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Untersuchungsrichter: »Hat diese Bemerkung Sie überrascht?«

Herzog von D.: »Nun, ich war von dem Ganzen sehr erschrocken und überrascht. Ich glaube, ich habe zu ihr gesagt: >Sieh nicht her<, und sie sagte: >Ach, es ist Denis! Wie kann denn das passiert sein? Ein Unglück?< Ich bin bei dem Toten geblieben und habe sie ins Haus geschickt, um die Leute zu wecken.«

Untersuchungsrichter: »Hatten Sie erwartet, Lady Mary Wimsey im Wintergarten zu sehen?«

Herzog von D.: »Wirklich, wie ich schon sagte, ich war im ganzen so erstaunt, daß ich mir darüber keine Gedanken gemacht habe.«

Untersuchungsrichter: »Erinnern Sie sich, was sie anhatte?«

Herzog von D.: »Ich glaube nicht, daß sie im Pyjama war.« (Gelächter.) »Ich glaube, sie hatte einen Mantel an.«

Untersuchungsrichter: »Habe ich richtig verstanden, daß Lady Mary Wimsey mit dem Verstorbenen verlobt war?«

Herzog von D.: »Ja.«

Untersuchungsrichter: »Kannten Sie ihn gut?«

Herzog von D.: »Er war der Sohn eines alten Freundes meines Vaters. Seine Eltern sind tot. Ich glaube, er hat vorwiegend im Ausland gelebt. Ich habe ihn während des Krieges kennengelernt, und 1919 ist er nach Denver gekommen. Anfang dieses Jahres hat er sich dann mit meiner Schwester verlobt.«

Untersuchungsrichter: »Mit Ihrem und dem Einverständnis der Familie?«

Herzog von D.: »Ja, natürlich.«

Untersuchungsrichter: »Was für ein Mensch war Hauptmann Cathcart?«

Herzog von D.: »Nun - er war ein Gentleman. Ich weiß nicht, was er getan hat, bevor er 1914 zur Armee ging. Wahrscheinlich hat er von seinem Vermögen gelebt; sein Vater war recht wohlhabend. Ausgezeichneter Schütze, guter Spieler und so weiter. Ich habe nie etwas Nachteiliges über ihn gehört - bis zu jenem Abend.«

Untersuchungsrichter: »Und was hörten Sie da?«

Herzog von D.: »Tja - das war so - es war schon verteufelt komisch. Er - wenn jemand anders mir das mitgeteilt hätte als Tommy Freeborn, hätte ich es niemals geglaubt.« (Unruhe.)

Untersuchungsrichter: »Ich muß Euer Gnaden leider fragen, was Sie dem Verstorbenen konkret vorzuwerfen hatten.«

Herzog von D.: »Nun, ich habe nicht - ich werfe ihm nicht direkt etwas vor. Ein alter Freund von mir hatte eine Andeutung gemacht. Natürlich glaubte ich an einen Irrtum, darum bin ich auch sofort zu Cathcart gegangen, aber zu meiner Verwunderung hat er es praktisch zugegeben! Darüber gerieten wir beide in Harnisch, und er sagte zu mir, ich solle mich zum Teufel scheren, dann rannte er selbst aus dem Haus.« (Neuerliche Unruhe.)

Untersuchungsrichter: »Wann hat dieser Streit stattgefunden?«

Herzog von D.: »Am Mittwochabend. Da habe ich ihn zum letztenmal gesehen.« (Unerhörte Unruhe.)

Untersuchungsrichter: »Bitte, bitte, wir können solche Störungen hier nicht dulden. Nun, Euer Gnaden, könnten Sie mir, soweit Sie sich daran erinnern, den Verlauf des Streites genau schildern?«

Herzog von D.: »Also, das war so. Wir hatten nach einem langen Tag im Moor früh zu Abend gegessen, und so gegen halb zehn war uns allen nach Zubettgehen. Meine Schwester und Mrs. Pettigrew-Robinson zogen sich nach oben zurück, und wir tranken noch einen letzten Schluck im Billardzimmer, als Fleming - das ist mein Diener - mit den Briefen kam. Die Post kommt bei uns abends zu den unmöglichsten Zeiten, denn wir sind immerhin zweieinhalb Meilen vom Dorf entfernt. Nein - ich war in diesem Moment nicht im Billardzimmer -, ich schloß gerade die Waffenkammer ab. Der Brief war von einem alten Freund von mir, den ich seit Jahren nicht mehr gesehen hatte - Tom Freeborn -, ich kannte ihn von Oxford.«

Untersuchungsrichter: »Ein Studienkollege?«

Herzog von D.: »Ja, vom Christ Church College. Er schrieb mir, er habe von der Verlobung meiner Schwester in Ägypten gelesen.«

