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»Doch, es ist etwas. Ist es der Umstand, dass du denkst, ein Dritter zu sein?«

»Ich bin ein Dritter, wie sonst hätte die Feuerklinge ihre Macht entwickelt?«

»So sei ein Dritter und diene uns als Beweis, dass nicht alle aus diesem Stamm Ausgeburten an Hinterhältigkeit sein müssen, wie es Bislipur und Glamdolin waren«, sprach Balendilín feierlich. »Wirst du zu uns zurückkehren, oder folgst du dem Herzen?«, blinzelte er verschmitzt.

»Ich gehe mit Balyndis, ja, aber nicht zu den Ersten«, bestätigte er die Vermutung feixend. »Unsere Vorliebe für die Esse und die Erfahrungen der Reise haben uns aneinander geschmiedet. Wir reisen ins Reich der Fünften. Boïndil begleitet uns, und unterwegs wird Boëndal zu uns stoßen. Ich habe Giselbart Eisenauge ein Versprechen gegeben, und ich werde es halten.«

Der aufsteigende Wind trug ihnen den Geruch von Fäule herüber. Er stammte vom Schlachtfeld rings um das Schwarzjoch, wo die toten Orks, Oger, Bogglins und Albae lagen. Sie waren von den vereinten Streitmächten der Elben und Menschen vernichtet worden, und die wenigen Orks, die ihnen entkommen waren, bedeuteten keine Gefahr mehr. Ohne die Macht des Toten Landes waren sie zu Kadavern geworden. Die Sonne taute ihre gefrorenen Leichen auf, die Zersetzung begann, ehe der Frost sie die Nacht über konservierte.

»Es wird lange dauern, bis wir alle bestattet haben«, sagte Gandogar betrübt. »Ich hoffe, dass der Boden so viel Tod verträgt.«

Rodario näherte sich ihnen, einmal mehr notierte er sich, was er sah und hörte. »Ein sehr schöner Schluss für ein Theaterstück, nur die vielen Leichen, die lassen wir weg. Das ist auf der Bühne ohnehin nicht umsetzbar.« Er reichte Tungdil die Hand. »Es war mir eine Ehre, mit dir gereist zu sein. Wenn du nach Mifurdania kommen solltest, schau ins Curiosum, das es bald wieder geben wird.« Er zwinkerte ihm zu. »Du hast als Hauptfigur natürlich freien Eintritt. Und Balyndis auch.«

»Wann brecht ihr auf?«

»Sobald mein Technicus und meine Albin wieder auf einem Pferd sitzen können. Das wird in zwei Wochen sein. Man hat uns Unterkunft gewährt.«

Andôkai gesellte sich zu ihnen. »Djerůn und ich verabschieden uns ebenso«, sagte sie in die Runde. »Ich muss in meinem Reich nach dem Rechten sehen und so schnell wie möglich eine neue Schule aufbauen.«

»Weshalb die Eile, meine Schöne?«, neckte sie Rodario.

Sie blieb ernst. »Ich möchte die Freude ungern trüben.«

»Nur zu. Bei diesem grandiosen Erfolg ist es kaum möglich«, sagte er übertrieben heiter und gelöst.

»Darauf würde ich nicht wetten.« Ihre Lippen wurden schmal. »Was ist, wenn in Nôd’onns Worten ein Funken Wahrheit steckte?«

»Die Gefahr aus dem Westen?«, lachte der Mime ungläubig. »Seid Ihr auf den Trick hereingefallen, geschätzte Maga? Ihr enttäuscht mich.«

»Sagen wir einfach, dass ich wachsam bleiben werde.« Sie legte eine Hand auf Tungdils Oberarm. »Der wichtigste Mann mit der passenden Waffe sitzt jedenfalls in der Nähe des Tores, an dem das Übel klopfen wird, sollte Nudin sich nicht getäuscht haben.« Jetzt lächelte Andôkai doch. »Du schaffst es notfalls auch allein, bei deinem Dickschädel, Tungdil.«

Sie verabschiedeten sich mit einer langen Umarmung voneinander, nur Rodario ging leer aus. Er zog eine Schnute und stakste davon, nur um sich auf halbem Weg umzudrehen und ihnen zuzuwinken. »Geht nur, bezaubernde Maga. Wie Ihr sagtet, ich suche mir Frauen, die mich schätzen. Ha, und wie die mich schätzen!«

Andôkai ging, Djerůn folgte ihr wie immer. Die anderen blickten dem seltsamen Paar hinterher und hingen ihren Gedanken nach, bis sich Balendilín räusperte.

