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Die beiden Kontrahenten traten in den Halbkreis zwischen Thron und Tribünen. Balendilín fungierte als Unparteiischer; er warf Tungdil einen freundlichen Blick zu, um ihn zu beruhigen. »Kämpft hart und ehrenhaft«, forderte er schließlich und trat zurück. Die Arena war freigegeben.

Gandogar begann sofort mit einer Angriffsserie und führte einen Hieb nach dem anderen gegen den Schild Tungdils; dabei wirkten die flirrenden Diamanten an seiner Klinge zusätzlich irritierend. Tungdil spähte über den Metallrand und schaute, wohin die abgestumpfte Schneide als Nächstes niederzuckte; dabei ließ er sich immer weiter zurückfallen, bis er eine Säule im Rücken spürte.

Beim nächsten Schlag des Königs tauchte er weg und drosch seinerseits überraschend zu. Sein Beil rutschte mit einem hässlichen Geräusch über den hastig nach oben gerissenen Schild und prallte gegen die untere Helmumrandung. Benommen taumelte Gandogar zwei Schritte zurück.

»Setz nach!«, brüllte Boïndil mitfiebernd, und Tungdil sprang, erfreut von seinem Erfolg und angetrieben von seinem Lehrer, ungestüm nach vorn.

Niemals. Bislipur erkannte, dass sich eine unangenehme Wendung für seinen Schützling anbahnte, und handelte. Er rempelte Swerd an, der neben ihm stand, und der Kopf des Gnoms kollidierte mit dem Humpen eines Zwergs. Bier schwappte aus dem Gefäß und klatschte zu Boden.

Tungdil wurde die Pfütze zum Verhängnis. In seiner Hast übersah er die Flüssigkeit auf den Marmorplatten, doch der Untergrund wandelte sich zu einer schlüpfrigen Rutschbahn. Sein rechter Fuß glitt zur Seite, er geriet ins Straucheln und verfehlte Gandogar.

»Törichter Gnom!« Bislipur schalt Swerd sogleich laut und deutlich wegen seiner Tölpelhaftigkeit und drohte ihm Schläge und eine anhaltende Bestrafung mit dem Halsband an.

»Das war Absicht!«, brauste Boëndal auf.

»Nein, war es nicht. Aber sei beruhigt, ich schlage ihn windelweich.« Bislipur täuschte Bedauern über das Missgeschick vor.

Das brachte Tungdil freilich nichts. Gandogar erholte sich rasch und schlug in dem Augenblick zu, als sein Widersacher an ihm vorbeischlidderte. Das schwere Beil traf Tungdil hart in den Rücken; die Wucht ließ ihn vollends die Kontrolle verlieren. Fluchend stürzte er und verlor damit den ersten Wettstreit.

Einige Clans aus dem Stamm der Vierten und andere Anhänger Gandogars jubelten und lachten Tungdil aus, der sich mühsam auf die Beine stemmte. So hatte er sich den Kampf nicht vorgestellt.

»Ich bin an der Reihe«, rief er laut, um sich gegen das Toben durchzusetzen. Sogleich erstarb das Geschrei.

»Worin messen wir uns nun?«

»Wir werden einen Text abschreiben. Der Schnellere gewinnt.«

»Was?«, machte sein Gegenspieler erstaunt. »Ich soll um meinen Thron dichten?«

»Nein, nicht dichten. Nur schreiben. Ein guter König muss Wissen und eine sichere Hand haben. Wie sonst willst du Gesetze erlassen?«, erwiderte Tungdil leichthin. »Du kannst beweisen, dass du es hast – oder dass du lediglich ein gutes Beil führst.« Ohne ein weiteres Wort setzte er sich an ein Pult und wartete, dass Gandogar seinem Beispiel folgte.

»Wenn ich mich weigere?«

»Hast du diesen Wettkampf verloren, und es steht unentschieden«, ergriff Balendilín das Wort. »Dann entscheiden die nächsten Disziplinen darüber, wer von euch beiden Gundrabur nachfolgen wird.«

»Und es wäre kein Zeichen besonderen Mutes«, hakte Boëndal gehässig ein. »Der Gelehrte hat sich deiner Waffenkunst gestellt. Jetzt zeige uns, dass du dich nicht vor etwas so Zerbrechlichem und Leichtem wie einer Feder fürchtest, König der Vierten.«

Die bissige Bemerkung und die darauf folgenden Lacher brachten Gandogar dazu, Helm und Schild abzulegen, sich an den Tisch neben seinen Widersacher zu setzen und es gegen Tungdil aufzunehmen.

Der Unparteiische ließ Schriftrollen bringen und wählte eine davon willkürlich aus dem Stapel. »Beginnt.«

Der Gelehrte, wie ihn Boëndal neckend nannte, fing beinahe augenblicklich an zu schreiben, während Gandogar wütend auf die Runen starrte und dann etwas auf sein Blatt schmierte. Die Zeit verrann, während die Zwerge eifrig schrieben.

