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»Du bist … ein Zwerg!?«, keuchte dieser verblüfft und rappelte sich auf.

»Was denn sonst? Sehe ich aus wie eine Elfe?« Er bückte sich, hob die Axt auf und warf sie Tungdil zu. »Nimm und halte sie dieses Mal gut fest. Für einen Schwatz ist später Zeit.« Mit grimmigem Gelächter stürzte er sich in die tobende Schlacht.

Tungdil sah, dass außer seinem Lebensretter ein zweiter Zwerg auf dem Weg stand, der dem Ersten abgesehen von dessen Haartracht in Gestalt und Rüstung bis in die kleinste Kleinigkeit glich. Er schlug beherzt mit einem eisernen Krähenschnabel um sich, einer Art Kriegshammer mit einem unterarmlangen Sporn.

»So, ihr wollt uns töten? Dafür seid ihr zu wenig!« Mit dröhnender Stimme verhöhnte sein Beschützer die Orks. »Eure hässliche Mutter muss sich mit einen Elben eingelassen haben, so scheußlich seht ihr aus«, reizte er die Horde. »Mit einem räudigen, einbeinigen, ohrlosen Elben! Und eure Mutter hatte auch noch Vergnügen dabei!« Sobald einer der Orks grunzend nach vorn sprang, blitzten die Beile des Zwergs auf und brachten den Tod. »Kommt her, ihr anderen dürft es noch einmal versuchen!«

Sein Bruder verzichtete auf lautes Gerufe, sondern wütete präzise unter den Angreifern, zerschmetterte Gliedmaßen und durchbohrte Leiber.

Die Zahl der kämpfenden Orks hatte sich unter ihren Schlägen auf vier reduziert, die übrigen lagen tot umher und tränkten die Erde des Hains mit ihrem Blut. Als sich die letzten Scheusale zu einem gleichzeitigen Angriff entschlossen, stellten sich die beiden Kriegerzwillinge Rücken an Rücken.

»Hussa, jetzt geht es rund!«, rief Tungdils Retter mit irrem Leuchten in den Augen.

Sie warteten nicht, bis die Orks heran waren, sondern schraubten sich in die Attacke der Unholde hinein, drehten sich dabei wie zwei Spieluhrfigürchen um ihre Achse und gaben sich in ihrer Sprache Anweisungen, auf was der Hintermann zu achten hatte.

Die ungewöhnliche Kampfweise sicherte dem Duo den raschen Sieg gegen die Übermacht. Der letzte Schlag wurde von einem schallenden Lachen und einem hämischen »Oink, oink« begleitet.

Tungdil empfand enorme Achtung. Die beiden schickten die ganze Horde Orks in den Tod, ohne auch nur eine Schramme davonzutragen. Er stand wie vom Donner gerührt auf dem Weg und bemerkte erst jetzt, dass er zum Zuschauer geworden war.

»Das Lebensfeuer von Vraccas’ Esse möge allzeit in dir lodern«, grüßte ihn der andere Zwerg. »Ich bin Boëndal Pinnhand aus dem Clan der Axtschwinger vom Stamme des Zweiten, und das ist mein Bruder Boïndil Zweiklinge oder auch Ingrimmsch genannt«, stellte er sich vor, und die braunen Augen musterten Tungdil freundlich.

»Ja. Er sieht nicht so aus, als würde er es mit mehreren Schweineschnauzen aufnehmen können«, lachte sein Bruder herzlich. »Er hatte ja schon mit einer seine liebe Not. Oder wolltest du die Viecher mit der bloßen Hand erwürgen? Hast du deine Axt deshalb weggeworfen?«

»Ihr seid wahrlich im rechten Augenblick erschienen«, erwiderte Tungdil und blinzelte. Etwas in Boïndils Augen irritierte ihn; es mochte das seltsame Flackern, das fanatische Leuchten sein, das ihm zuvor schon aufgefallen war. Er schob es auf die Aufregung des Kampfes.

»Lass das Ge-Ihre und Ge-Euche«, meinte der andere augenzwinkernd, »wir Zwerge bevorzugen das schlichte Du, denn wir sind alle von Vraccas aus dem gleichen Stein gemacht worden.«

»Gut, ich merke es mir. Ich verdanke euch mein Leben«, sagte Tungdil bewegt und freudig zugleich, weil er zum ersten Mal seit seiner Wanderung auf Angehörige seines Volkes stieß. Tausend Fragen und mehr bedrängten ihn.

Boëndal schüttelte den Kopf, und der lange Zopf bewegte sich wie eine fette schwarze Schlange auf seinem Rücken. »Du musst uns nicht danken, wir stehen allen Zwergen bei.«

»Und wenn es einer vom Stamm der Dritten ist, verprügeln wir ihn hinterher«, feixte Boïndil, während er seine Beile im hohen Gras vom Blut und weiteren Körperflüssigkeiten seiner Gegner reinigte.

