Выбрать главу

Ich folgte ihm, hängte mich an die Führringrails und sah zu, wie er seinen Jockey instruierte, einen Erlaubnisreiter, der sein Pferd mit berechtigter Skepsis betrachtete. Nicht Humber, sondern der Futtermeister warf den Jockey rauf und nahm die Decke des Pferdes an sich. Wieder zurück auf der Tribüne fürs Stallpersonal, stellte ich mich direkt vor den Futtermeister, und in der Stille vor dem Start versuchte ich den unbekannten Pfleger, der neben mir stand, anzupumpen. Zu meiner Erleichterung, wenn auch nicht unerwartet, lehnte er das Ansinnen so empört und so laut ab, daß Humbers Futtermeister es mitbekommen mußte. Ich zog die Schultern hoch und widerstand der Versuchung, mich umzudrehen und zu schauen, ob es gewirkt hatte.

Humbers Pferd machte auf der Zielgeraden schlapp und wurde Zweitletzter. Niemand wunderte sich.

Danach postierte ich mich am Stalltor, um Supermans Pfleger abzupassen, aber der ließ noch eine halbe Stunde auf sich warten und kam erst nach dem fünften Rennen heraus. Ich ging wie durch Zufall neben ihm her und meinte:

«Du hast ja ganz schön was am Hals, Mann.«

Er fragte mich, für wen ich arbeitete; als ich Inskip sagte, taute er auf und meinte, eine Tasse Tee und was zu essen wäre nach dem ganzen Theater nicht schlecht.

«Kommt er immer so überdreht aus dem Rennen?«fragte ich, während wir unsere Käsesandwiches verzehrten.

«Nein, normalerweise ist er hundemüde. Aber heute war auch wirklich der Teufel los, Mann.«

«Wieso?«

«Na, erst mal haben sie allen Startern vor dem Rennen irgendwelche Proben abgenommen. Kannst du mir sagen, was das soll? Wieso vorher? Das bringt doch nichts. Hast du das schon mal erlebt?«

Ich schüttelte den Kopf.

«Dann ist Super so gelaufen, wie er immer läuft; man denkt, daß er locker ins Geld kommt, und am letzten Hindernis kann er nicht mehr. Will er nicht mehr, schätze ich. Dummer Sack. Sie haben sein Herz untersucht, aber das ist in Ordnung. Er hat einfach nicht den Mumm zu kämpfen. Und heute, genau am letzten Hindernis, schmeißt er die Bremse weg und dampft los wie vom Teufel gehetzt. Hast du das gesehen? Nervös ist er eigentlich immer, aber als wir ihn heute gefangen haben, ging er die Wände hoch. Dem Chef war angst und bang. Super sah aus wie gedopt, und da wollte er ihn von sich aus untersuchen lassen, bevor die Rennleitung sagt, er hat dem Pferd was gegeben, und ihm seine Lizenz wegnimmt. Ein paar Tierärzte sind um ihn herumgetanzt, um ihm die und die Proben abzunehmen… wirklich getanzt, weil Super sie zu gern über die Stallwand gekickt hätte… und schließlich haben sie ihm was zur Beruhigung gespritzt. Aber wie wir den nach Hause kriegen sollen, ist mir ein Rätsel.«

«Betreust du ihn schon lange?«fragte ich mitfühlend.

«Seit Saisonbeginn haben wir ihn. So ungefähr vier Monate. Er ist wie gesagt dünnhäutig, aber vor dem Ausfall hier hatte ich ihn gerade so an mich gewöhnt. Ich hoffe bloß, daß er wieder auf den Boden kommt, bis die Spritzen nachlassen.«

«Wer hat ihn denn vorher gehabt?«fragte ich beiläufig.

«Voriges Jahr war er in einem kleinen Stall in Devon, bei einem Privattrainer namens Beaney, glaube ich. Ja, Beaney, da hat er angefangen, nur gebracht hat er nichts.«

«Wahrscheinlich ist er da beim Anreiten nervös gemacht worden«, sagte ich.

«Nein, eben nicht, ich hab mit einem Pfleger von Beaney gesprochen, als wir im August bei den Rennen in Devon waren, und der meinte, ich würde von einem anderen

Pferd reden, denn Superman sei friedlich, brav und pflegeleicht. Oder aber in dem Sommer, nachdem sie ihn abgegeben hätten und bevor er zu uns kam, müsse ihm etwas aufs Gemüt geschlagen sein.«

«Wo war er denn da?«fragte ich, nach der Tasse orangefarbenen Tees greifend.

«Keine Ahnung. Der Chef hat ihn, glaube ich, in Ascot gekauft, und zwar billig. Jetzt schlägt er ihn bestimmt wieder los, wenn ihm einer mehr als der Abdecker zahlt. Armer Super. So ein Knallkopf. «Er starrte düster in seinen Tee.