»Ich gehe ebenfalls, liebe Freunde. Ich muss die nächste Versammlung der Zwergenstämme vorbereiten, die bald stattfinden wird.« Er nickte Gandogar zu. »Es gibt keinen Zweifel daran, wer zum Großkönig gewählt werden wird, nachdem du aus dem Schatten Bislipurs getreten bist. Du hast dich bewährt und wirst Gundrabur ein guter Nachfolger sein.«

»Selbst ich würde ihn wählen«, grinste Tungdil. Der König der Vierten schlug in die dargebotene Hand ein und schüttelte sie fest. Die Ergriffenheit stand in seinem Gesicht. »Denkt daran, dass jeder Stamm einhundert seiner besten Krieger und Handwerker ins Reich der Fünften entsendet, damit Balyndis und ich nicht so einsam sind und wir den Steinernen Torweg schließen. Das Graue Gebirge soll mit neuem Leben erfüllt werden«, erinnerte er sie und hatte dabei Giselbarts Bitte an ihn genau im Gedächtnis. »Die Hallen dürfen nicht länger verwaist sein. Ich werde sehen, ob die Zwerge in den Schnelltunneln mit sich reden lassen. Vielleicht möchten sie ein neues, besseres Zuhause als die zugigen Stollen.«

»Auf jeden Fall werden wir sie fragen«, stimmte ihm Gandogar zu.

»So bilden sich neue Stämme, ohne dass Vraccas sie schaffen muss. Und was machen wir mit dem Stamm der Dritten?«, wollte Balendilín wissen.

Tungdil schaute vom Schwarzjoch in Richtung Osten zum Schwarzen Gebirge, wo sich das Reich der Nachfahren Lorimburs befand.

»Ich bin sicherlich nicht der Einzige von ihnen, der keinen Hass im Herzen trägt«, antwortete er leise. »Wenn wir im Reich der Fünften Ordnung geschaffen haben, gehe ich zu ihnen und rede mit ihnen.« Er schaute in die Gesichter der Könige. »Es war mir ernst, als ich mir von euch allen Frieden wünschte. Davon möchte ich die Dritten nicht ausschließen.«

Balyndis lächelte und fasste seine Hand, er drückte sie.

Nach und nach verschwanden die Menschen, Elben und Zwerge vom Plateau. Balyndis und Tungdil blieben, bis die Sonne sank, die Nachtgestirne über dem Geborgenen Land aufgingen und die Luft klirrend kalt wurde, denn noch regierte der Winter.

Ihre Finger hatten sich noch immer nicht voneinander gelöst, und er dachte nicht im Traum daran, die Schmiedin herzugeben.

Eine Sternschnuppe zog ihre leuchtende Spur von Osten nach Westen, ihr Schweif wandelte sich von weiß zu rot, je näher sie nach Westen kam, dann leuchtete sie grell und löste sich auf. Zurück blieben dunkelrote Pünktchen, die langsam verglühten und Tungdil an Bluttropfen erinnerten.

»War das ein gutes oder ein schlechtes Omen?«, fragte ihn Balyndis verunsichert.

Er zuckte mit den Achseln, trat hinter sie und schlang seine Arme um sie. »Ein gutes«, antwortete er nach einer Weile und streichelte ihren Bartflaum.

»Woher weißt du das?«

Seine Augen wanderten durch die Dunkelheit und sahen vereinzelte Lichtflecke der Siedlungen aufleuchten. Er freute sich über die Stille, die ihnen der Frieden gebracht hatte. Der Zwerg war auf den Frühling gespannt, wenn das Geborgene Land zum ersten Mal wieder überall grünen und blühen würde. Zum ersten Mal seit mehr als eintausend Zyklen.

»Wir haben so viel Schlechtes erlebt, da kann es nur etwas Gutes bedeuten«, raunte er in ihr Ohr. »Der Schweif war rot, wie die Farbe der Liebe, also mach dir keine Sorgen. Komm, wir gehen zu den anderen. Mir ist nach langer Zeit wieder nach feiern zumute.«

Hand in Hand liefen sie über das Schwarzjoch, das seinen Schrecken für die Zwergenstämme verloren hatte.

Während sie die Stiegen ins Innere hinabgingen, tauchte von ihnen unbemerkt ein zweiter, stürzender Himmelskörper auf.

Zischend schoss auch er in Richtung Westen. Ohne zu verglühen, sank er weiter in Richtung Boden, durchstieß die Wolkendecke, einen tiefroten Schweif hinter sich her ziehend, und verschwand am Horizont hinter dem Gebirge der Ersten. Als er mit einem dumpfen Grollen einschlug, erbebte das Geborgene Land ganz sanft, und auch der Tafelberg schüttelte sich.

Dann war es vorüber …

ENDE

Danksagung

Nach Ulldart rief ein Projekt, an das ich mit Spannung und einem merkwürdigen Gefühl in der Magengegend heranging: die Zwerge. Wenn man sich als Autor einer Sache annimmt, die bei vielen Fantasy-Leserinnen und -Lesern mit festen Vorstellungen verknüpft ist, läuft man schnell Gefahr, eben diese Vorstellungen zu enttäuschen oder aber in Beliebigkeit zu verfallen.