»Es hat lange gedauert, bis wir dich fanden.« Boëndal zögerte. »Falls du Tungdil Bolofar bist …«

»Bolofar, welch ein Name«, grummelte sein Bruder. »Ist das so ein magischer Firlefanz? Soll er dich vor etwas schützen?«

Die Überraschung stand Tungdil ins Gesicht geschrieben. »Ja, ich bin Tungdil«, gestand er zögernd. »Woher …«

»Dann sage mir, wie dein Meister heißt und wohin du möchtest.«

»Er heißt Lot-Ionan der Geduldige, und mein Weg geht euch, so sehr ich euch Dankbarkeit schulde, nichts an«, kam es widerborstig aus seinem Mund. »Noch kenne ich euch nicht so gut, dass ich meine Geheimnisse mit euch teile.«

Boïndil lachte laut und schallend. »Ja, das nenne ich eine passende Antwort. Auch wenn er gelehrtenhaft daherredet.« Er legte ihm die Hand auf die Schulter. »Wir wissen, dass du zu Gorén gehen sollst, dein Meister hat es uns gesagt. Es war eine Prüfung, um sicher zu gehen, dass wir den richtigen Zwerg vor uns haben.«

»Den Richtigen?«, hakte er nach. »Ich verstehe nicht …« Dann erinnerte er sich an den Brief, den Lot-Ionan an den Stamm des Zweiten geschickt hatte. »Natürlich! Mein Stamm will mich sehen!«, freute er sich. »Aber wozu die Eskorte? Wegen der Orks?«

»Es ging uns eigentlich mehr darum, dich schnell in unser Reich zu bringen. Großkönig Gundrabur schickt uns, dich abzuholen und zu geleiten«, eröffnete ihm Boëndal, während er die lange Spitze des Krähenschnabels vorsichtig mit einem Fetzen Stoff abwusch, den er sich aus dem Wams eines Orks riss.

Sein Bruder zückte ein Öltuch und pflegte die blitzenden Klingen der Beile damit. »Eigentlich müsste man den Orks eine Eskorte schicken, um sie vor uns zu schützen«, gluckste er.

»Der Großkönig«, raunte Tungdil ehrfürchtig. »Wie komme ich zu dieser Ehre?«

»Wir bringen dich in die Feste Ogertod, wo du deinen Anspruch gegenüber dem anderen Thronanwärter verteidigen wirst.« Er sagte dies in einem Tonfall, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt.

»Der … andere Thronanwärter?«, wiederholte Tungdil ungläubig und betrachtete die faltigen Gesichter der Zwillinge. »Welch ein Anwärter? Und auf welchen Thron? Was habe ich damit zu schaffen?«

»Wir könnten ihn Tungdil Ohneahnung nennen.« Boïndil lachte hustend. »Da brat mir einer einen Elben! Der Kleine weiß nichts, gar nichts«, dröhnte er. »Lass uns noch ein paar Schritte von den Schweineschnauzen weggehen, ihr Geruch bringt mich zum Kotzen. Wir schlagen eine Meile von hier ein Lager auf, wo wir ihm alles erklären, Bruderherz«, wandte er sich an sein Ebenbild.

Offenbar dachte er nicht daran, dass Tungdil etwas gegen seinen Vorschlag haben könnte, aber weil dieser zu sehr von der Neugier geplagt wurde, erhob er keinen Einspruch. Die Gruppe marschierte weiter, dann rasteten sie abseits des Weges.

»Es geht doch nichts über ein leckeres Essen nach einem gewonnenen Kampf.« Boïndil entfachte ein Feuer und begann, Käse an einem Stöckchen zu braten.

»Und wenn man den Kampf verloren hat, fastet man dann?«

»Nein, dann kann es einem gleichgültig sein. In Vraccas’ ewiger Schmiede gibt es leckere Sachen«, röhrte er und drehte seinen geschnitzten Spieß.

Der aufsteigende Geruch stellte Tungdil die Luft ab. »So etwas habe ich schon einmal gerochen. Das war ganz zu Beginn meiner Reise, als meine Füße nach einundzwanzig Umläufen in den Stiefeln furchtbar stanken.«

»Ho, ein Kostverächter?«, meinte Ingrimmsch und ahmte seinen Abscheu nach. »Es ist der beste Käse, den es im Zwergenreich gibt. Los, Boëndal, gib ihm was davon, damit sein Gaumen den rechten Geschmack findet. Die lange Zeit unter den Menschen hat ihn verdorben.«

Sein Bruder schnitt Brot mit Schinken ab, um es Tungdil mitsamt dem Käse zu reichen. »Ich erkläre es dir in wenigen Sätzen. Großkönig Gundrabur wird nicht mehr lange leben, und der Thron muss bald von einem Zwerg aus dem Stamm des Vierten besetzt werden. Der Großkönig erfuhr durch den Brief des Magus von deiner Existenz und deinem Geheimnis.«

»Jetzt habe ich auch noch ein Geheimnis«, stöhnte Tungdil auf, der es noch nicht über sich brachte, das Käsestück in den Mund zu schieben. Es wurde allmählich zu viel des Guten.