Untersuchungsrichter: »In Ägypten?«

Herzog von D.: »Ich meine, er war in Ägypten - Tom Freeborn, verstehen Sie? -, darum hatte er nicht schon eher geschrieben. Er ist Ingenieur. Sehen Sie, er ist nach dem Krieg nach Ägypten gegangen, und dort an den Nilquellen bekommt er die Zeitungen nicht so regelmäßig. Er schrieb, ich solle es ihm nicht übelnehmen, wenn er sich in eine so delikate Angelegenheit einmische und so weiter, aber ob ich wisse, wer dieser Cathcart sei? Er habe ihn während des Krieges in Paris kennengelernt, wo er sich seinen Lebensunterhalt mit Falschspiel verdient habe - er schrieb, er könne das beschwören, er könne sich noch genau an einen Streit erinnern, den es da in Frankreich irgendwo gegeben habe. Er könne sich zwar denken, schrieb er, daß ich ihm sicher am liebsten den Schädel einschlagen würde - ihm, Freeborn, meine ich -, weil er sich da einmische, aber er habe das Foto des Mannes in der Zeitung gesehen und finde, ich solle darüber Bescheid wissen.«

Untersuchungsrichter: »Hat dieser Brief Sie überrascht?«

Herzog von D.: »Zuerst konnte ich es gar nicht glauben. Wenn der Brief nicht vom guten Tom Freeborn gewesen wäre, hätte ich ihn gleich ins Feuer geworfen, und auch so wußte ich zuerst nicht, was ich denken sollte. Ich meine, es war ja nichts, was bei uns in England vorgefallen war. Damit will ich sagen, daß die Franzosen sich ja manchmal wegen nichts und wieder nichts furchtbar erregen. Aber Freeborn ist eigentlich nicht der Mann, der solche Fehler macht.«

Untersuchungsrichter: »Was haben Sie getan?«

Herzog von D.: »Nun, sehen Sie, je länger ich mir das ansah, desto weniger gefiel es mir. Aber die Dinge einfach laufenlassen, das konnte ich auch nicht, und da habe ich gedacht, am besten gehe ich gleich zu Cathcart. Während ich noch dasaß und darüber nachdachte, gingen die andern alle hinauf, also bin ich hingegangen und habe an Cathcarts Tür geklopft. Er hat gerufen: >Wer ist da?< oder >Zum Teufel, wer ist da?< oder so was Ähnliches, und ich bin hineingegangen. >Hör mal<, hab ich gesagt, >kann ich dich einen Moment sprechen?< - >Na gut, aber mach's kurz<, hat er geantwortet. Das hat mich überrascht - er war sonst nicht so unhöflich. >Also<, sagte ich, >es ist so, ich habe einen Brief bekommen, der mir nicht gefällt, und da habe ich mir gedacht, am besten komme ich gleich damit zu dir und kläre die Sache. Der Brief ist von einem Mann, einem hochanständigen Kerl - alter Studienfreund -, der sagt, daß er dich in Paris kennengelernt hat.< - >Paris!< sagte er, ungewöhnlich gereizt. >Paris! Was zum Kuckuck kommst du hierher, um mit mir über Paris zu reden?< - >Hör mal<, sagte ich, >du solltest nicht in diesem Ton reden, das könnte unter den gegebenen Umständen mißverständlich sein.< - >Was willst du eigentlich?< fragte Cathcart. >Spuck's um Gottes willen aus, und dann geh zu Bett.< Ich sagte: >Bitte, das will ich ja. Der Mann heißt Freeborn, und er sagt, daß er dich in Paris kennengelernt hat und daß du dein Geld mit Falschspiel verdient hast.< Ich hatte gedacht, er würde sofort in die Luft gehen, aber er sagte nur: >Na und?< - >Na und?< sagte ich. >Natürlich glaube ich das nicht einfach so, ohne Beweise« Und daraufhin sagte er etwas Komisches. Er sagte: >Was man glaubt, ist Nebensache - was man über einen weiß, nur das zählt.< - >Soll das heißen, du streitest es nicht ab?< fragte ich. >Was nützt es mir, das abzustreiten?< meinte er. >Du mußt dich schon selbst entscheiden. Widerlegen kann es sowieso keiner« Und dann sprang er plötzlich auf, wobei er fast den Tisch umgeworfen hätte, und sagte: >Es ist mir egal, was du glaubst und was du tust, wenn du nur verschwindest. Laß mich um Gottes willen allein!< - >Sieh mal her<, sagte ich, >du brauchst es nicht gleich so aufzufassen. Ich sage ja nicht, daß ich es glaube - im Gegenteil), sagte ich, >ich bin sogar sicher, daß es ein Irrtum ist; aber immerhin bist du mit Mary verlobt<, sagte ich, >und da kann ich das nicht einfach auf sich beruhen lassen, oder?< - >Ach so!< sagte Cathcart. >Also, wenn es das ist, darüber brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen. Das ist sowieso aus.< - >Was ist aus?< fragte ich. Darauf er: >Unsere Verlobung« - >Aus?< fragte ich. >Aber ich habe doch gestern erst mit Mary darüber gesprochen« - >Ich hab's ihr noch nicht gesagt<, antwortete er. >Also<, sagte ich, >das finde ich denn doch stark. Was glaubst du eigentlich, wer du bist, daß du herkommst und meine Schwester sitzenläßt?< Nun, ich habe dann noch so einiges gesagt. >Mach, daß du hinauskommst<, habe ich gesagt. >So einen Schweinehund wie dich kann ich hier nicht brauchen!< - >Ich gehe auch<, sagte er, und damit ließ er mich stehen, lief die Treppe hinunter, zur Haustür hinaus und schlug sie laut hinter sich zu.«