Выбрать главу

»Prinz Mallen? Solltet Ihr nicht Lothaire …«

»Der Angriff im Süden ist fehlgeschlagen. Ihr und Eure Männer seid die letzte Hoffnung für das Geborgene Land.«

Ich ahnte es. Verdammte Magie! Tilogorn richtete sich im Sattel auf. »Geht beiseite, ihr Leute! Wir wollen euch nichts tun. Uns geht es nur um den Magus.«

»Wir weichen nicht«, erwiderte der Sprecher der Bürger. »Ihr müsst uns niedermetzeln, wenn ihr durch das Tor wollt.« Er wandte ihnen den Rücken zu, ging zurück und reihte sich in den Menge ein, die noch enger zusammenrückte, damit sich die Pferde nicht so einfach zwischen sie schieben konnten.

Tilogorn befahl dreihundert Reitern, in einer Linie parallel zum Tor zu reiten und die Menschen vor sich her zu schieben. Die gepanzerten Tierleiber wirkten wie eine Mauer, drückten die ersten Bewohner Poristas zur Seite, während eine zweite Abteilung dafür sorgte, dass sie sich nicht mehr vor den Eingang des Palastes begaben.

Unvermittelt schrie einer der Berittenen auf, hielt sich das Bein und stürzte aus dem Sattel, in den sich augenblicklich einer der Einwohner schwang. Seine nagelgespickte Keule traf den überrumpelten Soldaten zu seiner Linken mitten ins Gesicht, eher er von dem Idoslâner zu seiner Rechten mit einem Schwerthieb getötet wurde. Im Fallen wandelten sich seine einfachen Kleider zu einer Rüstung, und aus dem Mann wurde ein Ork, der grunzend auf der Erde aufschlug und starb.

Der Zauber fiel, aus den Bürgern wurden gerüstete Orks. Wer noch immer einen Beweis benötigt hätte, dass Nôd’onn sich mit den Kreaturen Tions und damit mit dem Bösen eingelassen hatte, erhielt ihn jetzt.

»Macht sie nieder!«, befahl Tilogorn augenblicklich. »Macht alles nieder! Traut euren Augen nicht mehr!«

Die scheinbar unbewaffneten Menschen Poristas droschen unvermittelt mit Keulen, Äxten und klobigen Schwertern auf die Reiterei ein, und die Überraschung kostete Dutzenden Soldaten das Leben.

Die Kavallerie erholte sich von ihrem ersten Schrecken und versuchte, sich aus dem Nahkampf zu lösen, weil das Gedränge den Kriegern nicht erlaubte, einen gezielten Schlag gegen einen der grünhäutigen Feinde zu führen.

Aber die Orks setzten nach, schlugen den Pferden in die Hinterläufe und Flanken, hängten sich wie wütende Hunde an sie und brachten sie dazu, vor Schreck und Schmerz durchzugehen.

Blind vor Angst rannten die Tiere gegen die wartenden Abteilungen und sorgten für noch größere Verwirrung.

Die Orks tauchten scheinbar überall auf, schlugen grölend zu und verschwanden. Die Vierbeiner traten um sich, trafen Freund und Feind, wieherten und schnaubten, bis sie ihren angeborenen Instinkten gehorchten und sich zur Flucht wandten. Den besten Reitern gelang es nicht, sie aufzuhalten, der Herdentrieb der Pferde war stärker als Reitsporn und Zügel.

Mallen und Tilogorn brauchten lange, bis sie ihre Einheiten geordnet hatten und auf den Platz zurückkehrten. Die eigenen Fußtruppen schlossen zu ihnen auf und begleiteten sie, um den Weg vor dem Palasttor freizuräumen.

Von den Orks fehlte plötzlich jede Spur, nur die Toten und Verwundeten verrieten, dass sich vor kurzem eine brutale Schlacht ereignet hatte. König und Prinz verzichteten darauf, lange über den Verbleib der Gegner nachzudenken, sondern ließen die Portale aufbrechen.

Dreitausend Reiter preschten in den Vorhof der Anlage. Mallen und Tilogorn teilten ihre Abteilungen auf und begannen damit, den Palast eilends nach Nôd’onn zu durchsuchen. Die Stufen waren so breit und flach gebaut, dass die Pferde mühelos durch die Säle und Hallen gelangten; auf Verteidiger oder die Orks warteten die Angreifer dabei vergebens.

»Ihr bleibt hier unten und sucht.« Der König von Idoslân nahm sich den höchsten der Türme vor, weil er den Magus dort vermutete. »Ich gehe hinauf.« Zusammen mit dreihundert Soldaten saß er ab und erklomm die steiler und enger werdenden Stufen. Dabei öffnete er sein Visier, um besser atmen zu können.

Im ersten Zimmer fiel sein Blick durch die breiten Fenster nach draußen auf den südlichen Teil Poristas, durch den sich weitere Soldaten einen Weg zum Palast bahnten. Im Wind flatterten die Fahnen Urgons und ihrer anderen Verbündeten.