«Du meinst also nicht, daß er heute verrückt gespielt hat, weil er gedopt war?«

«Ich glaube, er ist einfach ausgerastet«, sagte er.»Völlig ausgerastet. Es hatte doch keiner Gelegenheit, ihn zu dopen, außer mir, dem Chef und Chalky. Ich hab nichts gemacht, der Chef macht so was nicht, und auch Chalky wird sich hüten, wo er, sein ganzer Stolz, seit letzten Monat erst Futtermeister ist…«

Wir tranken aus und gingen, um uns das letzte Rennen anzuschauen, doch über Superman wußte sein Betreuer nichts mehr zu erzählen, was mir weitergeholfen hätte.

Nach dem Rennen ging ich in die Stadt und gab von einer Telefonzelle aus zwei gleichlautende Telegramme an October auf, eins nach London, eins nach Slaw, da ich nicht wußte, wo er sich aufhielt:»Brauche dringend Auskunft über Superman, besonders, wohin Besitzertrainer Beaney, Devon, ihn ca. Mai letzten Jahres abgegeben hat. Antwort postlagernd, Newcastle-upon-Tyne.«

Den Abend verbrachte ich, Welten entfernt von der Heiterkeit des Vortags, in einem dreiviertel leeren Kino, wo ein ödes Musical lief, und die Nacht in einem schmuddligen Hotel garni, wo man mich von oben herab musterte und im voraus zahlen ließ. Würde ich mich je daran gewöhnen, wie Dreck behandelt zu werden? Es war jedesmal wieder ein Schlag. Wahrscheinlich hatte ich die Achtung, die man einander in Australien entgegenbrachte, für viel zu selbstverständlich genommen. In Zukunft würde ich sie zu schätzen wissen, dachte ich kläglich, als die Wirtin mich in ein unfreundliches kleines Zimmer führte und mir einen argwöhnischen Vortrag hielt von wegen keine Selbstverpflegung, kein warmes Wasser und kein Damenbesuch.

Am folgenden Nachmittag lungerte ich mit bedrückter Armesündermiene auffällig vor Humbers Futtermeister herum, und nach den Rennen kehrte ich per Bus und Bahn nach Newcastle zurück. Am nächsten Morgen holte ich. mein aufgerüstetes Motorrad ab und fuhr bei der Post vorbei, um zu sehen, ob schon Antwort von October da war.

Der Mann am Schalter gab mir einen Umschlag. Er enthielt ein mit der Maschine beschriebenes Blatt ohne Anrede, ohne Unterschrift:»Superman wurde in Irland geboren und gezogen. Zweimaliger Besitzerwechsel, bevor er zu John Beaney nach Devon kam. Von Beaney wurde er am 3. Mai verkauft an H. Humber, Posset, County Durham. Humber brachte ihn zur Juliauktion nach Ascot, dort ging er für 260 Pfund an seinen jetzigen Trainer.

Die gestrigen Untersuchungen im Fall Superman in Stafford sind bislang fruchtlos; die Dopingproben sind noch nicht ausgewertet, werden aber kaum etwas bringen. Der Rennbahntierarzt war, wie Sie scheinbar auch, überzeugt, daß die Sache stank, und hat die Haut des Pferdes gründlich untersucht, aber keine Einstiche gefunden außer denen, die von seinen eigenen Beruhigungsspritzen stammten.

Superman war vor dem Rennen offenbar in normaler Verfassung. Sein Jockey fand bis zum letzten Hindernis alles normal, dann bekam das Pferd eine Art Krampf und warf ihn ab.

Weitere Ermittlungen über Rudyard ergaben, daß er im Winter vor vier Jahren von P. J. Adams, Tellbridge, Northumberland gekauft und nach kurzer Zeit in Ascot wieder verkauft wurde. Transistor wurde von Adams vor drei Jahren in Doncaster ersteigert und drei Monate später in Newcastle wieder verkauft.

Die fortlaufend numerierten dreißig Fünfpfundnoten wurden von der Barclays Bank in Birmingham, Zweigstelle New Street, an einen gewissen Lewis Greenfield ausgegeben, der genau Ihrer Beschreibung des Mannes, der Sie in Slaw angesprochen hat, entspricht. Wir werden gegen Greenfield und T. N. Tarleton vorgehen, jedoch damit warten, bis Ihre Hauptaufgabe zu Ende gebracht ist.

Ihren Bericht über Bimmo Bognor haben wir zur Kenntnis genommen, doch wie Sie ganz richtig sagen, ist der Erwerb von Rennstallinformationen nicht strafbar. Offizielle Schritte sind nicht vorgesehen, aber bestimmte Trainer können und sollen auf den Spionagering hingewiesen werden.«