. »Komm und hol es dir.«

Ein schlechter Zeitpunkt für einen Scherz. Mit seinem schmerzenden Bein machte er sich an die Verfolgung und verließ im Schutz einer Säule die Horde Orks, die weiterhin gegen die Zwergenkrieger anrannten und sich kaum um das scherten, was in ihren Rücken vorging.

Zu seiner Überraschung stand er jenem Zwerg gegenüber, mit dem er am wenigsten gerechnet hatte und der ihm nun die Axt entgegenhielt. »Du?«

»Möchtest du sie?«, fragte Bislipur lauernd, den ein Sturz aus großer Höhe grässlich entstellt hatte. Sein ganzer Körper war deformiert, und den Anblick seines zerschmetterten Gesichts mit der klaffenden Wunde im Schädel konnte Tungdil kaum ertragen.

»Du bist für deine Machenschaften bestraft worden, wie ich sehe«, erwiderte er finster und hielt seine eigene Axt angriffsbereit. Das Tote Land hat ihn. »Gandogar …«

»Gandogar ist mir gleichgültig.«

»Dein Herr, für den du auf hinterlistige Weise den Thron des Großkönigs erringen wolltest, ist dir unversehens gleichgültig?«

»Nicht unversehens, sondern schon immer. Mein Bestreben war es, denjenigen auf den Thron zu setzen, den ich lenken und leiten kann, wie es mir gefällt«, sagte er und ließ die Axt spielerisch kreisen. »Der Krieg gegen die Elben, das war mein Ziel. Dafür habe ich Gandogars Vater und seinen Bruder getötet und es den Elben in die Schuhe geschoben, um seinen Hass zu schüren.« Er lachte und deutete auf die Kämpfe um sie herum. »Die Spitzohren benötige ich nicht mehr. Und es läuft sogar besser, als ich erwartet habe.« Bislipur erkannte den Unglauben in den Augen seines Gegenübers. »Ich bin ein Dritter, Tungdil. Genau wie du.«

»Nein«, wisperte er. Die Gefechte und das Geschrei verblassten, er sah einzig das überlegene Lächeln des Zwergs vor sich, mit dem er sich anfangs auf unerklärliche Weise verbunden gefühlt hatte. »Ich bin kein Dritter … Ich bin ein Vierter.«

»Wie ich?!«, lachte er ihn aus. »Wir sind dazu bestimmt, uns an den anderen zu rächen, Tungdil. Sie haben Lorimbur und uns nichts gelehrt, sie haben uns verspottet, weil sie sich für etwas Besseres hielten. Ihr Können machte sie überheblich wie die Elben. Erinnere dich, was sie mit dir anstellten.« Er kam näher. »Der feine Balendilín und der edle Gundrabur, sie haben dich benutzt, weil es ihnen in den Kram passte! Meinst du, sie hätten sich um dich gesorgt, wenn sie dich nicht für ihre Posse benötigt hätten? Du säßest noch immer bei Lot-Ionan und wärst ihnen gleichgültig, sie hätten den Brief einfach weggeworfen.« Sein Blick wirkte hypnotisch, die Worte fraßen sich in Tungdils Verstand fest. »Verabscheuungswürdig, so sind sie alle. Deshalb müssen sie sterben.«

»Nein«, wagte er zögernd Widerspruch. »Balyndis …«

Bislipur lachte meckernd. »Ein Weib, das du magst? Was wird sie tun, wenn sie erfährt, dass du ein Zwergentöter und Verräter bist wie ich? Deine Zukunft ist bei den Dritten, nicht hier. Hier ist nur der Tod.«

»Ein Verräter …« Fassungslos starrte er auf das Gemetzel in der Halle. Erst jetzt erkannte er die Tragweite der Worte. »Du warst es! Du hast die Bestien in die Zwergenreiche geführt …«

»Ich habe in Nôd’onn jemanden gefunden, der ein viel größerer Verbündeter ist. Ich versprach ihm, dass sich die Dritten ihm nicht in den Weg stellen würden, wenn er die anderen Stämme dafür vernichtete. Die Gelegenheit musste ich einfach nutzen.«

Tungdil schluckte, seine Hände umfassten den Stiel fester. »Du bist wahnsinnig. Du hast das Geborgene Land in die Hand des Bösen gegeben, nur um …«

»Nein!«, schrie Bislipur unvermittelt. »Nicht ›nur‹, sondern um unsere Bestimmung zu erfüllen, um endlich das zu vollenden, was unser Stamm seit tausenden von Zyklen versucht. Ein größeres Ziel gibt es für uns beide nicht! Uns gehören alle Gebirge, wenn sie nicht mehr sind.«

»Rede nicht, als beträfe es mich. Ich bin ausgezogen, um Nôd’onn aufzuhalten und die Zwergenstämme zu retten. Ich kann kein Dritter sein!«, schrie er verzweifelt.

»Doch, du bist einer von uns«, blieb Bislipur überzeugt. »Ich sah es sofort, als du in die Halle tratest, aber du verleugnest den Hass in deinem Herzen. Lausche in dich hinein, und du wirst die Wahrheit meiner Worte erkennen.«

»Die Wahrheit aus dem Mund eines Verräters?« Tungdil blickte ihn verächtlich an und holte tief Luft. »Gib mir die Feuerklinge.«

Er blickte lauernd. »Um was damit zu tun?«

»Nôd’onn zu vernichten. Gandogar und die anderen werden entscheiden, was mit dir geschieht.«

»Dann wirst du sie mir abnehmen müssen. Du hast den Tod gewählt, Tungdil. Sehr schade«, meinte Bislipur bedauernd und klopfte auf die Axt. »Wenn man bedenkt, dass du so viele Entbehrungen auf dich genommen hast, nur um deine eigene Hinrichtungswaffe zu schmieden …«

Ohne Vorwarnung attackierte Tungdil den Verräter, aber sein Angriff wurde abgeblockt. Bald entspann sich ein heftiges Gefecht zwischen den Zwergen, doch keiner gewann die Oberhand.

»Du willst deine Abstammung immer noch verleugnen?«, meinte der Hinkende höhnisch. »Wie sonst hättest du in der kurzen Zeit so gut zu kämpfen gelernt, wenn es dir nicht vererbt worden wäre?«

»Nein!«, schrie Tungdil wütend und schlug zu. »Ich will kein Dritter sein!«

Bislipur hielt dagegen und zertrümmerte Tungdils Waffe. Der Holzschaft brach ab, der schwere Kopf trudelte gegen den Nasenschutz seines Helms und ließ ihn Sternchen sehen.