»Fertig«, verkündete Tungdil als Erster. Der Text wurde durchgesehen und für fehlerfrei befunden. Gandogar benötigte länger und arbeitete längst nicht so akkurat wie sein Herausforderer. Balendilín erklärte Tungdil zum Sieger.

Die Zwillinge jubelten laut und freuten sich, dass ihr Schützling mit einer erlaubten List einen Gleichstand herausgeschlagen hatte. »Ha, Bislipur, der ging daneben, was?!«, rief Boïndil gut gelaunt.

Balendilín befahl den Clanabgesandten, nun ihre Vorschläge niederzuschreiben; dann ließ er die Zettel einsammeln. Zuerst sollte Gandogar ihre nächste Aufgabe ziehen, dann war Tungdil an der Reihe.

»Die nächste Aufgabe«, verkündete ihr Schiedsmann, »wird sein, eine Axt aus dem schlechtesten Eisen zu schmieden, das es gibt, und dann damit zehn Hiebe gegen einen Schild zu führen, ohne dass die Axt zerbricht.«

Tungdils Zuversicht wuchs, weil er nicht glaubte, dass ihm Gandogar an der Esse überlegen sein könnte; dafür hatte er zu lange in Lot-Ionans Schmiede am Amboss gestanden. Balendilín beraumte eine Unterbrechung an, in der Feuerstellen und Werkzeuge in die Halle des Rates geschafft wurden, und bald ertönte in dem weitläufigen Raum das klingende Lied von Hammer und Schmiedeblock.

Tungdil kam in Fahrt; er sang im Takt des Hämmerns eine Zwergenweise, die ihm die Zwillinge beigebracht hatten. Prompt fiel Gandogar ihm in die Melodie und schmetterte ein anderes Lied, während das Krachen seines Hammers lauter wurde.

»Sie schmieden nicht nur, jetzt singen sie auch noch um die Wette«, grinste Boëndal und korrigierte den Sitz seines Gürtels. »Wenn das Vraccas nicht gefällt, weiß ich es auch nicht.«

»Tungdil hat die bessere Stimme«, meinte sein Bruder. »Vraccas wird ihm beistehen.«

Die Kontrahenten sangen so lange, bis die Äxte fertig geschmiedet waren. Balendilín ließ sie die Waffenköpfe auf Eisenstangen stecken. Dann nahm jeder die Axt des anderen und stellte sich vor die aufgebauten Schilde. So war sichergestellt, dass sie mit ihrer ganzen verbliebenen Kraft dreinschlugen. Auf ein Zeichen hin ging es los.

»Jetzt wollen wir sehen, wie meisterlich ein König schmiedet«, sagte Tungdil schweißüberströmt und drosch drauflos. Der noch schwach glühende Axtkopf zog im Zwielicht der Halle einen schimmernden, dunkelorangefarbenen Halbkreis, ehe er auf das Hindernis traf. Kleine Fünkchen stoben auf, aber das Eisen hielt.

»Besser als du allemal«, gab Gandogar zurück. Sein Schlag stand dem Tungdils in nichts nach, aber auch diese Axt hielt der Gewalt stand.

Beim siebten Schlag hörte Tungdil Gandogars geschmiedete Waffe leise knacken, und er wusste, dass sie den achten Schlag nicht überstehen würde. »Sieh, was ich mit deinem Werk mache«, rief er ihm zu. Das Eisen zersprang krachend in viele kleine Stücke. Tungdil warf den Stiel keuchend auf den Boden und langte nach dem Wasserschlauch.

Ein Raunen ging durch den Rat der Stämme. Der König spannte seine Muskeln und legte sich mit seinem ganzen Gewicht in den nächsten Hieb. Der Schild dröhnte unter dem Einschlag und gab nach, aber die Schneide hielt.

»Hussa! Da hat jemand seinen Schmiedemeister gefunden«, grölte Ingrimmsch. »Und schon steht es zwei zu eins für Tungdil. Das war der gute Gesang, der hat das Eisen geschmeidig gemacht.«

Gandogar senkte die Axt und legte sie ab, um seinem Gegenspieler zu gratulieren. »Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass man aus diesem schlechten Metall so eine gute Waffe schmieden könnte. Du bist wahrlich ein Meister, aber den Thron wirst du dennoch nicht besteigen. Die nächste Prüfung entscheide ich für mich.«

»Versuch es.«

Balendilín entfaltete den nächsten Zettel, um ihnen keine Atempause zu gönnen. »Die vierte Aufgabe ist ein Wettlauf. Jeder erhält einen Becher mit flüssigem Gold und wird von hier bis zur ersten Viehwiese, zum großen Tor und wieder zurück laufen. Dabei tragen beide ihre Kettenhemden und einen Rucksack mit vierzig Pfund Gewicht auf dem Rücken. Wer als Erster mit dem Gold zurückkommt und nichts verschüttet hat, ist der Sieger.«