»Seht, Prinz Mallen!«, machte er seinen Begleiter erleichtert auf seine Entdeckung aufmerksam. »König Lothaire hat es doch noch geschafft, das Tor einzunehmen. Jetzt wird dem Zauberer nichts mehr helfen können.«

Der blonde Ido war überrascht. »Ich habe selbst gesehen, wie …« Er schwieg und folgte dem König. Mit frischem Mut und neuer Kraft in den Beinen liefen sie voran, bis sie an eine gewaltige Tür gelangten, die sie mit Gewalt aufbrachen.

Ihr Mut wurde belohnt. Zwanzig Schritt entfernt stand eine feiste, hohe Gestalt in einer malachitfarbenen Robe mit dem Rücken zu ihnen und beobachtete die Geschehnisse am Fuße des Turmes und rund um den Palast. Der Magus hielt es nicht einmal für notwendig, sich umzudrehen.

Tilogorn musste nichts sagen. Seine Soldaten fächerten auseinander, die Bogenschützen feuerten ohne Vorwarnung auf den Zauberer, aber die Pfeile erreichten das unverfehlbare Ziel nicht. Je näher sie dem Rücken kamen, desto poröser wurden sie; das Metall der Spitzen korrodierte, der Schaft zersetzte sich und zog eine Spur aus Holzmehl hinter sich her. Schließlich lösten sie sich einfach in nichts auf. Kleine Eisenspäne fielen klimpernd auf die Steinplatten.

»Willkommen.« Der Magus regte sich noch immer nicht. »Willkommen in Lios Nôd’onn, König Tilogorn. Was ist Euer Begehr?«

»Das Wohl des Geborgenen Landes«, entgegnete Tilogorn mit fester Stimme, zog seine Waffe und hielt sich bereit, gegen den Zauberer zu kämpfen. »Ihr steht dem im Weg.«

»Ihr seid in mein Reich einmarschiert, habt meine Stadt angegriffen und wollt mich töten. Wäre es da nicht an mir, Sorgen um das Wohl meines Land zu haben?«

»Ihr seid zum Verräter und mehrfachen Mörder geworden, wie wir erfahren mussten.«

»Zum Mörder, ja. Aber aus gutem Grund, denn ich möchte das Land schützen – genau wie Ihr. Eine Gefahr zieht herauf, vor der nur ich und mein Freund das Geborgene Land erretten können, und dazu benötige ich die Gewalt über alle Reiche. Die Herrscher der Menschen, Zwerge, Elben, die Zauberer, sie alle müssen gehorchen oder wegen des Wohls aller vergehen.« Endlich wandte er sich um, und seine schleierverhangenen grünen Augen schauten traurig. »Einige sind schon vergangen, und es schmerzt mich sehr. Wollt wenigstens Ihr Euch mir anschließen?« Er machte einen Schritt nach vorn und hielt dem König die ausgestreckte Hand hin.

»Niemals!« Ein Dutzend Soldaten stürmten auf Tilogorns Geheiß vor, um ihn zu ergreifen.

Doch ihre Rüstungen, ihre Waffen, ihre Kleider und schließlich sie selbst endeten wie die Pfeile. Die unsichtbaren Kräfte wirkten so schnell, dass ihnen nicht einmal mehr Zeit blieb, sich aus dem Wirkungskreis des Magus’ zurückzuziehen. Zu Staub zerfallen lagen ihre Überreste vier Schritt von Nôd’onn entfernt. Der Herbstwind wirbelte die pulvrige Substanz davon. Nun wichen die übrigen Krieger eingeschüchtert zurück.

»Ihr habt meine Macht sträflich unterschätzt, König Tilogorn«, sagte Nôd’onn schleppend. »Die Hand, die ich Euch entgegenstreckte, schlugt Ihr aus. Nun bezahlen Eure Männer den Preis für Eure Überheblichkeit.«

Die kühle Brise trug neuerlichen Gefechtslärm mit sich und brachte Tilogorn zum Aufhorchen.

»Ihr dachtet, die Schlacht sei geschlagen?« Der Magus deutete auf das Fenster. »Seht, was aus dem Heer Lothaires und dem König selbst wurde.«

Tilogorn ließ die Augen nicht von Nôd’onn, sondern schickte stattdessen einen Soldaten, um in die Tiefe zu schauen und zu berichten.

»Sie kämpfen gegen unsere Leute, mein König«, meldete er bestürzt. »Ich sehe ganz deutlich die Banner Urgons, die Soldaten … Sie stehen den Orks bei!« Der Mann hielt inne. »Bei Palandiell! Sie stehen wieder auf … auch wenn sie tödlich niedergestreckt wurden, stehen sie wieder auf!«

Nôd’onn lachte. »Ihr befindet Euch seit längerer Zeit schon auf Erde, die dem Toten Land gehört. Meine Zauberkräfte haben Euch etwas anderes vorgegaukelt, damit Ihr mir auch wirklich das Heer brachtet, das ich dringend benötige …«